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Leitsatz:
Fährt ein Schubverband in das Wendebecken eines Hafens und führt er dort ein Wendemanöver durch, kann er bei einer in der Mitte des Hafenbeckens gegebenen relativ dünnen Eisschicht nicht vorhersehen, dass eine 100 bis 150 m entfernte Steganlage durch Eisbewegung beschädigt wird, so dass ein Verstoß gegen § 1.04 RheinSchPV nicht gegeben ist.
Urteil des Oberlandesgerichts (Schiffahrtsobergerichts) Köln vom 25.1.2000
-3 U 77/99 BSch -
(Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)
Zum Tatbestand:
Die Klägerin, eine Segler-Vereinigung, ist Eigentümerin von Steganlagen im Wendebecken des Hafens K., in das der Schubverband (Boot und Tankleichter) der Beklagten zu 1), geführt vom Beklagten zu 2), am 26.1.1997 einfuhr und dort drehte. Der zum Wendebecken führende Hafenkanal war eisfrei. Das Wendebecken war eisbedeckt, es war aber nicht wegen Eisgefahr gesperrt.
Die Klägerin hat vorgetragen, durch das Manövrieren im Wendebecken habe der Schubverband eine größere Eisfläche in Bewegung gesetzt, wodurch die Steganlagen der Klägerin beschädigt worden seien. Für den Schaden seien die Beklagten verantwortlich. Als sorgfältiger Schiffsführer hätte der Beklagte zu 2) erkennen müssen, dass sich die Eisdecke durch das Manövrieren der Schubeinheit in Bewegung setzte und schwimmende Anlagen, die sich am gegenüberliegenden Ufer des Wendebeckens befinden, beschädigen konnte. Zum Schutz vor Eisgang habe die Klägerin einen ca. 50 cm breiten "Graben" um die gesamte Steganlage gesägt. Eine Eisbewegung dieser Art habe der Graben jedoch nicht auffangen können. Der verursachte Schaden betrage insgesamt 25.343,65 DM.
Die Beklagten bestreiten, dass durch das Wendemanöver ein Schaden an den Steganlagen der Klägerin verursacht worden ist. Im Wendebecken habe sich keine Eisdecke befunden, die es ermöglicht hätte, der Steganlage der Klägerin Schäden zuzufügen. Aber selbst wenn das Wendemanöver die Steganlagen beschädigt hätte, sei dies den Beklagten nicht anzurechnen. Denn es fehle bereits an der Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Beklagten zu 2), weil er befugt war, von dem Zweck des Wendebeckens, Wendemanöver durchzuführen, Gebrauch zu machen. Der Wendevorgang selbst sei ordnungsgemäß und in nautisch richtiger Weise durchgeführt worden. Zumindest fehle es an einem Verschulden des Beklagten zu 2)., der Beklagten zu 1) zurechenbar.
Die Klägerin hätte selbst dafür Sorge tragen müssen, ihre Steganlagen zu schützen. Sie habe damit rechnen müssen, dass Schiffe im Wendebecken wendeten.
Das Schifffahrtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg.
Aus den Entscheidungsgründen:
".... Der Senat ist mit dem Schifffahrtsgericht der Auffassung, dass man nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten zu 2) nicht als erwiesen ansehen kann Die Beweislast für das Verschulden des Schädigens trägt nach einhelliger Auffassung der Geschädigte.
Das Wendebecken diente gerade der Durchführung von Wendemanövern; es war an dem fraglichen Tag trotz des Eisgangs, der sich nicht plötzlich entwickelt hatte, sondern schon geraume Zeit zuvor bestand, nicht gesperrt.
Der Beklagte zu 2) war veranlasst, ein Wendemanöver durchzuführen. Unstreitig muss ein Tankschiff beim Löschen aus Gründen des Fluchtweges mit dem Kopf in Richtung Strom liegen. Der Beklagte zu 2) war auch gehalten, in dem Wendebecken und nicht im Strom zu wenden. Damit hat sich der Beklagte zu 2) im Grundsatz verkehrsrichtig verhalten (vgl. dazu BGHZ 24, 21, 26).
Ein Verstoß gegen § 1.04 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ebenfalls nicht fest. Die Bekundung des Zeugen R, wonach der Schubverband mit hoher Geschwindigkeit auf die Eisdecke fuhr, steht im Widerspruch zu den Aussagen der übrigen vom Schifffahrtsgericht vernommenen Zeugen. Insbesondere der Zeuge L - ein Mitglied des Klägers - hat bekundet, dass das Schiff langsam in das Hafenbecken einfuhr.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht auch nicht fest, dass das Eis in der Mitte des Hafenbeckens eine solche Dicke aufwies, dass der Beklagte zu 2) mit Eisgang, der geeignet war, Beschädigungen im Uferbereich zu verursache, rechnen musste. Die Bekundungen der Zeugen, die Mitglieder des Klägers sind, zu einer ganz erheblichen Eisdicke beziehen sich auf diejenige im Uferbereich, wo das Eis dicker ist als in der Mitte des Hafenbeckens, wo der Schubverband gewendet hat. Each Einschätzung der Zeugen E und 0 war die Eisdecke im Bereich des Wendemanövers nur 3 - 5 cm dick. Für die Richtigkeit der Aussagen der vorgenannten Zeugen spricht der unstreitige Umstand, dass die Schrauben von SB "P" durch das Wendemanöver nicht beschädigt worden sind.
Mit Rücksicht darauf teilt der Senat die Auffassung des Schifffahrtsgerichts, dass der Beklagte zu 2) bei dem langsamen Einfahren in eine relativ dünne Eisschicht eine Beschädigung der 100 - 150 m entfernten Steganlage des Klägers nicht vorhersehen konnte...."
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2000 - Nr.4 (Sammlung Seite 1782); ZfB 2000, 1782