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Ns 3/79 - Oberlandesgericht (Schiffahrtsobergericht)
Date du jugement: 02.10.1979
Numéro de référence: Ns 3/79
Type de décision: Urteil
Language: Allemande
Juridiction: Oberlandesgericht Karlsruhe
Section: Schiffahrtsobergericht

Leitsatz:

Zur Frage, ob neben Bußgeldsachen auch die mit einer Verletzung schiffahrtspolizeilicher Vorschriften begangenen Straftaten (z. B. nach §§ 315 a, 223, 222 StGB) Rheinschifffahrtsstrafsachen sind.

Urteil des Schiffahrtsobergerichts in Karlsruhe

vom 2. Oktober 1979

Ns 3/79

(Schiffahrtsgericht Mannheim)

Zum Sachverhalt:

Der Schiffsführer eines Motortankschiffes war vom Schifffahrtsgericht wegen fahrlässiger Gefährdung des Schiffsverkehrs gemäß § 315 a Abs. 1 und 3 StGB zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 50,- DM verurteilt worden, weil er das Schiff bei der Talfahrt auf dem Rhein zu tief abgeladen, dadurch Grundberührung bei Rhein-km 405 bekommen und beim Herumfallen des Achterschiffes zur Kollision und Beschädigung eines anderen Schiffs beigetragen habe.
In der Berufungsverhandlung haben Angeklagter und Staatsanwaltschaft beantragt, das Urteil aufzuheben und die Sache an das R h e i n schiffahrtsgericht zu verweisen. Das Schifffahrtsobergericht hat diesem Antrag entsprochen.

Aus den Gründen:

„...
In § 2 Abs. 3 des BinnSchiffVerfG wird hinsichtlich der Binnenschiffahrtssachen zwischen Strafsachen einerseits und Bußgeldsachen andererseits unterschieden und hinsichtlich der Strafsachen die Einschränkung gemacht, daß insoweit nach den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes die Amtsgerichte zuständig sein müssen. Hinsichtlich der Voraussetzungen, wann eine Strafsache Binnenschiffahrtssache sein kann, wird auch auf den Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 20. 4. 1979 (2. ARs 76/79)1) verwiesen. Gemäß § 14 Abs. 2 BinnSchiffVerfG sind die in Artikel 34 und 34bis der Revidierten Schiffahrtsakte bezeichneten Bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Straf- sowie Bußgeldsachen, die sich auf Vorgänge auf dem Rhein abwärts von der deutsch-schweizerischen Grenze bei Basel beziehen, Rheinschifffahrtssachen. Damit geht der Gesetzgeber davon aus, daß auch nach der zum 1. 1. 1975 in Kraft getretenen Strafrechtsreform neben den Bußgeldsachen auch die im Zusammenhang mit einer Verletzung schiffahrtspolizeilicher Vorschriften begangenenen Straftaten (z. B. nach §§ 315 a, 223, 222 StGB) Rheinschiffahrtsstrafsachen sind. Auch hier liegt der Schwerpunkt in der Verletzung schiffahrtspolizeilicher Vorschriften. In Artikel 34 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte werden zwar nur Strafsachen aufgeführt, die in dieser Bestimmung aus ihrer historischen Entwicklung heraus hier nur als Oberbegriff für Bußgeldsachen und die eigentlichen Strafsachen zu verstehen sind. Die früher (vor dem 1. 1. 1975) durch § 2 Abs. 2 BinnSchiffVerfG a. F. geltende Einschränkung für die zugrunde liegende Schiffahrtssache, daß dort Vergehen und Verbrechen bereits keine Binnenschiffahrtssache waren, gilt jetzt nicht mehr. Damals waren im übrigen als Rheinschiffahrtssachen auch in § 14 Abs. 2 BinnSchiffVerfG a. F. nur Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen - ohne Verbrechen und Vergehen also die damaligen Übertretungen - aufgeführt, während in der Neufassung des § 14 Abs. 2 BinnSchiffVerfG nunmehr ausdrücklich nebeneinander sowohl Straf- wie Bußgeldsachen aufgeführt sind.
Ein Verstoß gegen den vom Rechtsmittelgericht von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensgrundsatz des gesetzlichen Richters konnte hier nicht etwa deshalb entfallen, weil sowohl Schifffahrtsgericht wie Rheinschiffahrtsgerichte mit dem selben Richter besetzt sind. Immerhin muß hier berücksichtigt werden, daß in Rheinschiffahrts-Bußgeldsachen immer ein Rechtsmittel zum Rheinschiffahrtsgericht wie auch zur Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt in Straßburg eingelegt werden kann (vgl. § 18 BinnSchiffVerfG). In Strafsachen dürfte demnach die wahlweise Berufungsmöglichkeit nur dann in Betracht kommen, wenn z. B. bei einer Verhandlung einer Rheinschiffahrtsstrafsache vor dem Rheinschiffahrtsgericht nur eine Verurteilung wegen einer - sonst hinter die Straftat zurücktretenden Ordnungswidrigkeit, z. B. Verstoß gegen die Bestimmungen der Rheinschiffahrtpolizeiverordnung, erfolgt ist. Entscheidet aber in einem derartigen Falle anstelle des zuständigen Rheinschiffahrtsgerichts nur das Schiffahrtsgericht - auch wenn der Richter personengleich ist -, so könnte ein durch ein derartiges Urteil beschwerter Verfahrensbeteiligter nur gegen das Urteil des Schiffahrtsgerichtes vorgehen und über diese Berufung könnte dann allein das Schiffahrtsobergericht entscheiden. Der Weg zur Berufungskammer der Zentralkommission wäre dem Rechtsmittelführer, wenn hier nicht in erster Instanz das zuständige Rheinschiffahrtsgericht entschieden hatte, nicht offen.
Darüber hinaus ergeben sich, abgesehen von dem unterschied. lichen Rechtsmittelzug zwischen Rheinschiffahrtsgericht und Schifffahrtsgericht, auch Unterschiede hinsichtlich der Strafrahmen, die beiden Gerichten zur Verfügung stehen: Für die Rheinschiffahrtssachen ergeben sich gegenüber dem Schiffahrtsgericht Einschränkungen durch Art. 32 der Revidierten Mannheimer Akte.
Da somit feststeht, daß hier beim Schiffahrtsgericht nicht der gesetzliche Richter entschieden hatte, mußte das angefochtene Urteil ausgehoben und das Verfahren gemäß § 328 Abs. 3 StPO an das zuständige Rheinschiffahrtsgericht Mannheim zurückverwiesen werden.
...“