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Leitsätze:
1) In Rheinschiffahrtssachen ist die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil in einer Bußgeldsache auch dann zulässig, wenn nur eine Geldbuße bis zu 200,- DM festgesetzt worden ist.
2) Bei dem nach § 6.20 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 1 Satz 2 Buchst. b RhSchPolVO verbotenen Wellenschlag kommt es auf die tatsächlich hervorgerufenen Wellen, nicht auf das Größenverhältnis zwischen verursachendem und betroffenem Schiff an. Auch kleine Sportmotorboote können unerlaubte Wirkungen gegenüber großen Güterschiffen ausüben.
Beschluß des Oberlandesgerichts - Rheinschiffahrtsobergericht – Karlsruhe
vom 2. 2. 1976
Ss (B) 9/75 RhSch
(Rheinschiffahrtsgericht Mainz)
Zum Sachverhalt:
Der Betroffene machte auf dem Erfelder Altrhein mit seinem 11,20 m langen, 3,50 m breiten und 340 PS starken Motorkajütboot eine Probefahrt. Bei der Vorbeifahrt an einer Ladebrücke verursachte das Boot einen so starken Wellengang, daß die Ladebrücke in Bewegung geriet und der auf ihr montierte Radlader gegen das an der Brücke mit 2 Drähten festgemachte MS W stieß, wodurch dieses beschädigt wurde. Dem Betroffenen wurde wegen dieser Ordnungswidrigkeit vom Rheinschiffahrtsgericht eine Geldbuße von 80,- DM auferlegt.
Der Betroffene hat gegen dieses Urteil fristgerecht Rechtsbeschwerde durch seinen Verteidiger eingelegt und zugleich die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt. Der Generalstaatsanwalt macht geltend, daß die Voraussetzungen des § 80 Abs. 1 OWiG für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht gegeben seien.
Das Rheinschiffahrtsobergericht hat die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde bejaht. Weil der Stockstadt-Erfelder Altrhein den unter die Vorschriften der RhSchPoIVO gestellten Rheinstromstrecken zuzurechnen sei (§ 9.09 RhSchPolVO) und es sich daher um eine Rheinschiffahrtssache handele (§ 14 BiSchVerf.G.), bedürfe das Rechtsmittel nicht der besonderen Zulassung nach § 80 OWiG.
Die Rechtsbeschwerde wurde jedoch als unbegründet verworfen.
Aus den Gründen:
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In Rheinschiffahrtssachen gilt nach Ansicht des Beschwerdegerichts die Beschränkung des § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG nicht, wonach die Rechtsbeschwerde in Bußgeldsachen nur zulässig ist, wenn gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als 200,-- DM festgesetzt worden ist. Der Senat schließt sich damit der von Kortendick (ZfBuW 1975, 78) vertretenen Auffassung an. In § 17 BSchVerfG in der ab 1. 1. 1975 geltenden Fassung ist bestimmt, daß die Rechtsbeschwerde in Bußgeldsachen an das Rheinschiffahrtsobergericht nicht der in Artikel 37 Abs. 1 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte vorgesehenen Beschränkung unterliegt. Schon diese Beschränkung schließt Rechtsmittel nur dann aus, wenn das Höchstmaß der vom Gesetz zugelassenen Ahndung ein Betrag im Wert vog 50 Goldfranken ist (Kortendick aaO; Berufungskammer der Rheinzentralkommission ZfBuW 1971, 240). Bindet aber der Gesetzgeber durch § 17 BSchVerfG die Rechtsbeschwerde nicht an diese Mindestgrenze des Artikels 37 Abs. 1 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte, so kann, worin Kortendick beizupflichten ist, nicht gleichzeitig die höhere Grenze des § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zum Zuge kommen. Diese Beschränkung wäre im übrigen auch mit Artikel 37 Abs. 1 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte nicht zu vereinbaren, wenn die Bestimmung des § 17 BSchVerfG nicht gegeben wäre. Artikel 1 Abs. 4 des Zusatzprotokolls vom 25. 10. 1972 zur Revidierten Rheinschiffahrtsakte (BGBI. 1974 Teil II S. 1386) gestatttet zwar, anstatt der nach Artikel 37 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte zulässigen Berufung ein geeignetes anderes Rechtsmittel bei einer anderen oberen Gerichtsinstanz des Vertragsstaats einzuführen, hebt damit aber nicht die Zulässigkeitsgrenze des Artikels 37 Abs. 1 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte auf.
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Mit der Rechtsbeschwerde macht der Betroffene geltend, eine Gefährdung des stilliegenden Schleppkahns durch sein im Verhältnis zu diesem kleines Sportboot sei für ihn nicht voraussehbar gewesen. Nur ganz besondere, extreme Gegebenheiten an der Ladestelle hätten zur Beschädigung des Schleppkahns geführt.
Die Angriffe der Rechtsbeschwerde sind nicht gerechtfertigt. Nach § 6.20 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 1 Satz 2 Buchst. b RhSchPVO müssen Fahrzeuge ihre Geschwindigkeit so einrichten, daß Wellenschlag oder Sogwirkungen, die Schäden an stilliegenden oder Schwimmkörpern oder Anlagen verursachen können, vermieden werden, und sie müssen ihre Geschwindigkeit rechtzeitig vermindern in der Nähe von Fahrzeugen, die am Ufer oder an Landebrücken festgemacht sind oder die laden oder löschen. Auf der Höhe von ladenden Schiffen gebietet das Gesetz mithin verstärkte Vorsicht, weil die zur Durchführung des Ladevorgangs nötigen verschiedenartigen Vorkehrungen - wie es hier die wasserseitig schwimmend angelegte Ladebrücke war - besonders leicht Schäden bewirken können, wenn das Wasser in diesem Bereich nicht ruhig gehalten wird. Die erhöhte allgemeine Gefahr von Schädigungen in der Nähe ladender Fahrzeuge ist somit aus der gesetzlichen Vorschrift, die der Schiffsführer kennen muß, ersichtlich und deshalb voraussehbar. Für die Vorhersehbarkeit der Tatsache aber, daß eine nach dem Gesetz zu vermeidende Schädigung durch Wellenschlag von seinem Schiff verursacht werden konnte, kam es für den Betroffenen nicht auf den Größenvergleich zwischen beiden Schiffen an, sondern auf die tatsächlich hervorgerufenen Wellen.
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Den Geschehensablauf zwischen dem für ihn erkennbaren Wellenschlag und dem Schaden, wie also die Beunruhigung des Wassers sich konkret in eine Beschädigung des Schiffes umsetzte, brauchte er nicht voraussehen zu können, da die Verursachung eines Schadens durch einen solchen Wellenschlag jede 3lls nicht außerhalb aller Lebenserfahrung liegt (vgl. Schönke- Schröder StBG 18. Aufl. RN 179 zu § 13).
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