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Leitsatz:
Bestrafung unrichtiger Abwrackbescheinigungen als Falschbeurkundung im Sinne der §§ 271 und 272 StGB.
Urteil des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort
vom 6. November 1972
Zum Sachverhalt:
Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der angeklagte Schiffsverschrotter in einem schriftlichen Kaufvertrag mit einem Schiffseigner vom 14. 5. 1970 verpflichtet, einen Mo-torschlepper „nach Übernahme unverzüglich der Verschrottung zuzuführen" und innerhalb 4 Wochen nach der Übernahme eine Abwrackbescheinigung hierüber auszustellen. Es war ihm bekannt, dass der Verkäufer diese Bescheinigung zur Erlangung einer Abwrackprämie nach Maßgabe des Binnenschiffsverkehrsgesetzes benutzen wollte. Der Angeklagte begann zwar mit der Verschrottung des Schiffes, baute aber lediglich einen Teil der Abschleppvorrichtung und das Kühlsystem ab sowie verschiedene Motorenteile aus, um das Schiff sodann nach seinem Umbau als Sportboot zu verkaufen. Obwohl das Schiff nicht weiter abgewrackt worden war, stellte er am 25. 5. 1970 die Abwrackbescheinigung aus, in der es hieß: „Wir bestätigen, dass wir den Motorschlepper E. des Eigners R. im Mai 1970 abgewrackt und verschrottet haben". Der Angeklagte wusste, dass aufgrund dieser Bescheinigung der Motorschlepper im Schiffsregister gelöscht werden würde und handelte in der Absicht, dem Verkäufer in Form der Abwrackprämie einen Vermögensvorteil zu verschaffen.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen mittelbarer Falschbeurkundung nach §§ 271, 272 StGB kostenpflichtig zu einer Geldstrafe von 450,- DM, ersatzweise für je 5,- DM zu 1 Tag Freiheitsstrafe verurteilt.
Aus den Gründen:
Der festgestellte Sachverhalt ist vom Angeklagten im wesentlichen eingeräumt worden. Der Angeklagte bestreitet lediglich, dass die Abwrackbescheinigung falsch gewesen sei und er deshalb vorsätzlich eine mittelbare Falschbeurkundung begangen habe. Diese Einlassung ist jedoch als widerlegt anzusehen. Die vom Angeklagten erteilte Abwrackbescheinigung war objektiv falsch. Unter dem Begriff des Abwrackens ist eine Zerschlagung des Schiffes, die durch Verschrottung erfolgt, zu verstehen. Eine andersartige Verwendung des Fahrzeugs unter Erhaltung des Schiffskörpers genügt weder für die Erlangung der Abwrackprämie noch für die Löschung im Schiffsregister (vgl. Hornung, Rechtspfleger 1970 Seite 117). Das ergibt sich schon aus dem Begriff des Abwrackens selbst. Schon nach dem normalen Sprachgebrauch kann der Begriff Abwracken keineswegs mit dem Begriff Umbau und Funktionsumwandlung gleichgesetzt werden. Es ist aber auch davon auszugehen, dass dem Angeklagten dieser Begriff klar war. Zum Tatzeitpunkt war er als Schiffsverschrotter mit der Materie vertraut und wusste demzufolge, unter welchen Voraussetzungen die Abwrackprämie gegeben und eine Löschung im Schiffsregister erfolgen würde. Seine Einlassung, er habe jedenfalls nicht gewusst, dass bei einem Umbau des Schiffes die Abwrackprämie nicht gegeben und die Löschung nicht erfolgen würde, muss deshalb als Schutzbehauptung bewertet werden.
Bei der Strafzumessung hat das Gericht berücksichtigt, dass der Angeklagte noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Es ist auch zu berücksichtigen, dass er keinen persönlichen Vorteil aus dieser falschen Abwrackbescheinigung gezogen hat. Deshalb erschien die Verhängung einer Freiheitsstrafe nicht als unerlässlich. Unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Angeklagten, andererseits aber auch des Mindeststrafmaßes in § 272 StGB hat das Gericht unter Berücksichtigung von § 14 Abs. 2 StGB eine Geldstrafe von 450,- DM festgesetzt.
Veröffentlich in ZfB 1979 S. 380 (ZfB 1979, 380): Anmerkung der Redaktion
Der Verein zur Wahrung der Rheinschifffahrtsinteressen hatte seine Mitglieder auf Veranlassung der damaligen WSD Duisburg bereits mit Rundschreiben Nr. 199 vom 13. 12. 1972 auf das obige Urteil hingewiesen. Im Hinblick auf neue Ermittlungsverfahren sowie den Verdacht und die Befürchtung der WSD West, dass weitere unkorrekte Abwrackbescheinigungen in letzter Zeit ausgestellt worden sind oder noch ausgestellt werden könnten, holen wir die damals schon vorgesehene, aber versehentlich unterbliebene Veröffentlichung des obigen Urteils aus dem Jahre 1972 nach.
Wenn sich im vorliegenden Fall auch nur die Verschrottungsfirma strafbar gemacht hat, erscheint erneut der Hinweis angebracht, dass ein Schifffahrttreibender, der in Kenntnis der Falschbeurkundung eine unrichtige Abwrackbescheinigung zur Erlangung von Abwrackprämien benutzt, gleichfalls strafrechtlich belangt werden kann - abgesehen von dem großen Schaden, der dem Abwrackfonds und damit der gesamten Binnenschifffahrt zugefügt wird.