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Leitsatz:
Der Schiffsführer, der in erster Linie für die Einhaltung der in der Rheinschiffs-Untersuchungsordnung festgelegten Besatzungs- und Fahrzeit- bzw. Ruhezeitbestimmungen verantwortlich ist, hat entgegenstehende Weisungen seines Arbeitgebers unbeachtet zu lassen.
Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission fürdie Rheinschiffahrt
vom 6. Mai 1987
197 B - 3/87
(Rheinschiffahrtsgericht St. Goar)
Zum Tatbestand:
Nach den Feststellungen der Wasserschutzpolizei hat der betroffene Schiffsführer mit seinem Koppelverband (MTS „W" und TL „S") in der Betriebsform A (1 Schiffsführer, 1 Steuermann, 1 Matrose) die Strecke Antwerpen—Bingen vom 27. 8. 1984, 14.00 Uhr bis 30. 8. 1984, 16.30 Uhr, in ununterbrochener Fahrt zurückgelegt und auch vom 5.— 10. 8. 1984 die zugelassene Fahrzeit täglich überschritten und wiederholt die vorgeschriebene Nachtruhe nicht eingehalten. Für diesen Verband war für die Betriebsform D eine Besatzung von 2 Schiffsführern, 1 Steuermann und 3 Matrosen vorgeschrieben. Der Betroffene gibt die Unterbemannung zu, beruft sich aber darauf, daß er von seinem Arbeitgeber gezwungen worden sei, bis Basel ohne Aufenthalt durchzufahren.
Nach Bußgeldbescheiden der WSD Südwest über 705,— DM und 805,— DM hat ihn auf seinen Einspruch das Rheinschiffahrtsgericht St. Goar zu einer Geldbuße von insgesamt 300,— DM verurteilt. Seine Berufung wurde von der Berufungskammer der Rheinzentralkommission zurückgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
„...
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Betroffenen konnte keinen Erfolg haben. Nach Auffassung der Berufungskammer ist in erster Linie der Schiffsführer für die Einhaltung der in der Rheinschiffs-Untersuchungsordnung festgelegten Besatzungs- und Fahrzeit- bzw. Ruhezeitbestimmung verantwortlich. Falls ihm hierzu bestimmte, den gesetzlichen Bestimmungen entgegenstehende Weisungen seines Arbeitgebers erteilt werden sollten, so hat er diese unbeachtet zu lassen. Notfalls muß er es in diesem Punkte auf eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung mit seinem Arbeitgeber ankommen lassen, zumal über deren Ausgang zu seinen Gunsten kein Zweifel bestehen dürfte. Trotzdem hat das erstinstanzliche Rheinschiffahrtsgericht der Zwangslage, in der sich der Betroffene gegenüber seinem Arbeitgeber befand, dadurch Rechnung getragen, daß es die ursprünglich höheren Geldbußen auf eine Geldbuße von 300,— DM reduzierte. Diese Bußgeldhöhe erscheint auch der Berufungskammer für schuld- und tatangemessen, wobei nicht außer Acht bleiben durfte, daß von dem Koppelverband mit seiner übermüdeten Besatzung eine nicht unerhebliche Gefahr ausging.
Es war deshalb mit Kostenfolge aus § 46 des deutschen Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten i.V. mit § 473 der deutschen Strafprozeßordnung zu erkennen.
...“
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 1989 - Nr.2 (Sammlung Seite 1250); ZfB 1989, 1250