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II ZR 192/89 - Bundesgerichtshof (-)
Date du jugement: 13.11.1989
Numéro de référence: II ZR 192/89
Type de décision: Urteil
Language: Allemande
Juridiction: Bundesgerichtshof Karlsruhe
Section: -

Leitsätze:

Dem Hauptfrachtführer steht die Abschlußprovision im Sinne des Deutschen Binnentankschiffahrtstarifs E 433 Teil I Abschnitt 6 Absatz 1 (in der bis zum November 1988 geltenden Fassung) grundsätzlich auch dann zu, wenn er und der erste Unterfrachtführer oder .auch der Verlader demselben Konzern angehören.
Zur Umgehung der Provisionsregelung in Absatz 2 der vorgenannten Tarifbestimmung — Abfertigungsprovision des ersten Unterfrachtführers —, wenn ihn der Hauptfrachtführer, mit dem er wirtschaftlich eng verbunden ist, ohne jede Notwendigkeit in die Weitergabe des Transportauftrags an einen Dritten (tatsächlicher Beförderer) einschaltet.
Verschließt der tatsächliche Beförderer die Augen davor, ob der Abzug einer Abfertigungsprovision von der ihm zustehenden (Tarif-)Fracht unberechtigt ist, so verhält er sich grob schuldhaft im Sinne des §31 Abs. 3 BinSchVG.

Urteil des Bundesgerichtshofes

vom 13. November 1989

II ZR 192/89

(Landgericht Köln; Oberlandesgericht Köln)

Zum Tatbestand:


Der hier behandelte Tatbestand war schon einmal über 3 Instanzen Gegenstand eines mehrjährigen Prozesses, der sich im Effekt um die gleiche Streitfrage drehte und im vollen Umfang zu Ungunsten der Klägerin endete. Insoweit wird verwiesen auf die Veröffentlichung des Urteils des OLG Köln vom 7. 12. 1983 — 2 U 109/82 — und den Beschluß des BGH vom 22. 10. 1984 — II ZR 43/84 — über die Nichtannahme der gegen das OLG-Urteil gerichteten Revision (s. ZfB 1984, 436). Die tatbestandlichen, völlig unbedeutenden Unterschiede werden in der diesem Urteil folgenden Anmerkung behandelt.
In einem Vertrag vom 3. 1. 1983 — der gleiche Vertrag, der auch dem Urteil des BGH vom 13.6. 1988 — II ZR 261/87 — zugrunde lag (oben vor diesem Urteil veröffentlicht) — hatte sich die Firma B zur Übertragung ihrer gesamten Tankschiffstransporte ab 1. 1. 1983 für 5 Jahre an Reederei E verpflichtet. Letztere sollte nach dem Wortlaut des Vertrages „ihre eigenen Tankschiffe und diejenigen der Reederei D mit Vorrang zur Verfügung" stellen und „darüber hinaus — soweit erforderlich — für eine ausreichende Gestellung fremden Schiffsraums sorgen". Reederei E — Beklagte zu 2 — hatte damit die Position des Hauptfrachtführers, Reederei D — Beklagte zu 1 — diejenige des Unterfrachtführers.
Die Transportaufträge der Fa. B. wurden jeweils der Betriebsstelle der Beklagten zu 2, in der zwei Angestellte der Beklagten zu 1 zur Abwicklung dieses Transportvertrages tätig waren, aufgegeben, die sodann je nach Transportraumlage Schiffe entweder der Beklagten zu 2 oder der Beklagten zu 1 einsetzten oder erforderlichenfalls namens der Beklagten zu 1 Raum von Drittunternehmen in Anspruch nahmen. In den letzteren Fällen erhielt die Beklagte zu 2 von der tariflichen Fracht, deren richtige Berechnung von der Klägerin in keinem der Hunderte von Abrechnungsfällen beanstandet worden ist, 5 % als Abschlußprovision, die Beklagte zu 1 5 % als Abfertigungsprovision. In der im Prozeß fraglichen Zeit vom 1.1. 1984 bis 30.4. 1986 ergab sich für die Beklagte zu 2 ein Betrag von 363 658,— DM, für die Beklagte zu 1 ein Betrag von 313600,— DM.
Die Klägerin verlangt Zahlung beider Beträge gemäß §31 Abs. 3 BinSchVG u. a. mit der Behauptung, daß der Abwicklungsmodus ein Umgehungsgeschäft im Sinne des §42a BinSchVG gewesen sei, da die Einschaltung der Reederei E (Beklagte zu 2) als ungewöhnlicher und fernliegender Weg unter Ausnutzung der Vertragsfreiheit angesehen werden müsse, und nur erfolgt sei, um Frachtabzüge durch unnötige Berechnung von Provisionen zu erreichen. Eine echte selbständige Abschlußtätigkeit der Beklagten zu 2 habe nicht stattgefunden. Die Betriebsstelle sei von beiden Beklagten gemeinschaftlich mit der Möglichkeit der Vermittlung und Abwicklung durch die Angestellten betrieben worden. Die Beklagten seien nur als Vermittler zwischen Fa. B. und dem jeweiligen zweiten Unterfrachtführer eingeschaltet gewesen. Beim Fehlen eigener Schiffe wäre der gewöhnliche Weg zum Einsatz eines fremden Fahrzeugs die direkte Auftragserteilung seitens der Beklagten zu 2 an fremde Unterfrachtführer gewesen.
Die Beklagten haben die Darstellung der Klägerin in tatbestandlicher und rechtlicher Hinsicht bestritten. Es sei exakt nach dem Wortlaut des Tarifs gehandelt worden. Den Tarifvorschriften sei nicht zu entnehmen, daß die konzernmäßige Verbundenheit dem Entstehen einer Abschluß- bzw. Abfertigungsprovision entgegenstehe. In jedem Falle habe der letzte Unterfrachtführer 90 % der Fracht erhalten. Ein grobes Verschulden im Sinne der Vorschrift des §31 Abs. 3 BinSchVG liege keinesfalls vor.
Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen, der Klage gegen die Beklagte zu 2 stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen. Auf die Revisionen beider Parteien hat der Bundesgerichtshof das Urteil „umgekehrt" und der Klage gegen die Beklagte zu 1 stattgegeben, die Klage gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen.

Aus den Entscheidungsgründen:
I...
Die Entgelte für Verkehrsleistungen der Tankschiffahrt sind im wesentlichen im Deutschen Binnentankschiffahrtstarif E 433 (DBT -E433) festgelegt. Dieser befaßt sich in seinem Teil I Abschnitt 6 — in der für den Streitfall maßgebenden Fassung — mit den Provisionen. Dessen Absatz 1 und 2 lauten: „Die Abschlußprovision (Entgelt des Hauptfrachtführers — Abschlußinhabers — für das Zustandekommen eines Frachtvertrages) beträgt bis zu 5 % der Fracht abzüglich eventueller Rabatte.
Die Abfertigungsprovision (Entgelt des 1. Unterfrachtführers für die kaufmännischen Tätigkeiten in Erfüllung eines Frachtvertrages) beträgt bis zu 5 % der Fracht abzüglich eventueller Rabatte.
Damit knüpft die tarifgemäße Zahlung der Abschluß- und der Abfertigungsprovision an bestimmte Leistungen des Haupt- und des ersten Unterfrachtführers an.
II. Von diesem Ausgangspunkt aus kann es, läßt man die konzernmäßigen Bindungen der Beklagten und der B. sowie die zeitweilige Überlassung der Angestellten der Beklagten zu 1 an die Beklagte zu 2 außer Betracht, nicht zweifelhaft sein, daß sie die streitigen Provisionen zu Recht bezogen haben. Die Beklagte zu 2 war Abschlußinhaber hinsichtlich der ihr im Rahmen des Transport-Vertrages vom 3. Januar 1983 von der B. erteilten Beförderungsaufträge. Ihr stand damit die Abschlußprovision des Hauptfrachtführers zu. Die Beklagte zu 1 hat nach Übernahme des Transportauftrages von der Beklagten zu 2 und Einsetzen eines Drittunternehmens als tatsächlichem Beförderer die Terminabstimmung für den Ladebeginn vorgenommen, die Ladescheine ausgeschrieben, das Schiff der Löschstelle avisiert, Lade- und Löschzeiten festgehalten sowie die Frachtrechnung erstellt. Für diese kaufmännischen Arbeiten hatte sie Anspruch auf das Entgelt (Abfertigungsprovision) des ersten Unterfrachtführers.
III. 1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts setzt die Abschlußprovision als Entgelt für das Zustandebringen des Frachtvertrages die Vermittlung des Transportauftrages an einen Dritten voraus. Die Provision stehe nur demjenigen zu, der dem Zahlungspflichtigen zum Abschluß eines Beförderungsvertrages verhilft, und sei nicht etwa ein Entgelt für die bloße Beziehung zur abladenden Industrie. Eine solche Vermittlung habe zwischen den Beklagten nicht stattgefunden, weil sie im Verhältnis zueinander nicht die Stellung eines Dritten hätten. Zumindest fehle es an der eine Drittstellung prägenden Möglichkeit zur selbständigen und unabhängigen Willensbildung, da die Beklagte zu 2 als 100 %ige Tochter der Beklagten zu 1 von dieser beherrscht werde, außerdem dieselben Personen für die Beklagten gehandelt hätten. Ohne Bedeutung sei die rechtliche Selbständigkeit der Beklagten. Denn §31 Abs. 3 BinSchVG erfordere eine von der formellen Sicht abweichende wirtschaftliche Betrachtungsweise. Nach dieser sei die firmenrechtliche und rechtsgeschäftliche Ausgestaltung, auf deren Hintergrund die Beklagten den Frachtvertrag untereinander weitergegeben hätten, ein zur Umgehung der Tarifvorschriften geeigneter Scheintatbestand. Für die Beförderung des Transportgutes hätte es keiner Weitergabe des Frachtvertrages von der Beklagten zu 2 an die Beklagte zu 1 bedurft. Vielmehr hätte es näher gelegen, den Endfrachtführer direkt durch die Beklagte zu 2 zu beauftragen. Ob der Beklagten zu 2 in diesem Falle Abschlußprovision zugestanden hätte, sei unerheblich. Der — am 2. Januar 1988 — zwischen der Beklagten zu 1 und B geschlossene Beförderungsvertrag, der (von Ende 1981 bis Ende 1984) Gegenstand einer Klage der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 gewesen ist und nach dessen Inhalt die Beklagte zu 1 die Stellung als Abschlußinhaberin hinsichtlich der Tankschiffstransporte für B innegehabt habe, lasse erkennen, daß im Streitfall die Beklagte zu 2 bei einer dem wirtschaftlichen Ziel angemessenen Vertragsgestaltung als Frachtführer nicht eingeschaltet worden wäre. Auch müßten sich die Beklagten trotz ihrer konzernmäßigen Verbundenheit am Tarif festhalten lassen. Innerhalb eines Konzerns herrsche nämlich keine Tariffreiheit in dem Sinn, daß konzerninterne Vereinbarungen erst dann zu tarifwidrigen würden, wenn Rechtsbeziehungen zu konzernfremden Unternehmen geknüpft werden. Das folge aus §5 BinSchVG, der den Tarifzwang nur unter den — hier fehlenden — Voraussetzungen des Werkverkehrs aufhebe.
2. Diese Ausführungen tragen nicht die Verurteilung der Beklagten zu 2. Die Abschlußprovision ist, wie bereits dargelegt, das tariflich zulässige Entgelt des Hauptfrachtführers — Abschlußinhabers — für seine Bemühungen um den erlangten Transportauftrag, dessen Durchführung er einem anderen Beförderer — erster Unterfrachtführer — übertragen hat. Das Entgelt kann nach DBT — E 433 — Teil I Abschnitt 6 Abs. 1 nicht mehr als 5 % der Tariffracht abzüglich eventueller Rabatte (vgl. zu diesen DBT — E 433 — Teil I Abschnitt 12) betragen. Daß dem Hauptfrachtführer keine Abschlußprovision zustehen soll, wenn er und der erste Unterfrachtführer oder auch der Verlader demselben Konzern (als rechtlich selbständige Unternehmen) angehören, läßt sich weder aus dem Tarif entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Auch dann ist der Hauptfrachtführer Abschlußinhaber.Eine mögliche wirtschaftliche Beherrschung des Hauptfrachtführers (hier: Beklagte zu 2) durch den ersten Unterfrachtführer (hier: Beklagte zu 1) kann insoweit keine Rolle spielen. Gewiß mag es in der Entscheidungsbefugnis der Beklagten zu 1 gelegen haben, daß der Transport-Vertrag vom 3. Januar 1983 nicht wie der Beförderungsvertrag vom 2. Januar 1977 zwischen ihr und B, sondern zwischen der Beklagten zu 2 und diesem Unternehmen abgeschlossen worden ist. Damit erwarb die Beklagte zu 2 aber die Stellung des Abschlußinhabers und konnte als solcher von dem jeweiligen ersten Unterfrachtführer die im Tarif vorgesehene Abschlußprovision verlangen. Selbst wenn man aber mit dem Berufungsgericht in der mit dem Transport- Vertrag vom 3. Januar 1983 geschaffenen rechtlichen Gestaltung einen Umgehungstatbestand im Sinne des §42a BinSchVG sehen sollte, so könnte auch das zu keiner Verurteilung der Beklagten zu 2 führen. In diesem Falle würden sich nämlich die Rechtsfolgen des Verhaltens der Beteiligten nach der dem wirtschaftlichen Ziel angemessenen Gestaltung bestimmen (vgl. Senatsurt. v. 29. Mai 1989 — II ZR 226/881), TranspR 1989, 281, 273 = VersR 1989, 1070, 1071 = WM 1989, 1654, 1656). Diese würde jedoch, wie auch das Berufungsgericht meint, ohne Zweifel darin bestanden haben, daß in den Fällen, in denen keine Schiffe der Beklagten für einen Transport zur Verfügung gestanden haben, nicht die Beklagte zu 1, sondern die Beklagte zu 2 einen konzernfremden Beförderer als Unterfrachtführer beauftragt und damit den Anspruch auf Zahlung einer Abschlußprovision erlangt hätte. Nach alledem kann die Verurteilung der Beklagten zu 2 durch die Vorinstanzen zur Zahlung der von ihr eingenommenen Abschlußprovisionen an die Klägerin keinesfalls Bestand haben. Vielmehr war deren Klage gegen sie abzuweisen.
IV. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Beklagte zu 1 die streitige Abfertigungsprovision tarifwidrig bezogen hat. Es hat die gegen sie gerichtete Klage abgewiesen, weil die von ihr beauftragten Unterfrachtführer an einer tarifwidrigen Zahlung der Abfertigungsprovision kein grobes Verschulden treffe und schon deshalb der Tatbestand des §31 Abs. 2 BinSchVG nicht erfüllt sei. Diese hätten von der konzernmäßigen Verbundenheit der an dem Frachtauftrag beteiligten Unternehmen, „aus der allein die Tarifwidrigkeit folge", keine Kenntnis gehabt, weil über den Verbleib der Provision nicht gesprochen worden sei. Auch sei ihnen nicht zuzumuten gewesen, Erkundigungen darüber einzuziehen. Solange aber für sie kein Anlaß bestanden habe, an der Korrektheit der Provisionsabzüge zu zweifeln, habe von ihnen nicht verlangt werden können, entgegen kaufmännischen Gepflogenheiten ihren Vertragspartner zur Offenlegung seiner Geschäftsbeziehungen zu veranlassen und sich darüber hinaus über die konzernmäßige Verflechtung der beteiligten Unternehmen zu informieren. Ferner sei die in diesem Bereich vorhandene Kenntnis der Beklagten zu 1 den Unterfrachtführern nicht anzurechnen. Das gelte abenso für ein etwaiges Verschulden der Beklagten zu 1.
2. Entgegen diesen Ausführungen hält der Senat die Klage gegen die Beklagte zu 1 für begründet.
a) Nach Ansicht des Senats ist die streitige Abfertigungsprovision der Beklagten zu 1 auf Grund einer rechtsgeschäftlichen Gestaltung zugeflossen, mit der die Beklagten die Regelung des DBT — E433 — Teil I Abschnitt 6 Absatz 1 und 2 — in der hier maßgebenden Fassung — zu umgehen suchten. Nach dieser Regelung stand dem Hauptfrachtführer — Abschlußinhaber — für kaufmännische Tätigkeiten in Erfüllung des Frachtvertrages im Gegensatz zu dem ersten Unterfrachtführer keine Abfertigungsprovision zu.
Um trotzdem neben der Abschlußprovision von 5 % eine Abfertigungsprovision von 5 % von dem tatsächlichen Beförderer für die wirtschaftlich eng verbundenen Beklagten zu erhalten, haben die Angestellten, die für die Beklagten tätig und mit deren jeweiligen Verschiffungsmöglichkeiten vertraut waren, die Beklagte zu 1, ohne daß hierfür eine Notwendigkeit aufgezeigt werden konnte, als ersten Unterfrachtführer dann in die Transportabwicklung eingeschaltet, wenn die Beförderung mangels eigener Fahrzeuge der Beklagten mit einem konzernfremden Schiff erfolgen mußte. Darin lag eine glatte Umgehung des Tarifes im Sinne des § 42a BinSchVG. Danach bestimmen sich aber, wie schon unter III. 2. ausgeführt wurde, die Rechtsfolgen des Verhaltens der Beteiligten nach der dem wirtschaftlichen Ziel angemessenen Gestaltung, also ohne ein Zwischenschalten der Beklagten zu 1 als erstem Unterfrachtführer bei der Auftragserteilung an den tatsächlichen (konzernfremden) Beförderer. Infolgedessen war der Abzug einer Abfertigungsprovision von 5 % von dessen Tariffracht zu Gunsten der Beklagten zu 1 tarifwidrig (§ 31 Abs. 1 BinSchVG).
b) Nun setzt der Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 allerdings auch auf Seiten der jeweiligen tatsächlichen Beförderer einen vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstoß gegen die Provisionsregelung des DBT — E 433 — Teil I Abschnitt 6 voraus (§31 Abs. 3 BinSchVG). Ein solches Verhalten hat die Klägerin im wesentlichen damit begründet, daß die tatsächlichen Beförderer die von der Beklagten zu 1 vorgenommenen Abzüge einer Abfertigungsprovision von 5 % „blind" hingenommen (Schrifts. v. 15. Dezember 1987 S. 4) und von jeder Nachprüfung der Berechtigung dieser Abzüge abgesehen hätten (Schrifts. v. 30. Januar 1987 S. 8); sie hätten damit bewußt eine Tarifumgehung in Kauf genommen und davor einfach die Augen verschlossen. Hierzu hat die Beklagte zu 1 erwidert, dem tatsächlichen Beförderer, der, wie sich aus DBT — E 433 — Teil I Abschnitt 6 Absatz 1 und 2 ergebe, jedenfalls 90 % der (Tarif-) Fracht beanspruchen könne, sei es völlig gleichgültig, wo die zweimal 5 % Provision verblieben; darüber werde nicht gesprochen und nicht rückgefragt; das sei völlig unüblich, zumal der Auftraggeber grundsätzlich nicht bereit sei, dem Unterfrachtführer denjenigen Unternehmer zu benennen, mit dem er zusammenarbeite (Schrifts. v. 20. November 1986 S. 15/16); auch sei es den Tankschiffahrtstreibenden auf dem Rhein bekannt, daß sie bei der Durchführung von innerdeutschen Transporten einiger weniger Großverlader zweimal 5 % Provision zu zahlen hätten, was einer allgemeinen Gepflogenheit der Rheinschiffahrt entspreche (Schritts. v. 21. März 1988 — S.2).
Mit diesen Ausführungen läßt sich das schlüssige Vorbringen der Klägerin zu einem grob schuldhaften Verhalten auch auf Seiten der tatsächlichen Beförderer nicht bezweifeln, geschweige denn widerlegen. Vielmehr bestätigen die Einlassungen der Beklagten zu 1, daß die tatsächlichen Beförderer die Augen davor verschlossen haben, ob der Abzug einer Abfertigungsprovision von der ihnen zustehenden Tariffracht berechtigt oder unberechtigt ist. Damit handelten aber auch sie zumindest grob fahrlässig. Wie der Senat bereits entschieden hat, begeht ein ausländischer Binnenschiffer, der vor Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sich nicht um die dortige Rechtslage kümmert, eine grobe Fahrlässigkeit, wenn er aus Unkenntnis gegen gesetzliche Tarifvorschriften verstößt (Urt. v. 13. Oktober 1977 — II ZR 226/752), LM Nr. 7 zu BinnSchVerkG = VersR 1978, 32, 33). Entsprechend liegt es, wenn ein Unterfrachtführer den Abzug einer Abfertigungsprovision einfach hinnimmt, damit die Augen vor den geltenden Tarifvorschriften verschließt und dadurch erkennen läßt, daß ihn die tariflichen Voraussetzungen, unter denen ein solcher Abzug nur erfolgen darf, in keiner Weise kümmern."
Anm. der Redaktion:
1) s. ZfB 1989, 182
2) s. ZfB 1978, 51

Anmerkung der Redaktion
I. 1. Die vorstehend bekanntgegebenen Urteile (II ZR 261/87 und II ZR 192/89) — dem letzteren gilt diese Anmerkung — gehören zu einer Prozeßwelle gegen eine in der euorpäischen und außereuropäischen Mineralölwirtschaft angesehene und bedeutende Unternehmensgruppierung. Vorausgegangen war u. a. ein im obigen Tatbestand erwähntes und mit dem Beschluß des BGH II ZR 43/84 beendetes Verfahren, das außer der im letzten Rechtsstreit erfolgten Verurteilung der Beklagten zu 1 ebenso wie in den zwei anderen Prozessen zur Abweisung der geltendgemachten Ansprüche auf Kosten der Klägerin (Wasser- und Schiffahrtsverwaltung) führte.
2. Während es sich in der Prozeßsache II ZR 261/87 um die Zulässigkeit gewährter Rabatte handelte, betrafen die Verfahren II ZR 43/84 und II ZR 192/89 die Rechtmäßigkeit von Provisionszahlungen im Verhältnis Hauptfrachtführer — erster Unterfrachtführer — zweiter oder weiterer Unterfrachtführer. Dieses Unterfrachtverhältnis war in den den beiden Prozessen zugrundeliegenden Verträgen im Ergebnis gleich gestaltet, nur mit dem Unterschied, daß der frühere Transportvertrag vom 2.1.1977 nicht mit der Beklagten zu 2 (E), sondern mit der Beklagten zu 1 (D) abgeschlossen, damals aber vereinbart worden war, daß Reederei D berechtigt sein sollte, „ihre Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag auf die Reederei E zu übertragen". Demgemäß wurden E als Hauptfrachtführer mit der Folge der Abschlußprovision bei Unterverfrachtung und D als 1. Unterfrachtführer mit der Folge der Abfertigungsprovision bei weiterer Unterverfrachtung behandelt.
Nur weil die Klägerin im Laufe des ersten Provisionsprozesses in der vorgenannten Vertragskonstruktion nach ihrer Ansicht unzulässige, jedenfalls mißverständliche Vertragsgestaltungen sah, haben die Parteien den Vertrag in der Fassung vom 3.1.1983 neu abgeschlossen und Reederei E sofort als Vertragspartner und als Hauptfrachtführer eingesetzt, — dies auch deshalb, weil die Klägerin hatte durchblicken lassen, daß sie in diesem Falle keine Bedenken mehr habe. In diesem Zusammenhang sind die Ausführungen im Klageschriftsatz des 1. Prozesses vom 1.3.1982 beachtlich, wo es u. a. heißt:
„Eine Provisionsvergütung von 10 % wäre demnach nur zulässig gewesen, wenn die Beklagte sowohl Abschlußinhaber als auch 1. Unterfrachtführer gewesen wäre, also sowohl die 5 %ige Abschlußprovision wie auch die 5 %ige Abfertigungsprovision sich hätte vergüten lassen dürfen."
3. Der neue Vertrag entspricht in jeder Beziehung den gesetzlichen und tariflichen Vorschriften. Der BGH hat daher mit Recht der Beklagten zu 2 (E) den Anspruch auf Abschlußprovision zuerkannt. Die Tarifmäßigkeit der von der Beklagten zu 1 (D) berechneten Abfertigungsprovision hat der BGH im Prinzip — offenbar unter der Voraussetzung, daß es sich bei den Beklagten zu 1 und 2 um x-beliebige Frachtführer handelt — ebenfalls nicht in Zweifel ziehen können (s. Teil II der Entscheidungsgründe). Er hat jedoch die letzere Provision als objektiv tarifwidrig im Sinne des § 31 BinSchVG angesehen, weil eine Umgehung des Tarifs gem. § 42 a BinSchVG vorliege. Gegen diese Beurteilung bestehen erhebliche Bedenken:
Über Provisionen enthält das Binnenschiffsverkehrsgesetz keine Bestimmungen, sondern nur über Frachten, ihre Bildung und Festsetzung sowie über ihre Überwachung. Eine gesetzliche Grundlage für die Verpflichtung zur Beachtung von Provisionsvorschriften kann also höchstens aus dem Zusammenhang des Frachtensystems abgeleitet werden. In diesem Sinne hat das Bundesverkehrsministerium (BVM) nach Inkrafttreten der am 1.1.1969 in Kraft getretenen Novelle in längeren Verhandlungen mit der Vertretung des Gewerbes und den Geschäftsführungen der Frachtenausschüsse unter Hinweis auf in der vorausgegangenen Zeit zu beobachtende Mißstände des Provisionsunwesens um Vorschläge für eine in den einzelnen Gebieten der Frachtenausschüsse in etwa gleiche, allgemeine Provisionsregelung gebeten. Im wesentlichen sind daraus die seit langem geltenden und dem Urteil des BGH zugrundeliegenden Bestimmungen des DBT — Teil I Abschnitt 6 Abs. 1 u. 2 — entstanden (5 % Abschlußprovision für den Hauptfrachtführer bei Unterverfrachtung an den 1. Unterfrachtführer und 5 % Abfertigungsprovision für letzteren im Falle einer oder mehrerer Unterverfrachtungen). Entscheidendes Kriterium war nach Auffassung aller Beteiligten, insbesondere auch des BVM, allein die Feststellung, daß der Endfrachtführer, also der den Transport durchführende Schiffahrtsbetrieb (Reederei oder Partikulier), stets 90 % der festgesetzten Fracht erhalten sollte. Hinsichtlich der Spanne zwischen 90 % und 100 % hielt sich die Verwaltung völlig zurück. Dies wollte sie vielmehr dem Ermessen der Frachtenausschüsse überlassen.
Die in diesem Zusammenhang erst seit einigen Jahren von interessierter Seite ins Gespräch gebrachte Floskel, daß Provisionen nicht an „Tochter-, Schwester-, Mehrheitsbeteiligungsgesellschaften und verbundene Unternehmen zurückfließen" dürften, hat sich der BGH in seinen Entscheidungsgründen zwar nicht ausdrücklich zu eigen gemacht, hat sich aber offensichtlich beeindrucken lassen, auch wenn im vorliegenden Fall ein solches Verhältnis nicht vorliegt:
a) DBT Teil I Abschn. 6 (Provisionen) enthält für den hier fraglichen Zeitraum eine solche Einschränkung nicht. In neueren Fassungen wird lediglich auf eine Regelung in Teil I Abschn. 13 (Rabatte) Bezug genommen. In dieser heißt es jedoch, daß keine „Abschlußprovisionen" an die oben bezeichneten Unternehmen zurückfließen dürften. Hier handelt es sich nicht um eine solche, sondern um eine Abfertigungsprovision, die der BGH der Beklagten zu 1 anscheinend unter Bezugnahme auf die „Konzern"verhältnisse versagt hat. Auf welche genaue gesetzliche oder tarifliche Vorschrift hat der BGH sonst sein Urteil gestützt?
b) Zum besseren Verständnis mag das hier angesprochene gesellschaftsrechtliche Verhältnis, wie folgt, skizziert werden:
       A (Holding)
B - Produzent, Verlader -----------------------------  →C - Handelsfirma                                                             ⇑                                                     → D - Reederei - Bekl. zu 1
            Vertrag vom 03.01.1983            ⇒          → E - Reederei - Bekl. zu 2

Schon aus dieser Skizze ergibt sich keine unmittelbare gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen den Vertragsparteien, die den Sinn und Zweck des Festfrachtsystems irgendwie stören könnte, sofern man nicht auf konstituiert wirkende Weise die Beziehung zwischen der Beklagten zu 2 (E) über ihre Urgroßmutter (A) zu deren Tochter (B) zur Grundlage einer Entscheidung unseres höchsten Zivilgerichts machen will.  
c) Die Bezugnahme der Klägerin und der Gerichte, auch des BGH, auf die zu § 42a BSchVG ergangene Rechtsprechung geht fehl. Denn allen diesbezüglichen Entscheidungen lagen Tatbestände zugrunde, die von den unmittelbaren Vertragspartnern zum Schein durch entsprechende Rechtsgestaltungen geschaffen worden waren. Meistens wurden Transportfunktionen bei Einschaltung von Händlern verdeckt oder vorgetäuscht. Die beiden Beklagten haben die B nicht als Mutter-, Tochter- oder Schwesterunternehmen eingesetzt und stehen außerhalb jeder direkten Verbindung zu ihr. Ebensowenig ist dies umgekehrt der Fall. Für aus Tradition und wegen geschäftlicher Beziehungen miteinander arbeitende Unternehmen gibt es zahlreiche Beispiele in der Wirtschaft und auch nicht wenige in der Binnenschiffahrt. Wenn die Auffassung der Klägerin und des BGH richtig wäre, dürfte sich schon mancher Betrieb der Binnenschiffahrt in den Fußangeln der obigen Klauseln verstrickt haben. Jedenfalls besteht zwischen der Fa. B und den beiden Beklagten keine irgendwie verpflichtende gesellschaftsrechtliche Verbindung. Sämtliche hier genannten Unternehmen bilanzieren in ihrem Konzernbereich als selbständige Firmen. Die B ist auch keine Holding, zu der Provisionen zurückfließen könnten.
d) Unbestreitbar hat die Beklagte zu 2 den Transportvertrag allein abgeschlossen. Die Existenz der Reederei E hat nichts mit der Provisionsfrage zu tun. Die Beklagte zu 2 gehörte ebenso wie die Beklagte zu 1 schon vor dem zweiten Weltkrieg zum hier interessierenden Firmenbereich. Keinesfalls ist das gesellschaftliche Firmenverhältnis Beklagte zu 2 — Beklagte zu 1 aus Gründen des Provisionsbezugs entstanden. Für eine solche Behauptung hat die Klägerin nicht den Anschein eines Beweises liefern oder gar Beweismittel vorweisen können. Auch der BGH hat in dieser Hinsicht keinerlei Feststellungen getroffen. Er hat lediglich in Teil IV, 2a von einer „rechtsgeschäftlichen Gestaltung" gesprochen, „mit der die Beklagten die Regelung des DBT E 433 — Teil I Abschn, 6 Abs. 1 und 2 zu umgehen suchten" und ohne weitere Präzisierung dazu bemerkt: „Nach dieser Regelung stand dem Hauptfrachtführer — Abschlußinhaber — für kaufmännische Tätigkeiten in Erfüllung des Frachtvertrages im Gegensatz zu dem ersten Unterfrachtführer keine Abfertigungsprovision zu". Dies ist nun völlig verwirrend: Denn es ist niemals ein Anspruch des Hauptfrachtführers, des Beklagten zu 2 (E), auf Abfertigungsprovision erhoben worden; in Teil IV, 2a der Entscheidungsgründe geht es allein um die Berechtigung der Beklagten zu 1, diese Provision zu berechnen.
e) Seit vielen Jahren ist es feststehender und nachweisbarer Handelsbrauch in der Binnenschiffahrt, daß der Frachtführer eines Transportvertrages, wenn es nicht ausdrücklich im Vertrag ausgeschlossen ist, ein oder mehrere Unterfrachtführer einschalten darf. Die Gründe sind mannigfach: Vor allem sichert sich der Frachtführer gegen Folgen einer oftmals und plötzlich aufgrund der Marktentwicklung oder der Wasserführung (Kleinwasser!) auftretenden Transportraumknappheit und gegen Schadensersatzansprüche wegen Nichtoder Schlechterfüllung des Transportübernahmevertrags ab (z. B. wegen Nichterreichens von Seedampferanschlüssen, mangelnder Belieferung mit Kohle oder Mineralöl der auf fortlaufende und gleichmäßige Anfuhr angewiesenen Kraftwerke).
Erst recht verfährt eine Reederei in der geschilderten Weise, wenn es sich um ein besonders großes Transportvolumen handelt, wie es im Vertrag vom 3. 1. 1983 vergeben worden ist. Daß die Verladerin B in der Auswahl des oder der Partner völlig frei ist und keinen Beschränkungen ihrer Vertragsfreiheit unterliegt, dürfte kaum bestreitbar sein.
Ebenso ist die Auswahl der Unterfrachtführer, insbesondere des ersten Unterfrachtführers, in diesem Falle der 1B2e kI,l agten zu 1,rechtlich ein ek inr W eise zu 1/GallblallUCII. Wenn nun dem ersten Frachtführer (Hauptfrachtführer), wie in der Praxis meistens üblich, die Auswahl weiterer Unterfrachtführer erlaubt ist, kann das Recht des Verladers, nämlich der Fa. B. erst recht nicht bestritten werden, von vornherein im Transportvertrag zu bestimmen, wer erster Unterfrachtführer sein soll. Im vorliegenden Falle geschah dies, weil auch die Beklagte zu 1 über modernen und beträchtlichen Tankschiffahrtsraum verfügt und sich die Zusammenarbeit dieser Firmen seit vielen Jahrzehnten bewährt hat, und deshalb die Verladerfirma B aus den zuvor genannten Gründen gegen alle Gefahren der Nicht- oder Schlechterfüllung des Vertrages gesichert sein wollte. Es muß demnach die Auffassung abgelehnt werden, daß die Firmenkonstellation gewählt worden sei, um dadurch die von der Klägerin beanstandeten Provisionen zu beziehen.
Auch die Tätigkeit der Angestellten ist ohne Bedeutung, da sie nur die Durchführung des Transportvertrages und der Unterverträge zu besorgen hatten und sich strikt an den Wortlaut des Transportvertrages gehalten haben. Wie will man ihnen zumuten, die Beklagte zu 1 zu übergehen und entgegen dem Vertrag von vornherein eine Fremdfirma einzuschalten.
4. Ein weiterer wesentlicher Gesichtspunkt für die Bedenken gegen das BGH-Urteil ist in Folgendem zu sehen: Unstreitig ist der Anspruch der Beklagten zu 2 (E) auf die Abschlußprovision vom BGH in vollem Umfang und ohne wenn und aber anerkannt worden. Damit wurde mit Recht bestätigt, daß die Beklagte zu 1 (D) als 1. Unterfrachtführer eingesetzt worden ist. D hat diese Rechtsstellung nicht umsonst erhalten, sondern dafür zahlen müssen, nämlich 5 % Abschlußprovision an die Beklagte zu 2. Damit war die geklagte zu 1 rechtlich erster Unterfrachtführer geworden. Was sollte die Beklagte zu 1 nun eigentlich nach Ansicht des BGH mit diesem Vertrag bzw. dieser Unterverfrachtung machen, wenn sie rechtswirksam Unterfrachtführer geworden war, aber selbst mangels Schiffsraum nicht fahren konnte? Die logische Folge für sie konnte also nur sein, einen anderen Frachtführer in einem weiteren Unterfrachtvertrag zu verpflichten. Dafür erhielt D die Abfertigungsprovision von 5 %.
Für dieses Entgelt mußte die Beklagte zu 1 alle Aufgaben eines Unterfrachtführers erledigen, die der BGH in seinem Urteil zu Teil II vorletzter Satz richtig beschrieben hat. Die Klägerin hat nicht behaupten können, daß die Beklagte zu 1 auch nur in einem einzigen Falle der ihr aberkannten Abfertigungsgebühr eine dieser Pflichten nicht erfüllt hätte. Demnach ist das Ergebnis — Aberkennung der Abfertigungsprovision in allen Fällen — geradezu absurd. Die Beklagte müßte auf Provision trotz eigener Leistung — und zwar nicht im Rahmen eines getarnten Geschäfts, sondern eines gewerbsmäßig und gerade für Tanktransporte hervorragend ausgestatteten Reedereibetriebes — ohne Gegenleistung verzichten. Schon das OLG Hamburg hat in einem Provisionsfall (s. Urteil vom 10. 5. 1973 — 6 U 160/161/72 — ZfB 1977, 243) mit Recht einen anderen Standpunkt vertreten:
„Abgesehen von dem grundsätzlich legitimen Gewinnstreben. eines jeden Kaufmanns muß er in der Lage sein, seine Unkosten zu decken."
Angesichts der vorstehend geschilderten Rechtslage dürfte die Meinung unhaltbar sein, die Angestellten hätten, um neben der Abschlußprovision eine „Abfertigungsprovision von 5 % . . . für die wirtschaftlich eng verbundenen Beklagten zu erhalten," . . . „die Beklagte zu 1, ohne daß hierfür eine Notwendigkeit aufgezeigt werden konnte, als ersten Unterfrachtführer dann in die Transportabwicklung eingeschaltet, wenn die Beförderung mangels eigener Fahrzeuge der Beklagten mit einem konzernfremden Schiff erfolgen mußte." Wieso hierin eine „glatte" Umgehung des (durchaus klaren und unzweideutigen, ohne Einschränkungen verkündeten) Wortlauts des Tarifs sein soll, bleibt unklar.
5. Es muß auch auf die Entwicklung des Instituts „Unterverfrachtung" (§ 26 BSchG in Verbindung mit § 432 HGB) hingewiesen werden. Der Begriff stammt aus dem Seeschifffahrtsgeschäft und ist so eingebürgert, daß Seeschiffahrtskreise entsetzt wären, wenn man einer Reederei, die als Hauptfrachtführer oder als 1. Unterfrachtführer die Durchführung eines Transportvertrages übernommen hat, zumuten oder von ihr verlangen bzw. sie rechtlich als verpflichtet ansehen würde, vertragsgemäß vorgesehene Unterfrachtführer zu "überspringen" und statt dessen andere Firmen einzusetzen. Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß vielfach die Zwischenschaltung von Unterfrachtführern geschieht, ohne daß diese den Ladungsbeteiligten immer bekannt sind (s. sogar eigene Darstellung des BGH (ZfB 1980, 19), s. hierzu weiter auch Schlegelberger — Liesecke, Seehandelsrecht § 605). Der Kommentator weist außerdem darauf hin, daß „der Erfüllung des Frachtvertrages mit Hilfe eines anderen die Absicht zugrundeliegt, aus dem Unterschied der für beide Verträge zu vereinbarenden Frachtsätze einen Gewinn zu erzielen".
Dieser Gedankengang, dem sicherlich keine verwerfliche Moral zugrundeliegt, muß auch bezüglich der Provisionsgewährung in der Binnenschiffahrt als vernünftig und kaufmännisch richtig angesehen werden. Die Tatsache, daß letztere einer Festpreisbildung im innerdeutschen Verkehr unterliegt, ändert daran nichts, zumal sich der Gesetz- bzw. Tarifgeber auf die Festlegung der Provisionsarten und -grenzen beschränkt hat.
Offenbar herrscht bei Gerichten auch völlige Unklarheit über den Ablauf der Unterverfrachtung. Vielfach müssen größte Anstrengungen unternommen werden, um überhaupt einen Endfrachtführer ausfindig zu machen. Welche Vorstellungen hat der hohe Senat von den Fazilitäten dieses Geschäfts? Wenn z. B. zur Ausführung des Transports die erforderlichen, zum Teil umfangreichen Vorarbeiten geleistet sind, passiert es oft, daß das Schiff nicht ladebereit oder aber das vorgesehene bestellte Fremdschiff verhindert ist, statt dessen ein Schiff der Beklagten zu 1 trotz zunächst abgelehnten bzw. nicht möglichen Einsatzes doch noch vorgelegt werden kann. Will man in solchen Fällen für die Leistung, die die Beklagte zu 1 unstreitig erbringen mußte und erbracht hat, keine Abfertigungsprovision bewilligen? Dies alles hat doch mit böswilligem Verhalten, grober Fahrlässigkeit oder gar vorsätzlicher Frachtunterbietung (angebliches „Zurückfließen von Provisionen an Verlader") im Sinne des § 31 BinSchVG nichts zu tun!
In diesem Zusammenhang wird wegen der Frage der Haftung für Nicht- und Schlechterfüllung des Transportvertrages im Falle der Unterverfrachtung an die damit verbundenen Rechtsfragen erinnert, die den BGH verschiedentlich beschäftigt haben, insbesondere die Frage der Anwendung von Freizeichnungsklauseln in.Transportbedingungen (s. Entscheidungen des BGH in ZfB 1972, 19; 1977, 325; 1978, 265; 1980, 19; 1981, 92; 1983, 183 und OLG Hamburg in ZfB 1986, 171).
In der Beurteilung des BGH wird ferner nicht berücksichtigt, daß bei in Reihenfolge abgeschlossenen Unterfrachtverträgen außer der Haftung für die richtige Auswahl geeigneter Fremdfirmen — die Wahlmöglichkeiten sind in der Tankschiffahrt bei weitem nicht so groß wie in der Trockenfahrt — weitere Verpflichtungen entstehen, wie z. B. durch Ausstellung eines Ladescheins, insbesondere eines durchgehenden Ladescheins im Sinne des § 26 BSchG in Verbdg. mit § 432 und § 440 HGB. Einerseits entstehen dadurch für jeden nachfolgenden Frachtführer selbständige Verpflichtungen bezüglich der Ausführung der Beförderung, andererseits auch gesetzliche Pfandrechte für alle Frachtführer, die an der Beförderung der Frachtgüter nachfolgend beteiligt sind (s. hierzu' Vortisch-Zschucke 3. Aufl. § 72 Anm. 6, u. § 67 Anm. 8).
Diese gesetzlichen Auswirkungen einer von der Rechtsprechung als einwandfrei gewürdigten und als seit Jahrzehnten anerkannten geschäftsüblichen Folge von Unterverfrachtungen können nicht durch gegen die anerkannte Praxis gerichtete Bedenken oder Wunschvorstellungen interessierter Kreise wegdividiert werden. Denn wenn Scheintatbestände wirklich vorliegen würden, oder die Unterverfrachtungen durch die Beklagte zu 1 als nicht geschehen behandelt werden müßten, könnten auch die sonstigen Verpflichtungen aus den Unterverträgen als solche keinen rechtlichen Bestand haben.
Nach alledem kann an der Rechtmäßigkeit des Transportvertrages vom 3. 1. 1983 sowie seiner auf ihm beruhenden Durchführung (Einschaltung eines oder mehrerer geeigneter Unterfrachtführer) schon aus objektiven Gründen kein Zweifel bestehen.
II. Bedenklich ist Ferner die Bejahung eines grobfahrlässigen beiderseitigen Verschuldens im Sinne des § 31 Abs. 3 BinSchVG.
1. Ein Verschulden der Beklagten zu 2 liegt keinesfalls vor. Denn ihr einziges Handeln bestand in der Einschaltung der Beklagten zu 1. Deshalb hat der BGH der ersteren mit Recht die Abschlußprovision zuerkannt (Teil III, 2 der Entscheidungsgründe).
Was nun das Verschulden der Beklagten zu 1 angeht, so ist im BGH-Urteil die Frage unerörtert geblieben, ob und inwieweit sie — bei Unterstellung eines objektiven Tarifverstoßes — grobfahrlässig gehandelt hat. Unter Teil IV, 2a der Entscheidungsgründe legt der BGH zwar seine Meinung dar, daß eine „glatte" Umgehung erfolgt sei. Von dem Verschulden der Beklagten zu 1 ist aber mit keinem Wort die Rede, übrigens auch nicht in Teil IV, 2b, in welchem nur von dem „grob schuldhaften Verhalten auch auf Seiten der jeweiligen tatsächlichen Beförderer" gesprochen wird. Was das Verhalten der Beklagten zu 1 betrifft, so kann man ihr zumindest keine grobe Fahrlässigkeit vorwerfen. Sie hat sich wie die gesamte Binnenschiffahrt in Jahrzehnten verhalten. Sollten die drei Instanzen eine andere Auffassung vertreten haben, hätte der von der Beklagten angebotene Beweis der Handelsüblichkeit — z. B. durch die Einhölung eines Gutachtens der Schifferbörse — erhoben werden müssen. Da die zwei Tatsacheninstanzen ein beiderseitiges grobes Verschulden in der Klage gegen die Beklagte zu 1 verneinten, waren sie dieser Beweiserhebung enthoben. Man hätte deshalb erwarten dürfen, daß der BGH in dieser Situation die Sache zur weiteren Aufklärung an die Berufungsinstanz zurückverwiesen hätte. Er hat statt dessen die Beklagte zu 1 ohne Prüfung ihres Maßes am Verschulden zur Zahlung der stattlichen Summe von 313 600,— DM an Vater Staat verurteilt.
Des weiteren war zu Gunsten der Beklagten zu 1 zu berücksichtigen, daß das OLG Köln in dem Urteil der ersten Klage gegen die jetzige Beklagte zu 1 — s. 2 U 109/82 und BGH II ZR 43/84 — ZfB 1984, 436 — sich vornehmlich mit der Frage des groben Verschuldens befaßt und dieses verneint hat. Von einer Feststellung einer objektiven Tarifwidrigkeit war in den genannten Entscheidungen keine Rede.Die Beklagte zu 1 konnte schon aus diesem Grunde von der Zulässigkeit der Provisionsregelung ausgehen. Sie hatte angesichts der für sie positiven Gerichtsentscheidungen auch keinen Anlaß, sich erneut mit der Aufsichtsbehörde in Verbindung zu setzen. Immerhin spricht für die Beklagte zu 1 auch die Tatsache, daß zwei Instanzen (Land- und Oberlandesgericht) in diesem Prozeß ihr Verhalten nicht beanstandet haben und nur der BGH zu Lasten der Beklagten zu 1 erstmals den Vorwurf eines Tarifverstoßes bejaht hat.
2. Erst recht kann der Vorwurf grobfahrlässigen Verhaltens nicht gegenüber den Endfrachtführern erhoben werden, er ist auch nicht hinreichend substantiert.
a) Der BGH hat in Teil IV, 2b, wie schon erwähnt, nur pauschal vom groben Verschulden der jeweiligen tatsächlichen Beförderer gesprochen. Um, welche Firmen, Partikuliere usw. es sich im einzelnen handelt, wird nicht erwähnt. In der Liste der Fälle, welche die Klagesummen von 313 600,— DM ergeben, handelt es sich um hunderte von Provisionen und damit auch um eine Anzahl von Firmen und Einzelschiffern. Es erscheint zumindest fragwürdig, alle Beteiligten eines groben Verschuldens zu bezichtigen; denn es geht über das normale Vorstellungsvermögen hinaus, einem mittleren oder kleinen Reedereiunternehmer oder Partikulieren, die im Falle ihrer Einschaltung in erster Linie über die 90 % eines im Vergleich zu anderen Frachten guten Entgelts erfreut sind, den. Vorwurf zu machen, sich bei dem 10 %igen Provisionsabzug böswillig verhalten und sich nicht um die Rechtmäßigkeit dieses Vorgangs gekümmert zu haben. Tatsächlich war ihnen der Tarif selbst zugänglich und bekannt, dessen Provisionsvorschrift, wie schon oben dargelegt, nur von 5 % Abschlußprovision und 5 % Abfertigungsprovision spricht. Mehr brauchten sie nicht zu wissen und wußten sie nicht. Es ist doch weltfremd, von einem kleinen Unternehmer oder gar Partikulier zu verlangen, Nachforschungen über den Verlader, den Hauptfrachtführer, den 1. Unterfrachtführer und deren gesellschaftliche Beziehungen zum Verlader usw. anzustellen. Solche Bemühungen müssen doch im Sande verlaufen und würden dem Nachfragenden höchstens Ärger, Mühen und Kosten bereiten und ihm obendrein noch den Verlust des Auftrages und der Geschäftsverbindung bescheren. Dazu kommt, daß er sich in vielen Fällen, z. Teil sogar im Laufe eines Telefongesprächs, in Sekundenschnelle entscheiden muß, ob er ein Angebot zur Übernahme eines Transports annimmt oder nicht.
b) Die pauschale Beurteilung der „Böswilligkeit" aller 'Endbeförderer weist insofern Lücken auf, als auch Fälle vorkommen, in denen nicht selten Firmen oder Genossenschaften eingeschaltet werden, die mangels eigenen Transportraumes weitere Unterfrachtverträge abgeschlossen haben. Die der Beklagten zu 1 zustehende Abfertigungsprovision von 5 % würde dann von den beiden letztgenannten Unterfrachtführern je zur Hälfte getragen. In solchen Fällen kann doch dem Endfrachtführer, der mit der Beklagten zu 1 überhaupt keinen Kontakt hatte, kein grobes Verschulden bzw. irgendein unzulässiges fahrlässiges Verhalten im Sinne des § 31 BinSchVG vorgeworfen werden.
Die Darstellung zu den vorstehenden Ziffern 1 und 2 macht deutlich, daß die Beurteilungsmerkmale („grobe Fahrlässigkeit bei Tarifverstößen wegen Unkenntnis gesetzlicher Tarifvorschriften" — „Hinnehmen und Augenverschließen bei Provisionsabzügen und Erkennenlassen, sich um tarifliche Vorschriften nicht kümmern zu wollen") die in früheren Fällen des öfteren mit Recht zur Annahme von Tarifverstößen im Sinne des § 31 BinSchVG wegen des unmittelbaren tarifwidrigen Zusammenspiels zwischen direkt Beteiligten (Verlader — Frachtführer — Händler usw.) geführt haben, auf den hier, streitigen Tatbestand keine Anwendung finden können.
3. Nicht unberücksichtigt können schließlich folgende Tatsachen bleiben:
a) Das OLG Köln — 2 U 109/82 — hatte in dem 1. Prozeß gegen die jetzige Beklagte zu 1 — s. ZfB 1984, 152 — verschiedene Vertreter von Endfrachtführern in zwei Beweisverfahren als Zeugen vernommen. Die Prozeßunterlagen in dieser Sache wurden als Beiakten in dem neuen Verfahren verwertet. Das OLG hat unter Verwertung dieses Beweismaterials in seiner Entscheidung vom 4. 5. 1988 — 2 U 10/88 — u. a. folgende Ausführungen zur Begründung seiner Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 1 gemacht:
„Eine entsprechende Kenntnis haben die Endfrachtführer schon deshalb nicht gehabt, weil über den Verbleib der Provision nicht gesprochen worden ist. Erkundigungen darüber haben die Endfrachtführer nicht eingezogen. Dies war ihnen auch nicht zuzumuten. Solange sie keinen Anlaß hatten, an der Korrektheit der Abzüge zu zweifeln, konnte nicht verlangt werden, entgegen kaufmännischen Gepflogenheiten ihren Vertragspartner zur Offenlegung seiner Geschäftsbeziehungen zu veranlassen und sich darüber hinaus über die konzernmäßige Verpflechtung der beteiligten Unternhemen zu informieren. Der Endfrachtführer schuldet seinem Vertragspartner nicht dessen Überwaschung bei der Errechnung des zulässigen Provisionsbetrages."
Diese Ausführungen des OLG fußen auf den Aussagen der vernommenen Zeugen und entsprechen den Darlegungen in den vom BGH angeführten Schriftsätzen der Beklagten zu 1 vom 20. 11. 1986 und 21. 3. 1988. Die Zeugenaussagen waren also dem BGH aus den beigezogenen Akten bekannt. Sie waren dem BGH aber schon bekannt, als er die Revision der Klägerin gegen das auf obige Beweisergebnisse gestützte, abweisende Berufungsurteil des OLG Köln vom 7. 12. 1983 — 2 U 109/82 — nicht angenommen und diesen Beschluß vom 22. 10. 1984 — II ZR 43/84 —, wie folgt begründet hat:
„. . , weil jedenfalls die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts die Klageabweisung trägt, die Klägerin habe den Nachweis nicht erbracht, daß die Unterfrachtführer bei der Vereinbarung der Fracht in grob fahrlässiger Unkenntnis eines Tarifverstoßes gehandelt hätten."
Die Situation hat sich im Tatbestand und in der Rechtslage seitdem nicht im geringsten geändert. Wenn sich also den Endfrachtführern damals bei insofern völlig gleichgelagertem Sachverhalt nicht der Vorwurf eines grob fahrlässigen Tarifverstoßes gemacht werden konnte, scheidet dies logischerweise auch für den Zeitraum der Tarifgewährung aus, die zum letzten Prozeß geführt hat.
b) Es mag dahingestellt bleiben, inwieweit der Grundsatz „Ne bis in idem" durch das neue Urteil verletzt ist. In jedem Fall wäre aber zu berücksichtigen gewesen, daß alle Beteiligten angesichts des genannten Urteils davon ausgehen durften, daß eine Tarifwidrigkeit nicht vorlag, zumindest aber ein Vorwurf wegen angeblich grob fahrlässiger Unkenntnis von Tarifvorschriften nicht gemacht werden könne. Die Unkenntnis der selbst in Kreisen der hohen Gerichtsbarkeit entgegengesetzt beurteilten Rechtsprobleme, die die Klägerin zum Anlaß der Einleitung von Prozessen genommen hat, kann einem normalen, im Wirtschaftsleben stehenden Bürger unmöglich als „grobfahrlässiges Verschulden" angelastet werden.
III. 1. Wiederum muß an dieser Stelle kritisiert werden, warum nicht für den Fall, daß Zweifel entstehen, ob ein objektiv tarifwidriges Verhalten und/oder ein grobes Verschulden gern. § 31, Abs. 3 BinSchVG einwandfrei nachgewiesen werden können, — Beweislast liegt bei der Klägerin! — nach § 31 Abs. 2 BinSchVG der jeweils Zahlungspflichtige von der Aufsichtsbehörde veranlaßt werden sollte, die Differenzfracht nachzuzahlen bzw. überhöhte Bezüge dem Berechtigten zu erstatten, wobei aber auch eine objektive Tarifwidrigkeit selbstverständlich Voraussetzung wäre. Das BVM sollte diese Frage einmal eingehend prüfen und sodann Konsequenzen in der angegebenen Richtung ziehen.
2. In diesem Zusammenhang muß ferner auf die Frage der Verhältnismäßigkeit des Ergebnisses der hier geltend gemachten Forderung der Klägerin zu dem gescholtenen Verhalten der Beklagten zu 1 hingewiesen werden. Auch wenn kein eigentliches Strafrecht zur Debatte steht, muß es die Beklagte zu 1 als „Bestrafung" ansehen, wenn hier 300 — 400 000,— DM an den Bund abgeführt werden müssen. Das bedeutet einerseits den Entzug eines Entgelts für jahrelang geleistete Arbeit, nicht zuletzt im Interesse eingeschalteter kleinerer Firmen und Partikuliere, denen ohne die Mitwirkung der „konzern"-eigenen Betriebe kein Transport zugekommen wäre. Andererseits wäre bedauerlich, wenn infolge einer solchen „Bestrafung", die keinen Vergleich mit den demgegenüber zwar echten, aber äußerst milden Strafen für in der Offentlichkeit in den letzten Jahren bekannt gewordene skandalöse Delikte aushält, Konsequenzen gezogen würden, die sich auch in Form einer stärker profilierten Werkschiffahrt im Sinne des § 5 BSCHVG ungünstig für die hier eingeschalteten Firmen und Partikuliere auswirken könnten.
VI. Eine letzte, wenn auch nicht in die Sphäre der Rechtsprechung fallende, aber im Zusammenhang mit der Vielzahl der gemäß § 31 BinSchVG geführten Prozesse aufgetretene Frage erfordert gleichfalls eine Stellungnahme bzw. ein Einschreiten der ministeriellen Stellen:
Die Verwaltung (die Klägerin) hat bekanntlich die gemäß § 31 Abs. 3 BinSchVG anfallenden Beträge einzuziehen und an den Bund abzuführen. Andererseits sind die bei der WSD (Klägerin) entstehenden Kosten der Überwachung gemäß § 31d BinSchVG durch Beiträge der Schiffahrttreibenden, soweit sie Verkehrsleistungen erbringen, zu decken. Diese Beiträge fließen in einen Fonds, aus dem die für die Überwachung erforderlichen Beträge entnommen werden.
Die Verwaltung handhabt die vorstehenden Bestimmungen in der Weise, daß die nach § 31 Abs. 3 BinSchVG eingezogenen oder eingeklagten Beträge dem Bundeshaushalt zugeführt, aber im Falle erfolglos eingeleiteter Prozesse die der Klägerin auferlegten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten dem Beitragsfond entnommen werden.
Diese geradezu skandalöse Situation ist unerträglich, auch rechtlich nicht haltbar. Die Abführung der nach § 31 Abs. 3 BinSchVG eingezogenen Beträge an den Bundesetat entspricht zwar dem Gesetzeswortlaut (§ 31 Abs. 3 BinSchVG) und ist damit rechtlich fundiert. Die Belastung des Beitragsfonds mit Prozeßkosten ist jedoch als fehlerhaft anzusehen, da sich die Deckungspflicht der Beitragszahler auf die Kosten der Verwaltung selbst, vor allem des dafür benötigten Personals für die „Überwachung" beschränkt (s. § 31d Abs. 1 BinSchVG). Im Prozeß dagegen stehen sich Bund und Bürger direkt und kontradiktorisch gegenüber und es geht um die Frage, ob der Bund den angeforderten Differenzbetrag nach § 31 Abs. 3 BinSchVG mit Recht begehrt oder nicht. Wenn der Bund zu diesem Zweck die Gerichte bemüht, muß er auch das Risiko des Prozeßverlustes, d. Jr., anfallende Kosten tragen, ebenso wie der verklagte Gewerbetreibende, wenn es dieser auf einen Prozeß ankommen läßt. Gewinnt aber letzterer und wird der Anspruch des Staates abgewiesen, kann es doch niemals rechtens sein, daß der Beitragsfonds, d. h. sämtliche Gewerbetreibende die Kosten eines von der Verwaltung ergebnislos, — mit anderen Worten: ohne rechtlichen Grund — eingeleiteten Gerichtsverfahrens tragen. Zu welchen Folgen die geschilderte Verwaltungspraxis führt, zeigt das Beispiel der vorstehend genannten drei Prozesse. In 3 Instanzen wurden eingeklagt:
Revisionsentscheidungen
BGH II ZR 43/84 rd. 157911,— DM
BGH II ZR 211/87 rd. 588 432,— DM
BGH II ZR 192/89 a) rd. 363658,— DM
                              b) rd. 313600,— DM.
Nur der letztgenannte Rechtsstreit zu b) wurde gewonnen. Die Klägerin hat, soweit sie unterlegen war, mindestens etwa 180000,— bis 200000,— DM Kosten für die drei von ihr eingeleiteten Prozesse übernehmen müssen. Dieser Betrag fällt also nach der bisherigen Handhabung den Gewerbetreibenden zur Last.
Es dürfte wohl an der Zeit sein, daß die zur Aufsicht verpflichteten Amtsstellen eine anderweitige Regelung herbeiführen.
Dütemeyer

Persönlicher Zusatz:

Mit der obigen Anmerkung verabschiedet sich der Unterzeichnende in ZfB Heft 3/1990 von seiner Leserschaft. Seit 4 Jahrzehnten, seit 1968 in Gestalt der „grünen Blätter", wurde versucht, die nationale und internationale Rechtsprechung, insbesondere höherer und höchster Gerichte, zu allen das Berufsleben der Binnenschiffahrt berührenden Rechtsfragen mit teilweise gekürztem Wortlaut der veröffentlichten Entscheidungen und in manchen Fällen mit notwendigen Anmerkungen zur laufenden Unterrichtung bekanntzugeben.
Möge diese Praxis beibehalten und den Lesern auch in Zukunft ein umfassendes Bild von der Entwicklung der Rechtsprechung in Binnenschiffahrtsfragen — vielfach als geeignetes Rüstzeug für wichtige Unternehmensentscheidungen, für den kaufmännischen, nautisch- technischen, havarie- und versicherungsrechtlichen Aufgabenbereich der Firmen sowie für die laufende Rechtsberatung durch alle im und für das Gewerbe arbeitenden Juristen — vermittelt werden.

Dr. Kaspar Dütemeyer

Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1990 - Nr.3 (Sammlung Seite 1285 ff.); ZfB 1990, 1285 ff.