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Leitsatz:
Die Rheinschiffahrtsgerichte sind nicht zuständig für Rechtsstreitigkeiten über Schäden, die beim Beladen eines Binnenschiffes am Schiff entstanden sind. Zuständig für derartige Streitigkeiten sind die Schiffahrtsgerichte.
Beschluss des Rheinschiffahrtsgericht St. Goar
vom 13. Oktober 2011
Az.: 4 C 6/11 BSchG
rechtskräftig
Gründe:
Nach nochmaliger, intensiver Überprüfung von Rechtsprechung und Literatur zur Frage der Zuständigkeit des Rheinschiffahrtsgerichts hat sich herausgestellt, dass die allgemeine Meinung, Artikel 34 Abs. 2 c der Mannheimer Akte bzw. revidierten Rheinschiffahrtssakte sei aus prozessökonomischen Gründen sowie den einschlägigen Auslegungstheorien sehr weit auszulegen, auf vorliegenden Fall nicht zutrifft. So ist bspw. der vorliegende Fall in der Kommentierung zum Binnenschiffahrtsrecht bei von Waldstein/Holland im Stichwortregister zu Artikel 34 (MA) unzutreffend erfasst. Der Bundesgerichtshof hat dazu in seiner Entscheidung vom 06.03.1995 (Az.: II ZR 37/94, Transportrecht 1995 Seite 339 ff.) ausdrücklich erwähnt, dass die Ersatzpflicht für Schäden, die bei der Beladung oder dem Löschen an einem Schiff entstehen, nicht zu den bürgerlich-rechtlichen Rheinschifffahrtssachen i.S.d. Artikel 34 MA gehört. Außerdem müsste Artikel 34 Abs. 2 c MA gegen seinen Wortlaut ausgelegt werden, wenn man die vorbeschriebene Ersatzpflicht unter die Entscheidungskompetenz der Rheinschiffahrtsgerichte stellen wollte. Dies deutet bereits Ramming in seinem Hamburger Handbuch zum Binnenschiffahrtsrecht unter Rd-Nr. 690 an. Bestätigt wird dies auch in dem beklagtenseits zitierten Vortrag von Karl-Heinz Bauer »die Mannheimer Akte und die Rheinschiffahrtspolizeiverordnung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt«. Er weist unter Berücksichtigung des Wortlautes von Artikel 34 Abs. 2 c MA ausdrücklich darauf hin, dass es dort um Schäden geht, die Schiffe (auch Schiffsführer und sonstiges Personal) verursacht haben, nicht hingegen um Schäden, die Schiffen von Dritten, die nicht einem Schiff zugeordnet werden können, zugefügt werden. Dies entspricht auch der Meinung der Berufungskommission bzw. Zentralkommission der Rheinschiffahrt, die nach zutreffendem Hinweis von Bauer stets darauf abgestellt haben, ob es sich bei dem Schädiger um ein Schiff bzw. einen Schiffer gehandelt hat. Dieselbe Rechtsauffassung vertritt Hoffmann in seinem Buch »die gerichtliche Zuständigkeit in Binnenschiffahrtssachen«, insbesondere auf Seite 97, bzw. 103-105. Auch er vertritt die vom Unterzeichner geteilte Auffassung, dass der Wortlaut des Artikel 34 Abs. 2 c MA in seiner heutigen Fassung nicht derart überdehnt werden darf, dass er auch durch Dritte verursachte Schäden an einem Schiff erfasst.
Das Gericht interpretiert dabei die Auffassung von Hoffmann im vorbeschriebenen Beitrag anders als der Klägervertreter in seinem Schriftsatz vom 28.09.2011 und weist abschließend unter nochmaliger Wiederholung der vorstehenden Argumente darauf hin, dass auch Hoffmann auf Seite 105 im letzten Absatz eine Reform des Artikel 34 Abs. 2 c MA unbedingt für überfällig hält. Dies wäre nicht erforderlich, wenn mit den anerkannten Auslegungsregeln eine zweifelsfreie und eindeutige Interpretation des Norminhaltes möglich wäre.
Im Termin vom 01.09.2011 war mit den Parteien vereinbart worden, dass die Verhandlung vor dem Rheinschiffahrtsgericht für den Fall der Verweisung des Rechtsstreits gleichzeitig als Verhandlung vor dem Binnenschiffahrtsgericht gilt. Nach Einzahlung des in Kürze anzufordernden Gerichtskostenvorschusses wird deshalb von Amts wegen unverzüglich Termin zur Verkündung einer Entscheidung des Binnenschiffahrtsgerichts bestimmt.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2012 - Nr.2/3 (Sammlung Seite 2174 f.); ZfB 2012, 2174 f.