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III ZR 134/74 - Bundesgerichtshof (-)
Date du jugement: 30.09.1976
Numéro de référence: III ZR 134/74
Type de décision: Urteil
Language: Allemande
Juridiction: Bundesgerichtshof Karlsruhe
Section: -

Leitsätze:

1) In der Verordnung über die Verteilung von Frachtgut im Binnenschiffsverkehr vom 6. Juni 1967 (BAnz. Nr. 119 vom 30. Juni 1967, S. 2) ist die Rechtsgrundlage der Ermächtigung (Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG) hinreichend angegeben.


2) Die in dieser Rechtsverordnung begründeten Andienungspflichten sind mit Art. 12 und 14 GG vereinbar.

Urteil des Bundesgerichtshofes

vom 30. September 1976

(Landgericht Duisburg; Oberlandesgericht Düsseldorf)


Zum Tatbestand:

In früheren Jahren gaben bekanntlich die sogenannten O Reedereien einen jeweils für längere Zeit ausgehandelten Prozentsatz der von der Ruhr nach Süddeutschland zum Transport auf dem Rhein bestimmten Kohlen freiwillig an den SBV „Jus et Justitia" ab. Als sich die Transportmengen im Zuge der Umstellung von Kohle auf OI verringerten und einige Reedereien, darunter auch die Klägerin sowie 2 holländische Reedereien, sich nicht an der freiwilligen Abgabe eines Teiles der von ihnen übernommenen Kohlentransporte an den SBV beteiligten, sondern nur Hauspartikuliere aufgrund langfristiger Beschäftigungsverträge einschalteten, erließ die Beklagte, nämlich die durch Rechtsverordnung des BVM vom 9. 5. 1967 ermächtigte WSD Duisburg, die sogenannte Frachtverteilungsverordnung vom 6. 6. 1967.

Danach hatte jeder Frachtführer, der die Beförderung von Koh en von der Ruhr nach Süddeutschland übernahm, 22,5 % des zu befördernden Frachtgutes dem SBV anzudienen. Wegen Verstoßes gegen diese Verordnung setzte die Beklagte im Oktober 1967 Bußgelder über je 55000,- DM gegen die beiden geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin fest. Zu einer Entscheidung über die Anträge auf gerichtliche Entscheidung sowie über eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ist es wegen der Aufhebung der Frachtverteilungsverordnung ab 1. 6. 1969 nicht gekommen.

Die Klägerin, die die ihr durch die Verordnung auferlegten Pflichten seit November 1967 unter Protest erfüllte, verlangt Schadensersatz in Höhe von ca. 1 845000,- DM, weil die Frachtverteilungs-Verordnung gegen Art. 2, 3, 14 und 80 des Grundgesetzes, gegen die Rheinschifffahrtsakte und Art. 76 des EWG-Vertrages verstoße. Die Nichtigkeit der Verordnung habe der Verordnungsgeber erkennen können und müsse wegen des enteignungsgleichen Eingriffs in die Frachtverträge der Klägerin Entschädigung zahlen.
Die Beklagte hat eine Schadensersatzpflicht bestritten. Die Klägerin habe es auch versäumt, den von ihr behaupteten Schaden durch Einlegung von Rechtsmitteln abzuwenden.

Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Die Revision der Klägerin blieb erfolglos.

Aus den Entscheidungsgründen:

I.

Die FrachtverteilungsVO ist nicht wegen eines Verstoßes gegen Vorschriften des Grundgesetzes nichtig.

1. Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG ist in Rechtsverordnungen „die Rechtsgrundlage anzugeben".

a) Die FrachtverteilungsVO ist aufgrund der in § 3 Abs. 1 Satz 2 BinnSchVerkG vorgesehenen Weiterübertragung der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen erlassen worden. Eine solche Subdelegation lässt Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG zu. Rechtsverordnungen dieser Art besitzen stets zwei Rechtsgrundlagen: die gesetzliche Ermächtigung und die die Weiterübertragung enthaltende Rechtsverordnung. Die beiden Ermächtigungen bilden zusammen die „Rechtsgrundlage" einer solchen Rechtsverordnung.

b) Nach dem Zitiergebot muss der Verordnungsgeber die zum Erlass der Verordnung notwendige gesetzliche Grundlage kenntlich machen. Jedermann soll unschwer nachprüfen können, ob der Verordnungsgeber die bei dem Erlass von Rechtsverordnungen zu beachtenden Grenzen eingehalten hat (Spanner DOV 1957, 412). Dieses Erfordernis ist zwingend.

c) Hieraus folgt nicht nur, dass Verstöße gegen das Zitiergebot zur Nichtigkeit einer Rechtsverordnung führen (Maunz/Dürig/Herzog aaO Art. 80 Rdn. 12 Fn. 1; von Mangoldt/Klein aaO Art. 80 Anm. XI 2, d; Württ.-Bad. VGH AS 7, 249, 254), sondern auch, dass die Rechtsgrundlage ausreichend genau kenntlich gemacht werden muss, weil die Prüfung der Rechtsgrundlage sonst unzumutbar erschwert, wenn nicht gar unmöglich sein kann. Die bloße Angabe des der Verordnung zugrunde liegenden Gesetzes entspricht darum nicht dem Zitiergebot (von Mangoldt/Klein aaO Art. 80 Anm. VII 1). Es müssen vielmehr alle die Vorschriften aufgezählt werden, von denen der Verordnungsgeber seine Befugnis zum Erlass der Verordnung ableitet.

d) Zur Erfüllung des Zitiergebots ist es aber nicht erforderlich, dass in Rechtsverordnungen, die auf einer Unterermächtigung beruhen, stets beide Rechtsgrundlagen angegeben werden (so offenbar von Mangoldt/Lenz aaO Art. 80 Anm. VIII 6 a, und Hamann/Lenz GG 3. Aufl. Art. 80 Anm. 9 ohne weitere Begründung). Bei Gesetzen, die sowohl die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen sowie die zur Subdelegation enthalten, wie es bei dem Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr der Fall ist, wird dem Zitiergebot genügt, wenn die auf der Subdelegation beruhende Rechtsverordnung nur die Rechtsverordnung nennt, mit der die Ermächtigung weiterübertragen worden ist, sofern nur diese Rechtsverordnung ihrerseits die für beide Rechtsverordnungen maßgebende gesetzliche Rechtsgrundlage eindeutig kennzeichnet.

e) Die FrachtverteilungsVO nennt nur § 1 der schon erwähnten Verordnung des Bundesministers für Verkehr als Rechtsgrundlage und nicht die gesamte Rechtsverordnung. Das ist unbedenklich, weil § 1 dieser Verordnung die Rechtsgrundlage für die Delegation enthält.

2. Dem Berufungsgericht ist auch darin beizutreten, dass § 3 BinnSchVerkG eine genügende gesetzliche Grundlage für den Erlass der FrachtverteilungsVO bildet, und dass sich der Verordnungsgeber im Rahmen dieser Ermächtigung gehalten hat.

a) Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen in dem die Ermächtigung enthaltenden Gesetz bestimmt sein. Diesem Erfordernis ist nur genügt, wenn die Ermächtigung so bestimmt ist, dass schon aus ihr und nicht erst aus der auf sie gestützten Rechtsverordnung erkennbar und vorhersehbar ist, was vom Bürger mit der Rechtsverordnung gefordert werden kann (Leibholz/Rinck GG)

3. Aufl. Art. 80 Rdn. 7 m. w. Nachw., insbesondere BVerfGE 1, 14, 60). Ob eine Ermächtigung diesem Maßstab genügt, kann nur von Fall zu Fall entschieden werden.

b) Inhalt und Ausmaß der Ermächtigung sind in § 3 BinnSchVerkG hinreichend deutlich bestimmt. Der Bundesminister für Verkehr darf danach die Verteilung von Fracht- und Schleppgut auf Bundeswasserstraßen regeln, soweit Notstände in der Binnenschifffahrt eingetreten sind oder sich anbahnen und nicht durch Vereinbarungen der schifffahrttreibenden Verbände nach § 1 des Gesetzes oder auf andere Weise behoben werden können. Was als Notstand anzusehen ist, bestimmt § 4 des Gesetzes. Er ist nach Nr. 2 dieser Vorschrift, auf die die Zweite Verordnung des Bundesministers für Verkehr verweist, u. a. dann gegeben, wenn die Privatschiffer im gesamten Geltungsbereich des Gesetzes, in einzelnen Stromgebieten oder Teilen davon am Verkehrsaufkommen mit Schiffsraum oder Schleppkraft nicht angemessen beteiligt werden.

Wie die Angemessenheit der Verteilung zu bestimmen ist, wird im Gesetz allerdings nicht ausgeführt. Insoweit sind verschiedene Verteilungsweisen und Maßstäbe denkbar (etwa nach dem Tonnageverhältnis, der Art und Länge der Beförderungsstrecke oder der Art des Frachtguts usw.). Entgegen der Meinung der Revision folgt daraus aber nicht schon, dass die Ermächtigung zu unbestimmt ist.

Einen Anhalt zur Bestimmung des Inhalts der Ermächtigung gewährt auch § 4 Nr. 1 BinnSchVerkG, wonach ein Notstand im Sinne von § 3 des Gesetzes „gegeben" ist, wenn für die Binnenschifffahrt im Geltungsbereich des Gesetzes oder in Teilen davon bei außergewöhnlichem Ladungsmangel ohne eine angemessene Verteilung des Ladungsgutes nachhaltige wirtschaftliche Schäden bei einem erheblichen Teil des gesamten oder einzelner Zweige des Schifffahrtsgewerbes eintreten würden. Entgegen der Meinung der Revision darf auch diese Regelung ergänzend herangezogen werden. Für die Interpretation von Ermächtigungsnormen gelten die allgemeinen Auslegungsregeln. Danach kann auch der Sinn-zusammenhang einer Norm mit anderen Vorschriften und das insgesamt vom Gesetzgeber verfolgte Ziel bei der Auslegung berücksichtigt werden (BVerfGE 7, 267, 272 f; 282, 291).

Art. 80 Abs. 1 Satz 2 verlangt nicht, dass die Ermächtigung so bestimmt wie irgendwie möglich abgefasst ist; sie muss nur hinreichend bestimmt sein (BVerfGE 8, 274, 312).

Die Revision meint, die Wasser- und Schifffahrtsdirektion habe eine Rechtsverordnung nur erlassen dürfen, wenn ein Notstand eingetreten sei, weil der Bundesminister für Verkehr bei der Weiterübertragung der Ermächtigung auf § 4 Nr. 2 des Gesetzes Bezug genommen habe. Dem kann schon angesichts des Wortlauts von § 3 des Gesetzes nicht gefolgt werden.

Die Ermächtigung in § 3 BinnSchVerkG soll die Lage der Binnenschiffer sichern, hat also ordnungssichernde Bedeutung. Nach § 33 Abs. 1 BinnSchVerkG muss die Bundesregierung darauf hinwirken, dass die Wettbewerbsbedingungen der Verkehrsträger angeglichen werden und dass durch marktgerechte Entgelte und einen lauteren Wettbewerb der Verkehrsträger eine volkswirtschaftlich sinnvolle Aufgabenteilung ermöglicht wird. Entgegen der Meinung der Revision widersprechen sich diese Vorschriften nicht. Von einer volkswirtschaftlich sinnvollen Aufgabenteilung kann nicht gesprochen werden, wenn infolge einer unangemessenen Verteilung des Frachtaufkommens bei einem Teil der Binnenschiffer Notstände eintreten oder sich anbahnen. Eine Ermächtigung des Verordnungsgebers, dem Eintritt solcher Zustände entgegenzuwirken, ist daher mit der der Bundesregierung in § 33 Abs. 1 des Gesetzes gestellten Aufgabe vereinbar.

§ 3 BinnSchVerkG regelt nicht, auf welche Weise und durch welche Mittel eine angemessene Verteilung des Frachtaufkommens herbeigeführt werden soll. Es kommen verschiedene Maßnahmen in Betracht, etwa eine Verteilung nach Festmengen, nach Quoten oder nach der Reihenfolge (BT-Drucks. 1/3622 S. 11; vgl. auch Vortisch/Zschucke, Binnenschifffahrts- und Flößereirecht 3. Aufl. § 4 Anm. 2 und Kählitz, Das Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr § 4 Nr, 7). Entgegen der Meinung der Revision folgt daraus aber nicht, dass die Ermächtigung inhaltlich zu unbestimmt ist. Aus der dem Verordnungsgeber obliegenden Aufgabe, einen Notstand oder einen sich anbahnenden Notstand zu bekämpfen, ergibt sich, dass nur diejenigen Maßnahmen in Betracht kommen, die geeignet sind, einen solchen Missstand zu beheben. Die zur Bekämpfung erforderlichen Schritte bestimmen sich danach, worauf der Notstand beruht. Da nicht vorhersehbar ist, wodurch Notstände auftreten, kann vom Gesetzgeber nicht mehr verlangt werden als die Anordnung, dass die Verordnung geeignet sein muss, eine angemessene Frachtverteilung herbeizuführen.

Die Ermächtigung lässt auch erkennen, wer Adressat einer FrachtverteilungsVO sein kann. Denn von ihr darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit Notstände nicht durch Vereinbarungen nach § 1 des Gesetzes oder auf andere Weise behoben werden können. Partner solcher Vereinbarungen können nur die am Frachtaufkommen Beteiligten sein, also die Schifffahrtsverbände und die Schifffahrtstreibenden.

c) Der Zweck der Ermächtigung ergibt sich ebenfalls hinreichend deutlich aus dem Gesetz. Wenn es um die Bekämpfung von Notständen nach § 4 Nr. 2 des Gesetzes geht, wie es hier der Fall ist, geht es um den Schutz der Privatschiffer.

d) Der Verordnungsgeber hat die Grenzen der ihm in § 3 BinnSchVerkG erteilten Ermächtigung eingehalten. Entgegen der Meinung der Revision sieht das Gesetz nicht nur allgemeine Not-standsregelungen vor. Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes darf von der Ermächtigung nur Gebrauch gemacht werden, „soweit" ein nicht anders behebbarer Notstand eingetreten ist oder sich anbahnt. Dasselbe würde sich ohne diese Regelung aus dem auch für den Gesetz- und Verordnungsgeber geltenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben (BVerfGE 18, 121, 132; 20, 351, 361; 21, 150, 154 f.).

Nach der schon aus dem Gesetz folgenden Begrenzung der zulässigen Maßnahmen auf das sachlich Gebotene kann - anders als die Revision meint - von der Ermächtigung in § 3 des Gesetzes auch dann Gebrauch gemacht werden, wenn ein Notstand darauf beruht, dass Privatschiffer nur an einem besonders wichtigen Teil des gesamten Frachtaufkommens wie etwa Kohletransporten nicht angemessen beteiligt sind. Dass sich Privatschiffer in erheblichem Umfang auf die Beförderung von Ruhrkohle eingerichtet hatten, folgt aus der insoweit von der Revision nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts. Dann aber brauchte das Berufungsgericht nicht noch weiter zu prüfen, ob die durch die Frachtverteilung begünstigten Schiffer auf andere Transportgüter hätten ausweichen können. Das Gesetz soll den Privatschiffern auch die bisherigen Transportmöglichkeiten erhalten und sie vor einem sie daraus verdrängenden Wettbewerb schützen (vgl. dazu auch BGH in Zeitschrift für Binnenschifffahrt und Wasserstraßen 1975, 208).

Bei der Bemessung des Umfangs des anzudienenden Frachtaufkommens brauchte der Verordnungsgeber, anders als die Revision meint, nicht zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass sie Privatschiffer aufgrund langfristiger Verträge beschäftigte. Solche „Haus-Partikuliere" können, soweit es um den Schutz der Privatschiffer geht, während der Dauer ihrer vertraglichen Bindung an einen Reeder nicht mehr den Privatschiffern zugerechnet werden, weil ihre Beteiligung am Frachtaufkommen dann durch die Beschäftigungsverträge gesichert ist (Kählitz aaO § 14 Nr. 7; Vortisch/ Zschucke aaO § 14 Anm. 2). Sie sind deshalb auch während der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr kraft Gesetzes Mitglieder eines Schifferbetriebsverbandes (§ 14 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes). Wegen dieser wirtschaftlich unterschiedlichen Lage bei den Privatschiffern und den Haus-Partikulieren war die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Duisburg nicht verpflichtet, beide Gruppen gleich zu behandeln.

Ferner hätte sich, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, die Anrechnung der von Haus-Partikulieren der Klägerin übernommenen Frachten auf die Andienungsquote zu Lasten der Privatschiffer ausgewirkt, also gerade der freien Partikuliere, die durch die FrachtverteilungsVO geschützt werden sollten.
Die Meinung der Revision, der Verordnungsgeber hätte statt der Frachtführer die Verlader andienungspflichtig machen müssen, übersieht, dass die Verlader nicht zu den in § 1 des Gesetzes genannten Schifffahrtsverbänden und Schifffahrtstreibenden gehören.

Da die Klägerin selbst vorgetragen hat, sie habe es wegen der bei ihr langfristig beschäftigten Schiffer abgelehnt, dem Schifferbetriebsverband Frachtraum anzudienen, steht weiter fest, dass eine Verteilung des Frachtaufkommens durch Vereinbarungen nach § 1 BinnSchVerkG nicht zu erreichen war. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Duisburg der Beklagten war daher auch unter diesem Gesichtspunkt berechtigt, die Verteilung des Frachtaufkommens durch eine Rechtsverordnung oder auf andere Weise zu regeln.

3. Die den Frachtführern in § 3 der FrachtverteilungsVO auferlegte Pflicht, 22,5 % des von ihnen zu befördernden Frachtgutes dem Schifferbetriebsverband Jus et Justitia" anzudienen, ist mit Art. 12 und 14 GG vereinbar.

a) Wenn die Klägerin dem Schifferbetriebsverband Frachtraum andiente, wurde der Privatschiffer, dem der SBV die Ausführung der angedienten Beförderung zuwies, Unterfrachtführer der Klägerin (§ 26 des Gesetzes betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt in Verbindung mit § 432 HGB). Die Klägerin behielt ihren Anspruch auf Zahlung der Fracht gegenüber ihrem Auftraggeber, musste aber an ihren Unterfrachtführer den tarifmäßigen Frachtsatz für die Beförderung abführen. Als Verdienstspanne blieb ihr die Provision als Hauptfrachtführer. Andererseits ersparte sie die Durchführung der Transporte. Solche Andienungspflichten gehören ebenso wie Ablieferungspflichten zu den Instrumenten staatlicher Wirtschaftslenkung.

b) Entgegen der Meinung der Revision ist es im Ergebnis ohne Bedeutung, dass das Berufungsgericht nicht auf den als Spezialvorschrift zu Art. 2 Abs. 1 GG vorgehenden (BVerfGE 9, 73, 77; 9, 338, 343) Art. 12 GG eingegangen ist. Die Auferlegung einer Andienungspflicht betrifft zwar die Berufsausübung. Das ist der Revision zuzugeben. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Andienungspflicht aber in den Betrieb der Klägerin nicht in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise eingegriffen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der Senat anschließt, sind Eingriffe in die Berufsausübung an die strikte Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gebunden (BVerfGE 30, 292, 315 ff. m. w. Nachw.). Bei der Prüfung ist nicht allein auf die individuelle Lage der Klägerin abzustellen. Die FrachtverteilungsVO richtete sich, wie es für Rechtsnormen typisch ist, an eine Vielzahl von Personen. Deren Interessen insgesamt müssen dem Gemeinwohl gegenübergestellt werden.

Der Verordnungsgeber ist tätig geworden, um den Kleinschiffern einen angemessenen Teil an den Kohletransporten auf der in der FrachtverteilungsVO erwähnten Strecke des Rheinstroms zu sichern. Dass der Anteil der Kleinschiffer an diesem Frachtaufkommen in den Jahren vor dem Erlass der Verordnung nicht unerheblich gesunken war, hat das Berufungsgericht aufgrund des insoweit unstreitigen Parteivorbringens festgestellt. Danach haben dem Erlass der FrachtverteilungsVO sachliche und mit dem Zweck des Binnenschifffahrtsverkehrsgesetzes vereinbare Erwägungen zugrunde gelegen.

Die Zuweisung eines Teils des Frachtaufkommens an Kohle auf dem Rhein an den Schifferbetriebsverband war ferner ein Mittel, das geeignet war, die Lage der in diesem Verband zusammengeschlossenen Kleinschiffer zu verbessern. Bei der Prüfung, ob gerade eine solche Maßnahme erforderlich war, muss berücksichtigt werden, dass dem Gesetzgeber ein weites Ermessen bei der Auswahl und Gestaltung seiner wirtschaftsordnenden Schritte zusteht. Nicht jeder Vorzug einer anderen Lösung gegenüber der tatsächlich gewählten kann deshalb deren Verfassungswidrigkeit begründen. Die sachliche Gleichwertigkeit des als Alternative in Betracht kommenden Eingriffs muss daher in jeder Hinsicht feststehen. Daran fehlt es bei der von der Revision als geeignetere Abhilfe des Notstandes genannten Aufhebung des Akquisitionsverbots für die Schifferbetriebsverbände in § 18 Abs. 2 BinnSchVerkG.

Selbst wenn unterstellt wird, dass die später im Gesetz vom 28. Dezember 1968 (BGBI. 1 S. 1466) beschlossene Aufhebung des § 18 Abs. 2 BinnSchVerkG weniger einschneidend als die Einführung einer Andienungspflicht gewirkt hätte, wäre der Erlass der FrachtverteilungsVO noch von der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt.

Bei der Gesamtabwägung zwischen der Andienungspflicht als Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung und dem Gemeinschaftsinteresse an einer volkswirtschaftlich sinnvollen Aufgabenverteilung einer leistungsfähigen Binnenschifffahrt (§ 33 Abs. 1 BinnSchVerkG) ist die Grenze der Zumutbarkeit gegenüber der Klägerin gewahrt. Sie konnte wählen, aus welchen Verträgen und in welchem Umfang sie dem SBV Transporte andienen wollte, wenn nur 22,5 % ihres insoweit zu berücksichtigenden Frachtaufkommens erreicht wurde. Ferner steht nach ihrem Vorbringen fest, dass sie die Folgen des Eingriffs durch den Übergang auf andere Transporte weitgehend oder jedenfalls „im wesentlichen" (Klageschrift S. 21) ausgleichen konnte.

c) Regelungen der Berufsausübung können auch die in Art. 14 GG enthaltene Eigentumsgarantie berühren. Diese soll dem einzelnen vor allem den durch eigene Arbeit und Leistung erworbenen Besitzstand an Vermögensgütern erhalten und auf diese Weise die allgemeine Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit ergänzen. Art. 14 GG schützt daher nur Rechtspositionen, die einem Rechtsträger bereits zustehen, insbesondere also keine Chancen und Verdienstmöglichkeiten (Senatsurteile in WM 1972, 1157, 1159; MDR 1975, 651). Grundsätzlich schützt Art. 14 GG danach das Erworbene, das Ergebnis einer Betätigung, Art. 12 GG dagegen den Erwerb, die Betätigung selbst (BVerfGE 30, 292, 335).

Die FrachtverteilungsVO kann daher nur enteignend in den Betrieb der Klägerin eingegriffen haben, soweit sie schon vorhandenes Vermögen der Klägerin erfasst hat.

Die Klägerin kann eine Entschädigung wegen eines enteignend wirkenden Eingriffs nicht damit begründen, dass die Andienungen den in ihrem Unternehmen erzielten Gewinn verringert haben. Ihre darauf fußende Berechnung eines Entschädigungsanspruchs mag geeignet sein, den Eintritt eines entgangenen Gewinns darzulegen (§ 252 BGB). Sie kann aber nicht einen Eingriff in die Substanz ihres Betriebes aufzeigen, worauf es in diesem Zusammenhang allein ankommt.

Die Klägerin kann auch wegen der Auswirkungen der Andienungspflicht auf die drei schon vor dem Inkrafttreten der FrachtverteiIungsVO geschlossenen langfristigen Transportverträge eine Entschädigung nicht beanspruchen. Art. 14 GG schützt zwar auch das Recht auf Fortsetzung eines Gewerbebetriebes aufgrund der schon insoweit getroffenen Maßnahmen; entschädigungspflichtig ist deshalb ein Eingriff in konkrete Werte, die im Betrieb eine „produktive Aufgabe" haben (Senatsurteil in WM 1976, 588, 590 m. w. Nachw.). Die Andienungspflicht griff aber nicht in dieser Weise in die genannten Verträge ein. Sie verpflichtete die Klägerin nicht, einen Teil des Aufkommens aus diesen Verträgen anzudienen und ihren Betrieb entsprechend einzuschränken.

d) Der Revision kann nicht darin gefolgt werden, dass der Klägerin eine Entschädigung jedenfalls deshalb zusteht, weil sich die FrachtverteilungsVO ihr gegenüber besonders nachteilig ausgewirkt hat. Es begründet keine eine Entschädigungspflicht auslösende Opferlage, wenn jemand von einer wirtschaftslenkenden Maßnahme deshalb besonders betroffen wird, weil sein Verhalten (mit) zu der unausgeglichenen Marktlage geführt hat, die den Erlass einer marktregelnden Maßnahme notwendig werden ließ.

4. Die Klägerin konnte ferner weder beanspruchen noch erwarten, dass der ihr günstige Rechtszustand vor dem Erlass der FrachtverteilungsVO bestehen bleiben würde. Gerade Notlagen der Binnenschifffahrt sind seit Jahrzehnten durch staatliche Maßnahmen, insbesondere marktlenkender Art bekämpft worden (vgl. das Gesetz betreffend die Aufhebung der Bekanntmachung des Bundesrats über die Errichtung von Betriebsverbänden in der Binnenschifffahrt vom 18. August 1917 - RGBI. S. 720 - und die Errichtung von Kleinschifferverbänden vom 19. Mai 1922 - RGBI. II S. 129 - und die Anpassungsverordnung vom 23. Dezember 1931 - RGBI. 1 S. 783), die von dem Reichsgesetz vom 16. Juni 1933 (RGBI. 11 S. 317) abgelöst wurde. In § 1 b letztgenannten Gesetzes wurde der Reichsverkehrsminister ermächtigt, verkehrswirtschaftliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Notlage der Binnenschiffer zu treffen, u. a. durch Verteilung des Fracht- und des Lagerguts. An die Stelle dieses Gesetzes ist das heute noch geltende Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr getreten.

II.

Dem Berufungsgericht ist darin beizutreten, dass der in den Art. 1, 4 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte vom 17. Oktober 1868 in der Neufassung des deutschen Wortlauts vom 11. März 1969 (BGBI. II S. 597) zum Ausdruck kommende Grundsatz der Schifffahrtsfreiheit nur den grenzüberschreitenden Verkehr mit Personen oder Waren erfasst, auf den das Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr nach seinem § 42 Abs. 1 nicht anzuwenden ist. Die Rheinuferstaaten können ihre nationale Schifffahrt, um die es hier geht, ihrer eigenen allgemeinen Wirtschaftsgesetzgebung unterstellen (Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht S. 869f. ; Scheuner, Rechtsfragen der Rheinschifffahrt, Schriften des Instituts für ausländisches internationales Wirtschaftsrecht Bd. 6 S. 69, 181; vgl. auch Zuleeg, Verkehr und Gemeinschaftsrecht, S. 38).

III.

Bei der Prüfung der Frage, ob die FrachtverteilungsVO wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht der Europäischen Gemeinschaften ganz oder teilweise nichtig ist, muss - anders als es das Berufungsgericht im Anschluss an den Vortrag der Parteien getan hat - nicht in erster Linie Art. 76 EWG-Vertrag, sondern das Recht der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) geprüft werden, weil es um Kohletransporte, also die Beförderung sogenannter Montangüter geht (Anl. 1 zum Vertrag über die Gründung der EGKS BGBI. 1952 II S. 476), und der EWG-Vertrag die Bestimmungen über die Gründung der EGKS nicht geändert hat (Art. 32 EWG-Vertrag).

Nach Art. 70 Abs. 5 EGKS-Vertrag bleibt die Verkehrspolitik, soweit der Vertrag nichts anderes bestimmt, den gesetzlichen Vorschriften und Durchführungsbestimmungen eines jeden Mitgliedsstaates unterworfen. Da der Vertrag über die hier interessierende Frachtverteilung auf dem Rhein keine Bestimmungen enthält, gilt insoweit das nationale Recht (ebenso Urteil des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 1. April 1976 - II ZR 105/74 = MDR 1976, 738).

Selbst wenn man eine ergänzende Heranziehung der Bestimmungen des EWG-Vertrages als zulässig unterstellt (vgl. dazu Brunner, Handbuch für Europäische Wirtschaft, Art. 232 EWG-Vertrag S. 240 f.), bleibt das Ergebnis dasselbe. Nach Art. 76 EWG-Vertrag darf ein Mitgliedsstaat die verschiedenen bei Inkrafttreten dieses Vertrages geltenden Vorschriften in ihren unmittelbaren oder mittelbaren Auswirkungen auf die Verkehrsunternehmer anderer Mitgliedsstaaten im Vergleich zu den inländischen Verkehrsunternehmern nicht ungünstiger gestalten, es sei denn, dass der Rat einstimmig etwas anderes billigt, was in dem hier interessierenden Zusammenhang bisher nicht geschehen ist. Das Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr ist danach in den Vertrag „eingebracht" und daher nicht von ihm berührt worden.

Die FrachtverteilungsVO ist allerdings erst im Jahre 1967 erlassen worden. Ob insoweit Art. 76 EWG-Vertrag eingreift, kann dahinstehen, weil es in diesem Rechtsstreit nicht um die Auslegung dieser Vorschrift geht.

IV.

1. Dem Berufungsgericht hat der unter Beweis gestellte Vortrag der Klägerin, der Schifferbetriebsverband habe gegenüber den beiden holländischen Reedereien mit Kenntnis der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Duisburg in Geheimabkommen auf eine volle Durchführung der FrachtverteilungsVO verzichtet, nicht genügt, um feststellen zu können, dass die Beklagte rechtswidrig in Rechte der Klägerin eingegriffen hat.

2. Die Revision verweist vergeblich darauf, dass sich die beiden ebenfalls von der Andienungspflicht betroffenen holländischen Reedereien „faktisch" erfolgreich auf die vom Berufungsgericht angenommene Teilnichtigkeit der FrachtverteilungsVO berufen hätten, so dass allein noch die Klägerin als Andienungspflichtige übriggeblieben sei. Dem kann aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden.
Die FrachtverteilungsVO erfasste alle Reedereien, die die dort genannten Kohletransporte durchführten. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Duisburg hat die beiden holländischen Reedereien zur Beachtung der Verordnung angehalten. Davon geht auch die Revision aus. Insofern kann von einer unzulässigen Benachteiligung der Klägerin nicht die Rede sein.

3. Selbst wenn die Beklagte, was für das Revisionsverfahren unterstellt werden mag, Absprachen zwischen dem Schifferbetriebsverband und den beiden holländischen Reedereien hingenommen hat, gegen deren Abschluss sie aufgrund ihrer Aufsichtsbefugnisse nach § 12 BinnSchVerkG hätte einschreiten können und müssen, würde daraus noch nicht folgen, dass die Beklagte der Klägerin ein Sonderopfer abverlangt hat, wie die Revision meint.

Es fehlt jeder Anhalt dafür, dass es der Klägerin anders als den holländischen Reedereien verwehrt gewesen ist, sich ebenso wie diese und wie es § 1 BinnSchVerkG in erster Linie vorsieht, vertraglich mit dem Schifferbetriebsverband über die Andienung und deren Umfang zu einigen.

Es kämen allenfalls Schadensersatzansprüche der Klägerin in Betracht, wenn die Beklagte mit den holländischen Reedereien und dem Schifferbetriebsverband bewusst zum Nachteil der Klägerin zusammengearbeitet hätte. Eine solche Zusammenarbeit hat die Klägerin aber - wie das Berufungsgericht festgestellt hat - nicht behauptet.