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Leitsätze:
1) Gegenüber der Nachforderung des Unterschiedsbetrages zwischen unterbotener und tarifmäßiger Fracht ist die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen rechtswirksam, auch wenn beide Forderungen auf demselben Sachverhalt beruhen.
2) Zur Informationspflicht eines Transportauftraggebers bezüglich der Tarifvorschriften.
Urteil des Landgerichts München II
vom 14. Juli 1981
Zum Tatbestand:
Der Kläger hat im Auftrag des Beklagten zwei Güterbeförderungen mit Lkw durchgeführt. Als vereinbartes Entgelt hat er dafür 3000,- DM erhalten, während das tarifmäßige Mindestentgelt 3682,30 DM betrug. Der Kläger verlangt gemäß § 23 Abs. 1 GüKG die Nachzahlung des Unterschiedsbetrages von 682,30 DM.
Der Beklagte rechnet mit einem Schadensersatzanspruch von 552,70 DM auf, den er damit begründet, dass er durch das Angebot eines Mitarbeiters des Klägers, die Güter ebenso billig wie die Bahn zu befördern, von der Auftragserteilung an die Bahn abgehalten worden sei. Letztere würde 3129,60 DM berechnet haben. Nur auf diese Weise sei er der Nachforderung des Unterschiedsbetrages zur tarifmäßigen Lkw-Fracht ausgesetzt.
Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 129,60 DM verurteilt, im Übrigen die Aufrechnung mit 552,70 DM als rechtswirksam anerkannt. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
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Zunächst ist zwar auszuführen, dass wie regelmäßig, auch hier, selbst vorsätzliches Unterbieten des Tarifs durch den Unternehmer, auch wenn er von vorneherein eine, spätere tarifkonforme Nachforderung beabsichtigt, nicht ausreicht, den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung zu begründen (BGH NJW 60, 1250). Dagegen ist eine Aufrechnung mit Schadensersatzgegenforderungen gegenüber der Nachforderung des tarifmäßigen Entgelts nicht schlechthin ausgeschlossen; das gilt auch dann, wenn der Nachforderungsanspruch und der Schadensersatzanspruch auf demselben Sachverhalt beruhen (BG NJW 60, 1137), wie es vorliegend der Fall ist.
Der Schadensersatzanspruch des Beklagten beruht darauf, dass der Mitarbeiter des Klägers, dessen schuldhaftes Handeln der Kläger nach § 278 BGB zu vertreten hat, durch die Erklärung, die Güter ebenso billig wie die Bundesbahn zu befördern, den Beklagten davon abgehalten hat, wie bereits einmal im Jahr 1977 den Beförderungsauftrag der Bundesbahn zu erteilen; dadurch ist der Beklagte nunmehr der an sich berechtigten Nachforderung ausgesetzt. Nach der Auskunft der Deutschen Bundesbahn vom 16. Juli 1980 wären für die beiden Transporte durch die Bahn 3129,60 DM Frachtkosten anfallen.
In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass ein Auftraggeber, der häufig mit dem Güterkraftverkehr arbeitet (BGH NJW 60, 1137) und ein kaufmännisches Unternehmen, dessen Betrieb in enger Berührung mit dem Beförderungszweck steht, sich von den Tarifvorschriften Kenntnis verschaffen und sich über die die Beförderungsentgelte betreffenden gesetzlichen Vorschriften unterrichten müssen. Eine schuldhafte Verletzung dieser Informationspflicht würde zur Annahme einer fahrlässigen Mitwirkung an einem Tarifverstoß und einer Nachzahlungspflicht führen (BGH NJW 60, 1137); außerdem wäre ihnen der Einwand der Arglist gegen die Nachforderung verschlossen (BGH NJW 55, 1755).
Zur Erfüllung der Auflagen im Beschluss vom 7. April 1981 hat der Beklagte unbestritten vorgetragen, dass er mit eigenem Lkw den von ihm gekauften Torf abholt und ihn zu den einzelnen Kunden bringt, weiter, dass er andere Güter nicht befördert. Weiter ist unbestritten, dass der Beklagte bis zum Abschluss der hier in Frage stehenden Beförderungsanträge lediglich einmal im Oktober 1977 zwei Waggons Torf durch die Bundesbahn nach Berlin befördern ließ. Unternehmen des Güternahverkehrs oder Güterfernverkehrs wurden von ihm noch nicht in Anspruch genommen. Bei dieser Sachlage sind die oben angeführten Voraussetzungen für das Bestehen einer eigenen Informationspflicht des Beklagten nicht gegeben. dass er mit dem eigenen Lkw Werkverkehr nach § 48 GüKG betreibt, ist für die Entscheidung ohne Bedeutung, da ja bei ihm gerade keine Tarifpflicht besteht.
Der Beklagte hat deshalb Anspruch darauf, dass er so gestellt wird, wie wenn er die Güter mit der Bahn hätte befördern lassen und er hat deshalb auch wirksam die Aufrechnung mit dem Differenzbetrag von 552,70 DM zwischen dem Tarifentgelt von 3682,30 DM und den fiktiven Bahnfrachtkosten von 3129,60 DM erklärt (§§ 387, 389 BGB). Danach bleibt eine Tarifnachforderung von 129,60 DM bestehen, weil der Beklagte statt 3129,60 DM nur 3000,- DM gezahlt hat. Diesen Betrag hat das Amtsgericht zutreffend dem Kläger zugesprochen.
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