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Leitsätze:
1) Der Eigentümer einer dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Wasserstraße kann seine Aufwendungen für die Suche und Bergung eines Ankers von dem Eigner des Schiffes, das den Anker verloren hat, nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt verlangen.
2) Dieser Anspruch unterliegt der Verjährung nach § 117 BSchG.
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 10. April 1969
II ZR 239/67
(Schiffahrtsgericht St. Goar, Schifffahrtsobergericht Köln)
Zum Tatbestand:
Am 12. September 1963 verlor das den Beklagten gehörende MS S auf der Talfahrt im „Neuen Fahrwasser" beide Buganker, und zwar den einen Anker bei km 530, den zweiten bei km 531. Die Klägerin ließ auf die Meldung des Schiffsführers von S nach den Ankern suchen und fand einen Anker noch am gleichen Tage. Trotz Sucharbeiten mittels Peilrahmens am 13. und 14. 9. 1963 wurde der zweite Anker nicht gefunden.
Die Klägerin verlangt Ersatz ihrer durch die Bergung eines Ankers und die Suche mach dem zweiten Anker entstandenen Kosten von etwa 3500,- DM.
Die Beklagten sind der Ansicht, daß die Klägerin in Erfüllung der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht tätig geworden sei und die Kosten deshalb selbst tragen müsse. Sie bestreiten auch die Höhe der Suchkosten und erheben die Einrede der Verjährung der im Januar 1966 gerichtlich geltend gemachten Ansprüche.
Schiffahrts- und Schiffahrtsobergericht haben die Klage abgewiesen. Die Revision hatte keinen Erfolg.
Aus den Entscheidungsgründen:
Für den Binnenschiffsverkehr besteht ebenso wie für den Straßenverkehr die allgemeine Rechtspflicht, Rücksicht auf die Gefährdung anderer zu nehmen, und wenn eine Gefahrenquelle geschaffen wird, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze Dritter zu treffen. Der Eigner oder der Ausrüster eines Schiffes ist deshalb im Falle eines Ankerverlustes gehalten, unverzüglich die nach Sachlage gebotenen Maßnahmen zu ergreifen, um andere Fahrzeuge oder sonstige Anlagen und Einrichtungen vor der Gefahr, die von dem Anker ausgeht, zu schützen. Hierzu ist in der Regel die Suche und, nach dem Auffinden, die Kennzeichnung oder die sofortige Bergung des Ankers erforderlich. Wenn daher das Berufungsgericht in der alsbaldigen Suche nach den beiden Ankern des MS S und in der Bergung des einen Ankers die Führung eines Geschäfts der Beklagten im Sinne des § 677 BGB durch die Klägerin sieht, so ist dieser Auffassung bereits im Hinblick auf die vorerwähnte Rechtspflicht der Beklagten als Eigner des MS S beizutreten. Des weiteren ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht ausführt, daß die durch die Ankersuche zugleich erfolgende Erfüllung der der Klägerin als Stromeigentümer obliegenden Verkehrssicherungspflicht der Annahme einer Geschäftsführung im Sinne des § 677 BGB nicht entgegensteht, weil die Klägerin mit dem Willen gehandelt habe, auch für die Beklagten tätig zu sein (vgl. BGHZ 40, 28.).
Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht jedenfalls die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 683 Satz 2 in Verbindung mit § 679 BGB - und damit das Entstehen eines Anspruchs der Klägerin auf Ersatz ihrer Aufwendungen - bejaht. Die Erwägung, die Übernahme der Geschäftsführung durch die Klägerin habe insbesondere im Hinblick auf die meist nur die Solltiefe erreichende Fahrwassertiefe im Neuen Fahrwasser" und die hierdurch begründete außerordentliche Gefährdung der Schiffahrt durch die in diesem Fahrwasserbereich verlorenen Anker im Interesse der Beklagten gelegen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Die Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin Aufwendungsersatz zu leisten, beruht letztlich darauf, daß das von ihnen ausgesandte MS S während der Reise beide Buganker verloren hat, und zwar zu einem Zeitpunkt, in welchem die Beklagten Schiff und Besatzung nicht ausreichend überwachen konnten. In einem derartigen Falle kommt aber der das Schiffahrtsrecht beherrschende Grundsatz zur Anwendung, daß der Eigentümer eines Schiffes für Verpflichtungen, die ohne sein Verschulden infolge der mit der Schiffahrt verbundenen Gefahren entstanden sind, lediglich mit Schiff und Fracht einzustehen hat (BGH NJW 1955, 340, 342; vgl. auch Wüstendörfer, Neuzeitliches Seehandelsrecht, 2. Aufl., S. 125). Im Streifall ist daher die Durchsetzung des Anspruchs der Klägerin auf Aufwendungsersatz auf das Schiffsvermögen der Beklagten und deren nach § 114 Abs. 1 BSchG begrenzte persönliche Haftung beschränkt. Die Haftungsbeschränkung hat jedoch zur Folge, daß der Klägerin, soweit ihr Anspruch auf Aufwendungsersatz begründet ist, ein gesetzliches Pfandrecht an MS S und der Fracht, die aus der Reise herrührt, auf welcher die beiden Anker verlorengegangen sind, einzuräumen ist, auch wenn dadurch ein neues, in § 102 BSchG nicht vorgesehenes Schiffsgläubigerrecht gewährt wird (BGHZ 6, 102, 108; 19, 82, 84). Die Forderungen von Schiffsgläubigern unterliegen aber grundsätzlich der kurzen Verjährungsfrist des § 117 BSchG, weil die längere Durchsetzbarkeit eines mit einem gesetzlichen Schiffspfandrecht verbundenen Anspruchs die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährden würde (Begründung zum Entwurf des Binnenschiffahrtsgesetzes S. 126).
Die Bedenken der Revision gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Verjährung des Anspruchs der Klägerin auf Aufwendungsersatz sind im wesentlichen gegen die ausdehnende Auslegung der Vorschrift des § 117 Nr. 7 BSchG gerichtet, nach welcher mit dem Ablauf eines Jahres „die Forderungen aus dem Verschulden einer Person der Schiffs- hohen Wasserstand, Gefahren der Schiffahrt und Schiffbesatzung (§ 3, § 4 Nr. 3, §§ 7, 92 BSchG)" verjähren. Die 4ahrtsunfälle, auch wenn zum Eintritt solcher Schäden Bedenken greifen jedoch schon deshalb nicht durch, weil, wie
dargelegt, im Streitfall der entscheidende Grund für eine Anwendung der §§ 117, 118 BSchG in der beschränkten Haftung der Beklagten und der hieraus sich ergebenden Rechtsfolgen zu sehen ist.
Überdies trifft es entgegen der Auffassung der Revision nicht zu, daß § 117 Nr. 7 BSchG nur auf Ansprüche deliktischer oder quasideliktischer Natur anzuwenden ist. Hiergegen spricht schon der - insoweit jedenfalls - eindeutige Gesetzeswortlaut.
Auf die ursprünglich von der Klägerin weiter vorgetragenen Anspruchsgrundlagen (unerlaubte Handlung, ungerechtfertigte Bereicherung, Verwendungsersatz nach § 994 BGB) ist die Revision nicht mehr zurückgekommen. Sie könnten auch zu keinem anderen Ergebnis führen:
a) Dem Schadensersatzbegehren wegen schuldhafter Handlungsweise einer Person der Schiffsbesatzung steht die Einrede der Verjährung entgegen (§ 117 Nr. 7 BSchG).
b) Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin die in Frage stehenden Aufwendungen auf Grund der zwischen den Parteien nach §§ 677 f. BGB entstandenen Rechtsbeziehungen erbracht hat.
c) Gegenüber einem etwaigen Anspruch auf Verwendungsersatz nach § 994 BGB würde aus den gleichen Gründen, wie sie oben unter 3a) zum Aufwendungsersatz nach § 683 BGB dargelegt worden sind, die Einrede der Verjährung aus §§ 117, 118 BSchG durchgreifen (vgl. hierzu auch BGH NJW 1955, 340, 342).
d) Schließlich wäre bei Umdeutung der Meldung des Schiffsführers E, des MS S nach § 95 RheinSchPVO in einen von ihm im Rahmen des § 15 Abs. 1 BSchG erteilten Such- und Bergungsauftrag an die Klägerin ein hieraus sich ergebender Anspruch aef Kostenersatz ebenfalls verjährt (§ 117 Nr. 6 BSchG),"