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Urteil des Amtsgerichts – Rheinschiffahrtsgericht – Duisburg-Ruhrort
vom 06.03.1995 – 5 C 57/93 BSch
Tatbestand:
Die Klägerin ist Eigentümerin des Schubleichters H (2.332 ts, Abmessungen 76,50 m X 11,40 m X 3,39 m) Die Beklagte zu 1) ist Eigentümerin, mindestens Ausrüsterin des Schubbootes A , der Beklagte zu 2) war am 20.01.1993 Schiffsführer des Schubbootes A.
Am 20.01.1993 befand sich im Verband des SB A u. a. der Schubleichter H. Die Schubleichter, insbesondere auch H waren beladen. H hatte einen Tiefgang von ca. 2,90 m. In der Talfahrt, etwa gegen 21.10 Uhr und in Höhe von Rheinkilometer 541,8 erlitt H eine Grundberührung. Der Beklagte zu 2) meldete dies und teilte dabei mit, daß vermutlich Bodenschaden bei Raum 6 bis 7 entstanden sei. Die Reise konnte jedoch fortgesetzt werden. SB A legte u a. den Schubleichter H zunächst in Salzig ab, fuhr nach Mannheim, um dort drei weitere Leichter aufzunehmen, nahm sodann am 22 .01 .1993 gegen 1.00 Uhr in Salzig den dort abgelegten Leichter H in den Verband mit auf und erreichte schließlich am 22.Ol.1993 gegen 18.00 Uhr den Hafen von Duisburg.
Am 26.02.1993 wurde der Leichter H in der Ruhrorter Schiffswerft repariert. Wegen der Einzelheiten dieser Reparatur wird auf die bei den Akten befindliche Rechnung vom 02.03.1993, lautend über 5.654,55 DM, verwiesen (Bl. 51d.A.).
Am 01.04.1993 wurde der Leichter bei der Ruhrorter Schiffswerft erneut auf Helling genommen. Die Beklagten wurden zur Schadensaufnahme, verursacht durch die gemeldete Grundberührung vom 20.01.1993, eingeladen, die Schadenstaxe lautet auf einen Reparturkostenbetrag in Höhe von 37.106,-- DM, enthält jedoch den Vermerk, daß die Unterzeichnung unter einem besonderen Vorbehalt hinsichtlich der Entstehung der Schäden 'erfolge,; weil die Bodenschäden vom 21.01.1993 dem Unterzeichner erst am 01.04 vorgeführt worden seien. Weiterhin werde eine Reparaturzeit nach einem Zeitraum von fast 3 Monaten bis zur endgültigen Reparatur nicht anerkannt.
Die Klägerin verlangt von den Beklagten den Schaden laut Taxe, Kosten der Schadensaufnahme in Höhe von 2.200,-- DM, und Nutzungsverlust 7 ,Tage vom 02. bis 08.04.1993 gemäß DTV-Tabelle a 1.227,16 DM = 9.360,12 DM, insgesamt 48.666,12 DM.
Die Klägerin behauptet, nach Ankunft des Verbandes im Hafen von Duisburg sei der Leichter H zunächst bis: zum 25.02.1993 liegengeblieben, erst dann sei er gelöscht worden. Sodann sei der gemeldete Schaden am 26.02.1993 in der Duisburger Schiffswerft kontrolliert worden. Der Rechnung vom 02.03.1993 liege eine notdürftige Reparatur der vorgefundenen und auf die Grundberührung vom 20.01.1993 zurückzuführenden Schäden zugrunde. Vom 27.02. bis 02.04.1993 sei H nur mit SB A im Einsatz gewesen (vgl. Aufstellung vom 29.03.1994, (Bl 4 9 d. A.) .
Zu der Kontrolle am 26.02 .1993 seien die Beklagten nicht eingeladen worden, da die Klägerin zunächst aufgrund der Schadensmeldung davon ausgegangen sei, es liege nur ein leichter Schaden vor, den sie selbst zu tragen hätte. Am 01.04.1993 sei dann endgültig der durch die Grundberührung verursachte Schaden festgestellt worden.
Die Klägerin trägt weiter vor, die Haftung der Beklagten zu 1) ergebe sich aus. den allgemeinen Bedingungen für Verträge über die Mitnähme fremder Schubleichter durch Schubboote. Der Beklagte zu 2) hafte, weil er die Grundberührung verschuldet habe. Als Schiffsführer habe er den seinerzeit stark fallenden Wasserstand ausreichend berücksichtigen müssen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 1) außerdinglich haftend mit dem Schubboot A im Rahmen des BSchG auch persönlich haftend zu verurteilen, an die Klägerin 48.666,12 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16.10.1993 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, die Grundberührung am 20.01.1993 sei nur ganz leicht gewesen. Dadurch könnten die am 01.04. 1993 festgestellten, erheblichen Beschädigungen am Schubleichter H nicht verursacht worden sein. Die Grundberührung habe zudem in der Mitte der Fahrrinne stattgefunden, Gegenverkehr habe es zu dem Zeitpunkt nicht gegeben. Sie bestreiten, daß der Leichter H zunächst bis zum 25.02.1993 im Hafen von Duisburg liegengeblieben ist und daß in der Zeit vom 27.02. bis Anfang April 1993 dieser Leichter nur mit dem SB A im Einsatz gewesen ist. Sie sind der Ansicht, daß die späte Unterrichtung der Beklagten von dieser angeblichen Schadensverursachung darauf hinweise, daß auch die Klägerin nicht von einer schuldhaften Verursachung dieses Schadens durch die Beklagten ausgegangen ist. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben mit dem aus den Sitzungsprotokollen vom 24.08.1994, 09.09.1994 und 06.02.1995 ersichtlichen Ergebnis.
Entscheidungsgründe:
I.
Der Umstand, daß zwischenzeitlich über das Vermögen der Beklagten zu 1) in Luxemburg das, Konkursverfahren eröffnet worden ist, führte nicht gem § 240 ZPO zur Unterbrechung dieses Rechtsstreits. Zum einen berührt der Konkurs nicht den Rechtsstreit gegen den Beklagten zu 2). Zum anderen unterbricht nach herrschender Meinung der Konkurs im Ausland jedenfalls nicht den Prozeß über das Inhaltsvermögen des Gemeinschuldners (vgl. Zöller/Greger, Kommentar zur ZPO, 18. Aufl., § 240 Rd-Nr. 1, mit weiteren Nachweisen).
II.
Die Klage ist gegenüber der Beklagten, zu 1) begründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch aus §§ 3, 4, 114 BSchG in Verbindung mit dem Schubabkommen vom 16.06.1970 (abgedruckt bei Bemm/Kortendick, Rheinschiffahrtpolizeiverordnung 1970, S. 513 f) zu.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist erwiesen, daß der am 01.04.1993 festgestellte Schaden durch die Grundberührung am 20.01.1993 verursacht worden ist. Dies ergibt sich in erster Linie daraus, daß der festgestellte Schaden genau in dem Bereich des Leichters war, den der Beklagte zu 2) bereits bei der telefonischen Meldung der Grundberührung als möglichen Schadensort angegeben hat. Letztlich noch bestehende Bedenken, daß der Schaden gleichwohl bei anderer Gelegenheit verursacht worden ist, wurden durch die Beweisaufnahme entkräftet .
Der Zeuge L hat ausgesagt, dass er beim Ankoppeln des Leichters H in Salzig gegen 1.00 Uhr des 22.01.1993 festgestellt habe, daß auf dem Hinterschiff die Luft pfiff. Soweit er sich erinnern könne, sei die Luft aus zwei Mannlöchern; gekommen. Dies läßt den Schluß zu, daß bereits zu diesem Zeitpunkt Wasser in den Leichter eindrang, und zwar in den Zwischenraum zwischen der Außenwand und der zusätzlichen Innenwand, mit der Folge, daß die Luft in diesem Bereich aus den „Mannlöchern" herausgedrückt wurde. Der Zeuge P hat des weiteren glaubhaft ausgesagt, daß der Leichter nach dem Ablegen durch SB A zunächst bis zum 25.02.1993 gelegen habe. Am 26.02.1993 sei er dann auf Helling untersucht worden und zur Überraschung habe man festgestellt, daß in den Sektionen 5 und 6 ein großer Schaden vorhanden gewesen war. Zunächst, so hat der Zeuge nachvollziehbar bekundet, habe man den Leichter liegenlassen, weil man aufgrund des Inhalts der telefonischen Mitteilung über die Grundberührung angenommen habe, es handele sich nur um einen kleinen Schaden, den ohnehin die Klägerin selbst tragen müsse. Der Zeuge P hat weiter glaubhaft ausgesagt, zunächst sei, dann eine Notreparatur durchgeführt worden.
Diese Aussage wurde im wesentlichen bestätigt durch die Aussage des Zeugen K, der hinzugefügt hat, bei der Notreparatur seien die Schäden der Schadenstaxe bereits vorhanden gewesen. Die endgültige Reparatur sei in der Zeit vom 02. bis 08 .04 .1993 erfolgt.
Die Aussagen der vernommenen Binnenschiffer des SB A, das heißt des Zeugen L und des Zeugen W, stehen im übrigen diesem Beweisergebnis nicht entgegen.
Steht damit fest, daß der Schaden während der Zugehörigkeit zum Schubverband entstanden ist, so haftet gem. § 1 Schubabkommen der Eigner des Schubbootes für diesen Schaden, es sei denn, er beweist, daß die Beschädigung des Schubleichters nicht auf seinem Verschulden oder auf dem Verschulden der Besatzung des Schubbootes beruht (vgl. auch Vortisch/Bemm, Kommentar zum Binnenschiffahrtsrecht, 4. Aufl., § 3, Randnr. 35).
Diesen Beweis hat die Beklagte zu 1) nicht geführt. Die Vernehmung der Zeugen L und W hat Konkretes zu dem Hergang der Grundberührung nicht ergeben. Es kann danach weder festgestellt werden, daß den Schiffsführer ein, Verschulden an der Grundberührung trifft, noch, daß er ohne Verschulden ist. Die Behauptung der Beklagten, die Grundberührung habe mitten in der Fahrrinne stattgefunden, mag zutreffen, sie ist jedoch nicht bewiesen.
In der Höhe ist der geltend gemachte Schaden zuzusprechen, er entspricht der Schadenstaxe.
Der Klägerin war auch Nutzungsausfall zu gewähren, weil der Leichter für 7 Tage in Reparatur war und anzunehmen ist, daß er aufgrund dessen nicht eingesetzt werden konnte, was andererseits aber der Fall gewesen wäre.
Der Zinsausspruch folgt aus Verzug gem. den §§ 284 ff. BGB.
III.
Abzuweisen war die Klage jedoch gegen den Beklagten zu 2). Ein Anspruch aus § 823 BGB war zu verneinen, weil die Klägerin nicht bewiesen hat, daß den Beklagten zu 2) ein Verschulden an der Grundberührung trifft. Wie ausgeführt, ist der genaue Hergang der Grundberührung offengeblieben. Die Beweislastregelung von § 1 Schubabkommen gilt nicht in Hinblick auf den Beklagten zu 2), so daß die Klägerin für das Verschulden des Beklagten zu 2) die Beweislast trägt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 709, 108 ZPO.