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Leitsätze:
Die Bestimmung über die sachliche Zuständigkeit der Binnenschiffahrtsgerichte nach § 2 BinSchVerfG ist weit auszulegen.
Die Zuständigkeit der Schiffahrtsgerichte für Bußgeldsachen nach § 2 III lit. b BinSchVerfG beschränkt sich nicht nur auf unmittelbare Zuwiderhandlungen gegen wasserschutzpolizeiliche Maßnahmen, sondern besteht auch für Ordnungswidrigkeiten, die nicht auf, sondern an Binnengewässern, also zum Beispiel am Ufer eines Flusses, begangen worden sein sollen.
Dazu können auch Verstöße gegen das Wasserhaushaltsgesetz gehören. Das unzuständige Gericht ist gemäß §§ 46 I OWiG, iVm 225 a I und IV StPO analog berechtigt, das Verfahren dem zuständigen Binnenschiffahrtsgericht zur Verfahrensübernahme vorzulegen.
Beschluss des Amtsgerichtes Obernburg am Main
7 OWi 102 Js 7482/13
vom 27. August 2013
Beschluss
I. Das Amtsgericht Obernburg, Zweigstelle Miltenberg erklärt sich für sachlich unzuständig.
II. Gem. 46 Abs.1 OWiG, 258 Abs.1 u. 4 StPO (analog) wird das Verfahren über die Staatsanwaltschaft dem Amtsgericht – Binnenschiffahrtsgericht Würzburg zwecks Verfahrensübernahme vorgelegt.
Gründe:
Der Betroffene ist Inhaber der Personenschifffahrts-Reederei H. Mit Bußgeldbescheiden des Landratsamtes Miltenberg vom jeweils 03.04, 2013 wurde der Betroffene wegen Nichtentfernung von 3 Landebrücken an der Bundeswasserstraße Main bzw. eines Gitterbox-Anhängers aus dem Überschwemmungsgebiet des Maines zum Zeitpunkt einer Überschwemmung (27.12.2012) geahndet. Auf die Vorlage der Staatsanwaltschaft hin hat das erkennende Gericht zunächst darauf hingewiesen, daß nach hiesiger Ansicht für die Entscheidung das Amtsgericht Binnenschifffahrtsgericht Würzburg zuständig sein dürfte, nachdem nach der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit im Bereich des Staats
ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 11.6.2012 das Amtsgericht Würzburg als Schifffahrtsgericht unter anderem für den hiesigen Landgerichtsbezirk bestimmt worden ist. Die Staatsanwaltschaft ist bei ihrer Auffassung verblieben, worauf das Gericht zunächst Hauptverhandlungstermin anberaumt hat und die ursprünglich 4 Bußgeldsachen zur gemeinsamen Entscheidung verbunden hat. Der Betroffene hat nunmehr über seinen Verteidiger die sachliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts gerügt und darauf hingewiesen, daß gem. § 2 Abs. 3 b des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Binnenschifffahrtssachen vom 27.9.1952 es sich um eine Binnenschifffahrtssache handeln würde. Das Gericht hat zunächst wegen Verhinderung des Verteidigers den anberaumten Termin aufgehoben und sieht sich veranlaßt, auf Grund der ausdrücklichen Rüge der sachlichen Zuständigkeit vorab über die Zuständigkeitsfrage zu befinden. Gemäß § 2 Abs. 3 b des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Binnenschifffahrtssachen sind als Binnenschifffahrtssachen anzusehen Bußgeldsachen wegen Zuwiderhandlung gegen schifffahrtspolizeiliche Vorschriften, die auf oder an Binnengewässern begangen sind. Nach hiesiger Ansicht handelt es sich bei Regelungen
die die Anbringung oder Nichtanbringung von den Binnenschifffahrtsverkehr dienenden Anlagen wie Landebrücken betreffen bzw. deren Entfernung im Fall der Überschwemmung sehr wohl um schifffahrtspolizeiliche Vorschriften im Sinne des § 2 Abs. 3 b des Binnenschifffahrtsverfahrensgesetzes. Ausdrücklich weist § 3 b des Binnenschifffahrtsverfahrensgesetzes auf Zuwiderhandlungen auf oder an Binnengewässern hin, wobei diese Vorschrift sicherlich nicht einengend dahingehend ausgelegt werden kann, daß sie nur unmittelbare Zuwiderhandlungen gegen wasserschutzpolizeiliche Maßnahmen beinhalten soll. Der Umstand, daß hier die Verwaltungsbehörde eine Ordnungswidrigkeit nach dem Wasserhaushaltsgesetz wegen Nichtentfernung von der Binnenschiffahrt dienenden Anlagen im festgesetzten Überschwemmungsgebiet ahndet, spricht dafür, daß es um die Verletzung schiffahrtspolizeilicher Vorschriften an der Bundeswasserstraße Main geht. Bezüglich der Vorlage des Verfahrens an das Amtsgericht – Binnenschifffahrtsgericht Würzburg verweist das Gericht auf den Beschluß des Landgerichts Würzburg 1. Strafkammer vom 23.3.2010 (1 Os 71/10) in welchem eine analoge Anwendung des § 225 a im Verhältnis Amtsgericht – Schifffahrtsgericht – befürwortet worden ist.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2014, Nr. 9