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Leitsatz:
Wenn ein Schiffsführer oder Schiffseigner eines Schleppers bei Annahme eines Schleppauftrages in Kenntnis einer erheblichen Treibeisführung und damit der Gefahrenlage den Schleppvertrag abgeschlossen hat, so hat er damit das Risiko der Beschädigung des Schleppers übernommen. Das Problem, ob eine Partei nach Abwicklung des Vertrages Ansprüche aus dem Nichtvorhandensein der Geschäftsgrundlage erheben kann, stellt sich bei von Anfang an fehlender Geschäftsgrundlage nicht.
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 11. Juli 1968
II ZR 74/67
(Schiffahrtsobergericht Köln)
Zum Tatbestand:
Der bei der Klägerin versicherte Motorschlepper K schleppte den Kahn M der Beklagten auf dem Main. Den Eignern von Schlepper und Kahn war bei Abschluß des Schleppvertrages und bei Antritt der Fahrt bekannt, daß der Main Treibeis führte, durch das beide Schiffe beschädigt wurden.
Die Klägerin verlangt Ersatz der von ihr erstatteten Schäden, die Schlepper K erlitten hatte.
Die Beklagte bestreitet die Zahlungsverpflichtung, weil Motorschlepper K nur seine Pflicht aus dem Schleppvertrag erfüllt habe und nicht mehr als den Schlepplohn beanspruchen könne. Die Klage wurde in allen 3 Instanzen abschlägig beschieden.
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Problem, ob eine Partei noch nach Abwicklung des Vertrages Ansprüche aus dem Nichtvorhandensein der Geschäftsgrundlage erheben kann, stellt sich bei von Anfang an fehlender Geschäftsgrundlage überhaupt nicht (vgl. BGHZ 25, 390, 394 m. w. Nachw.). Wie es bei Wegfall einer zunächst vor¬handenen Geschäftsgrundlage ist, kann dahingestellt bleiben.Dem Schleppvertrag vom 13. Januar 1963 fehlte nicht die Geschäftsgrundlage, sie ist auch nicht weggefallen.Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin haben sich die Parteien bei Abschluß des Schleppvertrages die Eisverhältnisse annähernd richtig vorgestellt. In der Klagebegründung heißt es, der Main habe zur Zeit des Vertragsschlusses schon Treibeis geführt, der Schiffsführer F. habe mit Rücksicht auf die Eisgefahr zunächst Bedenken gegen die Annahme des Schleppauftrages geäußert, nur mit Rücksicht auf die zwischen den Parteien bestehenden Geschäftsbeziehungen habe er den Auftrag doch angenommen.Dieser Sachvortrag wird durch die Aussage von F. bestätigt.Danach hat F. den Vertreter der Beklagten, H. E., darauf hingewiesen, daß das Eis von Stunde zu Stunde zunehme und er nicht garantieren könne, heil hinzukommen. Diese Aussage hat die Klägerin in ihren Vortrag aufgenommen (vgl. S. 3 ihres Schriftsatzes vom 17. 3. 1966). Daher ist davon auszugehen, daß F. die Gefahrenlage erkannt und den Schleppvertrag trotz der Möglichkeit einer Beschädigung der Schiffe abgeschlossen hat, um die zwischen den Parteien bestehenden guten Geschäftsbeziehungen nicht zu belasten. Bei dieser Prozeßlage kann weder gesagt werden, daß sich die Parteien die Eisverhältnisse von Anfang an wesentlich anders als dann angetroffen vorgestellt, noch, daß sich die Eisverhältnisse während der Fahrt wesentlich verändert hätten. F. hat vielmehr die Fahrt unter dem übernommenen Risiko durchgeführt. Aus diesem Grunde haben die Vorinstanzen darin recht, das Schleppboot K habe nur den Vertrag erfüllt und keine darüber hinausgehende Leistung erbracht."