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Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt
vom 10. November 1983
(auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 23. März 1983 - 5 OWi 127/82 BSch -)
Tatbestand:
Gegen den Betroffenen, der sich am 1.2.1982 mit dem von ihm verantwortlich geführten MTS "L" beladen auf der Bergfahrt von Rotterdam nach Duisburg befand, wurde durch Bußgeldbescheid der Wasser- und Schifffahrtsdirektion in Münster am 18.3.1982 eine Geldbuße von DM 150,- verhängt, weil er ausweislich seines Fahrtenbuches die Bergfahrt um 0.00 Uhr angetreten und ohne Pause nach Duisburg durchgefahren und dort um 22.00 Uhr vor Anker gegangen sei. In Betriebsform -A- fahrend habe er nach 16 Stunden Fahrzeit nicht die erforderliche Ruhezeit von 8 Stunden eingehalten (Zuwiderhandlung gegen § 14.03 Ziffer 1 RheinSchUO i.V. mit Art. 7 (3) Ziffer 1 und Art. 8 Zif¬fer 1 und Art. 8 Ziffer 1 Buchst. e EVO z. RheinSchUO). Gegen diesen Bußgeldbescheid legte der Betroffene Einspruch ein mit der Begründung, die ihm zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit habe er nicht begangen.
Mit Verfügung vom 6.1.1983 bestimmte das Rheinschifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort Termin zur Hauptverhandlung auf den 23.3.1983 und ordnete mit Beschluß vom gleichen Tage das persönliche Erscheinen des Betroffenen zur Hauptverhandlung an. Gleichzeitig eröffnete das Gericht dem Betroffenen die Möglichkeit, sich vor der Hauptverhandlung bei Gericht zu seiner Vernehmung einzufinden, wobei ihm die Entbindung von seiner Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung in Aussicht gestellt wurde. Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde diese Ladung dem Betroffenen persönlich am 26.1.1983 zugestellt. Nach einem in den Akten befindlichen Vermerk teilte der Betroffene am 22.3.1983 -also einen Tag vor der Hauptverhandlung- der Geschäftsstelle des Gerichts telefonisch mit, dass er nach längerer Arbeitslosigkeit nunmehr wieder eine Reise habe antreten können und bat sein Fernbleiben von der Hauptverhandlung zu entschuldigen. In der Hauptverhandlung am 23.3.1983, bei der der Betroffene nicht erschienen war, hat das Rheinschifffahrtsgericht seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid der Wasser- und Schifffahrtsdirektion West in Münster vom 18.3.1982 (OWi 319/82) kostenpflichtig verworfen. In seinen Gründen führte das Rheinschifffahrtsgericht aus, die telefonische Mitteilung vom Vortage könne den Betroffenen nicht entschuldigen. Er habe weder mitgeteilt, wann er die Reise habe antreten müssen, noch aus welchen Gründen er für den Fall seiner tatsächlichen Abwesenheit nicht von der angebotenen Möglichkeit der vorherigen Vernehmung Gebrauch gemacht habe. Den Gesamtumständen sei vielmehr zu entnehmen, dass der Betroffene nicht bereit gewesen sei, zur Hauptverhandlung zu erscheinen.
Gegen dieses Urteil hat der Betroffene mit Schreiben vom 1.4.1983, das am 6.4.1983 bei Gericht einkam, Berufung an die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt in Straßburg eingelegt und diese in dem gleichen Schreiben auch begründet. Der Betroffene führt an, dass er am 19.3.1983 vom Arbeitsamt Koblenz als Hilfsmann auf das MS "N" für eine Reise nach Berlin vermittelt worden sei. Er habe diese Reise annehmen müssen, wenn er nicht habe Gefahr laufen wollen, dass seine Arbeitslosenbezüge vom Arbeitsamt gestrichen werden.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungskammer sieht das Ausbleiben des Betroffenen in der Hauptverhandlung vor dem Rheinschifffahrtsgericht gem. § 74 Abs. 2 des Deutschen Ordnungswidrigkeitengesetzes als genügend entschuldigt an, da er am Tage vor der Hauptverhandlung ausweislich des bei den Akten befindlichene Vermerkes der Geschäftsstelle des Gerichts mitteilte, dass er nach längerer Arbeitslosigkeit nunmehr wieder eine Reise habe antreten können. Durch Vorlage einer Lohnabrechnung der Alba-Reederei hat der Betroffene der Berufungskammer gegenüber dargetan, dass er vom 19.3.1983 bis 30.3.1983 als Hilfsmann auf MS "N" auf Schiffsreise war. Angesichts seiner schon länger dauernden Arbeitslosigkeit war dem Betroffenen nicht zuzumuten, wegen des anstehenden Hauptverhandlungstermins diese ihm vom Arbeitsamt vermittelte Einkommensmöglichkeit auszuschlagen, zumal er nach seiner Vorstellung dabei Gefahr gelaufen wäre, seine Arbeitslosenbezüge zu gefährden. Dem Betroffenen kann auch nicht angelastet werden, dass er nicht von der ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machte, sich vor der Hauptverhandlung durch das Rheinschifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort vernehmen zu lassen, da nicht auszuschließen ist, dass er ursprünglich an der Hauptverhandlung teilnehmen wollte, dann aber plötzlich von dem Auftrag des Arbeitsamtes überrascht wurde. Erfahrungsgemäß müssen derartige Tätigkeiten als Hilfsmann unverzüglich angetreten werden und erlauben nicht noch eine vorherige Reise zum Gericht in Duisburg-Ruhrort.
Da der Betroffene mithin ausreichend entschuldigt erscheint, war das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts in der Hauptverhandlung vom 23.3.1983, durch das sein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid der Wasser- und Schifffahrtsdirektion West verworfen wurde, aufzuheben.
Da das Rheinschifffahrtsgericht in der Sache selbst noch nicht entschieden hat, musste die Sache gemäß Art. 24 Abs.3 der Verfahrensordnung der Berufungskammer an das Gericht erster Instanz zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen werden.
Es war deshalb für Recht zu erkennen:
Auf die Berufung des Betroffenen wird das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 23.3.1983 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Rheinschifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort zurückverwiesen.
Der Betroffene hat für die Berufungsinstanz keine Verfahrenskosten zu tragen. Die Festsetzung der ihm zu erstattenden notwendigen Auslagen gem. Art. 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte wird dem Rheinschifffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort übertragen.