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Leitsatz:
Besatzungsvorschriften müssen auch in besonderen Situationen beachtet werden, wenn z. B. die Besatzung zwar generell vorschriftsmäßig ist, für kurze Zeit aber ein Besatzungsmitglied sich nicht an Bord befindet. Auch in diesem Fall muß auf die Fortsetzung der Fahrt für die Dauer des vorübergehenden Mangels verzichtet werden.
Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 7. Dezember 1987
211 B - 16/87
(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort)
Zum Tatbestand:
Auf der Fahrt von Duisburg nach Basel wurde bei einer polizeilichen Kontrolle des MS „S" am 27. 08. 1986 festgestellt, daß von der vorgeschriebenen Mindestbesatzung der Matrosen-Motorenwart fehlte und für die an Bord befindlichen acht Feuerlöscher kein gültiges Prüfungszeugnis vorhanden war. Der zu der an sich vorhandenen Mindestbesatzung gehörende Matrosen- Motorenwart war vor der Abfahrt des Schiffes aus Duisburg vom Schiffsführer, dem Betroffenen, über das Wochenende vom 27. — 29. 09. 1986 nach Mannheim beurlaubt worden in der Annahme, daß am 29.09. 1986 die Beladung des Schiffes erfolgen würde. Tatsächlich wurde die Beladung schon am 27. 09. 1986 beendet, so daß sich der Betroffene noch am gleichen Tage wegen der angesagten fallenden Wasserstände zur Weiterfahrt nach Basel entschloß. Dem beurlaubten Matrosen war die Anweisung gegeben, in Mannheim an Bord zu kommen. Das Prüfungszeugnis der Feuerlöscher war seit zwei Monaten wegen Zeitablaufs ungültig. Der Betroffene hat die Prüfung anschließend veranlaßt, wobei sich ergab, daß die Feuerlöscher in Ordnung waren.
Auf Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid über DM 500,— hat das Rheinschiffahrtsgericht das Bußgeld auf DM 300,— ermäßigt. Seine Berufung ist von der Berufungskammer der Rheinzentralkommission kostenpflichtig zurückgewiesen worden.
Aus den Entscheidungsgründen:
„...
In der Sache ist festzustellen, daß der unstreitige Sachverhalt den Betroffenen weder rechtfertigt noch entschuldigt. Bemannungsvorschriften müssen auch in einer besonderen Situation, wie sie hier vorgelegen hat, beobachtet werden. Sie werden auch dann verletzt, wenn ihnen die Besatzung eines Schiffes zwar generell gerecht wird, auf einer bestimmten Reise aber nicht, weil ein Besatzungsmitglied für kurze Zeit beurlaubt wurde. Auf eine Fahrt mit nicht ordnungsgemäß bemanntem Schiff muß auch dann verzichtet werden, wenn mit dem Verzicht Nachteile verbunden sind, wie die vom Betroffenen geschilderten. Schließlich gelten Bemannungsvorschriften auch für kurze Reisen. Prüfunaszeuanisse über Feuerlöscher müssen vor dem Ablauf ihrer Wirksamkeitszeit erneuert werden. Übersehen der Ablaufzeit entschuldigt hier ebensowenig wie der intakte Zustand der Feuerlöscher. Alle vom Betroffenen vorgetragenen und unstreitigen Umstände zeigen, daß seine Schuld zunächst nicht groß war. Sie wurde aber dadurch größer, daß er die Aufforderung der ihn kontrollierenden Beamten der Wasserschutzpolizei, seine Fahrt mit nicht hinreichend bemanntem Schiff einzustellen, nicht befolgte. Weiter ist zu bedenken, daß der Betroffene mehrere der Sicherheit des Verkehrs auf dem Rhein dienende Vorschriften verletzt hat. Bei Abwägung dieser Umstände erscheint die vom Rheinschiffahrtsgericht festgesetzte Geldbuße, die nicht besonders hoch ist, angemessen.
...“
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1989 - Nr. 6 (Sammlung Seite 1269); ZfB 1989, 1269