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II ZR 173/66 - Bundesgerichtshof (Berufungsinstanz Schiffahrt)
Date du jugement: 03.02.1969
Numéro de référence: II ZR 173/66
Type de décision: Urteil
Language: Allemande
Juridiction: Bundesgerichtshof Karlsruhe
Section: Berufungsinstanz Schiffahrt

Leitsatz:

Haftung für Ladungsschäden, die durch mangelnde Prüfung undichter Persenninge vor Antritt der Reise und infolgedessen durch nicht vorhandene Ladungstüchtigkeit des Schiffes entstanden sind.

Urteil des Bundesgerichtshofes

vom 3. Februar 1969

II ZR 173/66

(Landgericht Bremen; Oberlandesgericht Bremen)

Zum Tatbestand:

Auf einem Transport von Bremen nach Oslo waren in Luke 1 des Schiffes der Beklagten 278 Kartons Korkscheiben durch Seewasser völlig unbrauchbar geworden.
Die Klägerin verlangt als Versicherin der Empfängerin auf Grund übergegangenen Rechts Ersatz des erstatteten Schadens von etwa 16 000,- DM und trägt vor, daß das Seewasser wegen Benutzung schadhafter Persenninge oder infolge ungenügender Verschalkung der Luke oder wegen Verstopfung der Wasserabflußlöcher in der Scherstockführung in den Laderaum eingedrungen sei.
Die Beklagte macht geltend, daß die Beschädigung der Güter durch schweres Wetter und Vereisung verursacht und nicht rechtzeitig angezeigt worden sei. Die Luken seien ordnungsmäßig abgedeckt und die Persenninge einwandfrei gewesen. Undichtigkeiten der Persenninge seien trotz genügender Kontrolle nicht zu entdecken gewesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision der Beklagten blieb erfolglos.

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Berufungsgericht (vgl. VersR 1967, 576) zieht für die Haftung der Beklagten § 606 HGB heran und legt der Beklagten den Entlastungsbeweis nach § 606 Satz 2 HGB auf, weil die vermutete Haftungsfreiheit nach § 608 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 HGB (Schäden aus Seegefahr) nicht eingreife. Ob dieser, von der Revision beanstandeten Auffassung zu folgen ist, kann offen bleiben. Es kann auch unterstellt werden, daß die Beschädigung der Korkscheiben nicht rechtzeitig angezeigt worden ist (§ 611 Abs. 1 HGB) und daß die Beklagte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts durch § 242 BGB nicht gehindert ist, sich auf das Fehlen der schriftlichen Anzeige zu berufen. Infolgedessen ist von der Vermutung auszugehen, der Schaden sei durch einen Umstand eingetreten, den der Verfrachter nicht zu vertreten habe (§ 611 Abs. 3 HGB). Das angefochtene Urteil stellt sich auch mit diesen Unterstellungen im Ergebnis als zutreffend dar. Die Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen eine Verurteilung der Beklagten wegen verschuldeter Ladungsuntüchtigkeit des Schiffes beim Antritt der Reise (§ 559 Abs. 2 HGB).
Waren die Persenninge, wie festgestellt, durch laufenden Gebrauch im Winter ständig naß, so waren Undichtigkeiten durch Verschleiß des Gewebes, wie der Sachverständige dargelegt hatte, nicht zu erkennen. Insbesondere waren bei der Lukenbesichtigung nach dem Eintreffen in Oslo die Persenninge naß, denn sie waren auf der Reise von Bremen durch überkommende Brecher durchnäßt worden. Das Berufungsgericht stellt auch fest, daß die Persenninge mangels Trocknung vor der Abreise des Schiffes in Bremen naß waren (S. 19 unten BU). Waren aber, wie das Berufungsgericht darlegt, infolge der mangelnden Prüfung im getrockneten Zustand undichte Persenninge auf die Luke 1 gebracht worden, so war das Schiff in dieser Beziehung nicht ladungstüchtig (§ 559 Abs. 1 HGB).
Der Laderaum 1 befand sich nicht in dem für die Beförderung der Güter erforderlichen Zustand (vgl. Schaps-Abraham, Das deutsche Seerecht § 513 A. 5,6).
Der Verfrachter haftet dem Empfänger nach § 559 Abs. 2 HGB für den Schaden, der aus dem Mangel der Ladungstüchtigkeit entstanden ist, es sei denn, daß der Mangel bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters bis zum Antritt der Reise nicht zu entdecken war. Eine Haftungsbefreiung nach § 608 Abs. 1 Nr. 1 HGB kommt für diese Haftung naturgemäß nicht in Betracht, es sei denn, der auf Gefahren der See beruhende Schaden wäre auch bei vorhandener Ladungstüchtigkeit entstanden; denn in diesem Falle würde der Schaden nicht auf dem Mangel der Ladungstüchtigkeit beruhen. Hier kann, nachdem das Fehlen der Anzeige gemäß § 611 Abs. 1 HGB unterstellt worden ist, weiter unterstellt werden, daß die Klägerin gemäß § 611 Abs. 3 HGB auch für die Haftung aus § 559 Abs. 2 HGB (vgl. Schaps-Abraham, aaO § 611 A. 4) das Verschulden des Verfrachters an der Nichtentdeckung des Mangels nachzuweisen hat. Diesen Nachweis hat sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erbracht.
Das Berufungsgericht führt aus, daß die Beklagte es an wirksamen vorsorglichen Maßnahmen hat fehlen lassen, indem sie sich, jedenfalls nicht in ausreichender Weise, die Persenninge auf ihre Festigkeit und damit Geeignetheit gerade für die am 15. Januar 1963 angetretenen Reise kontrolliert hat. Das Berufungsgericht hat dargelegt, daß bei nassen Persenningen Altersschäden nicht festzustellen seien und daß die Persenninge im Winter bei den in der Nordeuropa-Fahrt eingesetzten Schiffen überhaupt nicht trocken werden. Die Beklagte hatte nicht behauptet, daß die Persenninge bei der Besichtigung vor Antritt der Reise getrocknet wurden, um Schäden im Gewebe (Gewebelockerungen), die zu Undichtigkeit führen, festzustellen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht abweichend vom Sachverständigen die bloße Besichtigung nasser Persenninge wegen der in diesem Zustand nicht erkennbaren Gewebemängel nicht für ausreichend gehalten hat."