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Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 30. März 2009
449 C - 1/09
(ergangen auf Berufung gegen ein Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Straßburg vom 20. Dezember 2007, NR 2007/02)
I. Sachverhalt und Verfahren in erster Instanz
Am 7. März 2001 stieß der aus einem Schubschiff und einem Leichter bestehende und der Gesellschaft „RP“ gehörende Verband unter Führung von H. „VO“ gegen das H. „T“ gehörende Motorschiff „A“ , das im oberen Vorhafen der Schleusen Straßburg festgemacht hatte.
Das Rheinschifffahrtsgericht Straßburg verurteilte H. „VO“ am 26 November 2001 wegen Nichteinhaltung der allgemeinen Sorgfaltspflicht zu einer Geldstrafe von 5.000 Franken so wie gesamtschuldnerisch mit der Gesellschaft „RP“ zur Ersetzung des gesamten Schadens, den H. „T“ , der als Nebenkläger auftrat, erlitten hatte.
Das Gericht behielt sich die Entscheidung über die Ansprüche von H. „T“ vor und die Sache wurde zur Fortsetzung der Verhandlung auf den 25. März 2002 verschoben. Schlussendlich wurde die Verhandlung auf den 25. November 2002 anberaumt.
An diesem Termin war H. „T“ nicht anwesend und ließ sich auch nicht vertreten. Das Gericht stellte gemäß Artikel 425 Strafprozessordnung die Annahme der Zurückziehung der Nebenklage fest.
In seinen Anträgen vom 6. März 2007, die am 13. März 2007 beim Schifffahrtsgericht eingingen, hat H. „T“ die Gesellschaft „RP“ auf die Zahlung von 32.247,96 € verklagt. Er legte dar, dass dieser Betrag den Saldo seiner Schuldforderung nach Abzug einer von der Gesellschaft „RP“ auf Grund gütlicher Einigung am 3.Oktober 2001 geleisteten Zahlung von 95.405,96 € darstelle. Seiner Meinung nach war eine erneute Klage vor dem Gericht unumgänglich geworden, da keine Übereinstimmung gefunden werden konnte.
Die Gesellschaft „RP“ behauptete in ihrem Antrag vom 4. Mai 2007 die Unzulässigkeit und Verjährung der Forderung. Sie gab an, niemals zu der Verhandlung am 26. November 2001 geladen worden zu sein und das Urteil nicht zugestellt bekommen zu haben. Sie fügte hinzu, dass die am 25. November 2002 festgestellte Zurückziehung der Nebenklage eine weitere Klageerhebung hemme, das Schifffahrtsgericht in dieser Angelegenheit nicht zuständig und die Klage jedenfalls verjährt sei.
In seinem Urteil vom 20. Dezember 2007 vertrat das Schifffahrtsgericht die Meinung, dass die Nichtzustellung des Urteils unerheblich sei und dass die Klage zulässig sei, weil die Schadensursache mit der Rheinschifffahrt zusammenhängt und dass die quasideliktische Handlung unter die Verjährungsvorschrift des allgemeinen Rechts falle, welche nicht erfüllt ist. Demzufolge fordert das Gericht die Gesellschaft „RP“ auf, ihre Anträge in der Sache zu stellen.
II. Berufung und Standpunkt der Parteien
Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2008, beim Rheinschifffahrtsgericht Straßburg am 1. Februar 2008 hinterlegt, wurde von der Gesellschaft „RP“ Berufung gegen das Urteil vom 20. Dezember 2007 mit dem Vermerk angemeldet, damit vor die Zentralkommission zu gehen.
Diese Berufung ist ordnungsgemäß und in der Form zulässig.
In ihren Anträgen vom 31. Januar 2008 und 1. Oktober 2008 erklärt die Gesellschaft „RP“, sie begründe ihr Rechtsmittel mit der Einrede der Unzulässigkeit wegen Verjährung. Sie bezieht sich auf Artikel 117 des Gesetzes vom 15. Juni 1895 (Binnenschifffahrtsgesetz), der auf alle Klagen Anwendung findet, die auf Grund des Fehlers eines Besatzungsmitgliedes erhoben werden und deren Frist mit dem Eintreten des Schadens beginnt.
Sie lehnt folglich eine Stellungnahme in der Sache ab. Sie verlangt, dass das Urteil für ungültig erklärt wird und ihr gemäß Artikel 700 Zivilprozessordnung der Betrag von 1.500 € gezahlt wird.
In seinen Anträgen vom 26. Februar 2008 und 7. Oktober 2008 bestreitet H. „T“, dass die Verjährung erfolgt ist. Er besteht darauf, dass allein die Vorschrift des allgemeinen Rechts gilt (d.h., 10 Jahre) und nicht die der Artikel 117 und 118 des "Binnenschifffahrtsgesetzes", denn als Begründung der Haftung wird eine strafbare Handlung und nicht ein Vertragsbruch gesehen. Er fügt hinzu, dass selbst auf der Grundlage der oben genannten Artikel 117 und 118 die Verjährung nicht gegriffen hätte, da kein Vollstreckungstitel, d.h., ein Urteil, demzufolge die Forderung fällig geworden wäre, vorlag und er verweist diesbezüglich auf ein Urteil des Kassationshofes vom 8. Juni 1983 (Civ. 2. Bull. Civ. 1983 Nr. 124). Er fügt hinzu, dass sie auf jeden Fall durch den ursprünglich vor dem Schifffahrtsgericht eingebrachten Antrag auf Beitritt als Nebenkläger unterbrochen worden wäre.
Er behauptet, zu der Verhandlung, die zu dem Urteil vom 25. November 2002 führte, mit dem seine Klagerücknahme festgestellt wurde, nicht geladen worden zu sein.
Er beantragt folglich die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung an das Gericht zur Entscheidung in der Sache. Hilfsweise und für den Fall, dass die Berufungskammer die Hauptsache behandeln sollte, fordert er die Verurteilung der Beklagten und Berufungsklägerin zur Zahlung von 32.247,96 € plus gesetzliche Zinsen so wie von 5.000 € gemäß Artikel 700 Zivilprozessordnung.
III. Würdigung und Entscheidung
Der Zusammenstoß der Schiffe ereignete sich am 7. März 2001.
Mit Urteil vom 26. November 2001 wurden H. „VO“ und die Gesellschaft „RP“ verurteilt, den gesamten Schaden zu ersetzen.
In der Verhandlung am 25. November 2002, auf die die Sache zur Entscheidung über die zivilrechtlichen Belange verschoben worden war, war H. „T“ weder anwesend noch ließ er sich vertreten. Nachdem das Gericht festgestellt hatte, dass er ordnungsgemäß vorgeladen worden war, wandte es Artikel 425 Strafprozessordnung an, in dem es heißt: "Erscheint ein ordnungsgemäß geladener Nebenkläger nicht oder wird nicht vertreten, so wird davon ausgegangen, dass er seinen Beitritt als Nebenkläger zurück gezogen hat".
Eine derartige Klagerücknahme stellt keinen Anspruchsverzicht dar und laut Artikel 426 der vorgenannten Ordnung hat der Geschädigte formell das Recht, Klage vor einem Zivilgericht zu erheben. Folglich hat H. „T“, um den restlichen Schadensersatz zu bekommen, durch Klageantrag vom 6. März 2007 das Rheinschifffahrtsgericht Straßburg angerufen, das sowohl Zivil- als auch Strafgericht ist.
Artikel 10 Strafprozessordnung enthält den Grundsatz, dass eine mit einem einen Straftatbestand darstellenden Fehler begründete Haftungsklage nach den zivilrechtlichen Bestimmungen verjährt. Die diesbezüglich geltenden zivilrechtlichen Bestimmungen sind die Artikel 117 und 118 des Gesetzes vom 15. Juni 1895.
Laut Artikel 117 gilt für Forderungen aus einem Fehler eines Mitglieds des Schiffspersonals eine einjährige Verjährung. Laut Artikel 118 beginnt die Verjährungsfrist am Ende des Jahres, in dem die Forderung entstanden ist.
Die Forderung selbst entsteht in dem Augenblick, in dem der Schaden auftritt.
Die von H. „T“ zitierte Rechtsprechung des Kassationshofes widerspricht diesem Prinzip nicht, denn sie hat lediglich die Feststellung des Beginns der Laufzeit der Verzugszinsen zum Gegenstand, den sie auf den Tag der richterlichen Entscheidung festlegt, in der der Schaden beziffert wird, den sein Urheber zu ersetzen hat.
Es stimmt, was H. „T“ anführt, nämlich, dass die Laufzeit der Verjährung durch seinen Beitritt als Nebenkläger unterbrochen wurde.
Diese unterbrechende Wirkung wurde jedoch durch die Verkündung des Urteils vom 25. November 2002, in dem die Rücknahme der Nebenklage des Klägers festgestellt wurde, aufgehoben. H. „T“ war nicht erschienen, aber seine ordnungsgemäße Vorladung war von dem Gericht festgestellt worden. Er hatte demnach bis zum 31. Dezember 2003 Zeit, Klage vor dem Zivilgericht zu erheben. Er hat dies erst am 13. Mai 2007 getan, also nicht fristgerecht.
Folglich ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Es erscheint jedoch billig, jede Partei Ihre eigenen Kosten selbst tragen zu lassen.
Aus diesen Gründen erklärt die Berufungskammer:
Die von der Gesellschaft „RP“ eingelegte Berufung ist zulässig und begründet.
Die von H. „T“ angestrengte Klage ist verjährt.
Der Klageantrag ist nicht zulässig.
Es besteht kein Anlass, dem Berufungskläger die gemäß Artikel 700 Zivilprozessordnung geforderte Summe zuzugestehen.
Die Unkosten sind von H. „T“ zu tragen und werden durch das Reinschifffahrtsgericht Straßburg gemäß Artikel 39 Revidierte Mannheimer Akte festgesetzt.