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Leitsätze:
1) Der Partenreeder ist an die von einer Partenreederei getroffene Schiedsabrede jedenfalls dann nicht gebunden, wenn er nicht der Reederei zustehende oder von ihr abgeleitete Ansprüche geltend macht, sondern Schadensersatz mit der Begründung begehrt, der andere Schiedsvertragsteil habe ihn zu einer von Anfang an verfehlten Anlageentscheidung zugunsten der Reederei bewogen.
2) Die Voraussetzungen des besonderen Gerichtsstands des Vermögens sind erfüllt, wenn die beklagte Partei, die ihren Sitz nicht im Inland hat, an einem Ort im Inland ein Büro unterhält, unter dessen Anschrift sie wirtschaftliche Aktivitäten entwickelt. Davon, dass ein solches Büro über eine Ausstattung an Mobiliar, Schreibmaschinen und ähnlichen Gegenständen verfügt, ist nach allgemeiner Lebenserfahrung auszugehen. Für die Begründung des besonderen Gerichtsstands des Vermögens reicht Vermögen jeder Art aus; es kommt weder darauf an, ob es pfändbar ist oder eine Befriedigung ermöglicht, noch ist die Relation zwischen Vermögens- und Streitwert zu prüfen (vergleiche RG, 1881- 04-29, II 279/81, RGZ 4, 408; RG, 1911-01-19, VII 583/10, RGZ 75, 147, 152; RG, 1911-03-10, II 358/10, RGZ 75, 414, 416; BGH, 1976-12-10, V ZR 145/74, DB 1977, 718, 720 und BGH, 1980-01-30, VIII ZR 197/78, WM IV 1980, 410, 412). Deshalb bedarf es auch nicht näherer Darlegungen des Klägers über Art und Umfang der Büroausstattung, wenn die beklagte Partei lediglich pauschal bestreitet, an der Anschrift, unter der sie im Rechtsverkehr aufgetreten ist, über Mobiliar zu verfügen.
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 12.11.1990
II ZR 249/89
(Oberlandesgericht Hamburg, Landgericht Hamburg)
Zum Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten aus abgetretenem Recht mehrerer Partenreeder der 1981 gegründeten Partenreederei "MS Ruth Drescher" Schadensersatz in Höhe von 440.000,-- DM. Er hat behauptet, die Beklagte habe seine Rechtsvorgänger im Zusammenwirken mit dem Korrespondentreeder der Partenreederei über den wahren Preis des zu bauenden Schiffs, über die Zahlungsabwicklung und damit insgesamt über den Wert des Anlageobjekts getäuscht und sie zu einer ihnen nachteiligen Anlageentscheidung, nämlich dem Beitritt zu der von Anfang an nicht lebensfähigen Partenreederei, veranlasst.
Die Beklagte hat die Einrede des Schiedsvertrages erhoben und sich dazu auf Art. XIII. 2. des zwischen der Partenreederei und ihr abgeschlossenen Schiffsbauvertrages berufen, in dem es unter anderem wie folgt heißt:
"All disputes arising out of or in connection with this Contract shall be referred to and finally settled by arbitration held by The Japan Shipping Exchange, Inc. ..."
Das Landgericht hat die Einrede des Schiedsvertrages für begründet gehalten und die Klage als unzulässig abgewiesen; die Berufung des Klägers ist zurückgewiesen worden.
Mit seiner Revision, um deren Zurückweisung die Beklagte bittet, verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Revision ist begründet.
Die Vorinstanzen haben zu Unrecht die Einrede des Schiedsvertrages für durchgreifend erachtet. Dies ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass der Kläger nicht selbst Partner des Vertrages ist, der die Schiedsklausel enthält. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der sich einen mit einer Schiedsklausel verbundenen Anspruch abtreten lässt, an dieselbe gebunden (BGHZ 77, 32, 35 m.Nw.).
Die Schiedsabrede in dem zwischen der Partenreederei und der Beklagten geschlossenen Schiffsbauvertrag erstreckt sich jedoch, anders als das Berufungsgericht angenommen hat, nicht auf die dem Kläger abgetretenen Schadensersatzansprüche wegen schuldhafter Verleitung zu einer nachteiligen Anlageentscheidung. Dazu hat das Berufungsgericht im Ansatz rechtlich zutreffend angeführt, dass in der Rechtsprechung (OLG Hamburg HansRGZ 1928, Abt. B. Sp. 453, 454f unter Aufgabe des gegenteiligen Standpunkts in HansRZ 1920, Sp. 87f; OLG Köln NJW 1961, 1312f = BB 1961, 65; LG Berlin KTS 1965, 176f; vgl. auch BGH, Urt. v. 8. Juli 1981 - VIII ZR 256/80, NJW 1981, 2644, 2646) unter Billigung der überwiegenden Stimmen im Schrifttum (Fischer, GroßKomm.z.HGB 3. Aufl. § 128 Rdn. 16; Schlegelberger/Geßler, 4. Aufl. § 128 Anm. 10; Kornblum, Die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten einer Personengesellschaft, 1972, S. 167; Baumbach/Duden/Hopt, 28. Aufl. § 128, 8 F; Grimm/Rochlitz, Das Schiedsgericht in der Praxis, 1959 S. 33f; Ritter, HGB 2. Aufl. S. 300; Wünsch, Schiedsgerichtsbarkeit in Handelssachen, 1968 S. 63f, 66, 68; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit 4. Aufl. S. 61f; a.A. Weipert im RGRK-HGB 2. Aufl. 1950, § 128 Anm. 8; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, 3. Aufl. § 128 Anm. 7; Heymann/Emmerich, HGB 1989 § 128 Rdn. 12; differenzierend Habscheid, KTS 1962, 1, 3ff; 1966, 1, 2f; 1970, 132, 138f; Stein/ Jonas/Schlosser, ZPO 20. Aufl. § 1025 Rdn. 39) die Auffassung vertreten wird, der von der offenen Handelsgesellschaft geschlossene Schiedsvertrag binde nicht nur diese selbst, sondern auch die persönlich haftenden Gesellschafter. Damit ist indessen für den vorliegenden Fall nichts gewonnen. Denn die Erstreckung der von der Gesellschaft getroffenen Schiedsabrede auf den persönlich haftenden Gesellschafter stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass nur derjenige eine Schiedsvereinbarung gegen sich gelten lassen muß, der an ihrem Abschluss beteiligt war; sie findet ihre Rechtfertigung allein in der besonderen Haftungsvorschrift des § 128 Satz 1 HGB und wird begrenzt durch die besondere Situation, in der sich der persönlich haftende Gesellschafter befindet.
Anders als die Revision meint, gilt die Erstreckung der von der offenen Handelsgesellschaft getroffenen Schiedsklausel auf den Gesellschafter nicht nur für Rechtsstreitigkeiten, in denen Ansprüche gegen die Gesellschaft erhoben werden und es um die gleichgerichtete Haftung des Gesellschafters (Passivprozesse) geht. Unter die Schiedsvereinbarung fallen vielmehr ebenso auch die Forderungen, die die offene Handelsgesellschaft selbst gegen den anderen Vertragspartner geltend machen kann. Soweit der Gesellschafter in dieser Eigenschaft Ansprüche der Gesellschaft erhebt oder sie von ihr herleitet, ist er ebenfalls an die Schiedsvereinbarung gebunden, was ebenso wie beim Passivprozess (vgl. OLG Köln aaO.) die Aufspaltung der Gerichtswege vermeidet und dem Anspruchsteller wie dem Gegner die Vorteile des schnellen und regelmäßig kostengünstigen Schiedsgerichtsverfahrens erhält.
Verfolgt der Gesellschafter hingegen nicht Ansprüche der Gesellschaft, sondern Forderungen, die ihm persönlich und nicht in seiner Eigenschaft als Mitglied der Gesamthand zustehen, ist er grundsätzlich nicht anders zu behandeln als der Gesamtschuldner, der Vermögensübernehmer nach § 419 BGB, der Vertreter ohne Vertretungsmacht, der Bürge, der Garantieübernehmer, der Hypothekar oder der Pfandgläubiger. Für diese ist anerkannt (vgl. BGHZ 68, 356, 359ff; Stein/Jonas/Schlosser aaO. § 1025 Rdn. 39 m.Nw.), dass sie nur aufgrund besonderer Vereinbarung an einen zwischen Dritten geschlossenen Schiedsvertrag gebunden sind, mögen auch ihre Rechte von dem Rechtsverhältnis abhängen, für das die Schiedsabrede getroffen worden ist.
Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Kläger stützt sein Begehren nicht auf Ansprüche, die seine Rechtsvorgänger in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der Partenreederei für diese geltend machen. Vielmehr findet das Begehren nach dem Klagevortrag seine Grundlage ausschließlich darin, dass der Korrespondentreeder D. in kollusivem Zusammenwirken mit der Beklagten die Rechtsvorgänger des Klägers über die Verwendung der angelegten Mittel, den Wert des Anlageobjekts und die Gewinnerwartungen getäuscht und sie zu einer Beteiligung bewogen hat, die zwangsläufig zum Verlust des Anlagekapitals führen musste.
Werden danach die von dem Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht von der Schiedsklausel des Schiffsbauvertrages erfasst, bedarf die Frage keiner Entscheidung, ob die Partenreeder eher mit den persönlich haftenden Gesellschaftern einer OHG oder KG vergleichbar sind, wie das Berufungsgericht angenommen hat, oder ob sie - sei es generell oder jedenfalls bei der hier vorliegenden Publikumsreederei - eher wie nicht an die Schiedsklausel gebundene Kommanditisten zu behandeln sind, was die Revision befürwortet.
Auch mit Rücksicht auf die weite Fassung der Schiedsklausel ist die Einbeziehung der den Rechtsvorgängern des Klägers persönlich zustehenden Ansprüche nicht geboten. Bei seiner gegenteiligen Ansicht hat das Berufungsgericht die für die Reichweite der Schiedsklausel rechtlich erhebliche Unterscheidung nicht beachtet, ob die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche den Partenreedern persönlich zustehen oder ob sie zumindest von der Partenreederei hergeleitet sind. Seine Deutung der umstrittenen Schiedsklausel ist daher unvollständig und nicht frei von Rechtsirrtum. Das hat zur Folge, dass eine das Revisionsgericht bindende tatrichterliche Vertragsauslegung nicht vorliegt. Da nach dem Parteivortrag weitere für die Auslegung der Schiedsklausel bedeutsame Umstände nicht in Betracht kommen, kann der erkennende Senat die Klausel selbst auslegen (Sen.Urt. v. 2. Mai 1974 - II ZR 153/72, WM 1974, 630f; BGH Urt. v. 17. September 1980 - IV b ZR 550/80, NJW 1981, 51, 52; BGH Urt. v. 24. Juni 1988 - V ZR 49/87, WM 1988, 1599, 1601). Ungeachtet ihrer weiten Fassung - "in connection with ..." ("im Zusammenhang mit") kann die Schiedsgerichtsklausel nicht dahin verstanden werden, daß sie abweichend von der Regel, daß derartige Vereinbarungen sich nicht auf unbeteiligte Dritte erstrecken, ausnahmsweise auch für dem einzelnen Partenreeder persönlich zustehende Ansprüche gelten soll. Da die 715 Partenreeder aus der Bundesrepublik oder Nachbarländern stammen und ihre Werbung aus diesem Bereich von vornherein vorgesehen war, wäre die Erstreckung der Schiedsklausel auf sämtliche den Anlegern persönlich zustehenden Ansprüche eine ungewöhnliche Regelung, die in dem Vertrag klar und eindeutig hätte zum Ausdruck kommen müssen. Das gilt vor allem, wenn die gerichtlich zu klärenden Fragen nicht mit der eigentlichen Abwicklung des Schiffsbaus zusammenhängen - es also nicht etwa um die rechtzeitige und mangelfreie Ablieferung des Schiffes geht -, sondern Ansprüche darauf gestützt werden, dass die Anleger durch Täuschungshandlung zur Hingabe von Geldern für ein Anlageobjekt bewogen worden sind, an dem sie sich bei zutreffender Information nicht beteiligt hätten.
Die Abweisung der Klage als unzulässig ist auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 563 ZPO). Die internationale Zuständigkeit, die nach § 549 Abs. 2 ZPO auch im Revisionsverfahren zu prüfen ist (BGH Urt. v. 22. November 1988 - VI ZR 226/87, NJW 1989, 1154), ist gegeben. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGHZ 63, 219, 220; BGH NJW 1989 aaO.) ist, sofern keine abweichenden Vorschriften bestehen, die internationale Zuständigkeit immer dann gegeben, wenn nach den §§ 12ff ZPO ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist. Dies hat das Landgericht zu Unrecht verneint. Denn nach dem übereinstimmenden Vortrag beider Parteien hat die Beklagte, die ihren Sitz nicht im Inland hat, in H. ein Büro unterhalten, unter dessen Anschrift sie wirtschaftliche Aktivitäten in Deutschland entwickelt hat. Davon, dass ein solches Büro über eine Ausstattung an Mobiliar, Schreibmaschinen und ähnlichen Gegenständen verfügt, ist nach allgemeiner Lebenserfahrung auszugehen. Damit sind die Voraussetzungen des besonderen Gerichtsstandes nach § 23 ZPO erfüllt. Denn hierfür reicht Vermögen jeder Art aus, es kommt weder darauf an, ob es pfändbar ist (allgemeine Meinung vgl. etwa RGZ 4, 408, 409f; 75, 414, 416; Schack ZZP 97, 46, 59; a. A. lediglich unter Hinweis auf die inzwischenüberholte Entstehungsgeschichte Stein/Jonas/Schuman aaO. § 23 Rdn. 16) oder eine Befriedigung ermöglicht (BGH Urt. v. 10. Dezember 1976 - V ZR 145/74, DB 1977, 718, 720; Urt. v. 30. Januar 1980 - VIII ZR 197/78, WM 1980, 410, 412), noch ist die Relation zwischen Vermögens- und Streitwert des Prozesses zu prüfen (vgl. RGZ 75, 147, 152; Geimer JZ 1974, 979, 980; Schack aaO. S. 59; Stein/Jonas/Schumann aaO. Rdn. 16; AK-ZPO Röhl, 1987 § 23 Rdn. 4).
Demgegenüber hat das Landgericht die Anforderungen an den Vortrag des Klägers überspannt, wenn es von ihm nähere Darlegungen über Art und Umfang der Büroausstattung fordert. Das gilt umso mehr, als die Beklagte zwar eingeräumt hat, ein "unselbständiges Büro" unterhalten zu haben, zugleich aber lediglich pauschal bestritten hat, über Mobiliar in H. zu verfügen. Sie hätte zu der sich aufdrängenden Frage Stellung nehmen müssen, seit wann dies gelten soll, nachdem sie unter der Anschrift des von ihr so bezeichneten "H. Representative Office" im Rechtsverkehr aufgetreten war.
Die Sache ist an das Landgericht gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zurückzuverweisen, weil der geltend gemachte Schadensersatzanspruch bisher noch nicht sachlich geprüft worden ist (vgl. BGHZ 16, 71, 82; BGH Urt. v. 18. Dezember 1975 - III ZR 103/73, NJW 1976, 852, 853; Stein/Jonas/Grunsky aaO. § 565 Rdn. 21 m.Nw.).
Für eine grundsätzlich mögliche Sachabweisung des Klagebegehrens in der Revisionsinstanz (vgl. BGHZ 104, 212, 214 m.Nw.) ist beim jetzigen Verfahrensstand kein Raum. Die Zurückverweisung des Rechtsstreits gibt dem Landgericht vielmehr die Möglichkeit, den evtl. ergänzungsbedürftigen, nicht jedoch bereits jetzt als unschlüssig einzustufenden Vortrag des Klägers in der Sache zu prüfen und die etwa gebotenen tatsächlichen Feststellungen dazu zu treffen, ob die Beklagte im Zusammenwirken mit dem Korrespondentreeder die Rechtsvorgänger des Klägers in einer zur Schadensersatzpflicht führenden Weise zu einer ihnen nachteiligen Anlageentscheidung bewogen hat.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1991 - Nr.6 (Sammlung Seite 1312 f.); ZfB 1991, 1312 f.