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Leitsätze:
1) Nochmals: Die erschöpfende und umfassende Beschreibung der Voraussetzungen für das Anbringen der Berufung bei der ZKR in Art. 37 Abs. 2 und 3 MA läßt es nicht zu, die gesetzlich bestimmte Berufungsbegründungsfrist durch richterliche Verfügung zu verlängern.
2) Die erweiternde Auslegung des Art. 34 Nr. II c) MA, wonach die Zuständigkeit der Rheinschiffahrtsgerichte auch in Streitigkeiten gegeben ist, die den in Art. 34 Nr. II MA aufgeführten Fällen praktisch entsprechen, wobei nicht nur Klagen gegen den Schiffsführer, sondern auch Klagen gegen andere Besatzungsmitglieder, die Lotsen oder gegen den für ein Besatzungsverschulden haftenden Schiffseigner oder Ausrüster einbezogen werden, erfaßt den (Nur-)Frachtführer nicht; er hat mit dem eigentlichen Schiffsbetrieb nichts zu tun. Für Schadensersatzklagen gegen ihn wegen einer Verletzung des Frachtvertrags sind die Rheinschiffahrtsgerichte nicht zuständig. Insoweit ergibt sich auch aus Art. 34 bis MA eine Zuständigkeit der Rheinschiffahrtsgerichte nicht.
3) Art. 34 Nr. II c MA kann über seinen Wortlaut hinaus nicht auch dahin ausgelegt werden, daß die Rheinschiffahrtsgerichte aus Gründen der Prozeßökonomie und der materiellen Gerechtigkeit zuständig sein können. Weder im Falle einer objektiven noch im Falle einer subjektiven Klagehäufung ist eine Zuständigkeit für die Entscheidung durch die Rheinschiffahrtsgerichte bestimmt. An diese Regelung sind die Rheinschiffahrtsgerichte gebunden. Daß hierdurch divergierende Entscheidungen einerseits der Rheinschiffahrtsgerichte und andererseits der sonstigen nationalen Gerichte bei der Beurteilung des nämlichen Unfalls, Ereignisses oder Lebenssachverhalts möglich sind, haben die Vertragsstaaten der MA in Kauf genommen.
4) Ist ein Ausrüster für Verschulden der Schiffsbesatzung nach den §§ 2, 3 BinschG verantwortlich, sind die Rheinschiffahrtsgerichte für Klagen aus darauf beruhenden Ansprüchen zuständig. Die Beurteilung der Ausrüstereigenschaft richtet sich jedoch nicht nach der formalen Rechtsposition, sondern nach der tatsächlichen Verwendung des Schiffs zur Binnenschiffahrt gleich einem Schiffseigner.
Zur Feststellung der Ausrüstereigenschaft im Sinne des § 2 BinSchG reicht eine nach einem Chartervertrag gegebene Dispositionsbefugnis über den Einsatz des gecharterten Schiffs nicht aus. Ob das gecharterte Schiff die Flagge des Charterers führt, ist für die Beurteilung der Ausrüstereigenschaft kein brauchbares Kriterium.
Die Ausrüstereigenschaft ist nicht gegeben, wenn hinsichtlich der Schiffsbesatzung die Arbeitgebereigenschaft fehlt und wenn das gesamte wirtschaftliche Risiko des Schiffsbetriebs bei einem anderen liegt.
5) Zu den Sorgfaltspflichten des Schiffsführers eines Motortankschiffs gehört es, die gebotenen Kontrollen seines Schiffs auf offene Brennstellen und die Abschaltung einer Flüssiggasanlage vor dem Beginn der eigentlichen Löscharbeit vorzunehmen. Bei einem Produktaustritt während des Löschvorganges kann von niemandem erwartet werden, sich unter Lebensgefahr in diesen Bereich zu begeben, um Sicherheitseinrichtungen zu betätigen. Aufgrund fehlenden Weisungsrechts eines Charterers gegenüber der Schiffsbesatzung muß eine Zeitcharter angenommen werden. Diese vermittelt dem Charterer nicht die Rechtsstellung eines Ausrüsters.
6) Alle der Sicherheit eines Schiffs dienenden Einrichtungen müssen sich im gehörigen Zustand befinden. Sie sind von der Schiffsbesatzung zu dem vorgesehenen Zweck auch einzusetzen, selbst wenn im Einzelfall die technische Einrichtung nicht zwingend in der Schiffsuntersuchungsordnung vorgesehen sein sollte. Die allgemeine Sorgfaltspflicht verlangt, zur Sicherung von Menschenleben und des Verkehrs, daß jedermann die gebotene und ihm mögliche Rücksicht auf die Interessen Dritter nimmt und alle ihm möglichen Maßnahmen trifft.
7) Anders als der Schiffseigner, für den nach § 4 Abs. 1 Nr. 3, § 3 Abs. 1 BinSchG von 1895 die auf Schiff und Fracht beschränkte (sog. Wert-) Haftung gilt, wenn der Anspruch auf das Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung in Ausführung von Dienstverrichtungen gegründet wird, haftet der Schiffsführer unbeschränkt. Der Schiffsführer haftet mithin auch anders als im Seerecht und bei der Passagierbeförderung mit Binnenschiffen, solange das Straßburger Übereinkommen über die Beschränkung der Haftung in der Binnenschiffahrt (CLNI) noch nicht ratifiziert und - ggf. schon vorher - in nationales (deutsches) Recht eingearbeitet worden ist, wie dies der Einigungsvertrag der Bundesrepublik Deutschland mit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik vom 31.08.1990 gebietet. Die Gerichte können auch nicht teilweise der Ratifizierung des CLNI oder seiner Einarbeitung in das BinSchG dadurch vorgreifen, daß sie einzelne Regelungen des CLNI bereits jetzt in unmittelbarer oder analoger Anwendung anderer Vorschriften des BinSchG für rechtlich maßgebend halten oder im Wege der Rechtsanalogie auf eine entsprechende seerechtliche Regelung zurückgreifen.
8) Nach Art. 30 der Verfahrensordnung der Berufungskammer der ZKR ist § 304 ZPO als ergänzende Verfahrensbestimmung des Gerichts erster Instanz entsprechend anwendbar. Hat ein Rheinschiffahrtsgericht bei einem Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs angenommen, Klageansprüche seien unstreitig, hat die Berufungskammer vorab durch Grundurteil zu erkennen.
Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt
vom 8. Dezember 1994
- 317 Z - 15/94 -
( auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Mannheim vom 27. April 1993 - C 104/91 RhSch - )
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Folgen eines Explosionsunglücks, das sich am 30. 6. 1990 gegen 6.45 Uhr an der Löschstelle der Klägerin im Nordhafen Ludwigshafen ereignet hat. Die Klägerin ist Betreiberin des dem Lande Rheinland-Pfalz gehörenden Nordhafens Ludwigshafen, der dem ausschließlichen Umschlag von Produkten aus Tankschiffen dient. Die Lösch- und Verladeeinrichtungen dieses Hafen sind wie folgt eingerichtet: An sämtlichen 7 Umschlagstellen des Hafens sind für die Übernahme der Produkte vom Schiff zur Landanlage und umgekehrt keine Schläuche, sondern Verladearme eingesetzt, die als Marinelader bezeichnet werden. An jedem Verladearm befindet sich land- und schiffsseitig ein druckluftgesteuertes Schnellschlusssystem als pneumatisch zu betätigender Absperrhahn. Von löschenden Schiffen kann das Schnellschlusssystem durch eine sog. Reißleine in Tätigkeit gesetzt werden, zu denen auch ein Rufknopf verlegt wird. Bei der Löschung von Tankschiffen wurden zur Unfallzeit landseitig keine Schlauchwachen eingerichtet. Der Umschlag der Produkte wurde im Zentralen Leitstand der Klägerin mit Hilfe von Schwarz-Weiß-Fernsehgeräten überwacht. An jeder Umschlagstelle war eine Fernsehkamera angebracht, die vom Leitstand aus um zwei Achsen geschwenkt und in ihrer Brennweite verstellt werden konnte. Jeder Kamera war im Leitstand ein Fernsehschirm zugeordnet. Das System ermöglichte sowohl eine Gesamtübersicht als auch die Beobachtung von Einzelheiten. Die Ersetzung der nach § 4.11 Abs. 1 der Hafenpolizeiverordnung des Landes Rhein¬land-Pfalz vom 28. 10. 1980 ( Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz 1980, S. 212 ) vorgeschriebenen Schlauchwache an Land durch eine Fernsehanlage mit einer Betriebsanleitung für die Bediener der Anlage wurde gemäß Be¬scheinigung des Hafenkommissars Ludwigshafen vom 20.12. 1976 genehmigt ( vgl. auch § 4.11 Abs. 2 der genannten Verordnung ). Sicherheitshalber musste der Be¬bachter im Leitstand in Abständen von zwei Minuten zur Vermeidung eines akusti¬schen und optischen Signals und einer Betätigung aller Absperrhähne an allen Um¬schlagstellen des Hafens einen Druckknopf betätigen. Zur Unfallzeit erfolgte die Fernsehüberwachung der Löschanlage durch den Zeugen B..
Die in Basel ansässige Beklagte zu 1 war früher Eignerin des MTS "A" ( ex MTS "N", ex MTS "BB" ), das 110 m lang, 9,50 m breit und 2492 t groß gewesen ist. Das Schiff hatte 16 Räume und zwar auf jeder Schiffsseite acht. Durch Vertrag vom 10. 11. 1989 verkaufte die Beklagte zu 1 ihr Schiff an die LISCA Leasing AG in Zürich. Diese verleaste ihrerseits durch Vertrag vom 10. 10./ 20. 12. 1989 das Schiff an die Beklagte zu 2, die ihren Sitz in Luxemburg hat. Entsprechend dem Vertrag vom 20. 10./ 30. 10. 1989 ( Chartervertrag ) stellte die Beklagte zu 2 der Beklagten zu 1 das MTS "A " zur ausschließlichen Befrachtung zur Verfügung.
Die Beklagte zu 1 war gegenüber der Klägerin durch Frachtvertrag vom 1. / 8. 12. 1987 die Verpflichtung zum Transport flüssiger Güter im grenzüberschreitenden Bergverkehr von den Beneluxhäfen nach deutschen Stationen am Rhein eingegangen. Im Rahmen dieser Transportverpflichtung wurde das MTS "A " zum Transport einer Partie Naphta von Rotterdam nach Ludwigshafen eingesetzt.
Das Gültigkeitsattest über die Flüssiggasanlagen des Schiffes war am 12. 1. 1990 abgelaufen und nicht verlängert worden. Das Bordbuch über wichtige Schiffsdaten gab es an Bord nicht. Schifferdienstbücher für die Besatzungsmitglieder waren zwar vorhanden; die hier in Rede stehende Reise jedoch nicht vermerkt.
Planmäßiger Schiffsführer war der Zeuge J.M. jun., der aber vor der hier in Rede stehenden Reise von Bord gegangen war. Das Schiff wurde darauf und in der hier maßgeblichen Unfallzeit von dem Beklagten zu 3 als Ablöser verantwortlich geführt.
Außer dem Beklagten zu 3 befanden sich der Steuermann P.M. sen., der kap¬verdische Matrose D. und der kapverdische Schiffsjunge R. an Bord. Beide kapverdischen Besatzungsmitglieder waren der deutschen Sprache nicht mächtig. Der Beklagte zu 3 konnte sich lediglich mit D. auf Englisch verständlich machen, der dann R. unterrichtete. D. war am 25. 4. 1990 und R. am 26. 5. 1990 an Bord gekommen. Beide arbeiteten erstmals auf einem Motortankschiff. Sie verfügten über keine Schiffer- oder Matrosenausbildung und waren lediglich angelernt worden. D. hatte zuvor allerdings auf Seeschiffen gearbeitet. Über die Sicherheitsvorschriften auf einem Tankschiff und über die Sicherheits- und Alarmeinrichtungen im Nordhafen Ludwigshafen wurden sie nicht unterrichtet. Insbesondere wurden sie nicht auf die dem Brandschutz dienenden landseitigen Sicherheitseinrichtungen, die Reißleine und den Rufknopf, hingewiesen.
Am 30.6. 1990 gegen 1.00 Uhr erreichte das mit 2.014 to Naphta beladene MTS "A " den Nordhafen Ludwigshafen, um an der Verladeanlage der Klägerin zu löschen. Zu dieser Zeit war die Witterung feucht-warm, die Lufttemperatur betrug nahezu 20 Grad. Es wurde zunächst eine Probe aus der Ladung genommen. MTS "A " unternahm einen ersten Versuch, am Steiger Z 305 löschfähig anzulegen. Dieser Versuch misslang, weil der Matrose D. dem Beklagten zu 3 am falschen Flansch ein Stopp-Signal gegeben hatte. Bei dem zweiten Versuch wurde MTS " A " so an den Steiger gelegt, dass der Verladearm am richtigen Schiffsflansch angeschlossen werden konnte. Der Beklagte zu 3 füllte die Prüfliste über die Beachtung der Sicherheitsvorschriften und die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen für den Umschlag ( Checkliste ) aus, die den Bediensten der Klägerin übergeben wurde. Der Beklagte zu 3 erhielt von ihnen gegen Unterschrift ein Merkblatt der Klägerin über Sicherheitsvorschriften und übergab selbst eine Liste aller an Bord befindlichen Personen. Die schiffsseitigen Gasklappen, die eine Verbreitung eventuell auftretender Gase zum Hinterschiff verhindern sollen, wurden nicht ausgeklappt. Nachdem der Löschvorgang eingeleitet war, der mehrere Stunden dauern sollte, legten sich der Beklagte zu 3 und der Zeuge M. sen. schlafen. Die Schlauchwache auf dem Schiff wurde D. und R. übertragen. Während des folgenden Löschvorgangs mit schiffseigenen Pumpen etwa ab 2.00 Uhr wurden die Pestmachedrähte des Schiffes nicht nachgefiert, obwohl die Naphtaladung bis auf eine Restmenge von 350 t gelöscht werden konnte und sich dadurch der gemittelte Tiefgang des MTS "A " von 2,84 m auf 1,50 m verminderte.
Am Morgen des 30. 6. 1990 etwa gegen 6.45 Uhr kam es bei dem Löschvorgang zu einem Produktaustritt. Es entstand auf MTS "A " ein Feuer. Anschließend kam es auf dem Schiff zu einer Explosion. MTS "A " sank infolge der Explosion. Der Hafen und die der Klägerin gehörenden Anlagen im Hafen wurden erheblich beschädigt.
Aus Anlaß des Unfalls ist das Verklarungsverfahren Gorsele - H 2/90 BSch Schifffahrtsgericht Mannheim - durchgeführt worden.
Die Klägerin hat behauptet, entgegen den Sicherheitsvorschriften seien im hinteren Kajütenbereich des MTS " A " während des Löschens Fenster geöffnet gewesen. Sämtliche Ventile - Hauptabsperr- und Flaschenventile - der nicht mehr zugelassenen Flüssiggasanlage im Kajütenbereich seien geöffnet gewesen. In der Steuerbordwohnung des Steuermanns P.M. habe sich ein Herd befunden, dessen Feuerstellen zum Teil auf " auf " gestellt gewesen seien. In einem gasbetriebenen Kühlschrank habe eine offene Flamme gebrannt. Durch eine Leckstelle sei Naphta ausgetreten. Nach dem im Verklarungsverfahren erstatteten Gutachten des Sachverständigen Kratzenberg vom 2. 9. 1991 habe man zwar nicht die genaue Leckstelle feststellen können, der Verdacht falle jedoch auf MTS "A ". Bei dem Produktaustritt ha¬be sich Naphta in Sekundenschnelle über das Schiffsdeck ausgebreitet und sich sogleich ( raax. innerhalb 30 sec. ) an der brennenden Propangasflamme des Kühlschrankes in der Steuerbordachterwohnung entzündet. Infolge des unterbliebenen Fierens der Drähte habe das Schiff nach Steuerbord gekrängt, wodurch die Ausbreitung des Naphtas zur Steuerbordachterwohnung begünstigt worden sei. Der Matrose D. habe während des Pumpvorgangs weder den Füllstand der Tanks noch die Messeinrichtungen laufend beobachtet. Als der Produktaustritt erfolgt sei, habe D. weder die Reißleine noch den Rufknopf am Marinelader betätigt. D. habe auch nicht die Pumpen abgestellt.
Aufgabe der landseitigen Schlauchwache, also des Zeugen B., sei die Überwachung der Löschleitungen und der Anflanschstellen gewesen. Eine Ausbreitung eines dünnen Filmes von durchsichtigem Naphta sei jedoch nicht zu erkennen gewesen, und zwar weder mit bloßem Auge von Land aus, noch mit Farb- oder Schwarz-weiß-Monitoren. Der Zeuge B. habe sofort, als er mittels des Bildes auf dem Monitor in dem Zentralen Leitstand der Klägerin das Feuer auf MTS "A " beobachtet habe, den Schichtführer und die Arbeitskollegen verständigt und die Wasser- und Schaumlöschanlage eingeschaltet sowie die Ölsperre in Betrieb gesetzt. Anschlie¬ßend habe er die "Verladung rausgedrückt " und den Verladearm vom Schiff getrennt. Schließlich habe er die Feuerwehr benachrichtigt. B. habe sofort und richtig gehandelt. Sowohl die Trennung des Marineladers vom Schiff als auch der Einsatz der Wasser- und Schaumlöschsysteme seien wenige Sekunden nach dem Auftreten der Gefahr erfolgt. Landseitig habe man das Feuer nur bekämpfen, also nur reagieren können. Das Feuer zu verhüten, sei Sache der Schiffsführung des Motortankschiffs gewesen. Nach dem Unfall sei festgestellt worden, dass die schiffseitigen Flammendurchschlagssicherungen mangelhaft gewesen seien.
Ferner hat die Klägerin ausgeführt, das Schiff sei nicht ordnungsgemäß bemannt gewesen. Der Beklagte zu 3 hätte die Schlauchwache nicht den unerfahrenen Zeugen D. und R. übertragen dürfen, die er nicht einmal mit den Sicherheitsvorschriften vertraut gemacht habe.
Schließlich hat die Klägerin behauptet, die Beklagte zu 2 und nicht die zu 1 sei Ausrüsterin des Schiffes gewesen. Das bestätige der Leasingvertrag, wonach die Beklag¬te zu 2 alle mit dem Betrieb des Schiffes zusammenhängenden Verwaltungshandlungen habe besorgen und alle Betriebs- und Nebenkosten habe tragen müssen.
Die Klägerin hat beantragt,
Die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin DM 2.909.497,21 nebst 4 % Zinsen aus DM 2.399.671,21 seit dem 1.11. 1991 sowie aus DM 509.826,- seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten haben als Gesamtschuldner auch die Klägerin entstandenen Kosten des Verklarungsverfahrens H 2/90 BSch des Schifffahrtsgericht Mannheim zu tragen, soweit diese Kosten nicht als Kosten des vorliegenden Rechtsstreits festgesetzt werden.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise sie mit der Maßgabe zu verurteilen, dass ihre Haftung auf Schiff und Fracht gemäß § 4 BinSchG beschränkt ist.
Die Beklagten haben ausgeführt:
MTS "A " sei ordnungsgemäß bemannt gewesen. Man sei in der Betriebsform A 1 gefahren. Auf der fraglichen Reise sei man 14 Stunden gefahren.
Alle Einrichtungen des Schiffes seien mangelfrei gewesen. Gasklappen seien für MTS "A " nicht vorgeschrieben gewesen. Nach den geltenden Bestimmungen habe man Gasklappen nicht mehr verwenden müssen, wenn sich Türschwellen des Achterschiffs, was bei MTS "A " der Fall gewesen sei, 50 cm über Deck befunden hätten. Die Flammendurchschlagssicherungen des Schiffes seien ständig von den Steigerleuten überprüft worden. Zu keiner Zeit hätten sich Beanstandungen ergeben. Wasser im Kofferraum sei nicht verboten und habe mit dem Unfall nichts zu tun.
Der Unfall beruhe weder auf einem Verschulden des Ausrüsters, noch auf dem des Be¬klagten zu 3 noch auf dem der sonstigen Schiffsbesatzung.
Nachdem MTS "A " an die Verladeanlage der Klägerin verholt habe, habe sich zwar der Matrose D. bei Abgabe seines Stoppsignals verschätzt, das sei jedoch unerheblich. Die Landleitung sei jedenfalls ordnungsgemäß an die Schiffsleitung angeflanscht worden, nachdem die Dichtung der seitens der Klägerin gestellten Schlauchverbindung überprüft worden sei.
Es werde nicht bestritten, dass man den Besatzungsmitgliedern D. und R. nur weisungsorientierte Arbeiten habe übertragen können. Das Anflanschen, das Abpumpen des Raumes 7 auf eine Ladehöhe von 3,50 m, das Verschließen dieses Raumes und das folgende öffnen der Räume 1 bis 8 mit Ausnahme des Raumes 7 habe unter der Aufsicht des Beklagten zu 3 gestanden. Erst danach seien die kapverdischen Besatzungsmitglieder zur Schlauchwache eingeteilt und eingewiesen worden.
Neben der Überprüfung des Pumpendrucks (4 bar) habe der Beklagte zu 3 sowohl am Achterschiff als auch am Vorschiff nachgeschaut, ob alle Fenster und Türen geschlossen gewesen seien. Danach habe der Beklagte zu 3 dem Matrosen D. erklärt, er solle den Pumpvorgang überwachen, bis mit dem Lenzen begonnen werden müsse. Er habe D. ferner angewiesen, sofort die Pumpen abzustellen und ihn oder den Steuermann M. zu rufen, falls sich irgendetwas Besonderes ereigne. Das habe D. verstanden. D. sei während des Pumpvorgangs ständig an Deck gewesen und habe sowohl die Drähte als auch den Füllstand der Tanks überwacht. Auch seien die Messeinrichtungen laufend beobachtet worden. Bis zu dem Brandereignis sei es nicht erforderlich gewesen, die Drähte des Schiffes zu fieren. Der Löschvorgang sei 4 Stunden lang ohne besondere Vorkommnisse verlaufen. Plötzlich sei ein Produktaustritt durch einen Defekt am Ladearm der Klägerin erfolgt. Der Dichtring am Gipfelgelenk des Marineladers sei undicht gewesen. Dadurch sei Naphta ausgetreten. D. habe wegen des fontänenartig spritzenden Produktes diese Stelle nicht erreichen und deshalb die genaue Austrittsstelle nicht ermitteln können. D. hätte deshalb auch nicht die Reißleine ziehen und den Rufknopf betätigen können. D. habe sofort die beiden Pumpen abgestellt und den Steuermann M. geweckt. Auf dem Rückweg vom Achterschiff zu dem Schiffsjungen R. , der sich zwischen Tank 1 und 2 aufgehalten habe, habe man das Feuer zwischen Tank 5 und 6 bemerkt. Da sich das Feuer ausgebreitet habe, seien D. und R. ins Wasser gesprungen.
Wenn auch die Weisung bestanden habe, dass ein anderes Besatzungsmitglied jeweils zusammen mit einem der kapverdischen Besatzungsmitglieder als Schlauchwache einzuteilen sei, habe sich diese Nichtbeachtung der Weisung nicht unfallursächlich ausgewirkt; denn der Austritt von Naphta wäre nicht verhindert worden. Nach dem Produktaustritt habe D. alles getan, was man ihm aufgetragen hatte und was überhaupt noch hätte getan werden können.
Dass die Drähte nicht gefiert worden seien, habe keine Auswirkung auf den Produktaustritt gehabt, auch wenn es theoretisch hierdurch zu Schiffsbewegungen habe kommen können. Es sei unklar, wo das Produkt ausgetreten sei.
Es werde bezweifelt, ob die Wohnung des Zeugen M. die einzige Zündquelle für den Brand gewesen sei, da das Feuer zwischen Tank 5 und 6 sichtbar geworden sei.
Dass die schiffseitigen Gasklappen nicht ausgeklappt worden seien, müsse als Unfallursache ausscheiden, weil die Gasklappen in ihrer üblichen Konstruktion weder mit dem Gangbord noch mit dem Trunkdeck fest abschlössen. Gase könnten sich auch durch die vorhandenen Ritzen ausbreiten.
Die Beklagten haben ausgeführt, der Beklagten zu 1 komme Ausrüstereigenschaft zu. Die Beklagte zu 1 habe ein ihr nicht gehöriges Schiff der Führung eines von ihr zu stellenden und ihrer Weisungsbefugnis unterliegenden Schiffers anvertraut. Das auf der streitigen Reise an Bord befindliche Personal sei von der Beklagten zu 2 für die Beklagte zu 1 angeheuert worden, da diese aus ihrem eigenen Personalbestand keine Besatzungsmitglieder habe zur Verfügung stellen können. Die Beklagte zu 1 sei hinsichtlich der für den Schiffsbetrieb erforderlichen Weisungsbefugnis in alle Rechte und Pflichten der Heuerverträge eingetreten. Die Schiffsführung habe den Dispositionen der Beklagten zu 1 unterlegen. Die Beklagte zu 1 sei befugt gewesen, dem Schiffsführer Order zu erteilen.
Sehe man die Beklagte zu 1 als Frachtführerin und die Beklagte zu 2 als Ausrüsterin an, sei zu berücksichtigen, dass das Haftungsprivileg des Schiffseigners und des Ausrüsters im Vorgriff auf die kommende gesetzliche Regelung beruhend auf der CLNI auch auf den Charterer und die Schiffsbesatzung auszudehnen sei. Auch in Bezug auf Reisende sei das Haftungsprinzip des § 4 BinSchG außer Kraft gesetzt worden. Hiernach sei zu ihren Gunsten von einer Haftungsbeschränkung auszugehen.
Schließlich haben die Beklagten dargelegt, die Organisation und das Sicherheitssystem der Klägerin habe Mängel und Fehler gehabt. Infolge des Fehlens einer landseitigen Schlauchwache habe man nicht unverzüglich die Feuerlöscheinrichtungen in Betrieb setzen können. Der Zeuge B. habe von dem Produktaustritt, der fontänenartig erfolgt sei, nichts bemerkt. Erst eineinhalb bis zwei Minuten später habe B. das zu dieser Zeit bereits 30 bis 50 cm hohe Feuer gesehen und dann immer noch nicht reagiert, sondern erst den Schichtführer und seine Arbeitskollegen verständigt. Erst dann habe er die Wasser- und Schaumlöschanlage eingeschaltet und die Ölsperre in Betrieb genommen. Wäre die Feuerlöscheinrichtung sofort nach dem Produktaustritt in Betrieb gesetzt worden, wäre die Entzündung der Gase, zumindest die Explosion und damit zugleich der Schaden mit Sicherheit nicht eingetreten.
Das Rheinschifffahrtsgericht hat nach Beiziehung der genannten Verklarungsakten und Durchführung einer weiteren Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens und der Anhörung des Sachverständigen Kratzenberg die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin DM 2.909.497,21 nebst 4 % Zinsen aus DM 2.399.671,21 seit dem 11. 11. 1991 sowie aus DM 509.826.- seit dem 16. 3. 1992 zu zahlen, die Beklagte zu 2 gem. § 4 BSchG beschränkt mit Schiff und Fracht haftend. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat das Rheinschifffahrtsgericht zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 1 und 2 nach Maßgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens verteilt.
Zur näheren Begründung seiner Entscheidung hat das Rheinschifffahrtsgericht, das seine sachliche Zuständigkeit gegenüber sämtlichen Beklagten bejaht hat, ausgeführt, Steuermann P.M. habe die Schäden schuldhaft herbeigeführt. Ausgelaufenes Naphta sei zum Hinterschiff des MTS "A " gelaufen und sei dort in ein verbotswidrig offenstehendes Fenster der Wohnung des Zeugen P.M. eingedrungen. An einer dort verbotswidrig brennenden Flamme des Gaskühlschrankes habe sich das Naphta entzündet. Dieser Brand habe im weiteren Verlauf zur Explosion des Schiffes geführt.
Ein unfallursächliches Verschulden anderer Personen könne nicht festgestellt werden.
Die kapverdischen Besatzungsmitglieder D. und R. hätten zwar während des Löschvorgangs die Drähte des Schiffes nicht nachgefiert, es gebe aber keine Anhaltspunkte dafür, dass dieses Unterlassen pflichtwidrig gewesen sei und zu einer Belastung von Drähten und des Schiffsverbandes geführt habe und eine Belastung schadensursächlich gewesen sei. Soweit eine Schräglage des Schiffes entstanden sei, stehe nicht fest, dass ohne eine Schräglage keine Entzündung des Produktes erfolgt wäre. Schon konstruktionsbedingt und aufgrund der Trimmung hätte Produkt nach Steuerbord und achtern laufen müssen. Im Übrigen habe das Nachfieren den Zweck, eine extreme Belastung der Drähte und des Schiffsverbandes, nicht aber den Weg auslaufenden Produktes zu einer Zündflamme zu verhindern. Es fehle am notwendigen Zusammenhang zwischen dem Schutzzweck der Norm und dem tatsächlichen Kausalverlauf.
Der Grund für den Produktaustritt habe nicht ermittelt werden können. Der Produktaustritt könne sowohl am Marinelader als auch an den Löschleitungen des Schiffes erfolgt sein. Eine Undichtigkeit an der Schnelltrennkupplung des Marineladers habe nicht festgestellt werden können. Insbesondere stehe nicht fest, dass der Vitonring im oberen Teil des Marineladers tatsächlich verschlissen gewesen und deshalb Produkt ausgetreten sei. Ebenso wenig könnten aus dem subjektiven Eindruck des Zeugen R., wonach Naphta von unten nach oben gespritzt sei, Feststellungen über die Austrittsstelle des Produkts getroffen werden, zumal die beiden kapverdischen Besatzungsmitglieder die Austrittsstelle nicht hätten genau lokalisieren können.
Offen könne bleiben, ob sich die Gasklappen des Schiffes in einem vorschriftsmäßigen Zustand befunden hätten. Selbst wenn man das annehme, stände die Kausalität der Pflichtverletzung für den Schaden nicht fest, da der Sachverständige Kratzenberg ausgeführt habe, eine nach seiner Schätzung geringe Menge Naphta sei über das Trunkdeck nach achtern gelangt. Dieses Produkt hätten auch ordnungsgemäß gesetzte Gasklappen nicht aufgehalten. Auch habe dieser Sachverständige ausgeführt, dass nach den Bekundungen der Zeugen D. und R. das Produkt möglicherweise fein verteilt worden sei, was eine Gasbildung begünstigt habe. Derartige Dampfwolken würden durch Wind und sich bewegende Personen bewegt und mitgenommen. Es müsse offen bleiben, ob die Ausbreitung derartiger Dampfwolken durch die Gasklappen wirksam hätte gehindert werden können.
Die als Wache eingeteilten Besatzungsmitglieder D. und R. hätten weder die Reißleine noch den Rufknopf betätigt. Von dieser Möglichkeit hätten sie nichts gewusst. Das Beweisergebnis spreche dafür, dass Rufknopf und Reißleine sich im Bereich des ausspritzenden Produkts befunden hätten. Um Rufknopf und Reißleine zu betätigen, hätten sich diese Zeugen in den Bereich des austretenden Produkts begeben müssen und sich hierdurch selbst gefährdet. Dazu wären sie nicht verpflichtet gewesen, weshalb der unterlassene Hinweis des Beklagten zu 3 auf die Existenz von Reißleine und Rufknopf nicht schadensursächlich sei. Hinzu komme, dass eine Betätigung der Reißleine lediglich die Klappen am Verladearm und das Schnellschlussventil an Land schließe. Das Auslaufen von Produkt wäre nicht verhindert worden. Hierzu müssten die schiffsseitigen Pumpen ausgeschaltet werden. Das aber habe D. getan.
Dass die Durchzündung des Brandes an Deck in die Tanks durch schiffsseitige Versäumnisse verursacht worden sei, stehe nicht fest. Mit großer Wahrscheinlichkeit sei die Zündung über die Schnellschlussklappe der Dreiergruppe erfolgt. Es kämen aber noch andere Mechanismen als Explosionsursache in Frage, insbesondere jede Tempe¬raturerhöhung, z. B. der Tankwände als Folge des Brandes.
Für den Unfallschaden müssten die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner einstehen.
Die Beklagte zu 1 hafte aus positiver Vertragsverletzung.
Die Beklagte zu 1 sei hinsichtlich der Naphtaladung Frachtführerin gewesen. Nach dem Frachtvertrag sei die Beklagte zu 1 verpflichtet gewesen, sich so zu verhalten, dass Eigentum und sonstige Rechtsgüter ihres Vertragspartners bei der Abwicklung des Schuldverhältnisses nicht verletzt wurden. Bei der Erfüllung dieser allgemeinen Vertragspflichten habe sich die Beklagte zu 1 der Besatzung des MTS " A " bedient und müsse für deren Verschulden nach § 278 BGB einstehen. Dabei sei es unerheblich, ob sie den Transport selbst durchgeführt habe oder sich der Beklagten zu 2 als Unterfrachtführerin bedient habe.
Eine Haftungsbeschränkung nach § 4 BinSchG greife zu Gunsten der Beklagten zu 1 nicht ein. Sie sei nicht Ausrüsterin des MTS " A " gewesen. Die Beklagte zu 1 habe nicht das wirtschaftliche Risiko des Schiffseinsatzes getragen. Die Beklagte zu 2 habe alle Kosten des Einsatzes einschließlich der Personalkosten getragen. Auch habe der Geschäftsführer der Beklagten zu 2 das Personal persönlich eingestellt und die Personalkosten der Beklagten zu 2 in Rechnung gestellt. Die Beklagte zu 2 habe von der Beklagten zu 1 die von dieser vereinnahmten Frachten abzüglich 5 % Provision erhalten. Die Beklagte zu 2 habe das Risiko getragen, dass die Fracht die Kosten nicht gedeckt hätten. Zudem sei in dem Charter-Vertrag der Parteien die Beklagte zu 1 konsequent als " Befrachter " bezeichnet. Dieser Begriff entspreche dem des Absenders. Die Beklagte zu 1 habe somit hinsichtlich der mit MTS " A " vorgenommenen Transporte mit der Beklagten zu 2 Prachtverträge geschlossen. Aus dieser Rechtsposition resultiere ihr Recht, Anweisungen unmittelbar an die Besatzung des MTS "A " zu geben. Daraus könne ebenso enig wie aus der Tatsache, dass das Schiff die Flagge der Beklagten zu 1 geführt habe, auf eine Ausrüstereigenschaft der Beklagten zu 1 geschlossen werden.
Eine summenmäßige Haftungsbeschränkung sehe das geltende Recht für die Binnenschifffahrt lediglich bei der Personenbeförderung vor. In Analogie zu dieser Vorschrift oder im Vorgriff auf die noch nicht übernommenen Regeln des Straßburger Abkommens über die Beschränkung der Haftung in der Binnenschifffahrt sei keine Haftungsbeschränkung im vorliegenden Fall anzunehmen. Die Regeln des Straßburger Abkommens seien kein geltendes Recht. Das Gericht könne dem Gesetzgeber nicht vorgreifen.
Die Beklagte zu 2 hafte als Ausrüsterin für das Verschulden des Zeugen Peter M., der zur Besatzung des MTS "A " gehört habe, nach § 3 Abs. 1 BinSchG. Diese Haftung sei nach § 4 Abs.l Nr. 3 BinSchG auf Schiff und Fracht beschränkt.
Eine persönliche Haftung der Beklagten zu 2 aufgrund eines Verschuldens ihrer Organe habe die Klägerin nicht bewiesen.
Eine Haftung der Beklagten zu 2 ergebe sich auch nicht aus § 831 BGB. Die Beklagte zu 2 habe weder bei der Auswahl noch bei der Überwachung des Zeugen M. gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verstoßen. Der Zeuge P.M., durch dessen Fehlverhalten es zum Unfall gekommen sei, sei zur Unfallzeit bereits seit 30 Jahren in der Binnenschifffahrt und seit 1958 auf einem Tankschiff gewesen. M. sei selbst Schiffseigner und abwechselnd auf Schiffen der Beklagten zu 2 beschäftigt. Die Beklagte zu 2 habe deshalb davon ausgehen können, dass ihm die Vorschriften über das Verhalten beim Löschen des gefährlichen Produkts Naphta aufgrund seiner langen Berufserfahrung bekannt gewesen seien. Eines besonderen Hinweises hätte es nicht bedurft. Nach dem Eindruck vor Gericht sei davon auszugehen, dass M. das Gebot zum Schließen der Fenster und das Verbot der offenen Flamme bekannt gewesen sei.
Ein Mitverschulden der Klägerin stehe nicht fest.
Soweit die verzögerte Wahrnehmung des Produktaustritts durch die Benutzung einer Fernsehanlage in Rede stehe, stehe nicht fest, dass bei einer früheren Wahrnehmung des Produktaustritts durch den Zeugen B. das Feuer und die Explosion verhindert worden wären. Hätte B. vor dem Feuer den Produktaustritt bemerkt, so hätte ihn dies zur Unterbrechung der Löschung der Ladung veranlasst. Hierdurch wäre der weitere Austritt von Produkt und die weitere Ausbreitung des bereits ausgelaufenen Produkts an Bord nicht beendet worden. Eine Betätigung der Feuerlöscheinrichtungen wäre bei Austritt des Produkts nicht veranlasst gewesen und wäre auch nicht vorgenommen worden. Ob der Zeuge B. tatsächlich den Produktaustritt verspätet entdeckt habe und wie viel Zeit zwischen dem Produktaustritt und dem Ausbruch des Feuers vergangen sei, habe nicht geklärt werden müssen.
Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Zeuge B. das Feuer nicht unmittelbar nach seinem Ausbruch auf dem Bildschirm wahrgenommen habe.
Auch ein unfallursächliches Verschulden des Zeugen B. nach dem Ausbruch des Feuers stehe nicht fest. Selbst wenn der Zeuge B. nach Feststellung des Feuers zunächst die Löscheinrichtungen eingeschaltet und dann erst den Schichtleiter und seine Kollegen benachrichtigt hätte, könne durch einen solchen Fehler allenfalls eine Verzögerung von wenigen Sekunden entstanden sein. Dass diese Verzögerung sich auf das Unfallgeschehen ausgewirkt haben könnte, sei angesichts des sich rasch ausbreitenden Brandes höchst unwahrscheinlich.
Die Klägerin habe sich zur Schadenshöhe auf die im Verklarungsverfahren vorgeleg¬ten Kostenzusammenstellungen berufen. Diese Kostenzusammenstellungen hätten die Beklagten nicht bestritten. Die Höhe des Schadens sei deshalb unstreitig.
Die Kostenentscheidung hat das Rheinschifffahrtsgericht § 92 Abs. 1 ZPO entnommen und ausgeführt, die Kostenentscheidung gelte auch für die Kosten des Verklarungsverfahrens. Soweit die Kosten des Verklarungsverfahrens im Rechtsstreit nicht festsetzungsfähig seien, sei die Zahlungsverpflichtung der Beklagten zu 1 und 2 festzustellen.
Gegen dieses Urteil haben die Klägerin und die Beklagten zu 1 und 2 Berufung eingelegt.
Die Klägerin ist im Gegensatz zu der Beklagten zu 1 der Ansicht, die Rheinschifffahrtsgerichte seien für die Entscheidung ihrer gegen diese gerichteten Klageansprüche zuständig. In die Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte fielen alle Ansprüche für Schäden, die von Schiffen während ihrer Verwendung zur Schifffahrt anderen zugefügt würden. Wenn selbst ein Schiffsunfall während des Wartens auf die Löschung der Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte unterliege, gelte das erst recht für einen Unfall während des Löschens, wie er hier eingetreten sei. Es widerspräche auch der Prozessökonomie und dem Streben nach materieller Gerechtigkeit, die Klageansprüche in solche gegen die Beklagte zu 1 vor dem Schifffahrtsgericht und solche gegen die Beklagte zu 2 vor dem Rheinschifffahrtsgericht aufzuspalten und so die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten auseinanderzureißen. Richtigerweise müsste ein einheitlicher Lebensvorgang vor einem dazu berufenen Gericht entschieden werden, womit gleichzeitig ein einheitlicher Instanzenzug eröffnet werde.
Für den Fall der Zuständigkeit der Schifffahrtsgerichte werde beantragt, den Rechtsstreit gegen die Beklagte zu 1 an das Rheinschifffahrtsgericht zurückzuverweisen, damit dieses über ihren Antrag in der Klageschrift , den Rechtsstreit insoweit an das Schifffahrtsgericht Mannheim zu verweisen, entscheide.
Entgegen ihrer Ansicht hafte die Beklagte zu 1 der Klägerin aus positiver Vertragsverletzung unbeschränkt. Die Beklagte zu 1. sei nicht Ausrüsterin des MTS "A " gewesen.
Die Besatzung dieses Schiffes habe nicht der Dispositionsbefugnis der Beklagten zu 1 unterstanden.
Anweisungen an die Schiffsbesatzung habe vor und nach dem Unfall ausschließlich Herr Bo. als Geschäftsführer der Beklagten zu 2 erteilt. Selbst wenn Herr Bo. die Geschäfte der Beklagten zu 1 habe führen und in deren Namen habe handeln wollen, sei das gegenüber der Besatzung des MTS "A " nach außen nicht erkennbar gewesen.
Auch in dem Chartervertrag vom 20./30. 10. 1989 stehe nichts von einer Dispositionsbefugnis der Beklagten zu 1.
Die Beklagte zu 2 habe die Besatzungsmitglieder angeheuert, angewiesen, bezahlt und entlassen. Arbeitsvertragliche Beziehungen habe die Schiffsbesatzung nur zu der Beklagten zu 2 gehabt.
Die Beklagte zu 1 habe nicht selbst die Führung des MTS " A " einem Schiffsführer anvertraut. Nach dem Chartervertrag habe die Beklagte zu 1 keinen Schiffsführer stellen müssen. Tatsächlichen sei auch weder der Beklagte zu 3 noch der Schiffsführer M. jun. auf Veranlassung der Beklagten zu 1 auf MTS " A " tätig gewesen.
Darüber hinaus ergebe sich die Ausrüstereigenschaft der Beklagten zu 2 aus dem Inhalt der Versicherungsverträge betreffend das MTS "A ", Werftrechnungen, Bunkerrechnungen, dem Klassifikationsattest des Germanischen Lloyds, und aus einem Attest des Germanischen Lloyds. Nach dem Unfall habe auch der Geschäftsführer der Beklagten zu 2 , Herr Bo. sofort reagiert und noch am Unfalltage eine Sicherheit für den Beklagten zu 3 und den Steuermann P.M. geleistet. Dessen Sohn heiße auch " A ". Schließlich habe Herr Bo. im Verklarungsverfahren die Beklagte zu 2 als Ausrüsterin bezeichnet.
Selbst wenn die Beklagte zu 1 Ausrüsterin gewesen sei, hätte das nicht ihre beschränkte Haftung zur Folge, weil ihr ein kommerzielles Verschulden zur Last falle.
Den Beklagten zu 3 treffe der Vorwurf unfallursächlichen Verschuldens. Er habe die Reise angetreten, obwohl sich die erforderliche Mindestbesatzung nicht an Bord befunden habe. Er habe auch gewusst, dass die Besatzungsmitglieder D. und R. über keine Schiffer- oder Matrosenausbildung verfügten, die Sicherheitsvorschriften auf Tankschiffen und in Löscheinrichtungen nicht kannten, erst kurze Zeit an Bord waren und eine Verständigung mit R. nicht und mit D. nur eingeschränkt möglich gewesen sei.
Der Beklagte zu 3 habe es versäumt, D. und R. auf die vorhandenen Sicherheitseinrichtungen beim Löschen, insbesondere den Rufknopf und die Reißleine hinzuweisen. Beide hätten Rufknopf und Reißleine erreichen können, wenn ihnen bekannt gewesen wäre, dass es solche Sicherheitseinrichtungen gegeben habe. Die Beklagten hätten nicht bewiesen, dass sich diese Sicherheitseinrichtungen im Bereich des ausspritzenden Produkts befunden hätten. Nicht nur der Beweis des ersten Anscheins, sondern auch die Lebenserfahrung spreche dafür, dass die genannten Sicherheitseinrichtungen nicht betätigt worden seien, weil D. und R. davon nichts gewusst hätten.
Der Beklagte zu 3 habe den ungeeigneten Besatzungsmitgliedern D. und R. die verantwortliche Löschung der Ladung überlassen und sich selbst schlafen gelegt. Für eine Kontrolle ihrer Arbeiten habe er nicht gesorgt.
Für die Pflichtwidrigkeiten des Steuermanns P.M. müsse der Beklagte zu 3 einstehen. Durch einen einfachen Kontrollgang hätte er das offene Fenster in der Wohnung des Steuermanns bemerken und dessen Schließung veranlassen müssen. Er habe auch in der ADNR-Prüfliste zugesichert, dass alle Türen und Fenster der Schiffswohnungen geschlossen seien. Ebenfalls habe der Beklagte zu 3 in der von ihm unterschriebenen ADNR-Prüfliste versichert, dass sämtliche Ventile der Flüssiggasanlagen geschlossen seien. Tatsächlich hätten nach dem Unfall die Feuerstellen eines Herdes zum Teil auf " auf " gestanden, was zu der Vermutung Anlass gebe, dass zur Unfallzeit ( 6.42 Uhr = Frühstückszeit )eine Flamme gebrannt habe. Außerdem habe in dem gasbetriebenen Kühlschrank eine offene Flamme gebrannt.
Die Beklagte zu 2 könne sich auf eine Haftungserleichterung nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 BinSchG nicht berufen, weil sie der Vorwurf kommerziellen Verschuldens treffe. Sie habe MTS " A " unterbemannt und mit ungeeigneten Besatzungsmitgliedern auf Reise ausgesandt.
Schließlich habe es das Rheinschifffahrtsgericht entgegen der Urteilsbegründung versäumt, über ihren Antrag betreffend die Kosten des Verklarungsverfahrens, die nicht Kosten des Rechtsstreits seien, zu entscheiden.
Zur Höhe des Klageanspruchs führt die Klägerin aus, ihr Klageantrag orientiere sich nunmehr an dem Gutachten Kratzenberg vom 28. 6. 1992 in Höhe von 2.588.496,— DM. Weder diesen Betrag noch den früher bezifferten Betrag hätten die Beklagten substantiiert bestritten.
Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils:
1. die Beklagten zu 1 - 3als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 2.588.496,— DM nebst 4 % Zinsen aus 2.399.671,21 DM seit dem 1. 11. 1991, sowie 4 % Zinsen aus 188.824,79 DM seit dem 16. 3. 1992 zu zahlen;
2. die Beklagten zu 1 - 3 zu verurteilen, als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen einschließlich der in diesem Rechtsstreit festsetzungsfähigen Kosten des Verklarungsverfahrens H 2/90 BSch Schifffahrtsgericht Mannheim;
3. die Beklagten zu 1 - 3 zu verurteilen als Gesamtschuldner die der Klägerin ent¬standenen Kosten des Verklarungsverfahrens H 2/90 BSch Schifffahrtsgericht Mannheim zu tragen, soweit diese Kosten nicht als Kosten des Rechtsstreits festgesetzt werden;
hilfsweise:
die Beklagten zu 1 - 3 zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin weitere 2.218,70 DM zu zahlen;
4. die Berufung der Beklagten zu 1 und 2 zurückzuweisen.
Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils:
1. die Klage gegen die Beklagte zu 1 als unzulässig abzuweisen;
hilfsweise,
die Beklagte zu 1 wird unter Feststellung eines Mitverschuldens der Klägerin dem Grunde nach verurteilt mit der Maßgabe, dass ihre Haftung auf den Wert des Schiffes und der Pracht gemäß § 4 BinSchG beschränkt ist;
äußerst hilfsweise,
die Beklagte zu 1 unter Feststellung eines Mitverschuldens der Klägerin dem Grunde nach mit der Maßgabe zu verurteilen, dass ihre Haftung gemäß den Bestimmungen des Straßburger Übereinkommens ( CLNI) beschränkt ist;
2. die Beklagte zu 2 gemäß § 4 BinSchG beschränkt auf Schiff und Fracht dem Grunde nach unter Feststellung eines Mitverschuldens der Klägerin zu verurteilen;
3. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte zu 1 wendet sich gegen die Zuständigkeit des Rheinschifffahrtsgerichts, wenn sie nur als Frachtführer angesehen werde. Sie sei Ausrüsterin und Charterer des MTS " A " gewesen. Sie könne deshalb das Privileg der beschränkten Haftung. in Anspruch nehmen. Das gelte auch, wenn Ansprüche aus einem Frachtvertrag angenommen würden.
Soweit das Rheinschifffahrtsgericht seine Zuständigkeit auf die Verwendung eines Schiffes zur Schifffahrt abstelle, könne dieser Begriff sich nicht auf den Frachtführer beziehen, der sich zur Erfüllung einer frachtvertraglichen Verpflichtung, ohne selbst Schiffseigner oder Ausrüster zu sein, sich eines fremden Schiffes bediene, das durch einen Unterfrachtführer eingesetzt werde. Die Verwendung zur Schifffahrt setze ein enges Verhältnis des Schiffseigners oder Ausrüsters zu der Tätigkeit der Schiffsbesatzung und eine Weisungsbefugnis im nautischen Bereich voraus, was bei einem Frachtführer als solchem nicht anzunehmen sei. Der Anspruchsgegner in einer Rheinschifffahrtssache müsse als Schiffseigner oder Schiffsführer für das Verschulden des Schiffspersonals hinsichtlich des durch den Schiffsbetrieb verursachten Schadensereignisses verantwortlich sein. Kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Betrieb eines Schiffes bestehe in personeller Hinsicht zu einem Frachtführer, der weder Schiffseigner noch Ausrüster sei. Rein frachtvertragliche Ansprüche gehörten deshalb nicht zum Zuständigkeitsbereich des Art. 34 Abs. 2 c) der Mannheimer Akte, selbst wenn der Frachtführer aus vertraglichen Gründen für ein Verschulden der Schiffsbesatzung hafte.
Ihre Rechtsstellung, so meint die Beklagte zu 1, sei jedoch nicht nur die eines bloßen Frachtführers, sondern die einer Ausrüsterin. Hierfür sei ausschlaggebend, dass sie nach dem Chartervertrag das Schiffspersonal zu stellen hatte. Dieses Personal habe ihrer Dispositionsbefugnis unterstanden. Sie habe die Führung des Schiffes einem von ihr zu stellenden Schiffsführer anvertrauen müssen. Dieser sei in ihrer Vertretung von Herrn Bo. angestellt worden.
Als Charterer des MTS "A " sei ihre Haftung nach Maßgabe des Straßburger Übereinkommens ( CLNI ) beschränkt. In allen Rheinanliegerstaaten außer Frankreich und Deutschland gelte die beschränkte Haftung des Charterers. Alle Rheinanliegerstaaten sowie Belgien und Luxemburg hätten das Straßburger Übereinkommen vom 4. 11. 1988 (CLNI) gezeichnet. Die Bundesrepublik Deutschland sei nach dem Einigungsvertrag verpflichtet, dieses Übereinkommen in nationales Recht umzusetzen. Wenn auch eine gesetzliche Regelung dieser Art bisher unterblieben sei, müsse die Rechtssprechung im Vorgriff auf die mit Sicherheit zu erwartende gesetzliche Änderung den Kreis der durch eine Haftungsbeschränkung privilegierten Personen erweitern und das Summenhaftungssystem anwenden. Danach würde sich eine Haftungssumme von 527.400 Rechnungseinheiten entsprechend dem Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds ergeben. Den Wandel der Auffassung über die gerechte Gewährung der Haftungsbeschränkung auch ohne Niederschlag in der Gesetzgebung habe der Bundesgerichtshof ( BGHZ 56, 300 ) bereits in einem Parallelfall berücksichtigt und eine Lücke der Haftungsbeschränkung geschlossen. Entsprechend sei auch hier eine Haftungsbeschränkung zu Gunsten des Charterers anzunehmen.
Ein Verschulden des Beklagten zu 3 liege nicht vor. Entgegen der Darstellung der Klägerin sei die erforderliche Mindestbesatzung an Bord gewesen. Selbst wenn man annehme, MTS "A" sei unterbemannt gewesen, habe sich dieser Umstand nicht schadensursächlich ausgewirkt.
Die Einteilung der kapverdischen Besatzungsangehörigen beim Löschen des Schiffes sei nicht zu beanstanden. Die Vorbereitung und den Beginn des Löschvorgangs habe der Beklagte zu 3 überwacht. Erst als dieser und das Löschpersonal der Klägerin sich davon überzeugt hätten, dass der Löschvorgang normal vonstatten ging, seien die genannten Besatzungsmitglieder zur Schlauchwache eingeteilt worden. Hierfür habe der Matrose D. genügend Erfahrung gehabt. D. und R. hätten eindeutige Verhaltensmaßregeln erhalten, die sie auch befolgt hätten. D. habe das getan, was in der eingetretenen Situation hätte getan werden können und was richtig gewesen sei. Er habe den Pumpenmotor abgestellt. Mehr als den Motor abzustellen, habe D. nicht tun können, da unmittelbar darauf der Brand ausgebrochen sei.
Auch wenn der Matrose D. nicht auf die vorhandenen Sicherheitseinrichtungen hingewiesen worden sei, liege darin kein schadensursächliches Verschulden des Beklagten zu 3, weil Rufknopf und Reißleine für die Schlauchwache nicht mehr er¬reichbar gewesen seien, nachdem Produkt ausgeströmt sei.
Der Beklagte zu 3 müsse auch nicht für Pflichtwidrigkeiten des Steuermanns P.M. aufkommen. Er habe bereits vor dem Beginn des Löschens diesem Zeugen gesagt, er solle die Fenster zumachen und das Gas abstellen. Danach habe er sich davon vergewissert, dass in allen Wohnungen Türen und Fenster geschlossen waren. Damit habe der Beklagte zu 3 seine Kontrollpflichten erfüllt. Für ein späteres Fehlverhalten des Steuermanns sei der Beklagte zu 3 nicht verantwortlich. Bei diesem Zeugen handele es sich um einen erfahrenen Schiffer mit 30-jähriger Praxis, der selbst das ADNR-Zeugnis besitze. Auf seinen Steuermann habe der Beklagte zu 3 sich verlassen dürfen.
Die Beklagte zu 2 nimmt eine beschränkte Haftung aus § 4 Abs. 1 Nr. 3 BinSchG hin, hält aber ein Eigenverschulden nicht für bewiesen.
Ferner wenden sich die Beklagten gegen die Auffassung des Rheinschifffahrtsgerichts, dass die Klägerin kein Mitverschulden treffe. Sie sind der Ansicht, eine zentrale Überwachung von einem weit über hundert Meter vom Hafenbecken gelegenen Zentralen Leitstand reiche nicht aus, um sofort Schadensfälle zu entdecken. Das könne nur eine auf dem Steiger befindliche Wache. Gerade bei feuergefährlichen Produkten sei jede Sekunde kostbar.
Der von der Klägerin überreichte Prospekt "Hafen Ludwigshafen " vermittele einen Eindruck von der Mangelhaftigkeit der Überwachung von Lade- und Löschvorgängen mittels Schwarz-Weiß-Monitoren. Die Monitore seien zu klein, um eine ordnungsgemäße Überwachung zu ermöglichen. Auch könne nach dem Ergebnis des Verklarungsverfahrens lediglich ein Ausschnitt des Schiffes beobachtet werden. Den Marinelader und den Anschluss an die Schiffsleitung habe man nicht beobachten können.
Nach der Feststellung des Brandes auf MTS " A " habe das Bedienungspersonal der Klägerin zu spät reagiert. Die Tatsache, dass die Feuerlöschanlage nicht sofort eingeschaltet worden sei, müsse als Fehler gewertet werden. Es sei auch nicht nur eine Verzögerung von wenigen Sekunden entstanden. Dafür sprächen die Ausführungen des Sachverständigen Dr. T. in seinem im Verklarungsverfahren erstatteten Gutachten.
Unzutreffend sei die Feststellung der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, wonach die Verformung des Dichtrings im Kniegelenk des Marineladers auf das Brandereignis zurückzuführen sei. Insoweit sei die Einholung eines Obergutachtens beantragt worden.
Zur Höhe der Klageansprüche machen die Beklagten geltend, zunächst habe der Schaden der Höhe nach nicht festgestanden und sei streitig gewesen. Nachdem die Klägerin einen bezifferten Klageantrag gestellt habe, habe sie angeregt, zunächst wie in Schifffahrtssachen üblich, ein Grundurteil zu erlassen. Unter dem 19. 5. 1993 habe die Klägerin ausgeführt, sie könne in dem anhängigen Verfahren ihre Anträge nicht abschließend formulieren. Sie, die Beklagten, hätten der Entscheidung zunächst über den Grund nicht widersprochen, zumal das Verklarungsverfahren bezüglich der Höhe des geltend gemachten Schadens noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Am 14. 7.1993 sei ihnen erst das Gutachten des Sachverständigen Kratzenberg zugestellt worden. In diesem Gutachten komme der Sachverständige zu einem Gesamtschaden der Klägerin von 2.588.496,— DM. Dieser Betrag sei ebenfalls noch streitig, da sie nach Durchsicht der dem Gutachten beigefügten Unterlagen noch Einwendungen zur Höhe des geltend gemachten Ersatzanspruchs erheben würden.
Hinsichtlich der Kosten des Verklarungsverfahrens führen die Beklagten aus, dass die Kostenentscheidung des Rechtsstreits auch für die gesamten Kosten des Verklarungsverfahrens gelte. Einer besonderen Feststellung, dass die Beklagten die Kosten des Verklarungsverfahrens auch insoweit zu tragen hätten, als sie im Streitverfahren nicht festsetzungsfähig seien, bedürfe es nicht. Ein entsprechender Ausspruch habe nur deklaratorische Bedeutung.
Entscheidungsgründe:
Die Parteien haben in ihren Ausführungen den Streitfall deutschem Recht unterstellt.
Zur Zulässigkeit der Berufungen ist folgendes auszuführen:
I.
Nach Art. 37 Abs. 2 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte ist die Berufung, wenn sie bei der Zentralkommission angebracht werden soll, binnen 30 Tagen nach der Zustellung des Urteils erster Instanz dem Gericht, welches entschieden hat, anzumelden. Nach Art. 37 Abs. 3 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte hat der Appelant sodann innerhalb von 30 Tagen nach erfolgter Anmeldung die schriftliche Rechtfertigung der Berufung dem Gericht zu übergeben. Das hätte im Streitfall, in dem die Berufungen der Klägerin und die der Beklagten zu 1 und 2 innerhalb der Berufungsfrist beim Rheinschifffahrtsgericht am 27. 4. 1993 bezw. am 28. 5. 1993 eingegangen sind, spätestens am 27. 5. 1993 bezw. am 28. 6. 1993 geschehen müssen. Das war nicht der Fall. Vielmehr ist die Übergabe der schriftlichen Rechtfertigungen an das Rheinschifffahrtsgericht erst am 22. 6. 1993 bezw. am 29. 7. 1993 erfolgt. Die schriftlichen Rechtfertigungen waren damit verspätet. Allerdings hat das Rheinschifffahrtsgericht vor Fristablauf auf die Anträge der Prozessbevollmächtigten der Parteien die Frist des Art. 37 Abs. 3 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte für die Klägerin durch Beschluss vom 19. 5. 1993 bis zum 31. 7. 1993 und für die Beklagten zu 1 und 2 durch Beschluss vom 21.6. 1993 bis zum 31. 7. 1993 verlängert. Die Verlängerung war jedoch nicht zulässig. Art. 37 Abs. 3 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte beinhaltet - wie Art. 37 Abs. 2 der Akte - eine gesetzliche Frist. Eine solche kann ein Richter nur dann wirksam verlängern, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist. Daran fehlt es hier. Die Revidierte Rheinschifffahrtsakte sieht keine Verlängerung der Frist zur Begründung der bei der Zentralkommission angebrachten Berufung vor. Demgemäß hat die Kammer in ihrem Urteil vom 15. 9. 1975 - 35 Z - 2/74 ( abgedruckt in ZfB 1976, 255 ) ausdrücklich bemerkt, dass es sich bei der Frist des Art. 37 Abs. 3 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte um eine unerstreckbare präklusive Frist handelt. Diese kann auch nicht, wie das Rheinschifffahrtsgericht in seinem Beschluss vom 19.5. 1993 ge¬meint hat, durch eine entsprechende Anwendung des § 519 Abs. 2 Satz 3 der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO) verlängert werden. Zwar kann nach dieser Vorschrift der Vorsitzende des Berufungsgerichts die ( nach § 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO einen Monat betragende ) Berufungsbegründungsfrist auf Antrag verlängern, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt. Auch gestattet Art. 30 der Verfahrensordnung der Berufungskammer dieser, die Verfahrensvorschriften des Gerichts erster Instanz ergänzend anzuwenden, soweit die Revidierte Rheinschifffahrtsakte und die Verfahrensordnung selbst keine Bestimmungen enthalten. Indessen hat die Berufungskammer bereits in dem Urteil vom 7. 5. 1974 - 24 Z -2/74 im Zusammenhang mit der Ablehnung einer entsprechenden Anwendung des § 516 ZPO ( Beginn des Laufs der Berufungsfrist mit Ablauf von 5 Monaten nach Ur¬teilsverkündung ) darauf hingewiesen, dass die Art und Weise der Berufungseinlegung einschließlich der Fristenregelung des Art. 37 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte abschließend geregelt ist. Dessen Absatz 2 und 3 beschrieben das Verfahren bei Anrufung der Zentralkommission erschöpfend und umfassend; sie seien nur für diesen Berufungsweg überhaupt von Bedeutung. Diese internationale Regelung hat, wie die Berufungskammer in dem genannten Urteil weiter ausgeführt hat, den Vorrang vor nationalen Vorschriften, zumal keinerlei Anhaltspunkte beständen, dass die vertragsschließenden Staaten der Akte insoweit auf Vorschriften des nationalen Rechts verweisen wollten, wie sie es ausdrücklich in Art. 38 Abs. 3 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte für die bei den nationalen Obergerichten eingelegten Berufungen getan hätten. Hinzu kommt, dass das ergänzende Heranziehen nationaler Fristverlängerungsvorschriften, die in den einzelnen Vertragsstaaten verschieden sein können und allein der Regelungsbefugnis des jeweiligen nationalen Gesetzgebers unterliegen, zu für den Einzelfall unterschiedlichen Regelungen für die Anrufung der Zentralkommission führen kann je nach dem Sitz des erstinstanzlichen Gerichts.
Nach alledem ist festzustellen, dass die erschöpfende und umfassende Beschreibung der Voraussetzungen für das Anbringen der Berufung bei der Zentralkommission in Art. 37 Abs.2 und 3 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte es nicht zulässt, die gesetzlich bestimmte Berufungsbegründungsfrist durch richterliche Verfügung zu verlängern. Soweit die Berufungskammer in einer Bußgeldakte eine andere Meinung vertreten hat (Urteil vom 1. 9. 1991 - 242 B - 8/91), hält sie daran nicht fest ( so vor allem bereits das Urt. vom 24. 3. 1994 - 300 Z - 12/93, ZfB Heft 12 S. 99 ).
Indessen sollen im vorliegenden Rechtsstreit die Parteien keinen Nachteil dadurch erleiden, dass sie auf die vom Rheinschifffahrtsrichter gewährte Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist vertraut haben. Auch war für sie nicht vorauszusehen, dass die Berufungskammer zu der strengen Interpretation von Art. 37 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte zurückkehrt. Es erscheint daher billig, der Klägerin und den Beklagten zu 1 und 2 Nachsicht hinsichtlich der verspäteten Einreichung der schriftlichen Rechtfertigung ihrer Berufung zu gewähren und diese nicht als verspätet zu behandeln.
II.
Auf die Berufung der Beklagten zu 1 war das angefochtene Urteil, soweit diese Beklagte verurteilt worden ist, in vollem Umfange aufzuheben und der Rechtsstreit an das Rheinschifffahrtsgericht zurückzuverweisen, da die Rheinschifffahrtsgerichte zur Entscheidung über den gegen die Beklagte zu 1 verfolgten Klageanspruch nicht zuständig sind.
1. Die Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte ist in Artikel 34 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte geregelt. Nach der hier für die Beurteilung der Zuständigkeit allein anwendbaren Vorschrift des Art. 34 Nr. II c) der Revidierten Rheinschiff -fahrtsakte sind die Rheinschifffahrtsgerichte im summarischen Prozessverfahren kompetent " über Klagen wegen der Beschädigungen, welche Schiffer und Flößer während ihrer Fahrt oder beim Anlanden andern verursacht haben ".
Entgegen dem Wortlaut der Vorschrift kann aber nicht angenommen werden, dass sie bei Schiffsunfällen die zivilrechtliche Zuständigkeit nur für Klagen wegen solcher Schäden den Rheinschifffahrtsgerichten übertragen wollte, die Schiffer und Flößer während ihrer Fahrt oder beim Anlanden andern verursacht haben, im übrigen alle sonstigen Streitigkeiten über Schäden Dritter durch den Betrieb eines Schiffes der allgemeinen Gerichtsbarkeit überlassen werden sollten. Denn ein einleuchtender Grund, diese Streitigkeiten, soweit sie den in Art. 34 Nr. II c) der Revidierten Rheinschifffahrtsakte aufgeführten Fällen praktisch entsprechen, nicht ebenfalls von den orts- und sachkundigen Rheinschifffahrtsrichtern in dem vorgesehenen möglichst einfachen und beschleunigten Verfahren entscheiden zu lassen, ist nicht ersichtlich. Demgemäß haben sich die Rheinschifffahrtsgerichte im Laufe der Zeit immer mehr von dem Wortlaut des Art. 34 Nr. II c) der Revidierten Rheinschifffahrtsakte gelöst und diese Vorschrift erweiternd ausgelegt. So hat die Berufungskammer bereits in ihrem Urteil vom 15. 2. 1969 - MS "St. Gerard" ( ZfB 1969, 168 ) ausgeführt, es gebe keinen vernünftigen Grund dafür, Unfälle beim Anlanden eines Schiffes der Zuständigkeit der mit den Verhältnissen auf dem Rhein besonders vertrauten Rheinschifffahrtsgerichte zuzuweisen, hingegen solche, die beim Ablegen eingetreten sind, von anderen Gerichten entscheiden zu lassen, obwohl es sich um gleichliegende Fälle handle. Ebenfalls wäre es unvernünftig anzunehmen, dass andere Schifffahrtsphasen, wie beispielsweise Zwischenaufenthalte des Schiffes während der Reise, das Be- und Entladen desselben oder die Bereitstellung hierzu, nicht in die Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte fallen sollten. Es müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass die beiden in Art. 34 Nr. II c) der Revidierten Rheinschifffahrtsakte genannten Schifffahrtsphasen nur beispielhaft gemeint seien und die Vorschrift Streitigkeiten hinsichtlich aller Schäden der Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte unterstelle, die Schiffe während ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung zur Schifffahrt anderen zufügen.
2. Der deutsche Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 21. 12. 1972 - II ZR 12/72 ( ZfB 1973, 103 ) Art. 34 Nr. II c) ebenfalls erweiternd ausgelegt und ausgeführt, es liege im Sinne dieser Vorschrift, zur Vermeidung widersprechender Entscheidungen über denselben Schiffsunfall, die Beurteilung der Verschuldensfrage bei Kollisionen, Anfahrungen oder Fernschädigungen im Rahmen der Rheinschifffahrt der einheitlichen Beurteilung durch eines der Rheinschifffahrtsgerichte zu überlassen, weil es einer sinnvollen Anpassung der Vorschrift an die seit ihrer erstmaligen Formulierung in der Mainzer Akte vom 31. 3. 1831 eingetretenen technischen Änderungen bedürfe, wenn sie weiterhin ihre Aufgabe erfüllen solle, für eine rasche, sachkundige und einheitliche Rechtssprechung im Bereich der Rheinschifffahrt zu sorgen. In weiteren Entscheidungen wurde dann, was auch der Rechtsprechung der Berufungskammer in ihren Urteilen vom 23.6. 1970 - ohne Aktenzeichen - ( ZfB 1970, 77), vom 14. 1. 1976 - 44 Z - 1/76 ( ZfB 1976, 257 ) und vom 25. 5. 1977 - 70 Z 8/77 ( ZfB 1978, 389 ) entspricht, neben Ausgleichsansprüchen und Schäden durch verlorene Anker die Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte in den genannten Fallgruppen nicht nur bei Klagen gegen den Schiffsführer, sondern auch für Klagen gegen andere Besatzungsmitglieder, die Lotsen oder gegen den für ein Besatzungsverschulden haftenden Schiffseigner oder Ausrüster bejaht.
3. Zu dem vorstehend beschriebenen Personenkreis gehört der ( Nur- ) Frachtführer nicht; er hat mit dem eigentlichen Schiffsbetrieb nichts zu tun. Entgegen der Ansicht der Klägerin wie auch des erstinstanzlichen Gerichts sind daher die Rheinschifffahrtsgerichte für Schadensersatzklagen gegen ihn wegen einer Verletzung des Frachtvertrages nicht zuständig. Allerdings bestimmt Art. 34bis der Revidierten Rheinschifffahrtsakte, der bei der sog. kleinen Revision der Akte im Jahre 1963 in diese eingefügt worden ist, dass " die Rheinschifffahrtsgerichte unbeschadet des ( hier nicht interessierenden ) Art. 35ter ebenfalls nach Art. 34 Ziffer II Buchstabe c zuständig sind, wenn die Parteien in einem Vertragsverhältnis stehen". Art.34bis der Revidierten Rheinschifffahrtsakte sollte jedoch nicht, wie dessen Hinweis auf Art. 34 Ziffer II Buchstabe c der Akte deutlich macht, die dort festgelegte allgemeine Zuständigkeitsregelung ändern, sondern nur die Divergenz zwischen der nationalen Rechtsprechung und jener der Rheinzentralkommission zu der Frage beseitigen, ob die Rheinschifffahrtsgerichte nach Art. 34 Ziffer II Buchstabe c allein für Klagen aus deliktischen Ansprüchen ( so bis zuletzt die Rheinzentralkommission ) oder auch solche aus vertraglichen Ansprüchen, insbesondere aus Schleppverträgen, ( so die deutschen Rheinschifffahrtsgerichte ) zuständig sind ( vgl. Wassermeyer, Der Kollisionsprozeß in der Binnenschifffahrt, 4. Aufl. S. 14/15; KischeL Die Geschichte der Rheinschifffahrtsgerichtsbarkeit von 1804 bis in die Gegenwart - 1990 - S. 209/210; vgl. außerdem das Arbeitsdokument Nr. 3 v. 27. 4. 1974 der Rheinzentralkommission zur Auslegung der Motive, die zur Redaktion des Art. 34bis während der Revision von 1963 geführt hat sowie ferner BK, Urt. v. 21. 4. 1975 - 30 Z - 1/75, ZfB 1976, 293 ).
Zugleich stellte der 2. Halbsatz des Art. 34bis der Revidierten Rheinschifffahrtsakte klar, dass sich die Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte " jedoch nicht auf die auf einen Vertrag gestützten Klagen gegen ein Schiff wegen Schäden erstreckt, die an