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Leitsätze:
1) Zu den Sorgfaltspflichten einer Werft bei Schiffsreparaturen.
2) Eine Prozesspartei hat Anspruch darauf, dass der Sachverständige sein schriftliches Gutachten mündlich erläutert.
3) Haben Werftangehörige bei Schiffsreparaturen einen Brand des Schiffes verursacht, trifft die Werft in entsprechender Anwendung von § 282 BGB die Beweislast dafür, dass sie die Entstehung des Schadens nicht zu vertreten hat.
Urteil des Bundesgerichtshofes vom 26. November 1973
II ZR 94/72
(Oberlandesgericht Koblenz)
Zum Tatbestand:
Gelegentlich verschiedener Reparaturen der Beklagten an einer bei der Klägerin versicherten Jacht sollten u. a. im Motorenraum die Deckstützen versetzt werden. Bei den Schweißarbeiten brach durch einen Schweißfunken ein Feuer aus, das sich schnell über den etwa 9 cm starken, im Motorenraum zur Geräuschisolierung ausgelegten Moltopren-Belag ausbreitete und auf das ganze Schiff übergriff. Über dem Motorenraum lag die Pantry, in der 2 Kühlschränke standen, die von einer unter Druck stehenden Flüssiggasanlage versorgt wurden.
Die Klägerin verlangt Ersatz des erstatteten Schadens von über 170000,- DM, weil der Moltopren-Belag nicht genügend zum Schutz gegen Brandschäden abgedeckt gewesen sei. Die Beklagte müsste den Schaden auch dann vertreten, wenn sich zunächst aus der Flüssiggasanlage herrührendes Butangas entzündet haben sollte, das sich am Boden des Motorenraumes angesammelt habe. Die Beklagte habe vor dem Arbeitsbeginn die Gasleitung auf ihre Dichtigkeit prüfen und vorsorglich die Entlüftungsanlage einschalten müssen.
Die Beklagte will alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen getroffen haben. Von dem undichten Anschluss des Backbordkühlschrankes sei zwar Gas an die tiefste Stelle des Schiffes gesunken und dort von einem Schweißguttropfen entzündet worden. Ihre Leute hätten jedoch weder von dem entwichenen Gas noch von der Flüssiggas- und der Entlüftungsanlage etwas gewusst und auch nicht damit rechnen müssen. Der Eigner oder dessen Leute hätten die Gasleitung vor Arbeitsbeginn außer Druck setzen müssen. Die Haftung der Beklagten sei nach ihren Lieferbedingungen übrigens auf grobe Fahrlässigkeit beschränkt.
Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Auf die Revision der Klägerin ist die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden.
Aus den Entscheidungsgründen:
Wussten die Leute der Beklagten von dem Einbau der Flüssiggasanlage, so kommt es darauf an, ob sie dann zusätzliche Sicherheitsmaßregeln treffen mussten. Da sie, wie das Berufungsgericht insoweit ohne Angriffe der Revision feststellt, von einer ordnungsmäßig verlegten Flüssiggasanlage ausgehen durften, richtet sich das danach, ob sie dennoch mit einem explosionsfähigen Gas-/ Luftgemisch im Motorenraum rechnen mussten.Der Sachverständige B. hatte das Verhalten des Betriebsleiters der Beklagten, falls er von der Flüssiggasanlage und den Schweißarbeiten in dem feuergefährlich ausgekleideten Motorenraum gewusst habe, als grob fahrlässig bezeichnet. Die Klägerin hatte beantragt, ihn zur mündlichen Erläuterung des Gutachtens zu laden. Das Berufungsgericht hat diesen Antrag abgelehnt, weil es von der Richtigkeit der gegenteiligen Auffassung des Sachverständigen V. „unerschütterlich" überzeugt sei. Das war unzulässig. Jede Partei hat nach §§ 402, 379 ZPO einen Anspruch darauf, dass der Sachverständige sein schriftlich erstattetes Gutachten mündlich erläutert (BGHZ 6, 398, 401). Dieses Recht besteht, anders als die Beklagte meint, unabhängig davon, ob die Parteien schon Gelegenheit hatten, den Verfasser eines anderen zuvor erstatteten Gutachtens in der mündlichen Verhandlung zu befragen. Wird danach noch zusätzlich ein Sachverständiger herangezogen, so bringt das Gericht damit zum Ausdruck, dass es eine weitere Aufklärung des Sachverhalts als notwendig ansieht. Die Parteien müssen daher auch diesen Sachverständigen nach der Erstattung des Gutachtens befragen können. Das Berufungsgericht durfte den Antrag der Klägerin auch nicht deshalb zurückweisen, weil es von der Anhörung des Sachverständigen B. keine weitere Klärung des Sachverhalts erwartete. Das Recht einer Prozesspartei zur unmittelbaren Befragung des Sachverständigen kann nicht durch eine vorweggenommene Beweiswürdigung des Gerichts ausgeschaltet werden, die hier in der Stellungnahme des Berufungsgerichts zu erblicken ist, es sei schon von der Richtigkeit der gegenteiligen Auffassung „unerschütterlich" überzeugt (BGH, Urt. v. 17. 1. 61 - VI ZR 86/60, VersR 1961, 415). Der Sachverständige muss daher noch geladen werden, damit er sein Gutachten erläutern kann.Im Zusammenhang damit wird sich das Berufungsgericht damit auseinandersetzen müssen, dass die Beklagte in Nr. V 5 ihrer Allgemeinen Verkaufs- und Lieferungsbedingungen für alle von ihr instand zu setzenden Schiffe vorsieht, also auch für solche, die nicht den Untersuchungsordnungen für Rhein- und andere Binnenschiffe unterliegen, dass Rohrleitungen für Butangas vor Beginn der Arbeiten von der Schiffsbesatzung an der Einspeisung abgestellt sein müssen, und ganz allgemein, dass Butangas aus dem Arbeitsbereich entfernt sein muss. Das legt immerhin die - zweckmäßigerweise ebenfalls mit den Sachverständigen zu erörternde - Frage nahe, ob sich nicht die Beklagte entgegenhalten lassen muss, die von ihr selbst verlangten Maßnahmen gehörten zu den Regeln der Technik, deren Beachtung sie jedenfalls dann auch selbst hätte überwachen müssen, wenn - wie hier -damit zu rechnen war, dass der Auftraggeber eine solche Vorsorge nicht getroffen hatte.Sollte das Berufungsgericht bei der danach gebotenen anderweitigen Verhandlung zu dem Ergebnis gelangen, dass die Leute der Beklagten, falls ihnen der Einbau der Flüssiggasanlage bekannt gewesen ist, grob fahrlässig den Brand verursacht haben, so kommt es darauf an, ob sie tatsächlich von dem Vorhandensein dieser Anlage gewusst haben oder ob dies ihnen infolge grober Fahrlässigkeit verborgen geblieben ist. Etwa hierbei verbleibende Zweifel würden nicht, wonach die Ausführungen des Berufungsgerichts klingen, zu Lasten der Klägerin gehen. Da feststeht, dass Werftangehörige den Brand verursacht haben, trifft die Beklagte in entsprechender Anwendung von § 282 BGB die Beweislast dafür, dass sie die Entstehung des Schadens - z. B. wegen unverschuldeter oder leicht fahrlässiger Unkenntnis von dem Einbau der Flüssiggasanlage - nicht zu vertreten hat (vgl. zur Beweislast in solchen Fällen BGH, Urt. v. 13. 2. 69 - VII ZR 14/67, VersR 1969, 470, 471). Die Revision rügt in diesem Zusammenhang mit Recht, dass das Berufungsgericht den in der Berufungserwiderung gestellten Beweisantrag der Klägerin zurückgewiesen hat, mit dem sie nachweisen wollte, dass der Einbau einer Flüssiggasanlage in Schiffe wie der Jacht „Ellen" „heute" üblich sei. Das Berufungsgericht durfte diesen Antrag nicht mit der Begründung zurückweisen, die Klägerin habe damit nur behauptet, zur Zeit der Abfassung dieses Schriftsatzes vom 31. Juli 1970 seien solche Anlagen auf vergleichbaren Schiffen üblich gewesen; darauf komme es aber nicht an, weil der Brand im Jahre 1967 stattgefunden habe. Damit hat es dem Antrag einen Sinn unterlegt, der, wenn er überhaupt in Betracht kam, jedenfalls sehr fern lag. Die Revision beanstandet deshalb zu Recht, das Berufungsgericht hätte, bevor es diesen Antrag derart eng auslegte, der Klägerin Gelegenheit geben müssen, den Sinn ihres Antrags klarzustellen.