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II ZR 36/71 - Bundesgerichtshof (-)
Date du jugement: 23.10.1972
Numéro de référence: II ZR 36/71
Type de décision: Urteil
Language: Allemande
Juridiction: Bundesgerichtshof Karlsruhe
Section: -

Leitsätze:

1) Ergibt sich zwischen dem Tatbestand eines Urteils und den von einer Prozeßpartei eingereichten Schlußsätzen, auf die im Urteil Bezug genommen ist, ein Widerspruch, so entbehrt der Tatbestand der Rechtskraft und kann der rechtlichen Beurteilung nicht zugrunde gelegt werden.

2) Zur Beurteilung von Parteibehauptungen, die zu Mißververständnissen beim Gericht und zur falschen Unterstellung bestimmter Tatbestände bei der rechtlichen Würdigung geführt haben können.

Urteil des Bundesgerichtshofes

vom 23. Oktober 1972

II ZR 36/71

(Oberlandesgericht Hamburg)

Zum Tatbestand:

Die Beklagte hatte mit ihrem Motorschiff 625 Sack Rohkaffee von Indonesien nach Hamburg befördert. Bei der Ankunft wurde festgestellt, daß der Inhalt von 44 Säcken verschimmelt und von 388 Säcken zum Teil verfärbt, muffig und verfilzt war.
Die Klägerin als Güterversicherin verlangt Ersatz des von ihr erstatteten Schadens von rd. 48 500,- DM, weil die in einwandfreiem Zustand verladene Ware schlecht gestaut und infolgedessen durch Schiffsschweiß verdorben sei.
Die Beklagte behauptet, der Kaffee sei, äußerlich nicht erkennbar, mit Nässeschäden ins Schiff gelangt. Er habe eine zu hohe Eigenfeuchtigkeit gehabt oder könne, von einem Regenschauer durchnäßt, nur oberflächlich wieder getrocknet gewesen sein.
Das Landgericht hat der Klage nur in Höhe von 2800,- DM bezüglich der 44 Sack Kaffee stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte auf Berufung der Klägerin zur Zahlung weiterer rd. 45 700,- DM verurteilt. Die Revision der Beklagten blieb erfolglos.


Aus den Entscheidungsgründen:

„Das Berufungsgericht hat in seinem Urteil entsprechend der Vereinbarung in den Konnossementen englisches Recht angewandt. Die Revision kann daher nicht auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt werden (§ 549 ZPO).

Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe den aus den angeführten Schriftsätzen ersichtlichen Vortrag der Beklagten übersehen, daß der später festgestellte Schaden bereits in einem Zeitpunkt entstanden sei, als sich das Ladungsgut noch nicht im Gewahrsam des Schiffes befunden habe'. Die Feststellung im Berufungsurteil, es sei unter den Parteien unstreitig, daß der Schaden an der fraglichen Partie Kaffee in der Zeit zwischen Einladung und Entlöschung eingetreten sei, sei aktenwidrig (§ 286 ZPO)'. Die Beklagte habe schriftsätzlich und dementsprechend in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, der Nässeschaden' sei bereits vor der Übernahme in das MS „Laertes" eingetreten.

Die Beklagte habe dartun wollen, die Klägerin habe mit den Konnossementen und sonstigen Urkunden nicht den Beweis geführt, daß der Schaden' während des Haftungszeitraumes des Verfrachters eingetreten sei. Ein Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ist indessen nicht dargetan.

Es handelt sich darum, ob das Vorbringen der Beklagten richtig verstanden und prozeßordnungsgemäß behandelt und beurteilt worden ist. Für das mündliche Parteivorbringen liefert der Tatbestand des Urteiles Beweis (§ 314 ZPO). Dazu gehören auch Angaben über das Parteivorbringen in den Entscheidungsgründen. Die Schriftsätze können durch Bezugnahme Teil des Tatbestandes werden (§ 313 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat auf die Schriftsätze der Parteien nicht allgemein Bezug genommen. Lediglich auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts ist verwiesen, in dem auf schriftsätzliche Vorbringen im ersten Rechtszuge Bezug genommen worden ist. Ferner ist auf die Berufungsbeantwortung verwiesen. Soweit sich ein Widerspruch zwischen dem Tatbestand und den hiernach in bezug genommenen Schriftsätzen ergibt, würde der Tatbestand der Beweiskraft entbehren und könnte der rechtlichen Beurteilung nicht zugrunde gelegt werden. Wenn das Urteil auf dem Mangel beruhen kann, ist es aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (BGH LM § 314 Nr. 2).
Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe das Vorbringen der Beklagten mißverstanden und deshalb Behauptungen als unstreitig angesehen, die bestritten werden sollten, wäre die Rüge als solche nach § 139 ZPO aufzufassen.
Die Beklagte wollte sich auf den Grundsatz der Haager Regeln berufen (entsprechend Schedule, Carriage of Goods by Set Act, S. 7 BU), daß der Verfrachter nur für diejenigen Schäden haftet, die durch den Verlust oder die Beschädigung der Güter in der Zeit zwischen Annahme und der Ablieferung entstehen. Ferner hat die Beklagte noch den besonderen Ausschlußtatbestand für die Haftung des Verfrachters nach Ar. IV § 2 m der Haager Regeln (inherent vice) geltend machen wollen und dazu vorgetragen, der Kaffee sei vor der Verschiffung durch Regenwasser oder andere Feuchtigkeit naß geworden. Dazu hatte sie behauptet, die Partie habe vermutlich durch Regen eine Nässebeschädigung' erlitten.
Unter Nässeschaden der abgeladenen Partie war ersichtlich die übermäßige Feuchtigkeit des Kaffees zu verstehen, die nach der Behauptung der Beklagten, wie sie allein verstanden werden konnte, zum Verderb während des Transports geführt hat. Die Feuchtigkeit des Kaffees, mag sie auf der mangelnden Trocknung der Bohnen oder auf einer Befeuchtung von außen beruhen, ist eine Beschädigung' der Güter, so daß von einem Nässeschaden gesprochen werden kann, ohne daß der Kaffee bereits durch Schimmel und Fermentation verdorben ist. Dieser Mangel des Gutes ist der im Art. 4 § 2 m der Haager Regeln genannte inherent vice, der im weiteren Verlauf Schaden durch Verderb entstehen läßt (vgl. § 608 Abs. 1 Nr. 7 HGB: Schäden, die entstehen aus verborgenen Mängeln oder der eigentümlichen, natürlichen Beschaffenheit des Gutes).
Das Landgericht hatte bereits das Vorbringen dahin verstanden, ,die Beklagte habe behauptet, der Kaffe habe eine höhere als normale Feuchtigkeit gehabt, da er durch Regenwasser oder sonstwie gelitten habe'. In der Berufungsbeantwortung hat die Beklagte überhaupt nur für erheblich gehalten, ob eine Nässebeschädigung der Partie durch Regen' eingetreten sei. Das Berufungsgericht brauchte also nicht die Frage zu prüfen, wie eine Behauptung zu beurteilen sei, der Kaffee sei bereits mit der später nach Ankunft der Güter festgestellten Beschädigung (_ Verderb) an Bord gekommen und welche Partei hier den Beweis zu führen habe. Wie schon das Landgericht hatte sich auch das Berufungsgericht nur damit zu befassen, ob ein Schaden durch einen verborgenen Mangel des Gutes oder dessen eigentümliche natürliche Beschaffenheit vorlag und welche Partei hier den Beweis zu führen habe. Das Berufungsgericht hat gemeint, der Umstand, daß sich die Ursache der Feuchtigkeitsschäden (einerseits zu hohe Eigenfeuchtigkeit, andererseits Schiffsschweiß infolge Staufehlers) nicht einwandfrei feststellen lasse, gehe zu Lasten der Beklagten. Die Frage, welche Partei die Beweislast trägt, ist materiell-rechtlicher Natur und kann, da ausländisches Recht anzuwenden ist, nicht vom Revisionsgericht nachgeprüft werden (BGHZ 3, 342)."