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Leitsatz:
1) Es ist unzulässig, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Vertragspartner die Beweislast für Umstände und Vorgänge aufzubürden, die sich seinem Einblick entziehen.
2) Im Rahmen eines Frachtvertrages stellt es stets eine Pflichtverletzung dar, wenn ein Schiff ohne zwingenden Grund ohne Beaufsichtigung und Bewachung für längere Zeit im Hafen zurückgelassen wird.
3) Haftungsausschluss- oder Haftungsbeschränkungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben dann als unwirksam anzusehen, wenn der Schaden durch ein grobes Verschulden des Vertragspartners selbst oder eines seiner leitenden Angestellten verursacht worden ist.
4) Kein Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers bei grober Fahrlässigkeit.
Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts - Schifffahrtsobergericht
vom 18. Juni 1970
Zum Tatbestand:
Am 31. 12. 1966 legte der Beklagte zu 2) das der Beklagten zu 1) gehörende MS „A" an die Innenseite des Zollpontons Niederhafen in Hamburg. Der Beklagte zu 2) und der Schiffsjunge verließen gegen 18.00 Uhr das Schiff, das unbemannt liegen blieb. Etwa um 20.00 Uhr stellte eine Streife der Wasserschutzpolizei die Kopflastigkeit des Schiffes, gegen 23.45 Uhr das Untertauchen des Vorschiffes und den Bruch der Vorleinen fest. Gegen 2.30 Uhr setzte eine Taucherfirma eine Motorpumpe an, um den Motorraum zu lenzen und das Schiff so über Wasser zu halten. Am Morgen des 1. Januar 1967 wurde mit Hilfe eines Bergungsschiffes und eines Schwimmkranes das Schiff gehoben und abgeschleppt. Die Ladung, 145 t türkischer Sonnenblumensaat-Expeller, hatte sich mit Wasser vollgesogen. Die Ursache für das Sinken des Schiffes ist nicht festgestellt worden. Dem Frachtvertrag lagen die Verfrachtungsbedingungen der Unterelbeschifffahrt (VBUE) zugrunde, in denen sich die Schiffer von den Gefahren der Schifffahrt freizeichnen und nach denen für Verluste an den Ladungsgütern nur bis zur Höhe der Bruttofracht insoweit gehaftet wird, als ein ursächliches Verschulden nachgewiesen wird.
Die Klägerinnen als Versicherer der Ladungsgüter verlangen Ersatz des Nässeschadens von über 36 000,- DM, für den sie eingetreten sind, wobei die Bruttofracht für die nicht angetretene Reise 1164,35 DM betrug. Sie behaupten, der Beklagte zu 1 hafte wegen groben Organisationsverschuldens und könne sich nicht auf die Haftungsbeschränkung der VBUE berufen. Nach § 27 des Hamburger Hafengesetzes seien alle Schiffe im Hafen ständig zu bewachen, was sich auch als Nebenpflicht aus dem Frachtvertrag ergebe. Der Beklagte zu 2) habe seine Bewachungspflicht verletzt, indem er das Schiff für die Nacht verlassen habe, ohne einen Wachmann zu stellen.
Der Beklagte zu 1) bestreitet jedes Verschulden. Eine Bewachung sei weder erforderlich noch üblich gewesen. Die Sachlage sei anders als bei Hafenschuten zu beurteilen. Binnenmotorschiffe sänken erfahrungsgemäß nicht so häufig wie Schuten. Das Schiff sei fahrtüchtig, ohne Leckagen und sonstige Mängel und nicht überladen gewesen. Die fehlende Bewachung sei angesichts des besonders schnellen Sinkens des Schiffes für den Schaden nicht ursächlich gewesen. Seine Haftung sei jedenfalls auf den Betrag der Bruttofracht beschränkt.
Der Beklagte zu 2) lehnt den Vorwurf irgendeines Verschuldens ab. Er habe das Schiff verlassen, weil der elektrische Strom ausgefallen sei, und der einzige Ofen nicht funktioniert habe. Auch wenn er an Bord geblieben sei, wäre der Unfall passiert, Das Lenzventil sei geschlossen gewesen.
Das Amtsgericht hat der Klage gegen den Beklagten zu 1) in vollem Umfang stattgegeben, die Klage gegen den Beklagten zu 2) abgewiesen. Auf die beiderseitigen Berufungen wurden beide Beklagten in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt, aber nur in Höhe der Bruttofracht von 1164,- DM.
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Beklagte zu 1) haftet nach § 58 BSchG in Verbindung mit den §§ 3, 4, 102 Nr. 4 und 6, 114 BSchG, 278 BGB oder § 26 BSchG mit § 431 HGB für den eingetretenen Ladungsschaden persönlich, jedoch nur summenmäßig beschränkt auf den Wert der Bruttofracht der Schadensreise (Ziffer 6 VBUE), der 1164,35 DM beträgt. Daneben ist der Duldungsanspruch gemäß den §§ 102, 103, 105 BSchG gerechtfertigt.
Der Ladungsschaden ist unstreitig nach der Empfangnahme des Frachtgutes entstanden. Dem Beklagten zu 1) obliegt daher nach § 58 Abs. 1 BSchG der Entlastungsbeweis, dass die Beschädigung durch Umstände herbeigeführt worden ist, welche durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten.
Allerdings sieht Ziffer 6 VBUE - diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind laut Schlussschein vom 30. Dezember 1966 ausdrücklich dem Frachtvertrag zugrunde gelegt worden - eine Umkehr der Beweislast zugunsten des Frachtführers, der in diesen Bedingungen auch als Schiffer bezeichnet wird, dergestalt vor, dass der Frachtführer nur insoweit haften soll, als ihm ein ursächliches Verschulden nachgewiesen wird. Diese Bestimmung der VBUE ist aber unwirksam. Denn es verstößt gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und ist daher unzulässig, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Vertragspartner die Beweislast für Umstände und Vorgänge aufzubürden, die sich seinem Einblick entziehen, weil sie sich im alleinigen Gefahren- und Verantwortungsbereich des Transportunternehmers abspielen, in dessen Obhut das Beförderungsgut übergegangen ist (BGHZ 41, 151; BGH VersR 1969, 513; Hans OLG Hamburg MDR 1967, 771). Es gilt daher die gesetzliche Beweislast des § 58 BSchG.
Der Beklagte zu 1) muss sich entlasten.
Nun hat sich der Beklagte 1) in Ziffer 6 VBUE u. a. von einer Haftung für die Gefahren der Schifffahrt freigezeichnet. Unter Gefahren der Schifffahrt sind daher im allgemeinen nur solche unvorhersehbaren Ereignisse zu verstehen, die weder vom Beklagten zu 1) noch von seinen Leuten zu vertreten sind, die also auf Zufall beruhen (vgl. den entsprechenden Begriff der Seegefahr in § 608 Abs. 1 Ziffer 1 HGB, dazu Prüßmann, SHR, § 608 Anm. B 1 a).
Für solche Ereignisse haftet der Frachtführer nach § 58 BSchG ohnehin nicht. Soweit in dieser Bestimmung der VBUE eine Ausnahme von der gesetzlichen Regel der Entlastungspflicht des Frachtführers zum Ausdruck kommen sollte, muss ihr aus den oben genannten Gründen ebenfalls die Rechtswirksamkeit abgesprochen werden.
Der Beklagte zu 1) kann seinen Entlastungsbeweis nicht führen. Denn die Ursachen des Wassereinbruchs in das BMS am 31. Dezember 1966 konnten nicht aufgeklärt werden. Der Beklagte zu 1) kann somit nicht nachweisen, dass diese Ursachen auch durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht abgewendet werden konnten. (Wird ausgeführt.)
Mag auch der Wassereinbruch als rätselhaft erscheinen, festzuhalten ist jedenfalls, dass das Wasser irgendwie in das Schiff eingedrungen sein muss und dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass hierfür ein Verschulden der Leute des Beklagten zu 1) ursächlich gewesen ist. Unter diesen Umständen hat der Beklagte zu 1) den ihm obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt.
Die Haftung des Beklagten zu 1) ergibt sich auch aus dem Gesichtspunkt der fehlenden Bewachung des Schiffes am Abend des 31. Dezember 1966. Es gehört zu den Nebenpflichten eines ordentlichen Frachtführers, ständig darüber zu wachen, dass das anvertraute Ladungsgut keinen Schaden erleidet. Die Meinung von Vortisch-Zschucke (Binnenschifffahrts- und Flößereirecht 3. Aufl., § 58 BSchG Anm. 6 a), dass eine ständige Bewachung des nicht in Fahrt befindlichen Schiffes weder wasserpolizeilich vorgeschrieben noch üblich sei, kann jedenfalls für den vorliegenden Fall nicht zugestimmt werden. Denn § 27 des Hamburger Hafengesetzes schreibt eine ausreichende Besetzung oder Bewachung von See- und Binnenschiffen während ihres Aufenthaltes im Hafen sowie von Hafenfahrzeugen ausdrücklich vor. Auf die Üblichkeit kann es im Übrigen nicht allein ankommen. Im Interesse der Ladungsbeteiligten ist es geboten, hier die gleichen Grundsätze anzuwenden, die dieser Senat (MDR 1967, 771) unter Zustimmung des Bundesgerichtshofs (VersR 1969, 511) für die ständige Bewachung beladener Schuten im Hamburger Hafen aufgestellt hat. Es mag sein, dass Binnenmotorschiffe nicht so häufig zu sinken pflegen, wie das bei Schuten im Hafengebiet der Fall ist. Dennoch können auch für stillliegende Binnenmotorschiffe im Hafen, bedingt durch den Hafenverkehr, Tide oder Wetter, überraschend jederzeit Gefahrensituationen auftreten, denen zum Schutz von Schiff und Ladung sofort begegnet werden muss. Nur eine ständige Beaufsichtigung des Schiffes kann Schiff und vor allem Ladung vor den Gefahren der Schifffahrt so weitgehend wie möglich bewahren und ermöglicht es, bei Eintritt solcher Gefahren unverzüglich einzugreifen oder Hilfe herbeizuholen. Es stellt daher im Rahmen des Frachtvertrages, insbesondere wenn es sich um wertvolle Ladungsgüter handelt, stets eine Pflichtverletzung dar, wenn ein Schiff ohne zwingenden Grund ohne Beaufsichtigung und Bewachung für längere Zeit im Hafen zurückgelassen wird. Im vorliegenden Fall war der Schiffsführer, der Beklagte zu 2), dafür verantwortlich, für die ständige Besetzung des Schiffes Sorge zu tragen. Wegen dieser schuldhaften Unterlassung haftet der Beklagte zu 1) gemäß den §§ 3 BSchG, 278 BGB bzw. §§ 26 BSchG, 431 HGB.
Dagegen kann der Beklagte zu 1) nicht einwenden, dass diese Unterlassung für den Schaden nicht ursächlich gewesen sei. Dafür fehlt es an jedem überzeugenden Nachweis. Denn möglicherweise hätte der Schaden ganz oder zum Teil verhütet werden können, wenn das Eindringen des Wassers frühzeitiger bemerkt worden wäre, zumal die Wache an Bord sich in angemessenen Zeitabständen wenigstens durch Beobachtung des Freibordes davon hätte überzeugen müssen, dass das Schiff unverändert im Wasser liegt.
Die Haftung des Beklagten zu 1) ist der Höhe nach gemäß Ziffer 6 VBUE auf die Bruttofracht beschränkt. Diese Haftungsbeschränkung kommt hier entgegen der Ansicht des Amtsgerichts und der Klägerinnen zum Zuge: Wenn nach dem Wortlaut nur die Haftung „für Verluste einschl. Diebstahl" erwähnt wird, so gilt dasselbe sinngemäß für Beschädigungen von Ladungsgut. Außerdem würde sich die Haftungsbeschränkung in diesen Fällen auch aus dem letzten Absatz von Ziffer 6 ergeben. Allerdings entspricht es ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass Haftungsausschluss- oder Haftungsbeschränkungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben dann als unwirksam anzusehen sind, wenn der Schaden durch ein grobes Verschulden des Vertragspartners selbst oder eines seiner leitenden Angestellten verursacht worden ist (BGHZ 20, 164, 167; 38, 183; BGH NJW 1968, 1720; VersR 69, 513). Ein derartiger Fall liegt aber nicht vor.
Der Beklagte zu 2) ist als Schiffsführer kein leitender Angestellter des Beklagten zu 1). Denn er übt innerhalb des Betriebes des Beklagten zu 1) keine leitende Funktion aus. Den Beklagten zu 1) selbst trifft kein Vorwurf eines groben Verschuldens, insbesondere eines groben Organisationsverschuldens. Es geht nämlich - anders als in den Schutenfällen, auf welche sich die Parteien bezogen haben - nicht auf eine innerbetriebliche Anweisung des Beklagten zu 1) zurück, dass das Binnenmotorschiff am 31. Dezember 1966 unbewacht im Hafen liegen blieb. Es handelt sich vielmehr um einen Einzelfall, in dem der Beklagte zu 2) aus eigenem Antrieb den Entschluss fasste, zusammen mit dem Schiffsjungen das Schiff zu verlassen, um erst am folgenden Tage die Reise anzutreten.
Die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 2) beruht auf einer Verkennung der Beweislastverteilung zwischen den Parteien. Auch der Beklagte zu 2) muss sich entlasten, was ihm ebenso wenig wie dem Beklagten zu 1) gelingen kann. Der Beklagte zu 2) haftet aber e b e n s o w e n i g wie der Beklagte zu 1) auf Ersatz des vollen Schadens, der im ursächlichen Zusammenhang mit seinem schuldhaften Verhalten steht.
Die Haftung des Beklagten zu 2) beruht nicht nur auf den §§ 823ff. BGB, sondern weitergehend auf den §§ 7 bzw. 10 Abs. 2 BSchG. Den Beklagten zu 2) treffen kraft Gesetzes besondere Sorgfalts- und Obhutspflichten gegenüber den Ladungsbeteiligten. In § 10 Abs. 2 ist zwar besonders nur die Sorgfaltspflicht des Schiffers „während der Reise", hervorgehoben. Sie gilt aber auch außerhalb der Reise, z. B. während des Einladens oder Entlöschens der Ladung bzw. für die Zeit zwischen dem Einladen und dem Löschen und der eigentlichen Reise (vgl. Vortisch-Zschucke § 19 BSchG Anm. 2 a).
Der Klageanspruch gegen den Beklagten zu 2) wird darauf gestützt, dass er seine Sorgfalt bei der Verrichtung seiner Dienstobliegenheiten, insbesondere im Rahmen der ihm obliegenden Fürsorge für die Ladung vernachlässigt hat. Diese Fürsorgepflicht für die Ladung ist objektiv verletzt worden. Es oblag dem Beklag¬ten zu 2), Nässeschäden an der Ladung zu verhindern. Solche Schäden, die zu verhindern der Beklagte zu 2) verpflichtet war, sind aber eingetreten. Wie es zu dem Eindringen des Wassers in den Laderaum des Schiffes gekommen ist, kann nicht festgestellt werden. Ebenso wenig kann geklärt werden, ob der Beklagte zu 2) wenigstens die der Ladung drohende Gefahr so rechtzeitig hätte bemerken können, dass er sie noch ganz oder teilweise hätte abwenden können. Auch in diesem Zusammenhang spielt es möglicherweise eine erhebliche Rolle, dass der Beklagte zu 2) das Schiff unbewacht im Hafen zurückgelassen hat. Darin liegt zugleich auch eine subjektive Pflichtverletzung. Denn die ordnungsgemäße Erfüllung der Obhutspflicht hinsichtlich der Ladung setzt voraus, dass diese Pflicht ständig wahrgenommen und die Ladung nicht unbeaufsichtigt gelassen wird.
Rechtsprechung und Schrifttum vertreten seit langem zutreffend die Auffassung, dass es bei Verträgen, deren Wesen es mit sich bringt, dass aus einem Gefahrenkreis des Verpflichteten dem Berechtigten Schäden entstehen können, dem Berechtigten im Schadensfall nicht zugemutet werden kann, den Beweis über Dinge zu führen, die seinem Gefahrenbereich und auch seiner Sachkenntnis entzogen sind, dass es dann vielmehr Sache des Verpflichteten ist, sich zu entlasten (BGH NJW 1964, 35 mit weiteren Nachweisen). Das ergibt sich aus dem Sinn der Beweislastregel des § 282 BGB. Im vorliegenden Fall handelt es sich allerdings bei den rechtlichen Beziehungen zwischen dem Geschädigten und dem Beklagten zu 2) nicht um ein vertragliches, sondern um ein gesetzliches Schuldverhältnis mit vertragsähnlichem Charakter. Die Interessenlage ist aber in beiden Fällen gleich, so dass es auch hier gerechtfertigt erscheint, § 282 BGB analog anzuwenden (vgl. für den dem § 10 Abs. 2 BSchG vergleichbaren Fall des § 535 HGB Prüßmann, § 511 Anm. B 7 mit weiteren Nachweisen, ferner auch Jürgen Prölss, Beweiserleichterungen im Schadensersatz¬prozess, Karlsruhe 1966, S. 78). Denn die Haftung des Schiffers gemäß den §§ 7 Abs. 2, 10 Abs. 2 gegenüber den Ladungsbeteiligten, die das BSchG aus dem Seerecht übernommen hat, beruht darauf, dass die Ladungsbeteiligten in so engen Beziehungen zu dem Schiff und insbesondere dem Schiffer stehen, dass es gerechtfertigt ist, ihnen in gleicher Weise wie einer Vertragspartei einen Schadensersatzanspruch aus schuldhafter Verletzung der Dienstobliegenheiten und der Obhutspflichten zu gewähren (vgl. Vortisch-Zschucke, § 7 BSchG Anm. 3 c).
Dem Beklagten zu 2) kommt aber auch die Haftungsbeschränkung auf die Bruttofracht des § 6 VBUE zugute. Aus dem Sinn und Zweck dieser Bedingung ergibt sich nämlich, dass auch die gegen die Arbeitnehmer des Beklagten zu 1) gerichteten Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung oder den Vorschriften des BSchG jedenfalls insoweit unter die Haftungsbeschränkung fallen sollen, als der Arbeitnehmer aufgrund des Schadensereignisses einen im Arbeitsrecht wurzelnden Freistellungsanspruch gegen seinen Arbeitgeber, den Beklagten zu 1), hätte (BGHZ 22, 109, 122; BGH NJW 1962, 388, 389). Ohne eine solche erweiternde Auslegung des Haftungsbeschränkungsvertrages wäre dieser im Ergebnis sinnlos, weil dann der Geschädigte auf dem Umweg über die Inanspruchnahme des Arbeitnehmers seinen Schaden doch beim Unternehmer voll realisieren könnte, was gerade durch § 6 VBUE vermieden werden soll. Das war auch dem Befrachter erkennbar, der sich den VBUE unterworfen hat.
Nach den in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen (vgl. BAGE 5, 1, 7; 7, 290, 195; 9, 243, 245) entfällt der Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers nur dann, wenn ihm grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Das ist hier aber nicht der Fall. Eine versehentlich falsche Einstellung der Lenz- oder Seeventile, die den Wassereinbruch bewirkt haben kann, beruht auf einer augenblicklichen Unachtsamkeit, die auch einem erfahrenen Schiffsführer jederzeit einmal unterlaufen kann. Auch das Zurücklassen des unbemannten und unbewachten Schiffes im Hafen kann unter den gegebenen Umständen keinesfalls als ein grobes Verschulden angesehen werden (wird ausgeführt).
Vielmehr liegt nur ein Verschulden leichteren Grades beim Beklagten zu 2) vor, das gemessen an seiner besonders verantwortungsvollen, risikoreichen Tätigkeit als Schiffsführer nicht so schwer ins Gewicht fällt, dass sein Freistellungsanspruch auch nur teilweise ausgeschlossen ist. Das hat zur Folge, dass auch der Beklagte zu 2) nur in Höhe der Bruttofracht haftet.