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Leitsatz:
Die für einen Kollisionsschaden Verantwortlichen sind für einen bei der Beseitigung der Schadensfolgen entstandenen Brandschaden auf dem beschädigten Schiff mangels adäquaten Ursachenzusammenhangs nicht haftbar, wenn der Brand durch außergewöhnliches und leichtfertiges Verhalten der mit der Beseitigung von Kollisionsfolgen beauftragten Personen hervorgerufen worden ist.
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 14. Februar 1977
II ZR 21/75
(Schiffahrtsgericht Mannheim; Schifffahrtsobergericht Karlsruhe)
Zum Tatbestand:
In dem vorstehend dargestellten Fall des Urteils II ZR 14/75 hatte auch das MS H Kollisionsschäden erlitten. Um die Reise fortsetzen zu können, hatte der Schiffsführer dieses Schiffes am nächsten Tag über die Bordwand hinausragende scharfkantige Teile der Schiffsbeplattung von einer Bauschlosserei mit dem Schneidbrenner beseitigen lassen, wobei das Vorschiff Feuer fing und ausbrannte.
Die Klägerin als Versicherin des MS H verlangt ihrerseits Ersatz der erstatteten Schäden, und zwar des Kollisionsschadens in Höhe von ca. 70 800,- DM und des Brandschadens von ca. 275 000,- DM.
Wegen des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die Darstellung im Rechtsstreit II ZR 14/75 (s. vorstehendes Urteil) verwiesen. Die Beklagten, nämlich die Eignerin des MS L (Beklagte zu 1) und der Schiffsführer (Beklagter zu 2), lehnen die Ersatzleistung für den Brandschaden ab, weil dieser keine adäquate Folge des Schiffszusammenstoßes gewesen sei.
Schiffahrts- und Schiffahrtsobergericht haben nur den Kollisionsschaden dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt Die Revision beider Parteien blieb erfolglos.
Aus den Entscheidungsgründen:
Zunächst bestätigt das Revisionsgericht aus den zum Urteil II ZR 14/75 genannten Gründen (s. oben) die Feststellung des Berufungsgerichts, daß jedwedes Mitverschulden der Führung des MS „Hannover" an dem Zustandekommen der Kollision zu verneinen sei. Zur Frage des Ersatzes des Brandschadens heißt es:
„...
Das Berufungsgericht hat einen adäquaten Zusammenhang zwischen dem Schiffszusammenstoß und dem Brand im Vorschiff des MS H aus folgenden Gründen verneint:
Beim Beseitigen des an der Schadensstelle nach außen abstehenden Eisenteils mit dem Schneidbrenner, was in Gegenwart von zwei Beamten der Wasserschutzpolizei und des Schiffsführers Br. (MS H) von den Schlossergesellen W und B. ausgeführt worden sei, sei im Bereich der Schadensstelle zunächst ein Schwelbrand aufgetreten, den einer der beiden Polizeibeamten mit einem an Bord befindlichen Feuerlöscher bekämpft habe, so daß die Rauchentwicklung verschwunden sei. Dieser Vorfall habe erkennbar gemacht, daß sich nahe bei der Stelle, wo mit dem Schneidbrenner habe gearbeitet werden müssen, brennbare Schiffsbestandteile befunden hätten. Dann sei es aber ein grober Fehler gewesen, sofort nach dem Verschwinden der ersten Rauchentwicklung und ohne zuvor die leicht brennbaren Schiffsteile zu entfernen mit den Schneidbrennarbeiten fortzufahren, zumal auch keine ausreichenden Vorkehrungen für eine wirksame Brandbekämpfung im Falle neuer Gefahr getroffen worden seien. Diese Leichtfertigkeit sei offenbar eine Folge der Eile gewesen, mit der, man trotz der hereinbrechenden Dunkelheit mit dem Entfernen des Eisenteils hätte fertig werden wollen.
Dementsprechend habe man nach dem Auftreten erneuter Rauchentwicklung noch die letzten fünf Zentimeter de: Eisenstücks Iosgebrannt und erst dann wieder die Brandbekämpfung mit einem bordeigenen Feuerlöscher und, da dieser infolge des auffrischenden Windes das Auftreten von Flammen nicht habe verhindern können, mit Wassereimern aufgenommen, was ebenfalls erfolglos gewesen sei. Somit sei der Brand im Vorschiff des MS H durch ein höchst unsachliches, grob fahrlässiges Verhalten der mit dem Beseitigen des Eisenteils befaßten Personen hervorgerufen worden. Mit Rücksicht darauf sei der Brandschaden den Beklagten „als den für das vorlaufende Ereignis Verantwortlichen nicht mehr zuzurechnen".
Ob diese Ausführungen in allen Punkten den Angriffen der Revision der Klägerin standhalten, kann offenbleiben. Jedenfalls ist dem Berufungsgericht dahin beizutreten, daß zwischen dem Fehlverhalten des Beklagten zu 2 und dem Brandschaden an MS H kein adäquater Ursachenzusammenhang besteht. Sicher mag das Arbeiten mit dem Schneidbrenner vielfach nicht ungefährlich sein und bei nicht sorgsamer Handhabung zu Brandschäden führen. Darum allein geht es hier jedoch nicht. Vielmehr wird der Streitfall nach den insoweit verfahrensrechtlich einwandfreien Feststellungen des Berufungsgerichts durch die Besonderheit gekennzeichnet, daß der Ausbruch des ersten Schwelbrandes das Bestehen einer Brandgefahr deutlich zeigte, die auch schon deshalb nahelag, weil nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten die Arbeiten mit dem Schneidbrenner im Bereich der vorderen Wohnung auszuführen waren, deren brennbare Verschalung sich auch hinter dem aufgerissenen Teil der Außenhaut des MS H befand. Daß unter diesen Umständen die Brennarbeiten nach dem ersten Schwelbrand fortgesetzt wurden, ohne zuvor die im Arbeitsbereich vorhandenen entzündbaren Schiffsteile abzudecken oder zu entfernen und für das Bereitstellen hinreichender Löschmittel zu sorgen - was übrigens § 8 Absatz 4 der Unfallverhütungsvorschrift Nr. 15 des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften für Schweißen, Schneiden und verwandte Arbeitsverfahren in der zum Unfallzeitpunkt geltenden Fassung vom 1. Januar 1952 ausdrücklich vorschreibt -, war ein so außergewöhnliches und leichtfertiges Verhalten, daß der darauf beruhende Brand und der hierdurch den Interessenten des MS H entstandene weitere Schaden den Beklagten billigerweise nicht mehr zugerechnet werden kann, somit außerhalb eines adäquaten Ursachenzusammenhangs liegt....“