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Leitsätze:
1) Zuständigkeit der Rheinschiffahrtsgerichte auch für die Geltendmachung von Schäden, die durch Schiffe verursacht sind und auf Vorgängen beruhen, die zum Festmachen des Schiffes notwendig sind oder mit dem Warten auf Entladung zusammenhängen.
2) Bei stromseitig im Bereich eines Liegeplatzes verankerten Eisenringen kann davon ausgegangen werden, daß sie zum Festmachen von Schubschiffen benutzt werden dürfen, sofern keine Hinweise auf Ausnahmen oder auf die Unbrauchbarkeit der Ringe bestehen oder erkennbar sind.
Urteil des Oberlandesgerichts - Rheinschiffahrtsobergericht in Köln
vom 15. Januar 1985
3 U 90/84
(Rheinschiffahrtsgericht St. Goar)
Zum Tatbestand:
Als ein Schubverband der Beklagten im Juni 1982 bei Koblenz-Ehrenbreitstein im Bereich der Reede „Allgemeine Liegestelle für die Schubschiffahrt" vor Anker ging, wurde ein Draht, der an einem bei km 592,763 stehenden Poller befestigt war, durch einen bei km 592,800 in die Böschung einbetonierten Ring gezogen und sodann an der Schubeinheit festgemacht. Nach einiger Zeit wurde der Ring mitsamt dem Betonklotz aus der Böschung herausgerissen. Dabei drückte der Betonsockel auf das an dieser Stelle im Sandbett des Leinpfades verlegte 20-KV-Kabel der Klägerin so stark, daß es beschädigt wurde.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Ersatz ihres Schadens von über 18 600,- DM, weil deren Schiffspersonal den Schubverband fahrlässigerweise an dem Ring befestigt habe, der höchstens für das Festmachen von Einzelschiffen geeignet gewesen sei. Die Schiffsführung habe auch mit dem Vorhandensein des Stromkabels rechnen müssen, da die Verlegung von Versorgungsleitungen in Leinpfaden sehr häufig sei. Die Beklagte bestreitet jedes Verschulden. Der Verband habe ordnungsmäßig an dem innerhalb des Liegeplatzes befindlichen Ring festgemacht. Niemand habe damit rechnen können, daß das Betonfundament des Halteringes mit der Abdeckung des Kabels fest verbunden gewesen sei. Auch Hinweise auf eine verbotene oder eingeschränkte Benutzbarkeit des Halteringes habe es erkennbar nicht gegeben.
Das Rheinschiffahrtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Rheinschiffahrtsobergericht hat die Berufung zurückgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
„...Die Zuständigkeit des Rheinschiffahrtsgerichts St. Goar zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits folgt aus Art. 34 Abs. 2 c der Mannheimer Akte. Danach sind die Rheinschiffahrtsgerichte zuständig für Klagen wegen der Beschädigungen, welche Schiffer und Flößer während ihrer Fahrt oder beim Anlanden anderen verursacht haben. Diese Vertragsbestimmung ist dahin zu verstehen, daß alle Schäden einbezogen werden, die von Schiffen während ihrer Verwendung zur Schiffahrt einem anderen zugefügt werden. Danach sind von der Zuständigkeit des Rheinschiffahrtsgerichts auch Vorgänge umfaßt, die zum Festmachen des Schiffes notwendig sind oder mit dem Warten auf die Entladung zusammenhängen (vgl. Straßburg ZfB 69,168, 76, 293 und die Urteile des Senats 3 U 228/62 und 3 U 12/53 sowie Bemm-Kortendick, Rheinschiffahrtspolizeiverordnung 1983 S. 570, 571).
...
Eine Pflichtverletzung der Schiffsbesatzung der Beklagten läßt sich nicht schon daraus herleiten, daß diese auf der Reede Koblenz einen stromseitig verankerten Eisenring zum Festmachen benutzt hat. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme sowie nach der Stellungnahme des Wasser- und Schiffahrtsamtes Bingen vom 13.1.1984 befand sich der Haltering in einer Verankerung bei Stromkilometer 592,80. Die allgemeine Liegestelle für die Schubschiffahrt reichte auf der Reede Koblenz von Stromkilometer 592,80 bis Stromkilometer 593,40. Danach ist davon auszugehen, daß der Ring unmittelbar an der Grenze der Liegestelle befestigt war und daher grundsätzlich von der Schubschiffahrt zum Festmachen gebraucht werden konnte.
...
Die Benutzung des Eisenringes zum Festmachen war weder durch einen erkennbaren Hinweis noch durch Veröffentlichungen (insbesondere durch Mitteilungen der Wasser- und Schiffahrtsämter) für Schubverbände ausgeschlossen. Es sind auch keine Umstände erkennbar, die den Ring an der Liegestelle zum Festmachen in der vorgenommenen Weise für ungeeignet auswiesen. Der Ring selbst hat den Belastungen, die durch das Festmachen auftraten, standgehalten. Soweit die Verankerung des Ringes herausgerissen worden ist, war dies für die Schiffsbesatzung der Beklagten bei der Inanspruchnahme des Ringes nicht vorhersehbar. Im übrigen hat die Schiffsbesatzung den Verband durch drei Anker gesichert, so daß sie danach davon ausgehen konnte, der Ring werde den auftretenden Kräften standhalten. Die Erwägungen der Klägerin, die anhand eines Kräfteparallelogramms nachzuweisen versucht, daß durch den Gebrauch des Eisenringes erhebliche Kräfte aufgetreten sind, vermögen einen Verschuldensvorwurf gegen die Schiffsbesatzung der Beklagten nicht zu rechtfertigen. Die angestellten technischen Berechnungen gehen über das hinaus, was von einem Benutzer des Liegeplatzes bei verkehrsüblicher Sorgfalt zu fordern ist. Aus der Tatsache, daß die Schiffsbesatzung der Beklagten zum Festmachen einen Poller benutzt hat, der sich außerhalb der Liegestelle für die Schubschiffahrt befand, läßt sich ebenfalls eine schadensursächliche Pflichtwidrigkeit nicht herleiten. Zum einen ist es durchaus üblich, beim Festmachen Drähte voraus und achteraus zu spannen, so daß bei der vollen Ausnutzung der Liegestelle für die Schubschiffahrt notwendigerweise in gewissem Umfang übergreifend Drähte gesetzt werden müssen. Zum andern ist durch die Benutzung des Pollers kein Schaden eingetreten, sondern einzig und allein durch die Inanspruchnahme des Halteringes.
Die Frage, ob der einbetonierte Eisenring hinreichend verankert war, kann auf sich beruhen, denn selbst wenn er es nicht gewesen sein sollte, so war dies für die Schiffsbesatzung nicht erkennbar. Jedenfalls fehlen Anhaltspunkte dafür, aus denen hätte geschlossen werden können, daß der zum Festmachen angebrachte Ring tatsächlich zur Erfüllung seiner Aufgabe ungeeignet war.
.....“.