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Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 20. November 1995
343 B - 14/95
(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichts Mannheim vom 3. Februar 1995 - OWi 1024/94 RhSch -)
Tatbestand:
Am 11. August 1993 übermittelte die Wasserschutzpolizei Mannheim der Wasserschutzpolizei Karlsruhe um 6 Uhr morgens ein Telefax. Dieses enthielt die Mitteilung, man habe um 4 Uhr morgens das TMS «Z» kontrollieren wollen. Die Kontrolle habe nicht durchgeführt werden können, da der das Fahrzeug führende Schiffsführer A. nicht alle verlangten Papiere vorgelegt und sich nicht getraut habe, den «anscheinend cholerischen» ersten Schiffsführer O. zu wecken. Schiffsführer A. sei nicht im Besitz eines Patentes für die Strecke Mannheim - Basel. Es sei ihm gegenüber ein Weiterfahrverbot ausgesprochen worden, welches aber nicht beachtet worden sei. Es werde darum gebeten, bei Eintreffen des Schiffes in Karlsruhe eine Kontrolle, «insbesondere auf Vollzähligkeit/Eignung der Besatzung» durchzuführen.
Als das TMS «Z» um 10.40 Uhr bei Rheinkilometer 368 angelangt war, begaben sich die Beamten E. und S. an Bord. Im Steuerhaus befand sich der Betroffene, Schiffsführer O. Aufgefordert, sein Patent und die Befähigungsausweise der Besatzung zur Kontrolle vorzulegen, präsentierte der Betroffene sein Patent, das Bordbuch und das Schiffsattest. Die Befähigungsausweise der übrigen Besatzungsmitglieder legte er nicht vor; er gab zu erkennen, daß diese Papiere im Besitz der Besatzimgsmitglieder seien, die er in ihrer Ruhezeit nicht stören wolle. Nachdem die Beamten das Bordbuch kontrolliert und Mängel darin festgestellt hatten, antwortete ihnen der Betroffene auf weitere Fragen nicht mehr. Die Beamten sprachen aufgrund des Verdachtes der Verletzung von Besatzungsvorschriften ein Weiterfahrverbot aus. Danach brachen sie die Kontrolle ab; zur Begründung dieses Abbruches ist im «Schlußvermerk» vom 27.9.1993 erwähnt, der Betroffene habe einen «äußerst gereizten Eindruck» gemacht; sie hätten eine «Eskalation der Situation vermeiden» wollen. Der Betroffene fuhr, trotz des ihm gegenüber ausgesprochenen Fahrverbotes, weiter.
Am 3.1.1994 erließ die Wasser - und Schiffahrtsdirektion Südwest, Mainz, einen Bußgeldbescheid über 650 DM gegen den Betroffenen. Es wurden ihm drei Ordnungswidrigkeiten vorgeworfen : Verletzung der Dokumentenvorlagepflicht, Mißachtung eines Fahrverbotes, mangelhafte Eintragungen im Bordbuch.
Auf Einsprache des Betroffenen hin hat das Rheinschiffahrtsgericht Mannheim den Betroffenen in seinem Urteil vom 3.2.1995 von den Vorwürfen der Verletzung der Dokumentenvorlagepflicht und der fehlerhaften Führung des Bordbuches freigesprochen. Das Gericht hielt jedoch fest, daß der Betroffene absichtlich gegen ein gegen ihn verfugtes Fahrverbot verstoßen habe und setzte das Bußgeld für diese Ordnungswidrigkeit auf 200 DM fest.
Mit form- und fristgerechter Berufung verlangt der Betroffene, das Urteil des Rheinschiffahrtsgerichtes vom 3.2.1995 sei - soweit er verurteilt worden sei - aufzuheben und er sei vollständig freizusprechen. Die Rechtfertigung seiner Mißachtung des Fahrverbotes sieht der Betroffene darin, daß dieses Verbot «keinen erkennbaren Zweck» welcher die Sicherheit oder Leichtigkeit der Schiffahrt in irgendeiner Weise erfordern würde», gehabt habe. Sein Schiff sei vorschriftsgemäß bemannt gewesen; er selber sei im Besitz eines gültigen Patentes; er habe alle Dokumente vorgelegt, die er nach den Bestimmungen der RhSchPV vorlegen müsse. Die Beamten der Wasserschutzpolizei hätten die Überprüfung der Besatzungsvorschriften «freiwillig selbst abgebrochen»; sie seien «nicht bereit gewesen, die übrige Besatzung und deren Papiere in den Besatzungsräumen zu überprüfen». Bei dieser Situation habe kein Grund bestanden, ein Fahrverbot auszusprechen.
Entscheidungsgründe:
Anweisungen, die von den zuständigen Beamten in pflichtgemäßer Ausübung ihres Ermessens erteilt werden, müssen beachtet werden. Es geht nicht an, daß die Betroffenen nur solche Anweisungen befolgen, die ihnen als richtig erscheinen.
Entgegen der Ansicht des Betroffenen verfolgte das ausgesprochene Weiterfahrverbot den Zweck, die Sicherheit der Rheinschiffahrt zu gewährleisten. Die Beamten der Wasserschutzpolizei Karlsruhe wurden um eine Nachkontrolle gebeten, weil ein erster Kontrollversuch um vier Uhr morgens ergebnislos verlaufen war: Der Schiffsführer A. hatte sich nicht getraut, den «anscheinend cholerischen» Betroffenen zu wecken. (Telefax der Wasserschutzpolizei Mannheim vom 11.8.1993). Bei der Nachkontrolle um 10.40 Uhr ging es ähnlich zu: Im Steuerhaus befand sich zwar nun der Betroffene. Dieser weigerte sich aber, die übrigen Besatzungsrnitglieder zu wecken, bzw. in ihrer Ruhe zu stören, sodaß eine Kontrolle der Personen der Besatzung und ihrer Papiere nicht möglich war. Wenn in der Berufung ausgeführt wird, die Beamten hätten die Nachkontrolle «freiwillig selbst abgebrochen» und seien «nicht bereit» gewesen, «die übrige Besatzung und deren Papiere in den Besatzungsräumen zu überprüfen», klingt dies reichlich lebensfremd. Der Beamte E. hat in seinem «Schlußvermerk» festgehalten, vom Betroffenen aufgefordert worden zu sein, möglichst bald wieder «zu verschwinden»; der Betroffene habe später auf Fragen der Beamten überhaupt nicht mehr geantwortet; jede Kommunikation sei ausgeschlossen gewesen. «Da der Schiffsführer ... einen äußerst gereizten Eindruck machte, wurde, um eine Eskalation der Situation zu vermeiden, die Kontrolle anschließen abgebrochen».
Es war für die Beamten in der geschilderten Situation nicht zumutbar, gegen den Willen des «äußerst gereizten» Betroffenen die Mannschaft zu wecken und aus ihren Privaträumen zu holen. Es ist verständlich, daß sie die Kontrolle abgebrochen haben, weil sie sie als praktisch unmöglich ansahen. Dies war andererseits Anlaß genug, um den begründeten Verdacht zu heben, das Schiff sei nicht genügend bemannt. Wenn die Beamten in dieser Situation ein Weiterfahrverbot ausgesprochen worden ist, haben sie den Rahmen des ihnen zustehenden Ermessens nicht überschritten.
Die bewußte Mißachtung der Anweisung ist daher zu Recht mit einem Bußgeld geahndet worden. Der Betroffene muß sich ein weiteres Mal (vgl. den Entscheid der Berufungskammer vom 21.6.1995 in der Sache 338 B) sagen lassen, daß die polizeilichen Kontrollen für die Sicherheit der Rheinschiffahrt von großer Bedeutung sind und daß zu Recht mit einer Bestrafung rechnen muß, wer den Beamten die Erfüllung ihrer Kontrollpflichten ungebührlich erschwert.
Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:
1. Die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Rhemschiffahrtsgerichts Mannheim vom 3.2.1995 wird zurückgewiesen.
2. Der Betroffene hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich seiner notwendigen Auslagen zu tragen.
3. Deren Festsetzung gemäß Artikel 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschiffahrtsgericht Mannheim.