Banque de données de juriprudence

354 Z - 2/97 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Date du jugement: 23.01.1997
Numéro de référence: 354 Z - 2/97
Type de décision: Urteil
Language: Allemande
Juridiction: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Section: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt 

vom 23. Januar 1997

354 Z - 2/97

(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 13. November 1995 - 5 C 3/94 Bsch -)

Tatbestand:


Die Parteien streiten über einen Schiffszusammenstoß, der sich am 21.09.1992 gegen 6 Uhr bei Rhein-km 773,9 zwischen MS M (60,20 m lang; 5,77 m breit; 725 t; Ladung 624 t; Tiefgang ca. 2,60 m; 2 x 278 PS) und MS R (82 m lang; 8,20 m breit; 1.040 t; Ladung ca. 850 t; Tiefgang ca. 2.10 m; 831 PS) ereignet hat. Beide Fahrzeuge fuhren linksrheinisch zu Berg. Kurz oberhalb der Eisenbahnbrücke Hochfeld (Rhein-km 774,38) hatte MS R begonnen, MS M an dessen Backbordseite zu überholen. Als die Schiffe etwa auf gleicher Höhe waren, kam MS M mit dem Kopf nach Backbord herüber und stieß mit dem Backbordanker gegen die Steuerbordseite des MS R, wodurch beide Schiffe beschädigt worden sind.

Die Klägerin ist Versicherer des MS M. Sie nimmt aus übergegangenem Recht die Beklagte zu 1 als Eignerin des MS R und den Beklagten zu 2, den Schiffsführer dieses Schiffes, auf Ersatz der Unfallschäden der Interessenten des MS M in Anspruch. Sie wirft dem Beklagten zu 2 vor, mit MS R das MS M mit einem sehr geringen Seitenabstand von etwa 15 m überholt zu haben, obwohl dies nach der Lage im Revier nicht erforderlich gewesen wäre; dadurch habe der Überholer dem MS M das Wasser weggezogen mit den schädlichen Folgen des Verfalls. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 1 außer dinglich haftend mit dem MS R im Rahmen des Binnenschiffahrtsgesetzes auch persönlich haftend, zu verurteilen, an die Klägerin 34.597,24 DM nebst Zinsen zu zahlen.

Die Beklagten haben Klagabweisung beantragt. Den Unfall habe allein der Schiffsführer des MS M verschuldet. Er sei mit seinem Schiff außerhalb des Fahrwassers gefahren, dadurch mit dem Heck desselben festgekommen und sodann mit dem Backbordanker gegen MS R geschlagen. Dieses sei langsam und mit ausreichendem Seitenabstand an MS M vorbeigefahren.

Das Rheinschiffahrtsgericht hat nach Vernehmung von Zeugen und nach dem Einholen eines Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen. Es ist der Ansicht, daß nach dem Beweisergebnis nicht festgestellt werden könne, daß den Beklagten zu 2 ein Verschulden an der Kollision trifft.

Die Klägerin verfolgt mit der Berufung den Klagantrag weiter. Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerechte Berufung kann keinen Erfolg haben. Entgegen den Ausführungen der M hätte unterlassen müssen, außerdem mit zu geringem Abstand an diesem Schiff vorbeigefahren sei.

Dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. H ist zu entnehmen, daß die beiden Fahrzeuge vor dem Antritt der Unfallreise nebeneinander am rechten Ufer bei Rhein-km 774,8 übernachtet haben; MS M hat außen gelegen, also neben der Steuerbordseite des MS R. MS M hat als erstes Fahrzeug die Bergfahrt angetreten; MS R ist im kurz danach gefolgt. Beide Fahrzeuge haben Kurs in die linke Hälfte der Fahrrinne genommen. Diese verläuft nach der Schiffahrtskarte rechtsrheinisch (vgl. Anlage 1 des Gutachtens). Sie ist 150 m breit (nach der Aufzeichnung der Querprofile des Stromes von km 774,0 - 773,8 durch den Experten S - Bl. 37 der Akten). Aus der Schiffahrtsakte ergibt sich außerdem, daß sich der Strompfeiler der Eisenbahnbrücke Hochfeld am linken Rand der Fahrrinne befindet.

Nach den Angaben des Schiffsführers M (MS M) ist er nach dem Passieren der Brücke in gerader Linie mit dem Pfeiler gefahren, also etwa am linken Rand der Fahrrinne. Schiffsführer vM (MS R) hat sich zu dem Kurs des vorauslaufenden MS M geäußert, das Schiff sei zumindest am äußeren linken Fahrrinnenrand gefahren. Danach hat für MS R genügend Raum für eine Vorbeifahrt an der Backbordseite des MS M bestanden. Im Revier hat sich allerdings noch ein leeres Tankschiff auf Talfahrt befunden. Für dieses war, wie auch für die Bergfahrt, geregelte Begegnung vorgeschrieben (§ 9.02 Nr. 1b und Nr. 2 RheinSchPV 1983). M will dieses Fahrzeug beim Queren des Rheins ca. 1 bis 2 km entfernt gesehen haben; zum Zeitpunkt des Unfalls sei der Tanker noch ca. 100 m entfernt gewesen; er sei erst nach dem Unfall, nachdem MS M bereits im Wendemanöver gewesen sei, an diesem Schiff vorbeigekommen. Diese Angaben geben schon im Hinblick auf die Breite der Fahrrinne und den festliegenden Begegnungskurs nichts dafür her, daß MS R das MS M nicht hätte überholen dürfen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Bekundungen der Ehefrau des Schiffsführers van den Meersche, der selbst den Begegnungsabstand des Talfahrers mit ca. 50 m (oder auch weniger) angegeben und sich in keiner Hinsicht gefährdet oder belästigt gefühlt hat. Die Zeugin vM, die nach dem Ablegen des MS R in die Wohnung gegangen war, um Kaffee zu machen, hat ausgesagt, der Talfahrer sei in ca. 10 m Abstand an der Backbordseite des MS R vorbeigefahren, als sie wegen eines plötzlichen Maschinenmanövers (Vollgas) ihres Mannes wieder nach oben gegangen sei; zu dem Zeitpunkt sei das Tankschiff mit dem Heckbereich im Bereich des Steuerhauses des MS R gewesen ; der Talfahrer sei so nahe gewesen, daß sie schnell habe hochgehen müssen, um keine nassen Füße zu bekommen. Aus dieser Aussage ergibt sich allenfalls, daß der Talfahrer nicht in der rechten Hälfte der Fahrrinne seinen Kurs genommen hat, sondern zu weit in deren linke Hälfte gekommen ist, obwohl, wie schon erwähnt, geregelte Begegnung vorgeschrieben war.

Was den Seitenabstand zwischen MS R und MS M bei der Überholung angeht, stehen sich die Angaben der beiden Schiffsführer vor der Wasserschutzpolizei und dem Rheinschiffahrtsgericht unüberbrückbar gegenüber.

Schiffsführer M (MS M) hat den Überholabstand zum MS R vor der Wasserschutzpolizei mit ca. 20 m und vor dem Rheinschiffahrtsgericht mit 10 - 15 m angegeben. Schiffsführer van den Meersche (MS R) hat gegenüber der Wasserschutzpolizei bekundet, er habe MS M mit einem Seitenabstand von 50 m überholen wollen; vor dem Rheinschiffahrtsgericht hat er ausgesagt, der Seitenabstand seines Schiffes zu MS M habe so ca. 50 m betragen, er habe sich MS M ca. 50 m genähert gehabt, als dieses Schiff nach Backbord verfallen sei. Eine Angabe der Ehefrau vM zu dem Überholabstand gibt es nicht. Danach kann nicht die Behauptung der Klägerin für bewiesen angesehen werden, MS R habe bei der Überholung des MS M zu dessen Backbordseite einen sehr geringen Seitenabstand von etwa 15 m eingehalten.

Das scheint nunmehr auch die Ansicht der Klägerin zu sein. Demgemäß stützt sie ihre Behauptung eines zu geringen Seitenabstands zwischen den beiden Schiffen auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seinem Gutachten zur Frage des Überholabstandes zwischen MS R und MS M. Darin ist er zu dem Ergebnis gekommen, daß die Abstandsgröße mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr als 20 m gewesen sei. Seine Auffassung hat er wie folgt begründet : Es sei sehr unwahrscheinlich, daß der Schiffsführer von MS R den von seiner Ehefrau angegebenen Passierabstand von ca. 10 m des vermutlich mit hoher Geschwindigkeit zu Tal kommenden Tankschiffes hingenommen hätte, wenn er auf seiner Steuerbordseite einen Überholabstand von ca. 50 m zu MS M und damit reichlich Raum zum Ausweichen gegenüber dem Talfahrer gehabt hätte; auch hätte es bei einem Überholabstand von tatsächlich 50 m wegen der geringen Länge von MS M (60,20 m) kaum zur Kollision kommen können, zumal der Kurswechsel des überholten Fahrzeugs um eine Hochachse erfolgt sein muß, die zwischen ½ und 1/3 der Schifflänge von vorn liegt ; schließlich wäre unter Berücksichtigung der geringen Länge des MS M das von Schiffsführer vM bezeugte « Hart-Backbord-Manöver » zur Kollisionsvermeidung mit MS M nicht erforderlich gewesen, wenn der seitliche Abstand vom MS R zu Beginn des Überholmanövers tatsächlich ca. 50 m betragen hätte. Diese Überlegungen mögen einen Seitenabstand zwischen MS R und MS M von ca. 50 m ausschließen, sie belegen jedoch nicht, warum dieser Abstand nicht mehr als 20 m gewesen sein und auch etwa bei 30 m gelegen haben kann. Im übrigen mußte der Sachverständige selbst bei dem von ihm angenommenen Seitenabstand feststellen, daß auch in diesem Falle Schiffsführer vM (wie übrigens auch den Schiffsführer des MS « Mana ») keine Schuld an dem Schiffszusammenstoß trifft, weil dieser auf einer Kette widriger Umstände (mangelnde Kursstetigkeit des MS M wegen einer vor der Kollision zurückgehenden Wassertiefe infolge einer ansteigenden Stromsohle) beruht und beide Schiffsführer die Entwicklung kaum abschätzen oder gar voraussehen konnten.

Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 13. November 1995 wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Deren Festsetzung gemäß Artikel 39 der Mannheimer Akte erfolgt durch das Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort.