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Leitsätze:
1) Die Bestimmung des Art. 37 Ziffer 1 RhSchUSO, daß nur ein Mitglied der Schiffsbesatzung durch eine Frau ersetzt werden darf, widerspricht nicht dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau.
2) Eine unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau kann aus übergeordneten objektiven Sicherheitsinteressen geboten sein.
Urteil der Berufungskammer für die Rheinzentralkommission
vom 21. Oktober 1976
59 P - 13/76
(Rheinschiffahrtsgericht Mainz)
Zum Sachverhalt:
Der Betroffene war vom Rheinschiffahrtsgericht wegen Minderbemannung des von ihm geführten, 655 t großen MS M - Zuwiderhandlung gegen § 1.08 RhSchPVO in Verbdg. mit Art. 37 RhSchUO - zu einer Geldbuße von 50,- DM verurteilt worden. Statt der lt. Schiffsattest vorgeschriebenen Besatzung (Schiffsführer, 1 Matrose, 1 Schiffsjunge) befanden sich auf der Bergfahrt am 11. 9. 1974 außer dem Betroffenen als Schiffsführer dessen Ehefrau als Matrose und an Stelle des Schiffsjungen die 18jährige Tochter des Betroffenen an Bord. Letztere war nach Ablegung der Abschlußprüfung seit dem 3. 4. 1974 im Besitz des Matrosen-(Bootsmann-)Briefes.
Die Berufung des Betroffenen wurde zurückgewiesen.
Aus den Gründen:
„...
In Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Rheinschiffahrtsgericht ist auch die Berufungskammer der Auffassung, daß an der im Schiffsattest vorgeschriebenen Mindestbesatzung trotz der Anwesenheit der Tochter des Betroffenen, die die Prüfung als Matrose abgelegt hat, ein Schiffsjunge fehlte und der Betroffenen somit der Bestimmung des § 1.08 RhSchPVO in Verbindung mit Artikel 37 der Untersuchungsordnung für Rheinschiffe und -flöße zuwidergehandelt hat, da nur ein Mitglied der Schiffsbesatzung durch eine Frau ersetzt werden darf. Der Betroffene ist daher zu Recht gemäß § 7 des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt zu einer Geldbuße verurteilt worden.
Soweit der Betroffene in seiner Verteidigung die Frage aufwirft, ob die Vorschrift des Artikels 37 Ziff. 1 der Untersuchungsordnung für Rheinschiffe und -flöße nicht gegen das deutsche Grundgesetz verstoße, da sie den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau verletzte, ist festzustellen, daß die unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau bei der Besetzung von Binnenschiffen ausschließlich aus Gründen der allgemeinen Schiffssicher¬heit vorgenommen wurde. Somit würde der Gleichberechtigungsgrundsatz nicht verletzt, da für dieses Grundrecht Gewährleistungsgrenzen dann bestehen, wenn aus übergeordneten objektiven Sicherheitsinteressen verschiedene Behandlungen von Mann und Frau geboten sind.
Daß diese allgemeine Regelung im Einzelfall zu Härten führen kann, muß in Kauf genommen werden und kann nur bei der Bemessung der Höhe der Geldbuße - wie dies von dem erstinstanzlichen Gericht in angemessener Weise bereits geschehen ist - Berücksichtigung finden.
...“