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Leitsätze:
1) Bei der nachträglichen Beurteilung, ob eine Bergung sachgerecht durchgeführt wurde oder die Bergemaßnahmen durch ein Verschulden des Bergers erst notwendig geworden bzw. schwieriger wurden, ist zu berücksichtigen, dass bei einer Bergung im Vergleich zu Arbeiten auf einer Werft oder im Trockendock generell nur in stark eingeschränktem Umfang technische Möglichkeiten und Geräte zur Verfügung stehen und unter Zeitdruck gearbeitet werden muss. Verzögert sich die Bergung, weil die eingesetzten Bergungsmittel nicht sofort den gewünschten Erfolg zeitigen, so steht dies dem Bergelohnanspruch nicht entgegen. Nach dem bergerechtlichen Grundsatz »no cure - no pay« (vgl. § 93 BinSchG, § 746 HGB) ist entscheidend, dass im Ergebnis die Bergung erfolgreich war.
2) Die bergelohnrechtlichen Vorschriften schließen Aufwendungsersatzansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag nicht aus; ein Anspruch auf die übliche Vergütung kann geltend gemacht werden, wenn die Geschäftsführung in den Bereich der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Geschäftsführers fällt.
Beschluss des Oberlandesgericht Karlsruhe
- Schiffahrtsobergericht -
vom 02.02.2009
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Dem Rechtsstreit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu; eine Entscheidung des Senats ist auch nicht aus Gründen der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3 ZPO).
Die eingehend begründete Entscheidung des Schifffahrtsgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung (546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Schifffahrtsgericht die entscheidungserheblichen Tatsachen unrichtig oder unvollständig festgestellt hat. Das Schifffahrtsgericht hat beiden Parteien ausreichend rechtliches Gehör gewährt und die erforderlichen Beweise erhoben und angemessen gewürdigt.
Das Schifffahrtsgericht hat auf Grund des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme zu Recht die auf Freigabe der vereinbarungsgemäß erbrachten Sicherheitsleistung gerichtete Klage abgewiesen und der auf Zahlung von 8.574,27 Euro nebst Zinsen gerichteten Widerklage ganz überwiegend stattgegeben. Das Berufungsvorbringen des Klägers begründet keine Abänderung der getroffenen Entscheidung zu seinen Gunsten.
Der Anspruch auf Zahlung eines Bergelohns sowie auf Ersatz der sonstigen in Rechnung gestellten Aufwendungen steht dem Beklagten zu, da die von ihm im Interesse des damals anwesenden klagenden Eigners durchgeführten Bergungsmaßnahmen des am 29.07.2006 auf dem Rhein bei Rheinkilometer 491,5 auf Grund festgefahrenen Holz-Motorbootes (Hersteller B.; 5,10 m lang, 2,05 m breit, Motorantriebsleistung 190 kW) in der Gesamtbewertung nicht zu beanstanden sind; der Kläger vermochte den ihm obliegenden Beweis der Voraussetzungen für eine Herabsetzung oder gar gänzliche Versagung des Bergelohns gemäß § 93 BinSchG, § 746 HGB nicht zu erbringen. Der Senat teilt die vom sachverständig beratenen Schifffahrtsgericht gewonnene Überzeugung, dass die unter den gegebenen Umständen nicht einfache Bergung sachgerecht durchgeführt wurde und die Bergemaßnahmen nicht durch ein Verschulden des Beklagten erst notwendig geworden bzw. schwieriger wurden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einer Bergung im Vergleich zu Arbeiten auf einer Werft oder im Trockendock generell nur in stark eingeschränktem Umfang technische Möglichkeiten und Geräte zur Verfügung stehen und unter Zeitdruck gearbeitet werden muss. Verzögert sich die Bergung, weil die eingesetzten Bergungsmittel nicht sofort den gewünschten Erfolg zeitigen, so steht dies dem Bergelohnanspruch nicht entgegen. Nach dem bergerechtlichen Grundsatz »no cure - no pay« (vgl. § 93 BinSchG, § 746 HGB) ist entscheidend, dass im Ergebnis die Bergung erfolgreich war. Die Schwierigkeiten bei der Bergung ergaben sich u.a. daraus, dass das im Flachwasserbereich des Rheins havarierte lecke Motorboot einerseits in größerer Entfernung zum Fahrwasser, andererseits aber auch zum Ufer hin festlag und Auftriebskörper sich nur schlecht befestigen ließen. Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass die Verwendung eines Lecksegels nur dann als Erfolg versprechend in Betracht gekommen wäre, wenn sich ein solches an den Rumpf hätte anpassen können. Dies erschien jedoch beim Motorboot des Klägers nicht möglich, da dessen Ruder, Lager und Propeller überstanden. Der Versuch des Beklagten, einerseits das Boot so gut wie möglich leer zu pumpen und andererseits das Leck unter den gegebenen schwierigen Verhältnissen und mit den zur Verfügung stehenden Mitteln provisorisch so abzudichten, dass das Boot geschleppt werden konnte, ist nicht zu beanstanden.
Unbegründet sind ferner die Berufungsangriffe gegen die Ausführungen des Schifffahrtsgerichts dazu, dass auf dem Weg zur Werft sich für den beklagten Berger keine zumutbare Möglichkeit auftat, das Boot an eine Slipanlage und von dort an Land zu bringen. Auch die Art des Transportes rechtfertigt keine Vorwürfe; es war sachgerecht, dass »N.« als größtes Schiff außen fuhr, an dieses der Bostonwhaler angekoppelt war und an diesem wiederum zur Uferseite hin der Havarist. »N.« als größtes Schiff konnte so die anderen beiden Schiffe vor Wellenschlag schützen.
Die bergelohnrechtlichen Vorschriften schließen Aufwendungsersatzansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag nicht aus; ein Anspruch auf die übliche Vergütung kann geltend gemacht werden, wenn die Geschäftsführung in den Bereich der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Geschäftsführers fällt (vgl. von Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl., § 93 BinSchG Rdnr. 10 m.w.N.).
Der Kläger, der sich weigerte, den geforderten Bergelohn und Aufwendungsersatz zu leisten, war und ist im Hinblick darauf, dass der Beklagte berechtigt sein gesetzliches Pfandrecht als Berger und sein Zurückbehaltungsrecht ausübte, verpflichtet, das Standgeld für das Motorboot zu entrichten (vgl. dazu auch OLG Karlsruhe OLGR 1998, 1285). Die Wahrnehmung beider Rechte – die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts und die Forderung von Standgeld bis zur Freigabe des Bootes nach der schließlich erfolgten Sicherheitsleistung durch den Kläger – stellte weder ein widersprüchliches noch – wie der Kläger meint – ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beklagten dar. Die Bemessung des geforderten Standgeldes in Höhe von 10 Euro pro Tag hat das Schifffahrtsgericht rechtfehlerfrei als üblich und angemessen erachtet.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2009 - Nr.04 (Sammlung Seite 2015 f.); ZfB 2009, 2015 f.