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Leitsatz:
Neue - negative - Entscheidung zum Schadensersatzanspruch gegen das BVM wegen Erstattung der aufgrund betrügerischer Anträge gewährten Abwrackprämien.
Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf
vom 27. Mai 1982
18 U 1/82
Zum Tatbestand:
Es wird Bezug genommen auf das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 17. November 1981 - 11 0 293/81 - veröffentlicht in ZfB 1981, S. 456 ff. Auf die Berufung gegen dieses Urteil, das dem Antrag des Klägers (Bundesverband der deutschen Binnenschifffahrt) in vollem Umfang entsprochen hatte, hat das Oberlandesgericht als Berufungsinstanz nunmehr die Klage abgewiesen. Es bleibt abzuwarten, ob und mit welchem Ergebnis das Revisionsverfahren durchgeführt wird.
Aus den Entscheidungsgründen:
„...
Die Berufung hat Erfolg. Der Senat hält die Klage für unbegründet.
1. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist gegeben. Die ordentlichen Gerichte sind berufen, über jeden Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung zu befinden. Ist die begehrte Rechtsfolge aus einer Amtspflichtverletzung nicht ableitbar, erweist sich die Klage als unbegründet. Die Frage nach dem Rechtsweg kann sich allenfalls dann stellen, wenn die formal auf Art. 34 GG gestützte Amtshaftungslage nur dem Zweck dient, im ordentlichen Rechtsweg nicht verfolgbare Ansprüche durchzusetzen. Das ist hier nicht der Fall. Der Kläger will den Sachverhalt allein unter dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung geprüft sehen. Er will keinen Rechtsweg erschleichen. Nach seinem Verständnis der Rechtslage ist die begehrte Rechtsfolge auch unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung zulässig. Er sieht nämlich den Abwrackfonds als einen fassbaren Teil des Bundesvermögens, das für Zwecke des Binnenschiffsverkehrs beiseite gestellt und im Haushaltsplan ausgewiesen ist, an. Bei dieser Betrachtung wird in Form von Geldersatz und nicht in Gestalt der Vornahme einer Amtshandlung Naturalrestitution verlangt.
2. Der Kläger kann den Amtshaftungsanspruch nur aus abgetretenem Recht seiner Mitglieder und nicht im Wege der Prozeßstandschaft geltend machen. Eine Prozeßstandschaft setzt die Ermächtigung der Rechtsinhaber und ein entsprechendes schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Geltendmachung dieser Rechte im eigenen Namen voraus. Die Satzungsbestimmung des Klägers über den Verbandszweck rechtfertigt eine Ermächtigung in diesem Sinne ’nicht (vgl. BGHZ 48, 12; die in dieser Entscheidung erwähnten Ausnahmefälle sind hier nicht gegeben). Die vorgelegten Abtretungserklärungen einiger Mitglieder enthalten eindeutige Abtretungserklärungen und keine Ermächtigungen. Überdies würden diese Einzelermächtigungen den Kläger nur berechtigen, die Ansprüche jener Mitglieder und nicht aller Mitglieder einzuklagen.
Darüber hinaus fehlt es an einem eigenen schutzwürdigen Interesse des Klägers, Individualrechte seiner Mitglieder geltend zu machen. Es muss den Mitgliedern selbst überlassen bleiben, ob sie Schadensersatzansprüche stellen. Der Kläger ist als Interessenverband nicht berufen, diese Entscheidung für seine Mitglieder zu treffen.
3. Es kann auf sich beruhen, ob die 16 Mitglieder des Klägers ihre Ansprüche wirksam an den Kläger abgetreten haben; denn den Mitgliedern standen abtretbare Ansprüche gegen die Beklagte nicht zu.
4. Es kann ferner dahinstehen, ob die Bediensteten der Beklagten schuldhaft Amtspflichtverletzungen bei Bearbeitung der Anträge auf Zahlung von Abwrackprämien verletzt haben; denn die Amtspflichten, welche die Beamten der Beklagten verletzt haben sollen, obliegen diesen nicht gegenüber den Mitgliedern des Klägers. Der Senat vermag unter Heranziehung der zur Beurteilung der Drittbezogenheit einer Amtspflicht vom Bundesgerichtshof (vgl. zuletzt VersR 1981, 931 und 933) aufgestellten Merkmale der insoweit abweichenden Auffassung des Landgerichts nicht zu folgen.
Nach den Gesetzesmaterialien sollte durch Vernichtung von Schiffsraum unter gleichzeitiger Verminderung der Kleinbetriebe den restlichen Binnenschiffern durch eine dadurch eintretende bessere Auslastung des verbleibenden Schiffsraums eine ausreichende Existenzgrundlage geschaffen werden. Die dadurch erhoffte Gesundung der Binnenschifffahrt wurde als den Interessen der Gesamtwirtschaft dienlich angesehen. Daraus folgt schon, dass die Interessen des einzelnen Binnenschiffers nicht im Vordergrund standen. Der Abwrackvorgang hatte vielmehr lediglich als Reflex einen Nutzen des einzelnen Binnenschiffers insofern zur Folge, als im Laufe der Zeit wegen zunehmender Frachten möglicherweise eine Gewinnsteigerung hätte eintreten können. Diesem mit der Bildung des Abwrackfonds bezweckten Vorteil ist durch die Amtspflichtverletzung nicht Abbruch getan worden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Gewinne geschmälert wurden, zumal die Abwrackbeiträge als ein das Schiffsunternehmen belastender Kostenfaktor im Rahmen der gemäß § 32 BiSchVG vorgesehenen Festlegung der Tarife berücksichtigt werden.
Die Mitglieder der Kläger sind an dem Abwrackfonds weder dinglich noch sonst wie vermögensmäßig beteiligt. Den ursprünglich vorgesehenen Ausschüttungsanspruch hat der Gesetzgeber nicht in § 32a BiSchVG aufgenommen. Letzten Endes sind die Binnenschiffer nur ein sachlich umgrenzter Kreis von Abgabepflichtigen, die aus einer rechtswidrigen Verwendung dieser Abgaben keine Schadensersatzansprüche herleiten können. Der Senat sieht auch nicht, dass der Schutzbereich der Amtspflichten der Beamten der Beklagten dahin ging, die Mitglieder des Klägers in den Genuss der Regelung des § 32a Abs. 6 BiSchVG in der Gesetz gewordenen Fassung kommen zu lassen.
Die durch die staatsanwaltschaftliche Vernehmung der Bediensteten der Beklagten W., S. und H. bekannt gewordenen Umstände, auf die sich der Kläger im Senatstermin bezogen hat, veranlassen keine andere Beurteilung.
5. Der gestellte Klageantrag begegnet im Falle der Bejahung eines Amtshaftungsanspruchs unter dem Gesichtspunkt des zu vollziehenden Schadensausgleichs Bedenken. Da die Zedenten keine Rechte an dem Fonds haben, könnten sie allenfalls Ersatz in Gestalt der Befreiung von denjenigen Beitragszahlungen verlangen, welche sie nicht hätten zu leisten brauchen, wenn mangels Prämiengewährung an die C.-Gesellschaften eine die Beitragspflicht suspendierende Verordnung nach § 32a Abs. 6 BiSchVG erlassen worden wäre. Dieser Schaden ist nicht messbar und nach dem gegenwärtigen Vorbringen nicht schätzbar. Der Senat hat im Hinblick auf die aus den Gründen zu Nr. 4 gebotene Klageabweisung insoweit von Hinweisen an den Kläger zur Stellung eines diesen Bedenken Rechnung tragenden Klageantrags abgesehen.
...“