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Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
Urteil
vom 14. September 2000
401 B – 4/00
(auf Berufung gegen den Beschluss des Rheinschiffahrtsgerichts Mannheim vom 3. November 1999 - 51 OWi 802 Js 27251/99 – 21 – RhSch -)
1. Gemäß Artikel 30 der Verfahrensordnung der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (Verf-BK) und in entsprechender Anwendung des § 47 Abs. 2 des deutschen Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWIG) wird das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft eingestellt.
2. Der Beschluss des Rheinschiffahrtsgerichts Mannheim vom 3.11.1999 ist damit gegenstandslos.
3. Gemäß Artikel 30 Verf-BK und in entsprechender Anwendung von § 46 Abs. 1 OWiG, § 467 Abs. 1 der deutschen Strafprozessordnung fallen die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse zur Last. Die Festsetzung dieser Kosten erfolgt durch das Rheinschiffahrtsgericht Mannheim.
Gründe:
Die Berufung richtet sich gegen den Beschluss des Rheinschifffahrtsgerichts Mannheim vom 3.11.1999 durch den auf den Widerspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid des Staatlichen Hafenamts Mannheim vom 7.4.1998 wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen eine Anordnung der Hafenbehörde nach § 3 Abs. 1 Hafen VO in Verbindung mit § 71 Abs. 1 Nr. 2 Hafen VO, § 120 Nr. 20 WG Baden-Württemberg auf eine Geldbuße von 200.—DM erkannt worden ist.
1. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Zustellung des Beschlusses erfolgte am 8.11.1999. Die Berufung nebst Begründung ist am 6.12.1999 bei Gericht eingegangen.
2. Ich schlage vor, das Verfahren nach § 153 StPO wegen Geringfügigkeit einzustellen.
An sich ist nach einer Änderung des Ordnungswidrigkeitsgesetzes eine Zustimmung der Staatsanwaltschaft nicht mehr erforderlich. Üblicherweise wird dazu aber der Staatsanwalt befragt.
3. Das Verfahren des Staatlichen Hafenamts Mannheim ist zu beanstanden, weil die Ordnungswidrigkeit bereits am 19.4.1997 begangen sein soll. Man hat es nicht fertiggebracht, den Bußgeldbescheid binnen angemessener Zeit dem Betroffenen zuzustellen, obwohl die Mannheimer Akte ausdrücklich ein beschleunigtes Verfahren vorsieht. Ein solcher Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot der Mannheimer Akte kann allerdings nicht dazu führen, dass ein Betroffener bußgeldfrei davonkommt. Das Rheinschifffahrtsgericht Mannheim hat aber selbst in seinem Beschluss vom 19.11.1999 – 51 OWi 802 Js 27237/1999 AK 17/99 = ZfB 2000, SaS 1773 ausgeführt, dass im Falle eines Erlasses eines Bußgeldbescheides ein Jahr nach dem Eingang der Anzeige sich bei der Bemessung der Höhe der Geldbuße für den Betroffenen günstig auswirke. Davon hat hier das Rheinschifffahrtsgericht nicht mehr gesprochen.
4. Von besonderer Bedeutung erscheint mir, dass auch jetzt noch keine abschließende Entscheidung möglich ist :
a) Ich hatte Herrn B um eine Hafen VO gebeten, die ich auch erhalten habe. Der gegen den Betroffenen gerichtete Tatvorwurf stützt sich daneben speziell auf eine hafenpolizeiliche Anordnung des Staatlichen Hafenamtes Mannheim vom 18.5.1995, die sich weder in den Akten befindet noch mir mitgeteilt worden ist. Ich selbst verfüge darüber nicht. Eventl. könnte Herr B uns diese Anordnung noch besorgen.
b) Das Hafenamt ist in der Sache ausserordentlich nachlässig vorgegangen. Auf Bl. 6 findet sich ein Tatvorwurf, der sich auf 3 Zeilen beschränkt. Auf Bl. 4 heisst es, dass der Tatvorwurf zugegeben wird, was eben nicht zutrifft; denn der Betroffene hat Bl. 12 ausdrücklich erklärt :
„Ich habe Kopf zu Tal angelegt, aber nicht in dem Bereich, wo es verboten ist. Meine Meinung ist es für mich mit meinem 109 m langen Schiff, je nach Wasserstand, gefährlicher aufzudrehen, als Kopf vor langsam anzulegen.“
Diese Einlassen sehe ich nach dem Akteninhalt nicht als widerlegt an. Das Rheinschifffahrtsgericht spricht zwar in dem angefochtenen Beschluss von Feststellungen des Anzeigeerstatters und des Zeugen Szewczenko, in den Akten findet sich aber nur der „Tatvorwurf“ : „Sie legten entgegen der hafenpolizeilichen Anordnung des Staatl. Hafenamtes Mannheim vom 18.5.1995 mit Ihrem Fahrzeug am 19.4.1997, um 17.20 Uhr, bei Rhein km 424,80 Bug zu Tal an.“ Wer welche Feststellungen gemacht hat, ist unbekannt. Üblicherweise findet sich in Bußgeldakten ein Bericht des Anzeigeerstatters mit seiner Unterschrift. Davon ist hier nicht die Rede. Es hätte auch nahegelegen, den Betroffenen darauf hinzuweisen, wenn er verbotswidrig gelegen hätte. Aus Bl. 9 lässt sich nicht einmal entnehmen, wer die unleserliche Unterschrift eines Anzeigenden/Sachbearbeiters geleistet hat.
Da Bl. 9 als Anzeigende und Zeugen die PHW S und PM F genannt sind, müsste man beide laden und anhören, um den Betroffenen der ihm zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit zu überführen. Angesichts des Beschleunigungsgebots der Mannheimer Akte sehe ich dazu keine Veranlassung.
5. Da die Sache älter als 3 Jahre ist und man berücksichtigen muss, dass der Betroffene sich aufgrund der inzwischen verstrichenen Zeit nicht mehr wehren und zu seiner Entlastung keine Zeugen benennen kann, weil er nicht mehr den Namen seines Lotsen kennt, durch die Ordnungswidrigkeit auch keinerlei Schaden entstanden ist, sehe ich die Sache als geringfügig an und schlage der Berufungskammer eine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit nach § 153 StPO vor. Die notwendigen Auslagen des Betroffenen sollte bei der gegebenen Sachlage die Staatskasse tragen.