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Leitsätze:
1) Das nautische Fehlverhalten eines Schiffsführers, das zur Kollision mit einem anderen Schiff und zu dessen Beschädigung führt, ist auch für das Sinken dieses Schiffes adäquat ursächlich.
2) Fehler, die ein Geschädigter oder ein Dritter in einer vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage begehen, beseitigen den adäquaten Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem eingetretenen Schaden nicht, wenn das fehlerhafte Verhalten des Geschädigten oder des Dritten nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt.
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 24. November 1969
II ZR 53/68
(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort; Rheinschiffahrtsobergericht Köln)
Zum Tatbestand:
Zwischen dem bei der Klägerin versicherten Schleppkahn D und dem der Beklagten zu 1 gehörenden und vom Beklagten zu 2 geführten KMS C kam es aus Verschulden des Beklagten zu 2 zu einem Zusammenstoß, worauf D sank.
Die Klägerin verlangt Ersatz des Unfallschadens von etwa 110 000,- DM, wovon die Beklagten 32 000,- DM entrichtet haben. Die Zahlung des Restbetrages verweigern sie, da der 32 000,- DM übersteigende Betrag erst durch das Sinken des Kahnes entstanden sei. Für diesen Folgeschaden seien sie nicht verantwortlich, weil der Schiffsführer K. des Kahnes D das Sinken durch rechtzeitiges Herbeiholen wirksamer Pumpenhilfe habe verhindern können.
Das Rheinschiffahrtsgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Rheinschiffahrtsobergericht hat der Klägerin den Kollisionsschaden voll und den durch das Sinken vom Kahn D entstandenen Schaden zu 3/4, abzüglich der gezahlten 32 000,- DM zugesprochen. Die Revision beider Parteien blieb im wesentlichen erfolglos.
Aus den Entscheidungsgründen:
Es ist nicht zweifelhaft, daß das nautische Fehlverhalten des Beklagten zu 2, der nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts völlig übermüdet am Steuer des KMS C stand und plötzlich auf Kollisionskurs kam, auch für das Sinken des durch den Zusammenstoß schwer beschädigten Kahnes adäquat ursächlich war. Hiergegen spricht nicht der Umstand, daß das Sinken des Kahnes durch ein sofortiges Herbeirufen des Feuerlöschbootes hätte verhindert werden können. Der Senat hat wiederholt ausgesprochen, daß Fehler, die der Geschädigte oder ein Dritter in einer vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage begehen, den adäquaten Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem eingetretenen Schaden dann nicht beseitigen, wenn das fehlerhafte Verhalten des Geschädigten oder des Dritten nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt (BGH VersR 1968, 765, 766). Wenn die Revision unter Hinweis auf BGH VersR 1962, 280 meint, dem Schädiger könnten keine Schadensfolgen angelastet werden, die der Geschädigte durch einen zumutbaren Willensakt hätte überwinden können, so übersieht sie, daß diese Entscheidung den besonders liegenden Fall einer Unfallneurose behandelt.
Wenn die Revision meint, die wesentlichste Ursache für das Sinken des Kahnes habe Schiffsführer K. gesetzt, so übersieht sie, daß der Kahn bereits durch den Zusammenstoß in die Gefahr des Sinkens geraten war. Wenn die Revision weiter ausführt, das „Maß" des Verschuldens des Beklagten zu 2 und des Kapitäns des KMS C umfasse ausschließlich den eigentlichen Kollisionsschaden, so verkennt sie, daß das grobfahrlässige Verhalten beider auch für das Sinken des Kahnes und damit für das Entstehen des Folgeschadens adäquat kausal war. Auch ist aus Rechtsgründen nichts gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Teilung des Folgeschadens im Verhältnis von 94 zu 3/4 zu erinnern.
Zu Recht wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten an den Eigner des SK D neben dem Ersatz des Kollisionsschadens und neben dem Ersatz von 3/4 des Folgeschadens weitere 500,- DM zu zahlen. Das Berufungsgericht stützt seine Auffassung auf die Erwägung, die Beklagten hätten dadurch, daß Schiffsführer K. das Feuerlöschboot nicht beordert habe, die Kosten für den Einsatz des Feuerlöschbootes in Höhe von 500,- DM erspart. Damit verkennt das Berufungsgericht die Bestimmung des § 249 BGB, wonach der Sachgeschädigte nur den Geldbetrag verlangen kann, der zur Wiederherstellung des Zustandes erforderlich ist, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtete Umstand nicht eingetreten wäre."