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Leitsatz:
Zur Einleitung nichtölhaltiger Abwässer in den Rhein durch Fahrgastschiffe:
Nach Maßgabe des Schifffahrtsrechts sind wegen Fortfalls der Rechtswidrigkeit solche Gewässerverunreinigungen nicht unbefugt, die zwangsläufig mit dem Betrieb verbunden sind. Mangels entsprechender Vorschriften in geltendem Schifffahrtsrecht (Art. 1 der Mannheimer Akte; Rheinschiffsuntersuchungsordnung; Rheinschifffahrtspolizeiverordnung) kann die freie Schifffahrt auf dem Rhein gemäß dem internationalen Statut der Mannheimer Akte durch ein Verbot der Einleitung von Küchen- und Toilettenabwässern nicht beschränkt werden. Dies soll - nach Ansicht des Gerichts - jedoch für Fahrgastschiffe nur im Fahrbetrieb gelten.
Urteil des Oberlandesgerichts Köln
vom 26. November 1985
Zum Sachverhalt:
Ein Fahrgastschiff des Personenschifffahrtsunternehmens K. hatte im Mai 1983 für etwa drei Wochen und im Juni/Juli 1983 für ca. sechs Wochen am Rheinufer festgemacht und war während dieser Zeiten vorübergehend ausschließlich als Restaurationsstätte betrieben worden. Das mit einem gültigen Schiffsattest ausgestattete Schiff wurde im Übrigen bei Ausfällen anderer Schiffe noch im Fahrdienst der Reederei als Reserveschiff eingesetzt.
Dem Leiter des Unternehmens wurde wegen der Ableitung ungeklärter, durch Spülen und Toilettenbenutzung entstandener Abwässer in den Rhein die Verunreinigung eines Gewässers (§ 324 StGB) vorgeworfen. Das Amtsgericht hat ihn freigesprochen; die Berufung der Staatsanwaltschaft wurde vom Landgericht (große Strafkammer) verworfen. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat das Oberlandesgericht (1. Strafsenat) die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere große Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Aus den Gründen:
Das Landgericht hat den objektiven Tatbestand der Gewässerverunreinigung als erfüllt angesehen, jedoch die Ansicht vertreten, der Angeklagte habe nicht unbefugt gehandelt; gewohnheitsrechtlich dürften nichtölhaltige Schiffabwässer in den Rhein geleitet werden; dies gelte zwar nicht, wenn ein Schiff zu schifffahrtfremden Zwecken eingesetzt werde; im vorliegenden Fall habe aber bei dem Einsatz des Schiffes noch ein Zusammenhang mit der Schifffahrt im engeren Sinn bestanden, da durch den Restaurationsbetrieb auf dem Schiff die Zweckbestimmung der Teilnahme des Schiffs am allgemeinen Schiffsverkehr nicht aufgehoben worden sei. Wenn man jedoch die Einleitung der Abwässer im vorliegenden Fall als unbefugt ansehe, so habe der Angeklagte sich jedenfalls in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden, da er sich auf die Richtigkeit des von ihm eingeholten Gutachtens eines namhaften Rechtsanwalts habe verlassen können.
Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht den objektiven Tatbestand des § 324 StGB als erfüllt angesehen. Seine Ansicht, die Einleitung der Abwässer sei nicht „unbefugt" erfolgt, hält aber einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Nach §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 Nr. 4 WHG ist jedes Einbringen oder Einleiten von Stoffen in oberirdische Gewässer eine Benutzung des Gewässers, die einer behördlichen Erlaubnis oder Bewilligung bedarf, soweit sich nicht aus dem Wasserhaushaltsgesetz oder dem im Rahmen dieses Gesetzes erlassenen landesrechtlichen Bestimmungen etwas anderes ergibt. Eine wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung war im vorliegenden Fall nicht erteilt. Die Einleitung der Abwässer war auch nicht als Gemeingebrauch zulässig. Nach § 23 Abs. 2 WHG können die Länder das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer als Gemeingebrauch nur insoweit zulassen, als dies nach dem bei Inkrafttreten des WHG geltenden Recht als Gemeingebrauch zulässig war. - In §33 LWG NW, der in Ausfüllung von §23 WHG den Gemeingebrauch an natürlichen oberirdischen Gewässern näher bestimmt, wird das Einleiten von Abwasser nicht als zulässige Benutzung genannt.
Das Einleiten von Abwasser fällt auch nicht als mit der Schifffahrt möglicherweise notwendig verbundene Benutzung des Gewässers unter den zulässigen Gemeingebrauch, da die Benutzung der Wasserstraßen durch die Schifffahrt nicht Ausfluss des Gemeingebrauchs im Sinne des § 23 WHG ist (vgl BVerwGE 32,299, 304; Gieseke-Wiedemann-Czychowski, WHG, 4. Aufl. § 23 Rdnr. 28 und 29; Hoffmann, LWG NW §37 Rdnr. 2 in: Wüsthoff, Handbuch des Deutschen Wasserrechts; Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz, 2. Aufl. § 5 Rdnr. 2). Demgemäß regelt das Landeswassergesetz NRW die Schifffahrt in § 37, während der Gemeingebrauch an Gewässern in §§ 33, 34 geregelt ist. Auch das Gesetz zur Reinhaltung der Bundeswasserstraßen (WStrRG) vom 17.8.1980 (BGBI II S.2125) unterschied in §4 ausdrücklich zwischen der’ Zuführung von Stoffen in Ausübung des Gemeingebrauchs und dem Zuführen von Stoffen aus Schiffen. Wenngleich des WStrRG vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden ist, weil der Bund keine Gesetzgebungskompetenz für eine Vollregelung im Bereich der Wassergütewirtschaft habe (BVerfGE 15, 1, 7), lässt die damals getroffene gesetzliche Regelung erkennen, was nach Auffassung des Gesetzgebers unter den Gemeingebrauch fällt.
Aus dem Wasserrecht ergibt sich somit keine Befugnis, aus Schiffen Abwässer in eine Bundeswasserstraße abzuleiten. Im vorliegenden Fall ergibt sich die Befugnis auch nicht aus anderen Vorschriften. Grundsätzlich ist die Frage der Rechtswidrigkeit einheitlich für die gesamte Rechtsordnung zu beantworten; wenn ein bestimmtes Verhalten aufgrund zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Vorschriften erlaubt ist, kann die Rechtswidrigkeit auch unter strafrechtlichen Gesichtspunkten entfallen (BGH bei Dallinger MDR 1975, 723). Demgemäß handelt auch im Sinne des §324 StGB derjenige nicht unbefugt, dem nach zivil- oder verwaltungsrechtlichen Bestimmungen das Tun gestattet ist (vgl. Wernicke NJW 1977, 1662, 1664; Giesecke Wiedemann-Czychowski WHG, 4. Aufl., §324 StGB Rdnr.45). Das Schifffahrtsrecht kann daher für die Beurteilung des Begriffs „unbefugt" nicht außer Betracht bleiben.
Grundsätzlich unterliegt allerdings auch die Schifffahrt den Normen des Wasserrechts. Als § 38 WHG durch das 4. Gesetz zur Änderung des WHG die allgemeine Fassung erhielt, die der jetzt gültigen Fassung des § 324 StGB entspricht, bezweckte der Gesetzgeber gerade, dass jeder , der ein Gewässer verunreinigt oder sonst in seinen Eigenschaften nachteilig verändert, mit Strafe bedroht wird (vgl. BT-Drucksache 7/888 S. 21).
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Aus dem Schifffahrtsrecht ergibt sich jedoch eine wesentliche Einschränkung dieses Grundsatzes: Unbefugt sind nicht solche Gewässerverunreinigungen, die zwangsläufig mit dem zulässigen Betrieb der Schifffahrt auf Bundeswasserstraßen, insbesondere auf dem Rhein, verbunden sind. Insoweit wird durch das Schifffahrtsrecht die Regelung des WHG eingeschränkt.
Nach § 5 BWStrG darf jedermann im Rahmen der Vorschriften des Schifffahrtsrechts einschließlich des Schifffahrtsabgabenrechts sowie der Vorschriften dieses Gesetzes die Bundeswasserstraßen mit Fahrzeugen befahren. Die Revidierte Rheinschifffahrtsakte vom 17. Oktober 1868 (Mannheimer Akte) in der Form der Bekanntmachung vom 8. September 1982 (BGBI 11858) bestimmt in Art. 1: „Abs. 1 Die Schifffahrt auf dem Rhein ... soll ... unter Beachtung der in diesem Vertrag festgesetzten Bestimmungen und der zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Sicherheit erforderlichen polizeilichen Vorschriften, den Fahrzeugen aller Nationen zum Transport von Waren und Personen gestattet sein.
Abs. 2: Abgesehen von diesen Vorschriften soll kein Hindernis, welcher Art es auch sein mag, der freien Schifffahrt entgegengesetzt werden."
Die danach zulässigen Beschränkungen finden sich in der Rheinschiffsuntersuchungsordnung - eingeführt durch die Verordnung zur Einführung der Rheinschiffs-Untersuchungsordnung vom 26. (BGBI 1 S.773) - und der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung in der durch die Verordnung zur Einführung der Rheinschifffahrtspolizeiverordung vom 16.8. 1983 (BGBI 1 1145) eingeführten Fassung. Sowohl die Rheinschiffs-Untersuchungsordnung als auch die Rheinschifffahrtspolizeiverordnung sind von der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (Art. 43, 45 der Mannheimer Akte) beschlossen worden (vgl. Art. 1 der jeweiligen Einführungsverordnung). Die Rheinschiffsuntersuchungsordnung enthält in § 11.08 Nr.4 zwar Bestimmungen über die erforderliche Anzahl von Aborten auf Fahrgastschiffen, schreibt jedoch nicht vor, dass Sammeltanks, insbesondere für Toilettenabwässer, vorhanden sein müssen. Die Rheinschifffahrtspolizeiverordnung 1983 enthält - wie auch schon in ihrer Fassung von 1970 - in § 1.15 das Verbot, feste Gegenstände oder Flüssigkeiten, die geeignet sind, die Schifffahrt oder sonstige Benutzer der Wasserstraße zu behindern oder zu gefährden, in die Wasserstraße zu werfen, zu gießen oder sonstwie einzubringen oder einzuleiten, sowie das Verbot, Ölrückstände jeder Art in die Wasserstraße zu werfen, zu gießen oder sonstwie einzuleiten. Ein Verbot, nichtölhaltige Abwässer in das Gewässer einzuleiten, enthält die Rheinschifffahrtspolizeiverordnung nicht.
Dem für den Rhein geltenden Schifffahrtsrecht kann also nicht das Verbot entnommen werden, Küchen- oder Toilettenabwässer in das Gewässer einzuleiten. Da die freie Schifffahrt auf dem Rhein nur durch das Schifffahrtsrecht eingeschränkt wird (vgl. § 5 BWStrG; Art. 1 Mannheimer Akte) kann das Wasserrecht nicht zu einer weitergehenden Beschränkung der Schifffahrt führen. Wäre die Einleitung von Abwässern aus Schiffen aufgrund des WHG bzw. des LWG NW verboten, so wären die Schiffe gezwungen, entweder über die Vorschriften der Rheinschiffs-Untersuchungsordnung hinaus Sammeltanks für Abwässer einzubauen oder auf die Schifffahrt zu verzichten, da - zumindest bei Fahrgastschiffen mit einer größeren Zahl von Fahrgästen - das Anfallen von Abwässern unvermeidbar ist. Derartige Beschränkungen sind aber mit dem internationalen Status des Rheins nicht zu vereinbaren.
Auch der Bundesminister für Verkehr ist der Ansicht, dass gegen Schiffe, die als Verkehrsmittel eingesetzt sind, aber nicht mit Behältern für Müll, Küchenabfälle und Fäkalien ausgerüstet sind, nichts unternommen werden kann (vgl. Schreiben des Bundesministers für Verkehr vom 8.4.1979 - BW 10/14.81.03 - 01/16 H 79, Bl.21, 22 d. A.).
Das Abwasserabgabengesetz geht in § 10 Abs. 1 Nr. 3 ebenfalls davon aus, dass das Einleiten von Schmutzwasser aus Wasserfahrzeugen zulässig ist (vgl. auch Begründung in BT-Drucksache 7/2272 S.35).
Das WStrRG vom 17.8.1960 sah folglich mit Rücksicht auf die internationale Regelung am Rhein, die erst schrittweise im Einverständnis mit den übrigen Rheinuferstaaten angepasst werden könne, für das Zuführen von Stoffen aus Schiffen eine Sonderregelung vor (vgl. §§ 4 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1, 45 Abs. 4 WstrRG und Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Reinhaltung der Bundeswasserstraßen, BT-Drucksache 3/46 5.16 und 22). Diese Sonderregelung für die Schifffahrt wäre überflüssig gewesen, wenn das Zuführen von Stoffen aus Schiffen in Bundeswasserstraßen schon nach dem Wasserrecht unzulässig gewesen wäre.
Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit des WStrRG (vgl. BVerfGE 15,1) kann nicht entnommen werden, dass die Befugnis zur Einleitung von Schiffsabwässern nicht nach Schifffahrtsrecht zu beurteilen ist. Das Bundesverfassungsgericht hatte keinen Anlass, zwischen Abwässern aus Schiffen und anderen Abwässern zu unterscheiden. Es erkennt die Regelungsbefugnis des Bundes für Schifffahrt, insbesondere hinsichtlich der technischen Beschaffenheit und der Ausrüstung der Schiffe, ausdrücklich an (BVerfGE 15,1,12). Die gesetzliche Grundlage findet sich in dem Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt. § 3 dieses Gesetzes ermächtigt zum Erlass von Verordnungen über das Verhalten im Verkehr und die Anforderungen an Bau, Ausrüstung und Betrieb der Schiffe. Die Rheinschiffs-Untersuchungsordnung und die Rheinschifffahrtspolizeiverordnung gelten nach § 9 Abs. 2 dieses Gesetzes als aufgrund des § 3 erlassen. Die Frage der Abwasserbeseitigung während der Fahrt ist aber untrennbar mit der technischen Beschaffenheit und dem Betrieb des Schiffs verbunden, so dass sie nach Schifffahrtsrecht und nicht nach Wasserrecht zu beurteilen sind.
Da die Binnenschifffahrt Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes (Art.. 74 Nr. 21 GG) ist, kann der Bund bei den Vorschriften über Beschaffenheit und Betrieb auch Gesichtspunkte des Gewässer- und Umweltschutzes berücksichtigen, wie dies schon in §1.15 der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung geschehen ist (vgl. Bemm-Kortendick, Rheinschifffahrtspolizeiverordnung 11983 §l.15 Rdnr. 2). Mangels schiffahrtsrechtlicher Beschränkungen ist also im Rahmen der Schifffahrt das Einleiten nichtölhaltiger Schiffsabwässer in den Rhein nicht unbefugt.
Die Ansicht des Bayerischen Obersten Landesgerichts, die Einleitung sei gewohnheitsrechtlich erlaubt und es sei nach § 23 WHG Sache der Länder, das gewohnheitsrechtlich zulässige Einleiten der nichtölhaltigen Schiffsabwässer(n) in die Wasserstraßen im Rahmen der durch das WHG gesetzten Grenzen zu regeln, erscheint - zumindest im Hinblick auf den Rhein - bedenklich. Würde man dieser Ansicht folgen, so würde man das Land Nordrhein-Westfalen für berechtigt halten, - entsprechend der Regelung der bayerischen Schifffahrtsordnung, die allerdings für Bundeswasserstraßen ausdrücklich nicht gilt (vgl. BayObLGSt 1982, 75, 79)1) - auch für die Bundeswasserstraßen - einschließlich des Rheins - anzuordnen, dass alle Schiffe mit Behältern zur Aufnahme von Fäkalien und Abwässern ausgerüstet sein müssen und sichergestellt wird, dass derartige Abfallstoffe nicht in das Gewässer gelangen können. Wie oben schon ausgeführt, würde der Landesgesetzgeber damit unzulässig die Schifffahrt über die in §5 BWStrG und Art. 1 der Mannheimer Akte anerkannten Grenzen hinaus beschränken. Eine solche Kompetenz hat sich der Landesgesetzgeber auch tatsächlich nicht zugelegt. In § 37 Abs. 3 LWG NW hat er zwar die Möglichkeit geschaffen, durch ordnungsbehördliche Verordnungen des Regierungspräsidenten die Ausübung der Schifffahrt im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, des Eigentums, der Fischerei, der Reinhaltung und Unterhaltung des Gewässers, des Immissionsschutzes und der öffentlichen Ordnung zu regeln; er hat aber in § 37 Abs. 5 LGW NW ausdrücklich klargestellt, dass dies nicht für Bundeswasserstraßen gilt.
Die Privilegien der Rheinschifffahrt wirken sich aber im vorliegenden Fall nicht aus. Die Privilegierung der Schifffahrt gegenüber den Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes kann nur insoweit gelten, als Schiffe zur Schifffahrt, d. h. zur Beförderung von Personen und Gütern (vgl. Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz, 2. Aufl. § 5 Rdnr. 3) benutzt werden. Nach Art. 1 Mannheimer Akte soll die Schifffahrt auf dem Rhein den Fahrzeugen aller Nationen zum Transport von Waren und Personen gestattet sein. Soweit Schiffe nicht zum Transport von Waren und Personen eingesetzt werden, sondern nur stationär als Restaurations- oder Hotelschiff verwendet werden, besteht kein Anlass, aus dem Schifffahrtsrecht Privilegien gegenüber den strengen Bestimmungen des Wasserhaushaltsrechts herzuleiten. Dies verkennt auch das Landgericht nicht, wenn es meint, derjenige, der ein Schiff entgegen seiner eigentlichen Widmung zu schiffahrtsfremden Zwecken einsetze, könne sich nicht auf den Schutz der Mannheimer Akte berufen. Zutreffend hält das Landgericht das Abgrenzungskriterium der Dauer des Festliegens für ungeeignet, da ein Schiff aus unterschiedlichen Gründen, z. B. wegen Hochwassers, Eisgangs, fehlender Anschlussfracht für einen längeren Zeitraum festliegen könne. Das Landgericht meint dann aber weiter, es komme darauf an, ob die Liegezeit noch in einem Zusammenhang mit der Schifffahrt im engeren Sinne stehe; dies sei vorliegend der Fall, da der auf dem Schiff betriebene Restaurationsbetrieb die Zweckbestimmung der Teilnahme des Schiffs am allgemeinen Schiffsverkehr nicht aufgehoben habe. Diese Abgrenzung wird den strengen Anforderungen des Gewässerschutzes ebensowenig gerecht wie die Ansicht der Verteidigung, auf den Einsatz eines Schiffes sei in der Regel Schifffahrtsrecht anzuwenden, wenn das Schiff der Schifffahrt gewidmet sei, ein gültiges Schiffsattest vorliege und das Schiff auch tatsächlich zur Schifffahrt eingesetzt werden könne. Würde man der Ansicht des Landgerichts und der Verteidigung folgen, so würden in der Regel alle Schiffe, die noch zur Schifffahrt zugelassen sind, jederzeit zum Schiffsverkehr eingesetzt werden können und bei Bedarf auch eingesetzt werden sollen, unter die Privilegien des Schifffahrtsrechts fallen. Eine solche weitgehende Privilegierung ist durch die Grundsätze des Art. 1 der Mannheimer Akte nicht geboten. Nach der Mannheimer Akte ist die freie Schifffahrt zum Transport von Waren und Personen garantiert, nicht aber jeder beliebige Einsatz von Schiffen. Die Privilegien des Schifffahrtsrechts kommen daher nur dann zur Anwendung, wenn der Zweck des konkreten Einsatzes des Schiffes auf Beförderung gerichtet ist. Dient der aktuelle Einsatz nicht der Beförderung, so gelten für diesen Zeitraum die Grundsätze des Wasserrechts uneingeschränkt, d. h. insoweit kann dem Schifffahrtsrecht nicht die Befugnis zur Einleitung von Abwässern entnommen werden. Nur diese enge Abgrenzung entspricht dem Zweck des §324 StGB und berücksichtigt, dass die Privilegien des Schifffahrtsrechts bezüglich der Abwässereinleitung Ausnahmebestimmungen sind, die sich aus dem internationalen Status des Rheins ergeben und nur eingreifen, soweit es um die freie Beförderung von Waren und Personen geht. Die hier vertretene Abgrenzung entspricht auch den Geboten der Klarheit und Rechtssicherheit, da aus der Art des aktuellen Einsatzes stets entnommen werden kann, ob die Privile¬gien des Schifffahrtsrechts eingreifen oder nicht. Wird ein Schiff als Hotelschiff oder als Restaurationsschiff eingesetzt, so dient dieser konkrete Einsatz nicht der Beförderung; insoweit können auch keine Privilegien aus dem Schifffahrtsrecht hergeleitet werden. Diese Ansicht wird auch von dem Bundesminister für Verkehr geteilt, der in seinem oben zitierten Schreiben vom 8.4.1979 ausgeführt hat, Fahrgastschiffe nähmen nicht am Verkehr teil, solange sie ausschließlich als Hotelschiffe verwendet würden; das bringe ihnen hinsichtlich der Betriebsvorschriften (z. B. Besatzung) Vorteile, hinsichtlich der Umweltschutzverpflichtungen jedoch Nachteile. Die Einleitung der Abwässer erfolgte im vorliegenden Fall mithin unbefugt.