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26 Z - 4/74 - Berufungskammer der Zentralkommission (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Date du jugement: 07.05.1974
Numéro de référence: 26 Z - 4/74
Type de décision: Urteil
Language: Allemande
Juridiction: Berufungskammer der Zentralkommission Straßburg
Section: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsätze:

1) Zu  dem Rangverhältnis der deutschen Binnenschiffahrtsobergerichte und des Bundesgerichtshofes einerseits und der Berufungskammer der Rheinzentralkommission andererseits.

2) Die gegen ein Teil- oder Zwischenurteil geschaffene Berufungsinstanz eines Rheinschiffahrtsobergerichts ist nicht für die spätere Berufung gegen weitere Entscheidungen im gleichen Prozeß, z. B. gegen das Endurteil, festgelegt. Das durch die Mannheimer Akte gegebene Wahlrecht bezüglich der Berufungsinstanz besteht mindestens für jeden Berufungsfall, in welchem über jeweils abweichende Ansprüche im gleichen Prozeß  zu entscheiden ist.

3) Zum Umfang der Verpflichtung einer Hafenverwaltung, die Hafensohle oder den Hafengrund auf Sprengkörper aus der Zeit des 2. Weltkrieges untersuchen zu lassen.

Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
 
Urteil
 
vom 7. Mai 1974

(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom l4.9.1973 - 5 C 7/71 BSch -)

Zum Tatbestand:

Der Tankleichter "D" der Klägerin (1201 to, 80 m lang, ca. 9 m breit) lag am 1.12.1970 im Parallelhafen von Duisburg, der bei Stromkilometer 777,2 in den Rhein mündet und von der Beklagten unterhalten wird. Das Schiff lag mit dem Kopf hafeneinwärts neben dem TMS "R", Es sollte von dem Schleppboot "Sancta Maria " über Steuer auf den Rhein gebracht werden. Bei diesem. Manöver ließ der Schiffsführer von "Damco l6l" mit Zustimmung des Kapitäns des Schleppbootes "SM" den etwa 2000 kg schweren Klippanker des Tankleichters grasen« Als das Boot den Leichter etwa bis zur Hafenmitte geschleppt hatte, erfolgte unter Wasser in der Nähe des Vorschiffs des Leichters eine gewaltige Explosion. Der auf dem Vorschiff stehende Matrose B. wurde getötet. Der Tankleichter "D", das in der Nähe stilliegende MS "Mova" und andere Objekte wurden erheblich beschädigt. Es ist nicht mehr umstritten, dass die Explosion dadurch ausgelöst wurde, dass der Anker des Tankleichters gegen eine auf dem oder im Hafengrund liegende Luftmine stieß, die im 2. Weltkriege abgeworfen worden war, und diese zündete. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe die ihr obliegende Pflicht zur Sicherung des Verkehrs im Parallelhafen dadurch verletzt, dass sie es versäumt habe, den explodierten Sprengkörper durch eine systematische Suche im ganzen Hafenbereich aufzufinden und. unschädlich zu machen und das Fahren mit grasendem Anker zu verbieten. Sie hat ihren mit der Explosion verbundenen Schaden auf DM 40. 4l0, 90 beziffert und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 40.4l0,90 DM nebst 4 %  Zinsen von 35.714,65 DM seit dem 1.1.1971 und von 4.696,25 DM seit dem 25.1.1971 zu bezahlen.
 
Die Beklagte hat den Antrag gestellt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, ihre Verkehrssicherungspflicht beschränke sich darauf, die Solltiefe zu erhalten. Dies sei - das ist unstreitig - geschehen. Die Beklagte hat zu ihrer Entlastung auf die weitere unstreitige Tatsache hingewiesen, dass in den Jahren 1949 bis 1968 die Sohle des Parallelhafens um insgesamt 1,90 m tiefer gelegt worden sei, ohne dass bei der Durchführung dieser Arbeiten Sprengkörper gefunden worden seien. Die Beklagte hat auch die sachliche Unzuständigkeit des Rheinschifffahrtsgerichts gerügt. Dieses Gericht hat daraufhin die abgesonderte Verhandlung über diese Rüge gemäß § 275 der deutschen Zivilprozessordnung angeordnet. Durch Zwischenurteil vom 5.3.1971 hat es diese Rüge verworfen. Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil ist durch das Rheinschifffahrtsobergericht Köln unter dem 3.12.1971 zurückgewiesen worden. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Revision beim Bundesgerichtshof war ebenfalls erfolglos (Urteil vom 21.12.1972, Aktenz.: II ZR 10/72). Die sachliche Zuständigkeit des Rheinschifffahrtsgerichts ist wie folgt begründet worden. Für Beurteilung der Frage, ob die Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte auch Strei¬tigkeiten über Schiffsunfälle in einem nicht am offenen Strom liegenden Rheinhafen umfasse, komme es allein auf den Inhalt der Mannheimer Akte an. Diese befasse sich aber nicht nur mit der Schifffahrt auf dem Strome selbst, sondern enthalte eine Reihe von Bestimmungen über Häfen und Landungsplätze sowie über deren Einrichtung und ihre Benutzung. Sie unterscheide an keiner Stelle zwischen den am offenen Strom liegenden Häfen und jenen, deren künstlich geschaffene Becken unmittelbar oder über einen kurzen Stichkanal in den Strom münden, und von denen es bei der Unterzeichnung der Akte schon einige gegeben habe. Es könne deshalb nicht angenommen werden, Artikel 34 Nr. II c der Mannheimer Akte beschränke die Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte auf Vorgänge auf dem Strom. Hierfür spreche auch das in dieser Bestimmung gebrauchte Wort "Anlanden", das sich auf Häfen schlechthin beziehe. In diesem Zusammenhang wird u. a. auf die ständige Rechtsprechung der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt verwiesen, die zuletzt im Urteil, vom 15.2.1969 zum Ausdruck gekommen sei und zu dem gleichen Ergebnis komme.

In den Urteilen wird weiter dargelegt, dass die Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte für Klagen der vorliegenden Art auch nicht daran scheitere, dass in Artikel 34 II c der Mannheimer Akte nur von Klagen wegen solcher Beschädigungen die Rede sei, welche Schiffer und Flößer während ihrer Fahrt oder beim Anlanden anderen verursacht haben, während im vorliegenden Falle der Schaden auf Unterlassungen einer Hafenverwaltungsbehörde zurückgeführt werde. Für Klagen gegen eine solche Behörde könne man die Zuständigkeit der Rheinschifffahrts¬gerichte nur dann verneinen, wenn man die Auslegung des Artikels 34 II c allein an seinem Wortlaut ausrichte. Mit einer solchen Auslegung habe sich aber die Rechtsprechung trotz des internationalen Charakters der Mannheimer Akte nicht begnügt. Hierzu habe sie einmal der Gedanke bewogen, widersprechende Entscheidungen über denselben Schiffsunfall zu vermeiden, die möglich seien, wenn die Verschuldensfrage bei Anfahrungen, Kollisionen oder Fernschädigungen im Rahmen der Rheinschifffahrt nicht der einheitlichen Beurteilung durch ein Rheinschifffahrtsgericht überlassen würde. Zum anderen habe in diesem Zusammenhang die Überlegung eine nicht unwesentliche Rolle gespielt, dass Artikel 34 II c der Mannheimer Akte, dessen Fassung auf das Jahr 1831 zurückgehe, einer sinnvollen Anpassung an die seit damals eingetretenen technischen Änderungen bedürfe, wenn er weiter die Aufgabe erfüllen solle, für eine rasche, sachkundige und einheitliche Rechtsprechung im Bereich der Rheinschifffahrt zu  sorgen. Aus solchen Erwägungen werde es für zulässig erachtet, vor den Rheinschifffahrtsgerichten nicht nur gegen Schiffer zu klagen, sondern auch Schadensersatzansprüche gegen sonstige Besatzungsmitglieder, Lotsen sowie Schiffseigner und Ausrüster zu verfolgen, wobei auch vertragliche Ansprüche geltend gemacht werden könnten. Ebenfalls werde die Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte für Ausgleichansprüche zwischen mehreren schuldigen Schiffen oder zwischen dem Schiffseigner und dem Lotsen bejaht. Schließlich hätten sich auch die deutschen Rheinschifffahrtsgerichte und Obergerichte in ständiger Rechtsprechung für Klagen wie die vorliegende als zuständig erachtet. Das gleiche gelte für den Bundesgerichtshof« Diese ständige Rechtsprechung habe in der Rheinzentralkommission nicht unbekannt sein können. Wenn trotzdem bei der Revision der Mannheimer Akte im Jahre 1963 an dem Artikel 34 nichts geändert worden sei, obschon sich die Revisionsverhandlungen auch auf die Zuständigkeitsregeln der Akte erstreckt hätten, so zeige dies, dass die dargelegte Rechtsprechung nicht als im Widerspruch zur Akte stehend angesehen worden sei.

Zur Aufklärung des Schadensfalles hat das Rheinschifffahrtsgericht das Verklarungsverfahren 5 II 23/70 (Kopp) durchgeführt. Sodann ist die Klage mit der folgenden Begründung abgewiesen worden: Da eine vertragliche Bindung unter den Parteien nicht bestehe, könne die Klage nur auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten, die außervertraglicher Art sei, gestützt werden, Dieser Tatbestand sei aber nicht gegeben. Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht richte sich nach dem Stande der Technik, den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln und den unter Umständen noch zu gewinnenden Erfahrungen Berücksichtige man dies, so sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen. ohne konkreten Verdacht das gesamte Gebiet der Duisburger Häfen auf nicht explodierte Sprengkörper aus dem 2. Weltkriege absuchen zu lassen Zwar seien auf diese Häfen Bomben gefallen, und nicht explodierte Sprengkörper seien bei Baggerarbeiten und Ankermanövern gefunden worden. Außerdem habe seit dem Jahre 1956 in Gestalt der Förstersonde ein taugliches Suchgerät zur Verfügung gestanden, das im Jahre 1966 noch verbessert worden sei. Eine systematische Suche nach Sprengkörpern mit Hilfe dieses Gerätes würde aber etwa 3 1/2 Jahre gedauert und etwa 18 Millionen Mark gekostet haben. Eine solche Suche sei bisher in keinem deutschen Hafen, der im 2. Weltkriege bombardiert worden sei, durchgeführt worden. Man habe sich vielmehr auf Fälle und Stellen beschränkt, wo konkrete Tatsachen auf das Vorhandensein von nicht explodierten Sprengkörpern in verhältnismäßig kleinen Gebieten hingewiesen, oder wo Baumassnahmen eine Suche notwendig gemacht hätten. Auf solche Fälle habe auch der Bundesgerichtshof die Verpflichtung zur Suche nach nicht explodierten Sprengkörpern im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht beschränkt. Solche konkreten Verdachtsmomente hätten im Bereich der Häfen von Duisburg gefehlt. Bei der Vertiefung des Parallelhafens, in dem sich der Unfall ereignet habe, um 1,90 m in den Jahren 1949 bis 1968 sei kein Sprengkörper gefunden worden. Außerdem hätte selbst eine systematische Suche im ganzen Hafengebiet mit Hilfe der Förstersonde nicht gewährleistet, dass alle nicht explodierten Sprengkörper gefunden worden wären. Die Sonde spreche z.B. in der Nähe von sog. Spundwänden, die im Duisburger Hafen und speziell im Parallelhafen in der Nähe der Unfallstelle vorhanden seien, nicht eindeutig an. In einem solchen Unsicherheitsbereich habe sich der Unfall ereignet. Es könne mithin nicht sicher festgestellt werden, dass er nach der erwähnten systematischen Suche nicht möglich gewesen wäre. Diese Unklarheit gehe zu Lasten der Klägerin. Schließlich, so meint das Rheinschifffahrtsgericht abschließend, sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, mit Rücksicht auf etwa im Hafen liegende Sprengkörper das Fahren mit grasendem Anker, das bei bestimmten Manövern notwendig sei, zu verbieten.
Die Klägerin hat gegen das Urteil Berufung mit der Maßgabe eingelegt, dass die Entscheidung der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt beantragt werde.
Die Parteien wiederholen ihren Vortrag aus dem ersten Rechtszug und nehmen zu den Darlegungen des Rheinschifffahrtsgerichts Stellung. Die Beklagte rügt insbesondere nach wie vor, dass die Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte und damit auch diejenige der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt nicht gegeben sei.

Es beantragen:

Die Klägerin,

das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts in Duisburg-Ruhrort vom 14.9.1973 abzuändern und den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt zu erklären.

Die Beklagte,

die Berufung zurückzuweisen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat aber keinen Erfolg.

1.) Die sachliche Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte zur Verhandlung und Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites ist durch die Vorabentscheidung dieser Frage durch drei deutsche Gerichte auch für die Berufungskammer verbindlich bejaht. Zwar ist nach den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechtes ein internationales Gericht, wie es die Berufungskammer ist, an Entscheidungen nationaler Gerichte im gleichen Rechtsstreit nicht gebunden. Der Grundsatz dass internationale Gerichte an die Entscheidungen nationaler Gerichte in der gleichen Sache nicht gebunden sind ist in Rheinschifffahrtsachen mit Rücksicht auf die Zuständigkeitsregelung der Revidierten Rheinschifffahrtsakte in der Fassung vom 20.11.1963 insofern eingeschränkt als die Berufung gegen Urteile der nationalen Rheinschifffahrtsgerichte wahlweise an das zuständige nationale Rheinschifffahrtsobergericht oder an die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt gerichtet werden kann. Beide Berufungsgerichte haben also gleichen Rang. Daraus folgt die Verpflichtung zur Respektierung der wechselseitigen Entscheidungen. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Möglichkeit der Revision gegen Urteile deutscher Rheinschifffahrtsobergerichte bejaht, wenn nach der deutschen Zivilprozessordnung die Voraussetzungen dieses Rechtsmittels gegeben sind. Damit sind die deutschen Rheinschifffahrtsobergerichte nicht immer die letzte Instanz in Rheinschifffahrtssachen, während die Berufungskammer, falls sie angerufen wird, immer letztinstanzlich entscheidet. Diese Einschaltung des Bundesgerichtshofes in die Rechtsprechung in Rheinschifffahrtssachen, von der in der Revidierten Rheinschifffahrtsakte nicht die Rede ist, hat aber das Rangverhältnis zwischen den deutschen Rheinschifffahrtsobergerichten und der Berufungskammer nicht verändert, denn seine Grundlage ist allein die Zuständigkeitsregelung der Revidierten Rheinschifffahrtsakte. Im vorliegenden Falle hat das Rheinschifffahrtsobergericht Köln die sachliche Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte bejaht und sie damit auch für die Berufungskammer verbindlich festgelegt. Da das Urteil vom Bundesgerichtshof bestätigt worden ist und infolgedessen Bestand hat, braucht die Frage nicht entschieden zu werden, ob die Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte auch dann für die Berufungskammer verbindlich festliegen würde, wenn es durch eine in der Revidierten Rheinschifffahrtsakte nicht erwähnte Instanz aufgehoben oder abgeändert worden wäre.

2.) Die Tatsache, dass über die sachliche Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte vorab entschieden worden und dass dabei das Rheinschifffahrtsobergericht Köln als Gericht der Berufung tätig geworden ist, ist auf die Zuständigkeit der Berufungskammer ohne Einfluss. Bereits im Urteil vom 23. Juni 1970 des Verfahrens Firma Ernst Becker Erben in Duisburg-Ruhrort gegen die Firma Karl Tiedtke in Engers und den Schiffsführer Josef Schumacher sein, in Mannheim hat die Kammer festgestellt, dass der Zuständigkeitsregelung der Revidierten Rheinschifffahrtsakte kein Argument für die Ansicht entnommen werden könne, die durch die Berufung gegen das erste Teilurteil eines Rechtsstreits geschaffene Berufungsinstanz sei auch für alle späteren Berufungsfällen des gleichen Rechtsstreits als solche festgelegt« Diese Feststellung ist mit der Erwägung begründet worden, das durch die Akte gegebene Wahlrecht der Berufungsinstanz bestehe für jeden Berufungsfall zumindest dann, wenn über Ansprüche entschieden werden, mit denen sich die frühere Berufungsinstanz nicht befasst habe. So liegen die Dinge auch im vorliegenden Falle, denn das Rheinschifffahrtsobergericht Köln hat sich als Gericht der ersten Berufung nur mit der Frage der sachlichen Zuständigkeit der Rheinschifffahrtsgerichte befasst, während die Berufungskammer über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden hat.

3.)  Mit dem Rheinschifffahrtsgericht hält die Berufungskammer die Klage für unbegründet. Im einzelnen: Nach § 823 Abs. 1 BGB ist u. a. derjenige zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet, der fahrlässig das Eigentum eines anderen widerrechtlich verletzt. Dem Eingriff in das fremde Eigentum steht die Nichtabwendung eines Schadens dann gleich, wenn eine Rechtspflicht zur Schadensabwendung bestand. Der eingetretene Schaden ist dem Verpflichteten als Folge seiner Untätigkeit dann zuzurechnen, wenn er ihn durch Pflichtgemäßes Handeln hatte verhindern können. Zwar besteht nach deutschem Recht, das im vorliegenden Falle als Recht des Deliktsortes anzuwenden ist, keine allgemeine Verpflichtung, andere vor möglichen Schäden zu bewahren.  Eine Pflicht zur Schadensabwendung wird aber dann anerkannt, wenn jemand im Verkehr eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, z.B. auf einem Grundstück durch die Anlage eines Hafens öffentlichen Verkehr herbeiführt. Die genannte Pflicht - von den deutschen Gerichten allgemein Verkehrssicherungspflicht genannt - ist dadurch zu erfüllen, dass die zur Abwendung der mit dem eröffneten Verkehr verbundenen Gefahren notwendigen Maßnahmen ergriffen werden» Welche Maßnahmen gegebenenfalls notwendig sind, kann nur anhand des einzelnen Falles entschieden werden. Im vorliegenden Rechtsstreit ist darüber zu befinden, ob die Beklagte verpflichtet war, das gesamte Gebiet der Häfen von Duisburg auf Sprengkörper untersuchen zu lassen, die auf der Hafensohle lagen oder im Hafengrund steckten, und bis in weiche Tiefe des Hafengrundes sich eine solche Suche zu erstrecken hatte. Bei dieser Entscheidung sind zu berücksichtigen die technische Möglichkeit einer solchen Suche, ihre Effektivität, der Zeitaufwand, die notwendigen Kosten, die damit verbundene Behinderung des eröffneten. Verkehrs, aber auch die Größe der Gefahr und der Umfang drohender Schäden, insbesondere die Gefährdung von Menschenleben. Die technische Möglichkeit der erörterten Suche ist nach dem Gutachten des Sachverständigen Wiese, welches dem Rheinschifffahrtsgericht erstattet worden ist, gegeben. Als Suchgerät steht seit dem Jahre 1956 die sog. Förstersonde zur Verfügung, die der Sachverständige aus eigener, bei der Verwendung gewonnener Erfahrung kennt und an deren technischer Vervollkommnung er gearbeitet hat. Das Gutachten zeigt aber auch, dass der Einsatz dieses Gerätes bei der Suche nach Sprengkörpern in Häfen nur einen sehr begrenzten Erfolg gewährleistet. Der Sachverständige stellt fest, dass in der Nähe von eisernen Spundwänden (Larssenwänden) ein Uferstreifen von 10 m Breite und bei Böschungen ein solcher von 5 - 6 m Breite nicht sondierfähig ist. Gerade hier müsste aber nach den weiteren Darlegungen des Gutachters unbedingt untersucht werden, da hier Schiffe anlegen und Bauarbeiten ausgeführt werden. Ein Gerat für solche Untersuchungen befindet sich erst in der Erprobung. Nach den weiteren Darlegungen des Sachverständigen können auf der Hafensohle liegende Eisenteile die Suche mit der Förstersonde erschweren. Weitere Störungsquellen der Arbeit sind der Hafenbetrieb und die damit verbundene Wasserbewegung, elektrische Maschine in Betrieben im Hafen sowie Stromkabel und Dücker unter dem Hafenbecken bzw. Hochspannungsleitungen über demselben. Diese Ausführungen, deren Richtigkeit nicht zu Bezweifeln ist, können dahin zusammengefasst werden, dass die Suche nach Sprengkörpern mit der Förstersonde in Hafenbecken von begrenzter Effektivität ist und gerade an den Stellen zu nichts führt, wo Sprengkörper der Schifffahrt besonders gefährlich werden, nämlich an Ufer¬böschungen und Spundwänden. Auf der anderen Seite hat der Gutachter dargelegt, dass die erörterte Suche einen erheblichen Zeit- und Kostenaufwand erfordern würde. Sie würde mehrere Jahre dauern und, wie das Rheinschifffahrtsgericht auf der Grundlage des Gutachtens richtig errechnet hat, etwa 18 Millionen Mark kosten. Ein solcher Zeit- und Kostenaufwand ist schon mit Rücksicht auf die ungenügende Effektivität der erörterten Suche der Beklagten nicht zumutbar. Er wird aber auch durch die Größe der vorhandenen Gefahr nicht geboten. Auch die Klägerin kann nicht bestreiten, dass der vorliegende Unfall der erste ist, der durch einen "explodierenden" Sprengkörper  im Hafen von Duisburg verursacht wurde, und zwar in gut 25 Jahren seit dem Ende des 2. Weltkrieges. Die Zahl der im Hafen gefundenen nicht explodierten Sprengkörper - sie soll etwa bei dreißig  liegen - ist verhältnismäßig gering. Unter diesen Umständen ist ein zwingender Anlass für eine systematische Suche nach Sprengkörpern im ganzen Hafengebiet von Duisburg nicht zu sehen. Das gilt für den Parallelhafen besonders, weil dessen Sohle in den Jahren 1949 bis 1968 um 1,90 m gesenkt worden ist, ohne dass hierbei ein Sprengkörper gefunden wurde. Die Beklagte konnte deshalb gerade den Parallelhafen für verkehrssicher halten und dort auf Suchmaßnahmen verzichten. Es ist nicht vertretbar, das Gegenteil aus der Erwägung festzustellen, die Vertiefung des Beckens habe tief in der Sohle steckende Sprengkörper näher an das Wasser herangebracht und damit ihre Gefährlichkeit erhöht, denn mit solchen Sprengkörpern war nicht sicher zu rechnen. Die von der Klägerin vermisste Maßnahme der Beklagten würde, so sind die bisherigen Darlegungen zusammenzufassen, einen unverhältnismäßigen Aufwand bei zweifelhaftem Erfolg angesichts einer nicht besonders großen Gefahr bedeuten. Ein solcher Aufwand kann nicht verlangt werden. Auch der Sachverständige Wiese kennt kein Beispiel eines solchen Aufwandes. Die Hansestadt Hamburg z.B., in deren Diensten er steht, sucht im Gebiet ihres Hafens nur aus besonderem Anlass, z.B. zur Vorbereitung von Baumassnahmen, nach Sprengkörpern. Dabei sind 6-7 Bomben in den Wasserflächen geortet worden. Insgesamt wurden in Hamburg mit Hilfe der Förstersonde etwa 15 Bomben entdeckt, während bei Baggerarbeiten rd. 1400 gefunden wurden, Auch diese Zahlen zeigen die sehr begrenzte Wirksamkeit der Förstersonde.

4.) Die Ansicht der Berufungskammer, die Beklagte sei zur Erfüllung ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht gehalten, das gesamte Gebiet des Hafens von Duisburg nach Sprengkörpern abzusuchen, wird durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bestätigt. Er hat sich, soweit ersichtlich, mit dem speziellen Problem des vorliegenden Falles bisher zweimal in dem gleichen Rechtsstreit befasst. Die Urteile sind in der Zeitschrift "Versicherungsrecht" veröffentlicht (Jahr 1968 Seitell37/1138 und 1972 Seite 91). Beide Ent¬scheidungen beruhen auf der Erwägung, bekannte Stellen, an denen der Verdacht auf verborgene Sprengkörper bestehe, seien mit den zur Verfügung  stehenden technischen Mitteln abzusuchen. Eine erfolglose Suche sei möglicherweise zu wiederholen, wenn verbesserte technische Mittel zur Verfügung stünden. Mit keinem Wort wird hier eine Verpflichtung einer Hafenverwaltung oder einer Behörde, die Ströme und Kanäle verkehrssicher zu halten hat, angedeutet, große Wasserflächen ohne Konkreten Anlass auf Sprengkörper zu untersuchen. Auch die anderen von den  Parteien in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (Versicherungsrecht 1967 S. 468, 1969 S. 1132 u. 1962 S. 513) geben der Verkehrssicherungspflicht auf Wasserstrassen keinen solchen Umfang.

5.) Mit Recht hat das Rheinschifffahrtsgericht auch festgestellt, es stehe nicht fest, dass eine systematische Suche nach Sprengkörpern im gesamten Hafengebiet von Duisburg den Unfall vermieden hätte. Die bereits erörterten Ausführungen des Sachverständigen Wieso lassen es als sehr zweifelhaft erscheinen, das bei einer solchen Suche die Mine gefunden worden wäre, deren Explosion den Unfall des Schiffes der Klägerin herbeigeführt hat. Schließlich bestätigt die Berufungskammer die Ansicht des Rheinschifffahrtsgerichtes, die Beklagte sei nicht gehalten gewesen, das Fahren mit grasenden Anker im Gebiet des Hafens von Duisburg mit Rücksicht auf Sprengkörper in Hafengrunde zu verbieten, weil solche Manöver im engen Hafen in gewissen Situationen, z.B. beim Wenden über. Steuer, notwendig seien. Der Einsatz eines zweiten Schleppbootes zur Vermeidung des Wendens mit grasendem Anker war nicht zumutbar da kein aktueller Anlass bestand die Ankerbenutzung beim Wenden als besonders gefährlich anzusehen. Durch die vorauf gegangenen Ausführung ist auch dargetan, dass die Klage nicht auf vertragliche Ansprüche gestützt werden kann da auch sie eine pflichtwidrige Handlung oder Unterlassung der Beklagten voraussetzen, an der es fehlt. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob vertragliche Beziehungen zwischen den Parteien bestanden haben.

Es wird deshalb für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 14. September 1973 verkündete Urteil des Rheinschifffahrtsgerichtes Duisburg-Ruhrort wird als unbegründet abgewiesen. Das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichtes wird bestätigt.Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.Die Festsetzung der Kosten unter Berücksichtigung des Artikels 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte erfolgt durch das Rheinschifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort.