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Leitsatz:
Zur Frage, ob Abwrackprämien in der für Tankschiffe festgesetzten Höhe zu gewähren sind, wenn ein zusätzlich mit Aluminiumtanks ausgerüstetes Tankmotorschiff zwar vollständig verschrottet wird, die wieder ausgebauten Aluminiumtanks dagegen für Lagerzwecke an Land Verwendung finden.
Verwaltungsgericht Münster
Urteil
vom 13. November 1984
Zum Tatbestand:
Das im Jahre 1951 gebaute Tankmotorschiff „V", das in seinen 6 Laderäumen regelmäßig flüssige Ladung transportierte, wurde im Jahre 1967 von der Klägerin erworben und durch Einbau von 6 Aluminiumtanks, die zwar verankert und verschraubt, aber jederzeit wieder ausbaufähig waren, zum „Säuretanker" umgebaut. Das Schiff wurde Anfang 1983 abgewrackt und völlig verschrottet, jedoch außer den 6 Tanks, die nach ihrem Ausbau bei der Klägerin gelagert wurden und an Land benutzt werden sollten. Sie sind nach Angaben der Klägerin noch 850000,- DM wert. Das Tankmotorschiff wurde nach der Abwrackung im Binnenschiffsregister gelöscht.
Der Antrag der Klägerin auf Zahlung der Abwrackprämie nach den für Tankschiffe gültigen Sätzen wurde von der beklagten WSD West abgelehnt mit der Begründung, dass das Schiff nach Ausbau der Tanks weder ein Tank noch infolge des Umbaus im Jahre 1967 ein Trockenschiff sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zurück, erklärte sich aber bald darauf bereit, die Prämie für die Abwrackung von Trockenschiffen zu gewähren und zahlte darauf einen Betrag von 48675,-DM.
Die Klägerin verfolgte ihren Antrag auf Zahlung der Prämie für Tankschiffe durch erneute Einlegung des Widerspruchs und durch Erhebung einer Klage weiter, in der die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung der Abwrackprämie für Tankschiffe beantragt wurde. Im Laufe dieses Verfahrens wurde der Rechtsstreit von den Parteien übereinstimmend als erledigt erklärt, soweit die Prämie für Trockenschiffe gewährt worden war. Zur Begründung ihres weiteren Klagebegehrens machte die Klägerin u. a. geltend, dass sich die vollständige Verschrottung schon aus der Tatsache der Löschung der Eintragung als Tankmotorschiff im Schiffsregister ergebe. Nicht die Verschrottung der ausgebauten Aluminiumtanks, sondern nur des Schiffskaskos sei nach § 1 Abs. 3 PrämienVO erforderlich. Das Schiff sei auch ohne die Tanks ein Tankschiff gewesen.
Die Beklagte beruft sich auf den Zweck des Gesetzes, den Schiffsraum zu verringern. Da es sich bei den Tanks um derartigen Raum handele, sei ihre Verschrottung erforderlich, um den Transportraum auf Dauer dem Binnenschiffsverkehr zu entziehen.
Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren, soweit der Rechtsstreit für erledigt erklärt wurde, eingestellt, die Klage im Übrigen aber, also bezüglich des Anspruchs auf Prämie nach Tankschifffahrtssätzen, abgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
„...
Gemäß § 32a Satz 1 BSchVG setzt die Gewährung einer Abwrackprämie an einen Schiffahrttreibenden voraus, dass dieser ein unwirtschaftliches Binnenschiff - hier ein Tankmotorschiff - abwrackt. Eine Definition des Begriffes „abwracken" formulierte der Gesetzgeber, als er § 32a Abs. 1 BSchVG schuf, nicht. Auch bei der letzten Änderung des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr (Drittes Änderungsgesetz vom 25. Juni 1979 - BGBI. 1 S. 822) hat der Gesetzgeber das Tatbestandsmerkmal „abwracken" unverändert erhalten. Auch in anderen gesetzlichen Vorschriften, die vor Verkündung des Änderungsgesetzes, mit dem § 32a BSchVG in Kraft trat, galten, findet sich keine Definition des Abwrackbegriffes. Gemäß § 17 Abs. 4 der Schiffsregisterordnung (vom 26. Mai 1951 - BGBI. 1 S. 360) ist unverzüglich zum Schiffsregister anzumelden, wenn ein Schiff untergeht und als endgültig verloren anzusehen ist oder wenn es ausbesserungsunfähig wird. Soweit zur Auslegung dieser Vorschrift die Auffassung vertreten wird, vgl, hierzu Vortisch-Zschucke, Binnenschifffahrts-und Flößereirecht, 3. Aufl., Berlin 1964, Anm. 12e dass „abwracken" als Unterfall des Rechtsbegriffs „Untergang" eines Schiffes aufzufassen und damit der Reparaturunfähigkeit gleichzustellen ist, lässt sich hieraus für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „abwracken" in § 32a Abs. 1 BSchVG nichts gewinnen. Die zu § 17 Schiffsregisterordnung vertretene Auffassung von Vortisch-Zschucke zur Definition des Abwrackbegriffes ist für den vorliegenden Fall bereits deshalb unergiebig, weil die Zielsetzung der Schiffsregisterordnung mit der Zielsetzung von § 32a Abs. 1 BSchVG nicht gleichgesetzt werden kann.
Dass ein Schiff (sachen-)rechtlich untergegangen ist mit der Folge, dass es aus dem Schiffsregister zu löschen ist, ist für die Feststellung, ob unwirtschaftliche Schiffskapazität vom Binnenschiffsmarkt verschwunden ist, notwendige aber nicht hinreichende Bedingung. Hätte der Gesetzgeber eine Tat-bestandswirkung der schiffsregisterrechtlichen Löschung für ausreichend gehalten, so hätte er dies in der Fassung des § 32a BSchVG zum Ausdruck kommen lassen; dies ist jedoch nicht geschehen. Vielmehr trägt auch § 3 Abs. 1 der Prämienverordnung 1980 - in der Änderungsfassung vom 15. Februar 1982 - insoweit dem Willen des Gesetzgebers Rechnung, wenn er fordert, dass einem Antrag auf Gewährung einer Prämie neben der Löschungsbescheinigung eines amtlichen Schiffsregisters eine Bescheinigung eines Abwrackunternehmens über das Abwracken des Schiffes beizufügen ist. Die Auslegung des Begriffes „abwracken" hat daher allein gemäß § 32a BSchVG zu erfolgen. Hierzu hat die Kammer in ihren Urteilen vom 14. Dezember 1982 (7 K 3/82 und 7 K 181/82) ausgeführt:
„Dieses Ziel wird nicht bereits dadurch erreicht, dass ein Schiff registerrechtlich durch Löschung im Binnenschiffsregister ,untergeht`. Erforderlich ist vielmehr, dass mindestens das gesamte Schiffskasko tatsächlich dem Binnenschiffsmarkt entzogen wird, indem es der Verschrottung zugeführt wird."
An dieser Auslegung des Begriffs „abwracken" hält die Kammer auch nach erneuter Überprüfung fest. Die danach erforderliche gesamte Verschrottung des Schiffskaskos, einschließlich des Transportraumes, ist vorliegend nicht erfolgt. Zwar ist unbestreitbar das Schiff „V" als Sachgesamtheit und als Schiff dieses Namens aus dem Verkehr gezogen worden. Jedoch ist der vorher zur Flüssigkeitsbeförderung zur Verfügung stehende Schiffsraum nicht vernichtet worden. Die Besonderheit der „V" besteht gerade darin, dass sie ohne die sechs Aluminiumtanks weder als Trockenschiff noch als Tankmotorschiff eingesetzt werden kann. Erst durch den Einbau der Aluminiumtanks ist bzw. war die „V" als Tankmotorschiff mit der besonderen Bezeichnung „Salpetersäuretanker" (vgl. hierzu die Änderung des Klassenzeichens durch den Germanischen Lloyd vom 29. März 1967, BI. 20 der Gerichtsakte) einsatzfähig. Zwar hat die Klägerin die aus der „V" ausgebauten Aluminiumtanks bislang nicht erneut in ein anderes Schiff eingebaut, die Verwendungsabsicht der Klägerin bezüglich der Aluminiumtanks ist jedoch für die Frage, ob eine vollständige Abwrackung vorliegt, unbeachtlich. Entscheidend ist allein, dass die Aluminiumtanks, als wesentlicher Bestandteil eines Tankmotorschiffes, das zum Transport von Salpetersäure eingesetzt werden soll, nicht vernichtet wurden und jederzeit ohne größeren Aufwand in ein Schiff ähnlicher Bauart eingebaut werden könnten. Das gesetzgeberische Ziel, Vernichtung des Transportraumes, ist damit bislang nicht erreicht.
Dass zur Gewährung der Abwrackprämie nicht allein die Verschrottung von Vor-, Mittel- und Hinterschiff ausreichend ist, vielmehr auch die vollständige Verschrottung des für die Güterbeförderung eingesetzten Transportraumes notwendige Voraussetzung ist, ergibt sich auch daraus, dass für die Abwrackung eines Tankmotorschiffes gegenüber einem Trockenschiff eine um mehr als das Vierfache übersteigende Prämie gewährt wird. Diese erheblich höhere Prämie für Tankschiffe lässt sich nur aus der Überlegung rechtfertigen, dass Tankmotorschiffe aufgrund ihrer besonderen Ausstattung erheblich wertvoller als Trockenschiffe sind und daher auch größere wirtschaftliche Werte der Abwrackung zugeführt werden. Dies wird im Falle der Klägerin besonders deutlich, die den Wert des eigentlichen Transportraumes - der sechs Aluminiumtanks - mit 850000,- DM angegeben hat, der damit in einer Größenordnung liegt, der wiederum ein Vielfaches der Abwrackprämien übersteigt. Die Abwrackprämie würde jedoch ihrer Zielsetzung, die Transportkapazität zu verringern, nicht gerecht werden können, wenn. der Schiffseigner den - in der Regel wegen der völligen Überalterung - wertlosen Schiffskörper verschrotten lassen und die den Wert des Schiffes ausmachenden Zubehörteile oder gar, wie hier, den eigentlichen Transportraum durch Ausbau der Verschrottung entziehen würde.
Da im vorliegenden Fall die materiellen Voraussetzungen der Gewährung einer Abwrackprämie gemäß § 32a BSchVG nicht gegeben sind, kann unerörtert bleiben, ob § 1 Abs. 3 der Prämienverordnung 1980 in der geänderten Fassung vom 15. Februar 1982 von der in § 32a Abs. 4 BSchVG enthaltenen Ermächtigung gedeckt ist.