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U 4/92 RhSch - Oberlandesgericht (Rheinschiffahrtsobergericht)
Date du jugement: 09.11.1993
Numéro de référence: U 4/92 RhSch
Type de décision: Urteil
Language: Allemande
Juridiction: Oberlandesgericht Karlsruhe
Section: Rheinschiffahrtsobergericht

Leitsätze:

1) Die Betreiberin einer Raffinerie und eines Ölumschlagsplatzes ist verpflichtet,
a) ihre Mitarbeiter auf die besonderen Gefahren, die sich aus dem Ölumschlag ergeben, hinzuweisen und ihnen die für einen möglichst sicheren Umschlag erforderlichen Geräte, insbesondere auch Kontrollinstrumente, am richtigen Ort zur Verfügung zu stellen;
b) im Rahmen ihrer Organisations- und Leitungspflicht dafür zu sorgen, daß kein höherer Druck entsteht, als derjenige, der für die land- und schiffseitigen Leitungen zulässig ist;
c) dafür zu sorgen, daß es nicht zu Ladeunterbrechungen kommt, während deren Produkt in den Leitungen so stark erkaltet, daß anschließend Rohrverstopfungen entstehen.

2) Derartige Sorgfaltspflichten beim Ölumschlag stellen „Kardinalspflichten" dar, hinsichtlich deren Verletzung eine Freizeichnung nach § 9 ABGB unwirksam ist. Die Verantwortung kann auch nicht auf den Schiffsführer delegiert werden, indem diesem ein Fragenkatalog zur Beantwortung übergeben wird.

3) Zur Haftungsverteilung, wenn sowohl die Leute der Verladerin als auch die Schiffsbesatzung Kenntnis von einem erst wenige Tage zuvor geschehenen Ölumschlagsunfall hatten.

Urteil des Oberlandesgerichts (Rheinschiffahrtsobergerichts) Karlsruhe

vom 09.11.1993

U 4/92 RhSch

rechtskräftig

(Rheinschiffahrtsgericht Mannheim)

Zum Tatbestand:

Die Parteien machen wechselseitig Schadensersatzansprüche aus einem Unfall bei der Beladung eines Tankleichters geltend.

Am 25. 11. 1989 wurde der Tankleichter (TL) „A", dessen Eigentümer die D ist, von deren Schubboot „S" im Ölhafen Karlsruhe an der Ladestelle der Beklagten zur Übernahme von schwerem Heizöl vorgelegt. Am 30. 11. 1989 gegen 18.00 Uhr wurde mit der Beladung begonnen und Produkt in das Schiff gepumpt. Nach ca. einer Stunde wurde der Pumpvorgang auf Geheiß des Personals der Beklagten für ca. eine Stunde unterbrochen. Unmittelbar nach Wiederaufnahme des Pumpvorganges gegen 20.00 Uhrbrach infolge zu hohen Rohrinnendruckes ein Absperrschieber auf der Schiffsseite. Es kam zum Austritt von heißem Heizöl, das auch ins Hafenwasser gelangte. Der TL wurde beschädigt.

Die Klägerin behauptet, Ausrüsterin des TL „A" zum Unfallzeitpunkt gewesen zu sein. Sie hat behauptet, Unfallursache sei eine nicht ausreichende durchgehende Erwärmung des Ladegutes gewesen. Wegen der besonders niedrigen Außentemperatur am Unfalltag (ca. 5° C) sei es in den Ladeleitungen zu Erkaltungen gekommen, dadurch sei das Heizöl eingedickt und in seiner Fließfähigkeit erheblich beeinträchtigt worden. Weder habe die Beklagte Temperatur, Fließgeschwindigkeit und Ladedruck beeinflussen können, noch habe sie Vorkehrungen getroffen, daß das Produkt während einer Unterbrechung nicht erkaltet und dickflüssig geworden sei. Auch eine automatische Vorrichtung für die Druckbegrenzung fehle. Darüber hinaus habe Schiffsführer v.d.S. ausdrücklich vor den möglichen Folgen einer Unterbrechung des Ladevorganges gewarnt. Die Klägerin beziffert ihren Gesamtschaden auf DM 136.817,63 und verweist hierzu auf die Schadenstaxe.

Die Beklagte hat bestritten, daß die Klägerin Ausrüsterin von TL „A" gewesen sei. Sie hat ferner ihre Verantwortung für den Unfall bestritten und behauptet, als mögliche Schadensursache käme nicht nur die Abkühlung während der Unterbrechung der Beladung in Betracht, sondern zunächst und vor allem eine Verstopfung des Rohrleitungssystemes durch Reste des Vorproduktes Vakuumgasöl. Im übrigen habe es die Schiffsführung des Schubbootes schuldhaft unterlassen, durch Beheizung und Nachdrücken mit Druckluft eine Verstopfung der Rohrleitung infolge der Unterbrechung zu verhindern. Sie hat ihrerseits einen Schaden in Höhe von DM 23.316,71 geltend gemacht.

Das Rheinschiffahrtsgericht hat die Klage abgewiesen und die Widerklage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Berufung der Klägerin hatte insoweit Erfolg, als die Klage dem Grunde nach zu 2/3 als gerechtfertigt erkannt wurde. Die Widerklage wurde zu 1/3 als gerechtfertigt erkannt.


Aus den Entscheidungsgründen:


„Die Klägerin kann von der Beklagten sowohl gemäß § 823 Abs. 1 BGB als auch gemäß § 831 BGB dem Grunde nach Ersatz der ihr anläßlich der Beladung des TL „A" am 30.11.1989 entstandenen Schäden verlangen, da die Beklagte den Umschlag von schwerem Heizöl unter den am Unfalltag herrschenden Bedingungen nicht sorgfältig organisiert und geleitet hat. Den Entlastungsbeweis gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB hat die Beklagte nicht geführt, da sie bei der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beobachtete. Je gefährlicher eine Verrichtung ist, um so größer sind die Sorgfaltspflichten des Geschäftsherrn (Palandt/Thomas BGB § 831 Rdnr. 18; vgl. auch BGH DB 1972, 234). Die Beklagte ist verpflichtet, ihre Mitarbeiter auf die besonderen Gefahren, die sich aus dem Ölumschlag ergeben, hinzuweisen und ihnen die für einen möglichst sicheren Umschlag erforderlichen Geräte, insbesondere auch Kontrollinstrumente, am richtigen Ort zur Verfügung zu stellen. Sie muß ferner dafür sorgen, daß es nicht zu Ladeunterbrechungen kommt, während deren Produkt in den Leitungen so stark erkalten kann, daß es anschließend zu Verstopfungen kommt. Diese Pflichten wurden durch die Beklagte verletzt.
Anders als in der Parallelsache U 3/92 RhSch (auf das in dieser Sache am gleichen Tage ergehende Senatsurteil wird insoweit Bezug genommen) in der u.a. in Betracht kam, daß die frühere Beladung des TL „Klaas" zu einer Verstopfung der Decksleitungen geführt hatte, ist im vorliegenden Falle nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme eine Verstopfung allein auf die Unterbrechung des Ladevorganges zurückzuführen. Für eine Verstopfung mit Vorprodukt besteht kein Anhaltspunkt. Zu einer Verstopfung der Decksleitungen von TL „A" kam es vielmehr, weil nach ca. 45-minutiger problemloser Beladung eine etwa einstündige Unterbrechung erfolgte und danach versucht wurde, die Beladung fortzusetzen, inzwischen aber in unbeheizten Teilen sowohl des Verladearmes als auch der Decksleitungen Produkt erkaltet war.
Der Sachverständige Dipl .-Ing. S hat in seinem Ergänzungsgutachten zutreffend als Ergebnis des Verklarungsverfahrens festgestellt, daß nach dem Verladestopp weder die schiffsseitigen Ladeleitungen noch der Verladearm selbst entleert wurden. Nach der Wiederaufnahme der Verladung wurde eingedicktes Produkt aus dem nicht beheizten Teil des Verladearmes in die Schiffsleitungen gepreßt, in denen sich aber ebenfalls noch eingedicktes Produkt befand. Sowohl zu den Verdickungen und Verpfropfungen im Verladearm als auch in den Decksleitungen wäre es nicht gekommen, wenn die Beklagte nicht die Unterbrechung der Beladung angeordnet und durchgeführt hätte.
Zu dem Ölunfall wäre es weiter dann nicht gekommen, wenn der auf dem Schiff höchstzulässige Druck von 6 bar nicht überschritten worden wäre. Der Rohrkompensator auf dem TL „A" versagte, weil der Druck in der Decksleitung über 6 bar anstieg. Die Beklagte hat als Betreiberin einer Raffinerie und eines Ölumschlagsplatzes die Organisations- und Leitungspflicht, dafür zu sorgen, daß kein höherer Druck entsteht, als derjenige, der für die Land- und schiffsseitigen Leitungen zulässig ist. Diese an sich schon selbstverständliche naheliegende Verpflichtung ergibt sich rechtlich auch aus folgenden Bestimmungen: Die sogenannte „Umschlagsrichtlinie" wurde in Baden-Württemberg durch Erlaß des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Umwelt über die Einführung der Richtlinien für Anforderungen an Anlagen zum Umschlag gefährdender flüssiger Stoffe im Bereich von Wasserstraßen vom 24.03.1976 (GABI 1976, S. 666 ff) eingeführt. Unter Ziffer 3 (Betriebseinrichtungen) findet sich die Regelung 3. 1. 2.:„Technische Einrichtungen müssen ein Überschreiten des zulässigen Betriebsdruckes verhindern" und unter Punkt 3. 2. 5. heißt es: „Zur Überwachung des Betriebsdruckes sind Druckmesser mit Anzeige des zulässigen Betriebsdruckes und in besonderen Fällen (z.B. besondere Gefährlichkeit des Umschlaggutes, örtliche Lage) Druckregistriergeräte vorzuschreiben; sie sind so anzubringen, daß sie vom Bedienungspersonal leicht beobachtet werden können". Unter 5. 2. 2. heißt es:„Die Förderleistung der Pumpen, die zum Umschlag an die Rohrleitungen an Bord angeschlossen werden, muß auf die Einrichtung des Tankschiffes, insbesondere auf die Druckausgleichseinrichtungen der Ladetanks abgestimmt sein". Aus 3.2.1., in der allgemeine Anforderungen an Umschlagseinrichtungen umschrieben sind, ergibt sich, daß Umschlagleitungen den Regeln der Technik entsprechen müssen, z.B. TRbF 112 und 212. Die heute anstelle der früheren Nr. 212 geltende TRbF beinhaltet Umschlagsanlagen, Entleer- und Füllstellen (TRbF 211/AS 233). Wegen der Anforderungen an Rohrleitungen, über die befüllt wird, wird gemäß 215 der TRbF 211 auf TRbF 231 verwiesen. Dort heißt es unter Ziffer 6 (Sicherheitseinrichtungen), daß Rohrleitungen gegen Drucküberschreitungen gesichert sein müssen und daß beispielsweise dann, wenn eine Rohrleitung mit Einrichtungen zur Anzeige und Registrierung des Betriebsdruckes versehen sind, diese dazu verwendet werden können, bei Erreichen des zulässigen Betriebsdrucks die Pumpen abzuschalten bzw. vor Erreichen des zulässigen Betriebsdruckes einen Alarm auszulösen. Unstreitig ist lediglich am Verladeschieber der Verladeeinrichtung des Pier 1 ein Manometer angebracht, an dem Betriebsdruck abgelesen werden kann. Es befindet sich dort jedoch keine Einrichtung, mit der sich ein Druck begrenzen läßt oder die so eingestellt werden könnte, daß bei Überschreiten eines bestimmten Betriebsdruckes entweder Alarm ausgelöst wird oder die Pumpe sich ausschaltet. Es ist daher ohne weiteres möglich, und so ist es auch im vorliegenden Falle geschehen, daß von der 1,5 km entfernt liegenden Tankanlage her Produkt durch das landseitige System gepumpt wird und der Betriebsdruck 18 bis 20 bar beträgt. So hat auch der Zeuge T im Verklarungsverfahren ausgesagt, daß bei Beginn der Beladung der Druck auf 18 bar anstieg, er hat sich dann abgesenkt auf den üblichen Betriebsdruck von ca. 4 bar. Zwar ist vor dem Verladearm in die Rohrleitung ein Druckregelventil (PCV 5014) eingebaut, das in der Leitung vor dem Ventil einen Druck von ca. 3-4 bar während des Beladens des Schiffes aufrecht erhält. Dieses Regelventil arbeitet jedoch unabhängig vom Druckaufbau in den Verladeleitungen auf dem Schiff, d.h. es hat keinerlei Sicherheitsfunktion (Schließen des Regelventils oder Abschalten der Pumpe) , wenn der Druck in den Decksleitungen zu groß wird. Dies hat der Sachverständige bereits in seinem ersten Gutachten im Verklarungsverfahren zutreffend dargestellt. Damit kann die Überschreitung des für die Schiffsleitungen höchstmöglichen Druckes mangels entsprechender Regelungstechnik nur vermieden werden, wenn dafür gesorgt ist, daß beim Umschlagsvorgang ständig jemand die Druckanzeige beobachtet und im Falle des Überschreitens des Betriebsdruckes von Hand die Pumpe ausschaltet. Zu den organisatorischen Mängeln, die sich die Beklagte vorwerfen lassen muß, gehört, daß nur ein Manometer an der oben bezeichneten Stelle angebracht ist, während in der Pierkanzel, in die im vorliegenden Fall der Verladeoperator sich begeben hatte, lediglich Instrumente vorhanden sind, mit denen die Fließgeschwindigkeit und die Temperatur des Produktes abgelesen werden können, nicht aber der Druck. Das der Beklagten und ihren Mitarbeitern anzulastende Verschulden ist deshalb als grob fahrlässig zu bewerten, weil nur wenige Tage zuvor, nämlich am 26. 11. 1989, mit einem anderen Schubleichter („Klaas") ein Ölbefüllungsunfall geschehen war, bei dem als Ursache in Betracht kam, daß die Decksleitungen dem entstandenen Druck möglicherweise nicht Stand gehalten hatten und deshalb ein Kompensator versagt hatte und zwei Ventile abgeschert worden waren. Auch wenn in jenem Falle aufgrund besonderer Ereignisse - dem Lösen eines Pfropfes und einer damit einhergehenden kurzzeitigen Druckspitze - andere Ursachen in Betracht kamen als im vorliegenden Falle, so mußte doch die Beklagte ihre Mitarbeiter zu besonderer Vorsicht anhalten.
Der Zeuge T hat bei seiner Vernehmung im Verklarungsverfahren angegeben, er habe bei Beginn der Beladung besondere Vorsicht walten lassen, da er von dem Ölunfall einige Tage zuvor wußte. Gerade wegen dieser Kenntnis hätte er auch weiterhin sorgfältig arbeiten müssen und eine Unterbrechung der Beladung nicht anordnen dürfen, er hätte dafür sorgen müssen, daß der nicht beheizte Teil des Verladearmes entleert wurde und schließlich hätte er auf keinen Fall eine unkontrollierte Wiederaufnahme der Beladung dulden dürfen. Er hätte zumindest dafür sorgen müssen, daß der Druck bei dem Manometer ständig beobachtet wird, und bei einem Ansteigen über 6 bar die Pumpen sofort abgeschaltet würden, zumal ihm sonstige technische Einrichtungen zur Begrenzung des Ladedruckes von der Beklagten nicht zur Verfügung gestellt wurden. Er hat bei seiner Vernehmung im Verklarungsverfahren wahrheitsgemäß ausgeführt, auf die Temperatur, die Fließgeschwindigkeit und den Ladedruck habe er keinen Einfluß, er könne die Werte zwar ablesen, aber nicht beeinflussen.

Einen vertraglichen Haftungsausschluß kann die Beklagte nicht einwenden. Es bestehen keine unmittelbaren oder auch nur abgeleiteten vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien, in die wirksam Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten einbezogen worden wären. Darüber hinaus stellt die Verletzung der Sorgfaltspflichten bei der Beladung, wie sie zur Überzeugung des Senates feststehen, eine Verletzung sogenannter „Kardinalspflichten" dar, für die eine Freizeichnung nach § 9 AGBG ohnehin unwirksam ist. Schließlich ist aber auch das der Beklagten und ihren Mitarbeitern vorzuwerfende haftungsbegründende Verhalten als grob fahrlässig einzustufen, so daß eine Haftungsbeschränkung auch insoweit nicht zum Zuge kommt.

Andererseits trifft die Besatzung des TL „A" ein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 1 BGB, das sich die Klägerin anrechnen lassen muß. Die Beklagte kann sich zwar von den ihr selbst als Betreiberin einer derart umweltgefährdenden Anlage obliegenden Sorgfaltspflichten weder freizeichnen noch diese Pflichten vollständig auf die Schiffsbesatzung abwälzen, indem sie ein Besatzungsmitglied eine sogenannte Prüfliste abzeichnen läßt. Die Schiffsbesatzung ihrerseits muß jedoch mit dazu beitragen, daß es nicht zu Ölunfällen wie dem vorliegenden kommt. Dazu gehört, daß die Besatzung vor dem Ölumschlag die Mitarbeiter der Raffinerie auf den höchstmöglichen Druck der Decksleitungen des Tankleichters ausdrücklich hinweist, selbst auch für eine Drucküberwachung mit Sorge trägt und im Falle einer Drucküberschreitung sofort reagiert. Dies wäre vorliegend ohne weiteres möglich gewesen, wenn ein Besatzungsmitglied sich mit dem Verladeoperator abgestimmt hätte, wer den Manometer beobachtet und in der Lage ist, sofort den Notausschalter bei Überschreiten des für den Leichter zulässigen Höchstdruckes von 6 bar zu betätigen. Weiter fällt der Besatzung des TL „A" zur Last, daß auch sie selbst Kenntnis von dem wenige Tage zuvor geschehenen Ölunfall mit dem TL,Klaas" hatte und deshalb zu erhöhter Sorgfalt und Aufmerksamkeit verpflichtet war. Sie mußte deshalb insbesondere auch dafür Sorge tragen, daß sich kein erhöhter Druck in den Schiffsleitungen des TL „A" aufbauen konnte. Dazu wäre möglich und zumutbar gewesen, mehr Ventile als tatsächlich geschehen zu öffnen. Dies gilt auch deshalb um so mehr, weil der Schiffsführer v. d. S. Bedenken hatte , daß das Produkt infolge der Unterbrechung fest geworden sein könnte. Er wußte auch, daß man normalerweise mit Luft die Rohrleitungen frei drücken müßte und weder landseitig noch schiffsseitig ein Kompressor hierfür zur Verfügung stand.

Der Senat bewertet die festgestellten Verursachungs- und Verschuldensanteile gemäß § 254 Abs. 1 BGB dahin, daß die Beklagte für 2/3, die Klägerin für 1/3 der Unfallfolgen einzustehen hat. Dies gilt gleichermaßen für die Klage wie die auf §§ 823, 83 1 BGB gestützte Widerklage der Beklagten. Maßgeblich für die Abwägungsentscheidung ist insbesondere, daß die Beklagte als Verladerin in erster Linie die Verantwortung für einen gefahrlosen Umschlag trägt und es ihr obliegt, für eine Abstimmung zwischen dem möglichen maximalen Betriebsdruck von 18 bis 20 bar auf die Höchstbelastbarkeit der Decksleitungen in geeigneter Weise zu sorgen. Entgegen ihrer Auffassung war es nicht ausreichend, die notwendige Abstimmung dadurch herbei zuführen, daß in einer Formular-„Prüfliste", „Fragen an den Schiffsführer" gestellt und von diesem formularmäßig beantwortet werden, darunter „31. Werden Menge und Druck der Ladung schiffsseitig während des ganzen Ladevorganges überwacht ?" Gegen die Beklagte und für die Klägerin spricht weiter, daß unter den besonderen Umständen - geringe Außentemperatur, Ölunfall erst wenige Tage zuvor - die Mitarbeiter der Beklagten sich dem ausdrücklichen Wunsch des Schiffsführer v. d. S nicht hätten verschließen dürfen, auf eine Unterbrechung der Beladung zu verzichten. Andererseits ist das dargestellte schuldhafte Verhalten der Schiffsbesatzung nicht als so gering zu bewerten, daß es bei der Abwägung vernachlässigt werden könnte. Der Senat hält eine Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 für sachgerecht.

Da der Rechtsstreit zur Höhe noch nicht entscheidungsreif ist, war die Sache an das Rheinschiffahrtsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorzubehalten war....." 

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1994 - Nr.24 (Sammlung Seite 1504 f.); ZfB 1994, 1504 f.