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Leitsätze:
1) Sorgt ein Schiffsführer schuldhaft nicht dafür, daß die für die jeweilige Betriebsform oder Einsatzzeit vorgeschriebene Besatzung während der Fahrt ständig an Bord ist (Art. 8 Nr. Ic EV zur RheinSchUO) oder führt er die nach § 14.08 Nr. 2 RheinSchUO vorgeschriebene Bescheinigung über die Erfüllung oder Nichterfüllung der Vorschriften nach § 14.08 Nr. 1 RheinSchUO nicht an Bord mit (Art. 8 Nr. 1 o EV zur RheinSchUO), handelt er im Sinne des § 7 Abs. 1 BinSchAufgG ordnungswidrig. Die in § 14.08 Nr. 1 RheinSchUO vorgeschriebene technische Ausrüstung der Schiffe ist für die Stärke der Mindestbesatzung bestimmend.
2) Fragen nach der Zweckmäßigkeit der Besatzungsvorschriften zu beantworten, gehört nicht zum Aufgabengebiet der Berufungskammer der ZKR.
Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 18. Februar 1993
276 B - 7/93
(auf Berufung gegen den Beschluss des Rheinschiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 31.10.1991 - 5 OWi 174/91 BSch -)
Tatbestand:
Am 26.5.1991 gegen 11.30 Uhr befuhr der Betroffene mit dem 344,457 t großen MS "B" den Rheinstrom bei km 811 in der Betriebsform A 1. Da die Ausrüstung des Schiffs nicht § 14.08 Nr. 1 RheinSchUO entsprach - der Betroffene hatte auch keine Bescheinigung nach § 14.08 Nr. 2 RheinSchUO an Bord - fehlte an der Mindestbesatzung der nach § 14.12 RheinSchUO vorgeschriebene zusätzliche Matrose. Hier wegen erging gegen den Betroffenen ein Bußgeldbescheid über 400.-- DM, weil er eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des Artikels 8 Nr. 1 c, o der EV zur RheinSchUO begangen habe.
Der Betroffene hat gegen den genannten Bescheid form- und fristgerecht "Widerspruch" eingelegt. Auf diesen Rechtsbehelf hat das Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort ihn am 31.10.1991 wegen der genannten Ordnungswidrigkeit zu einer Geldbusse von
300.-- DM verurteilt. In den Gründen hat es ausgeführt:
Grundsätzlich sei der Betroffene dafür verantwortlich, dass er mit vollständiger Besatzung fahre. Er habe sich an die Vorschriften der RheinSchUO zu halten. Er könne nicht seine Vorstellungen von einer möglichen Mindestbesatzung an die Stelle des Gesetzes setzen. Wenn er lediglich mit 2 Besatzungsmitgliedern habe fahren wollen und es richtig sei, dass sein Schiff die Voraussetzungen des § 14.08 RheinSchUO bis auf die fehlende optische Anzeige im Maschinenraum erfülle, hätte er diese letzte fehlende technische Einrichtung nachrüsten und sich dann die entsprechende Bescheinigung nach
§ 14.08 Nr. 2 RheinSchUO ausstellen lassen können.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Betroffenen.
Entscheidungsgründe:
Die in rechter Form und Frist eingelegte Berufung kann keinen Erfolg haben.
1. § 14.09 RheinSchUO schreibt für Motorschiffe bis 70 m Länge, die in der Betriebsform A 1 eingesetzt sind, eine Mindestbesatzung von einem Schiffsführer und einem Matrosen vor. Mit dieser Besatzung darf das Schiff allerdings nur fahren, wenn es die in § 14.08 Nr. 1 RheinSchUO beschriebene Ausrüstung hat; ist das nicht der Fall, so muss die Mindestbesatzung um einen Matrosen erhöht werden (§ 14.08 Nr. 1 RheinSchUO). Ob ein Schiff die (Ausrüstungs-) Vorschriften nach § 14.08 Nr. 1 RheinSchUO erfüllt oder nicht erfüllt, wird von der Untersuchungskommission in einer Bescheinigung festgehalten (§ 14.08 Nr. 2 Satz 1 RheinSchUO); diese muss sich an Bord befinden (§ 14.08 Nr. 2 Satz 2 RheinSchUO). Sorgt ein Schiffsführer schuldhaft nicht dafür, dass die für die jeweilige Betriebsform oder Einsatzzeit vorgeschriebene Besatzung während der Fahrt ständig an Bord ist, so handelt er ordnungswidrig im Sinne des § 7 Abs. 1 des Binnenschiffahrtsaufgabengesetzes (Art. 8 Nr. 1 c EV zur RheinSchUO). Gleiches gilt, wenn er schuldhaft entgegen § 14.08 Nr. 2 Satz 2 RheinSchUO die dort genannte Bescheinigung nicht an Bord mitführt (Art. 8 Nr. 1 o EV RheinSchUO).
2. Der Betroffene hat gegenüber der Wasserschutzpolizei angegeben, alle Bedingungen nach § 14.08 RheinSchUO erfüllt zu haben, "bis auf die geforderte optische Anzeige im Maschinenraum". Deshalb hätte er sein Schiff nicht lediglich mit der Mindestbesatzung von einem Schiffsführer und einem Matrosen fahren dürfen, sondern einen weiteren Matrosen an Bord nehmen müssen (vgl. § 14.08 Nr. 1 b, § 14.12 Abs. 1 RheinSchUO). Dass er das schuldhaft unterlassen hat, stellt eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar (Art. 8 Nr. 1 c EV zur RheinSchUO). Eine solche ist nach Art. 8 Nr. 1 o EV zur RheinSchUO ferner darin zu sehen, dass sich, wie die Wasserschutzpolizei bei ihrer Kontrolle des MS "B" festgestellt hat, die in § 14.08 Nr. 2 Satz 1 RheinSchUO vorgesehene Bescheinigung der Untersuchungskommission entgegen § 14.08 Nr. 2 Satz 2 RheinSchUO nicht an Bord des Schiffes befunden hat. Das alles hat auch der Betroffene nicht bezweifeln können. So heißt es in seiner Berufungsschrift wörtlich: "Da ich gegen ein geltendes Gesetz verstoßen habe, bin ich mit dem mir auferlegten Strafmass einverstanden".
3. Nun hat der Betroffene in seiner Berufungsschrift allerdings weiter bemerkt, dass er "mit der Berufung an die Zentralkommission endlich eine kompetente Stelle erreichen will, die mir eine befriedigende Antwort darauf geben kann, warum Schiffe unter 500 t in den §§ 14.08 - 14.09 gegenüber größeren Schiffen so stark benachteiligt werden". Die Beantwortung dieser Frage, welche die Zweckmäßigkeit einer oder mehrerer von der Rheinzentralkommission im Rahmen ihrer Vertragszuständigkeit erlassenen Regelungen (vgl. Art. 45 Abs. 1 Buchst. b der Mannheimer Akte) betrifft, gehört aber nicht zum Aufgabengebiet der Berufungskammer. Dieses umfasst allein "die Entscheidung in den bei ihr eingelegten Appellationen gegen die Erkenntnisse der Rheinschiffahrtsgerichte" (Art. 45 Abs. 1 Buchst. c, Art. 45bis Abs. 1 der Mannheimer Akte). Im übrigen übersieht der Betroffene, dass die im Jahre 1988 in die RheinSchUO eingefügte Regelung des § 14.09 zur Mindestbesatzung der Motorschiffe an die Schiffslänge anknüpft, wogegen die zuvor seit 1976 geltende Regelung zur Besatzung der Motorschiffe (§ 14.05 RheinSchUO a.F.) von der Tragfähigkeit der Schiffe ausgegangen ist, ferner seit diesem Zeitpunkt bis zum Jahr 1988 nicht wenige Fortschritte in der technischen Ausrüstung der Schiffe gemacht worden sind, die Änderungen hinsichtlich der Mindestbesatzung in einzelnen Fällen erlaubten.
4. Aus den dargelegten Gründen wird für Recht erkannt:
Die Berufung des Betroffenen gegen den Beschluss des Rheinschiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 31.10.1991 wird zurückgewiesen. Der genannte Beschluss wird bestätigt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Betroffene.
Deren Festsetzung gemäß Art. 39 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1994 - Nr.1, 2 (Sammlung Seite 1456 f.), ZfB 1994, 1456 f.