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Leitsatz:
Im Kiesgeschäft sind die Lieferung des Materials und dessen Beförderung in der Regel wirtschaftlich als einheitlicher Vorgang anzusehen, selbst dann, wenn der Unternehmer den Lieferungsauftrag und den Auftrag zum Transport in verschiedenen Betriebsabteilungen entgegennimmt und darüber getrennte Rechnungen ausstellt. Demnach entfällt in solchen Fällen die Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 9 UStG in Verbdg. mit § 35 Abs. 1 Ziff. 1 UStDB.
Urteil
des Bundesfinanzhofes
vom 20. Mai 1965
Zum Tatbestand:
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) fördert mit Strombaggern Kies und Sand und verkauft dieses Material teilweise an eine Kieszentrale, teilweise an eigene Kunden und befördert das Material mit eigenen oder gecharterten Schiffen zu den eigenen Kunden oder unmittelbar zu den Kunden der Kieszentrale. Sie hat im Instanzenzuge behauptet, dass Förderung und Beförderung unabhängige Vorgänge seien, wie sich aus der getrennten Auftragserteilung und getrennten Erstellung der Rechnungen sowie aus den zwei organisatorisch getrennten Betriebsabteilungen, Baggerei und Reederei, ergebe. Die Beförderung beginne erst nach Beendigung der Lieferung, weil dem Abnehmer die Verfügungsmacht schon beim Einladen des „frei Bagger" zu liefernden Materials in das Schiff verschafft werde.
Bei Transporten zu den Abnehmern der Kieszentrale komme hinzu, dass die Kunden der Baggerei und die Kunden der Reederei verschiedene Personen seien (Baggerei - Kieszentrale; Reederei - ein Dritter).
Die Steuerfreiheit der auf die Beförderung des Materials entfallenden Entgelte wurde jedoch vom Finanzamt abgelehnt. Sprungberufung und Rechtsbeschwerde waren erfolglos.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Abnehmer wollen von der Bfin. in erster Linie Kies. Die ihr obliegende Beförderung dient lediglich der Erfüllung des Vertragszwecks. Selbst wenn Lieferungen und Beförderungsleistungen entsprechend den Behauptungen der Bfin. in den Betrieben der Bfin. getrennt entgegengenommen worden sein sollten und wenn für die beiden Arten der Geschäftsvorfälle getrennte Rechnungen erteilt wurden, so haben diese Maßnahmen nur eine innerbetriebliche Bedeutung. Sie können an der für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung maßgebenden Einheit des wirtschaftlichen Vorgangs nichts ändern. Dies gilt auch für die Fälle, in denen die Bfin. das Material zu den Abnehmern der Kieszentrale befördert hat.
Die Beförderung des Materials stellt daher bei wirtschaftlicher Würdigung der Sachverhalte nur einen Teil oder eine Nebenleistung zur Materiallieferung dar. Somit sind die für die Beförderung vereinnahmten Beträge Teile des Lieferungsentgelts und wie dieses dem vollen Steuersatz zu unterwerfen.
Dass Baggerei und Reederei bei der Bfin. in der Form getrennter Betriebsabteilungen geführt worden sind, ist für die rechtliche und wirtschaftliche Beurteilung der Vorgänge bedeutungslos. Denn nicht die Betriebsabteilungen sind aus den Rechtsgeschäften berechtigt oder verpflichtet worden und kommen umsatzsteuerrechtlich als Leistende in Betracht, sondern die Bfin. als Rechtsperson und Unternehmer.
Im Gegensatz zur Meinung der Bfin. kommt auch der mit den Kunden getroffenen Abrede „frei Bagger" zu liefern, keine entscheidende Bedeutung zu.
Die Lieferung wäre zwar bürgerlich-rechtlich mit dem Verladen abgeschlossen gewesen und die Beförderung könnte deshalb nicht mehr als Bestandteil der Lieferung beurteilt werden. Sie wäre aber dann jedenfalls als Nebenleistung zur Lieferung aufzufassen, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats gegeben ist, wenn eine Verrichtung im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist, mit ihr in engem Zusammenhang steht und in ihrem Gefolge regelmäßig vorkommt (Urteil des Bundesfinanzhofs V 22/58 U vom 14. Januar 1960, BSfBI. 1960 III S. 147, SIg. Bd. 70 S. 394). Soweit die Urteile des Reichsfinanzhofs V A 682/29 und V 63/39 a.a.O. eine abweichende Rechtsauffassung vertreten, kann der Senat daran nicht festhalten.