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Leitsätze:
1) Ein Unterfrachtführer schuldet seinem Hauptfrachtführer gemäß den §§ 58, 26 BinSchG, 431, 432 Abs 1 HGB Freistellung von Ansprüchen wegen Ladungsschäden auch dann, wenn sie von einem weiteren Unterfrachtführer verschuldet worden sind, dieser aber aufgrund der Konnossementsbedingungen von den Ladungsinteressenten nicht in Anspruch genommen werden kann.
2) Das Ausstellen von Ladescheinen, die haftungseinschränkende Konnossementsbedingungen enthalten, welche den Schutz des Frachtführers gegenüber dem Empfänger bezwecken, ist in der Binnenschiffahrt üblich und stellt keine "positive Vertragsverletzung" dar. Wenn sich ein in den Konnossementsbedingungen enthaltenes Abtretungsverbot in der Weise auswirkt, daß der für den Schaden letztlich verantwortliche Unterfrachtführer nicht in Anspruch genommen werden konnte, kann dies dem Hauptfrachtführer nicht angelastet werden.
3) Einem den Transport ausführenden Unterfrachtführer ist die Berufung auf haftungsausschließende bzw. -beschränkende Konnossementsbedingungen bei anfänglicher Fahruntüchtigkeit seines Schiffs verwehrt.
Urteil des Oberlandesgerichts (Schiffahrtsobergerichts Köln)
vom 31.10.1995
3 U 27/95 Bsch
(Schiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)
Zum Tatbestand:
Die Klägerin war Hauptfrachtführerin eines Kohletransports von Rotterdam mit Bestimmungsort Bergkamen. Die Beklagte hatte den Transport als erste Unterfrachtführerin auf die Nebenintervenientin zu 1) übertragen. Diese hatte den Nebenintervenienten zu 2) mit der Durchführung des Transports beauftragt. Dessen Schiff wies bereits bei Reiseantritt einen Riß auf; es sank infolge eines dadurch bedingten Wassereinbruchs.
Die Klägerin war im Hinblick auf die Fahruntauglichkeit des Schiffs bei Reiseantritt dem Grunde nach zur Zahlung des Ladungsschadens verurteilt worden. Die gleichzeitig gegen den Nebenintervenienten zu 2) gerichtete Klage war mangels Aktivlegitimation abgewiesen worden, weil die in den von der Klägerin "für den Schiffer" ausgestellten Ladescheinen enthaltenen Konnossementsbedingungen ein Abtretungsverbot vorsehen (s. Verfahren 5 C 9/92 Bsch AG Duisburg-Ruhrort; 3 U 101/93 OLG Köln; vgl. ZfB 1994, Heft Nr. 14, S. 27 - Sammlung Seite 1483 -).
Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, sie von allen Ansprüchen freizustellen, die gegen sie wegen des Ladungsschadens geltend gemacht werden. Die Beklagte und der Nebenintervenient zu 2) haben beantragt, die Klage abzuweisen, denn die Klägerin sei aufgrund ihrer Konnossementsbedingungen, die eine Inanspruchnahme des Schiffers durch die Ladungsinteressenten verhinderten, gebunden und könne deshalb den Schaden nicht auf die Beklagte abwälzen.
Das Schiffahrtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten und der Nebenintervenienten hatte keinen Erfolg.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Das Schiffahrtsgericht hat der Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung stattgegeben. Die Beklagte schuldet der Klägerin aus dem mit ihr geschlossenen Rahmenvertrag gemäß §§ 58, 26 BSchG, 431, 432 Abs. 1 HGB die Freistellung von den Ansprüchen, denen sich die Klägerin in dem Verfahren 5 C 9/92 Bsch Duisburg-Ruhrort ausgesetzt sieht.
Die Klägerin ist durch ihre Konnossementsbedingungen nicht gehindert, die Beklagte in Anspruch zu nehmen. Der durch die in den Ladescheinen enthaltenen Bedingungen erzeugte Schutz des beziehungsweise der weiteren Frachtführer gegenüber den Ladungsinteressenten beeinflußt die untereinander ausgehandelten Frachtverträge nicht, eben auch nicht den zwischen den Parteien, aus dem die Klägerin nunmehr gegen die Beklagte vorgeht. Die Ladescheine bestimmen allein das Rechtsverhältnis zwischen dem Frachtführer und dem Empfänger, während für das Rechtsverhältnis zwischen dem Absender und dem Frachtführer der Frachtvertrag maßgeblich ist ( 446 HGB ).
Der Klägerin kann auch nicht vorgeworfen werden, mit der Ausstellung der die Konnossementsbedingungen enthaltenen Ladescheine die Beklagte durch eine "positive Vertragsverletzung" geschädigt zu haben.
Das Ausstellen von Ladescheinen mit entsprechenden, haftungseinschränkenden Klauseln enthaltenden Konnossementsbedingungen ist in der Binnenschiffahrt üblich. Daß die Klägerin solche ausgestellt hatte, war der Beklagten durch Übersendung von Kopien derselben auch bekannt. Die Konnossementsbedingungen enthalten auch grundsätzlich keine die Unterfrachtführer benachteiligten Bedingungen, bezwecken sie doch den Schutz des Frachtführers gegenüber dem Empfänger.
Daß sich das in den Konnossementsbedingungen enthaltene Abtretungsverbot in der Weise ausgewirkt hat, daß der für den Schaden letztlich verantwortliche Nebenintervenient zu 2) von der Zessionarin der Ladungsinteressenten beziehungsweise deren Versicherers nicht erfolgreich in Anspruch genommen werden konnte mit der Folge einer jetzigen Inanspruchnahme der Beklagten durch die Klägerin, ist kein Umstand, der der Klägerin angelastet werden kann.
Sie hatte keinen Einfluß darauf, daß die Ladungsseite beziehungsweise deren Versicherer ihre Schadensersatzansprüche entgegen dem Abtretungsverbot im Rahmen eines Factoringgeschäftes weiterveräußerte Für diesen Fehler, der in dem Rechtsstreits C 9/92 Bsch Amtsgericht - Schiffahrtsgericht - Duisburg-Ruhrort allein zur Abweisung der Klage gegen den Nebenintervenienten zu 2) führte, hat die Klägerin unter keinem Gesichtspunkt einzustehen.
Soweit die Nebenintervenienten darüber hinaus einwenden, der Nebenintervenient zu 2) sei gegenüber Regreßansprüchen derBeklagten und der Nebenintervenientin zu t) durch die haftungsausschließenden Konnossementsbedingungen geschützt, überzeugt dies nicht.
Unabhängig davon, wie die Frachtverträge zwischen den genannten weiteren Frachtführeren im einzelnen aussehen, ist dem Nebenintervenienten zu 2) die Berufung auf haftungsausschließende beziehungsweise beschränkende Konnossementsbedingungen wegen der anfänglichen Fahruntüchtigkeit seines Schiffes verwehrt (vgl. BGH 71,161; 82, 162).
Nach alledem muß der Berufung der Erfolg versagt bleiben....."
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1996 - Nr.4 (Sammlung Seite 1582), ZfB 1996, 1582