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Leitsatz:
Für die richtige Aufstellung von Ankerverbotstafeln genügt es, daß sich die Schiffsführungen kurz vor dem Fallenlassen des Ankers klar werden können, ob der Befehl gegeben werden darf.
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 24. Mai 1971
II ZR 58/70
(Oberlandesgericht Oldenburg)
Zum Tatbestand:
Das dem Beklagten gehörende und von ihm geführte MS „SM" ließ im Handelshafen von L. den Steuerbordanker fallen, und zwar an einer Stelle, an der wegen der in der Hafensohle verlegten Gas- und Elektrizitätsleitungen der Klägerin ein Ankerverbot besteht, auf das durch Tafeln an beiden Ufern hingewiesen ist.
Die Klägerin behauptet, daß sie durch den Anker des Schiffs des Beklagten einen Schaden von etwa 110000,- DM erlitten habe und verlangt Zahlung eines Teilbetrages von 50000,- DM.
Der Beklagte erklärt, daß das aus der Seekarte nicht ersichtlich und erst vor kurzem angeordnete Ankerverbot nicht ordnungsmäßig durch die vorgeschriebenen Tafeln bekanntgegeben worden sei. Die Tafeln seien zum Teil verdeckt zum Teil nur undeutlich erkennbar gewesen.
Das Landgericht hat durch Zwischenurteil den Klageansprüchen bis zum Betrag von 50 000,- DM in Höhe der Hälfte des Schadens für gerechtfertigt erklärt. Das Oberlandesgericht hat auf Berufung der Klägerin die Klage dem Grunde nach in voller Höhe des geltend gemachten Schadens von 50 000,- DM für gerechtfertigt erklärt und die mit der Anschlußberufung erhobene Widerklage auf Feststellung, dass der Klägerin über den Betrag von 50 000,- DM hinaus keine Ansprüche gegen den Beklagten zustehen, abgewiesen. Die Revision des Beklagten blieb erfolglos.
Aus den Entscheidungsgründen:
„Die Revision wendet sich dagegen, daß der Beklagte zum Ersatz des vollen Schadens an den Anlagen der Klägerin (Gasrohrleitung und Kabel) wegen Verstoßes gegen ein Verbot des Ankerns gemäß § 48 Abs. 7 SSchSO verurteilt worden ist, ohne daß der Klägerin ein erhebliches Mitverschulden zugerechnet worden ist.
Die Angriffe der Revision können aber keine fehlerhafte Nichtanwendung des § 254 BGB dartun. Die Klägerin mußte ihre Anlagen durch Aufstellung der vorgeschriebenen Tafeln, die das von der Wasserpolizeibehörde durch Billigung der Tafeln ausgesprochene Ankerverbot den Schiffahrtstreibenden bekanntzugeben hatten, ausreichend sichern. Die Anbringung der Tafeln ist vom Berufungsgericht zutreffend für ausreichend angesehen worden.
Mit Recht hat das Berufungsgericht nicht verlangt, daß die Tafel am rechten Ufer schon von weitem ohne Sichtbehinderung, wie sie hier durch Kiesberge stattgefunden haben soll, auszumachen war. Entscheidend ist, daß die Tafel zu dem Zeitpunkt, in dem das Schiff das geplante Wendemanöver durchführen wollte und dazu den Steuerbordanker fallen ließ, für den Schiffsführer deutlich erkennbar machte, daß er an dieser Stelle nicht ankern dürfe. Anders als bei Seezeichen, die eine bestimmte Fahrweise oder Geschwindigkeit des Schiffes vorschreiben, bedarf es beim Ankerverbot keiner Erkennbarkeit auf größere Entfernung.
Die Schiffsführung muß unmittelbar vor dem Kommando „Fallen Anker" prüfen, ob in Höhe des Vorschiffs der Anker fallen darf. Im allgemeinen wird von der Brücke rechtzeitig übersehen werden können, ob an dieser Stelle ein Ankerverbotsschild steht. Ist das Schiff zu lang oder die Sicht von der Brücke ans Ufer in Höhe des Vorschiffs im Zeitpunkt des beabsichtigten Ankerkommandos behindert, wie das Berufungsgericht hier unterstellt (Schild wegen Kiesaufschüttungen erst 80 m vor der Trasse des Kabels in Sicht bei 61,85 m Schiffslänge), so muß die Schiffsführung sich durch Leute auf dem Vorschiff (etwa durch Zuruf oder Zeichen) unterrichten lassen, ob in dessen Höhe ein Ankerverbot besteht oder der Anker fallen darf. Mit solchem Verbot und einer Verdeckung von Verbotstafeln bei der Annäherung, etwa durch festgemachte Schiffe, ist besonders in Häfen immer zu rechnen. Es genügt für die Aufstellung der Tafeln, daß die Schiffsführungen sich kurz vor dem Fallenlassen des Ankers klar werden können, ob der Befehl gegeben werden darf. Es ist nicht zu fordern, daß die Schiffsführungen schon auf größere Entfernungen vorgewarnt werden, so sehr dies zur Erhöhung des Kabelschutzes erwünscht sein mag. Stellt sich bei Erreichen der für das Ankern geplanten Stelle heraus, daß in Höhe des Vorschiffs ein Ankerverbot besteht, so kann das Manöver noch ohne Schwierigkeit unterlassen und weitergefahren werden, bis eine geeignete Stelle erreicht ist."