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Leitsätze:
1. Die Übernahme der Ladung gegen eine vorbehaltlose Quittung „clean on board" soll die Diskussion über Ursachen eines Ladungsschadens entbehrlich machen, die bei der Verladung äußerlich erkennbar sind.
2. Der Vermerk „clean on board" auf dem „bill of lading" stellt eine reine Quittung dar, die die widerlegliche Vermutung für die Tatsache begründet, dass die Ladung in äußerlich unbeschädigtem Zustand in das Schiff übernommen worden ist.
Urteil des Landgerichts Kiel
v. 13.01.2005
- 15 S 1/04 -
(Vorinstanz: Amtsgericht Rendsburg v. 25.06.2004 - 11 C 2/04 )
Tatbestand und Entscheidungsgründe
Die Klägerin ist ein Befrachtungsunternehmen und hat einen Frachtvertrag über 700 t NP Dünger mit der Beklagten abgeschlossen. Darin hatte sich diese verpflichtet, den Dünger von Szczecin nach Oldenburg zu transportieren. Die Beklagte beauftragte ihrerseits die Nebenintervenientin, den Transport durchzuführen. Der Transport wurde mit dem Motorschiff „B" durchgeführt.
Wegen eines Nässeschadens an einem Teil der Ladung, dessen Einzelheiten zwischen den Parteien streitig waren, forderte die Auftraggeberin der Klägerin diese zur Leistung von Schadensersatz auf. Die Klägerin hat mit ihrem Auftraggeber inzwischen eine vergleichsweise Regelung getroffen und sich zur Zahlung von 4.041,50 € an ihre Auftraggeberin verpflichtet.
Die Klägerin behauptet, beim Löschen der Ladung in Oldenburg sei offenbar geworden, dass ein Teil des nässe-empfindlichen Düngers, und zwar der im Schiffsraum unten gelagerte, durchfeuchtet gewesen sei; er habe entsorgt werden müssen. Der Schaden an der Ladung sei während des Transports aufgrund von Wassereintritt in das Schiff entstanden. Beim Beladen sei die Ladung schadensfrei gewesen. Dies ergebe sich aus einem entsprechenden Vermerk auf der „Bill of Lading", die der Frachtführer unterzeichnet habe. Beim Löschen sei dann der Schaden durch den Kranführer festgestellt worden. Er habe daraufhin den Löschvorgang abgebrochen. Insgesamt seien 26.850 kg des Düngers unbrauchbar gewesen. Der Wert der geschädigten Ladung habe 4.897,12 € betragen, die Separierungskosten 217,08 €.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.041,50 € zzgl. 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz nach dem Diskontsatz- Überleitungs-Gesetz seit Klage-Zustellung zu zahlen.
Die Beklagte und die Nebenintervenientin haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie haben behauptet, der Schaden sei nicht während des Transportes mit dem Schiff entstanden.
Die Streitverkündete hat behauptet, die Ladung sei in demselben Zustand ausgeladen, wie sie auch eingeladen worden sei. Sollte ein Teil der Ladung tatsächlich einen zu hohen Feuchtigkeitsgehalt aufgewiesen haben, so müsse dieser schon beim Einladen vorhanden gewesen sein. Der Schiffsführer habe dies mangels entsprechender Fachkenntnis über die Ladung nicht beurteilen können. Vor dem Beladen des Schiffes habe er sich überzeugt, dass die Laderäume sauber und trocken gewesen seien. Die Reise selbst sei ohne besondere Vorkommnisse verlaufen.
Beim Löschvorgang in Oldenburg habe es gegen Ende geregnet. Der Laderaum sei vom Schiffsführer abgedeckt worden. Ein Mitarbeiter der Entladefirma habe dann aber die ausdrückliche Weisung erteilt, den Laderaum wieder aufzudecken, um das Löschen der restlichen 30 t noch zu ermöglichen. Diesem Begehren sei der Schiffsführer unter Protest nachgekommen.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits, der Nebenintervenientin die Kosten der Nebenintervention auferlegt.
Das Amtsgericht kommt zu einem Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 425 Abs. 1 HGB wegen Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung. An der Ladung aus Dünger sei es ausweislich der Empfangsbescheinigungen, die sowohl vom Schiffsführer wie auch vom Entlader unterzeichnet worden sind, hinsichtlich einer Teilmenge von 18-20 t zu einem Nässeschäden gekommen. Der Schaden sei während der Obhutszeit des Frachtführers entstanden, somit in der Zeit zwischen Übernahme und Ablieferung. Die Beklagte hat die Ladung übernommen, indem sie mittelbaren Besitz erlangte. Dies sei geschehen, indem die Ladung auf das von der Streitverkündeten als Unterfrachtführerin zum Transport der Fracht vorgesehene Schiff übernommen worden sei. Dies ergab sich zur Überzeugung des Gerichts aus der Unterzeichnung der „bill of lading" durch den Schiffsführer mit dem Vermerk „clean on board". Damit habe der Schiffsführer zum Ausdruck gebracht, dass er die Ware in einem äußerlich guten Zustand entgegen genommen habe. Diese Erklärung hat das Gericht als Empfangsquittung gewertet. Eine solche Quittung liefert, sofern sie keine Vorbehalte enthält, ein starkes Indiz dafür, dass das Gut äußerlich in einem guten Zustand war. Das Indiz verliert nach den allgemeinen Regelungen über die Quittung seine Bedeutung, wenn der Frachtführer die Überzeugung des Gerichts von der Richtigkeit der unterschriebenen Urkunde erschüttert, ohne dass ein voller Gegenbeweis geführt werden muss (Koller, Transportrecht, § 408, Rndr 237). Den Gegenbeweis hat das Amtsgericht nicht als geführt angesehen. Aus der Anwesenheit des Schiffsführers beim Entladevorgang ergibt sich für das Gericht mangels gegenteiligen Vortrags, dass er auch überprüfen konnte, ob das Gut problemlos geladen werden konnte. Den Einwand der Beklagten, der Schiffsführer habe nicht erkennen können, welchen Feuchtigkeitsgehalt der Dünger beim Beladen aufgewiesen habe und welcher Feuchtigkeitsgehalt normal gewesen sei, hat das Gericht nicht gelten lassen. Wenn die Ladung bereits beim Beladevorgang zumindest teilweise zu feucht gewesen wäre, hätte das dem Schiffsführer beim Ladevorgang auffallen müssen, da die Ladung dann nicht mehr frei fließend an Bord gelangt wäre. Im übrigen hätte dem Schiffsführer auch die unterschiedliche Einfärbung des Ladegutes auffallen müssen. Das sei aber offensichtlich nicht der Fall gewesen, da der Schiffsführer die ordnungsgemäße Übernahme der Ladung bestätigt habe. Das Gericht hat sich in dieser Wertung auch durch die Tatsache bestätigt gesehen, dass der Nässeschaden nach dem Vorbringen der Klägerin beim Löschen der Ladung durch den Kranführer entdeckt worden ist, zu diesem Zeitpunkt also mit bloßem Auge ohne weiteres zu erkennen war.
Aus allem ist das erstinstanzliche Gericht zu dem Schluss gekommen, dass der Teil der Ladung während des Transportes durchfeuchtet worden sein muss. Die Tatsache, dass der Laderaum vor dem Beladen kontrolliert und für trocken befunden worden ist, schloss aus Sicht des Amtsgerichts nicht aus, dass sich während der Schiffsreise, und zwar auch ohne besondere Vorkommnisse, Feuchtigkeit am Boden des Laderaums gesammelt haben kann. Gegen eine Verursachung des Nässeschadens durch Regen gegen Ende des Löschvorgangs hat das erstinstanzliche Gericht die Tatsache gewertet, dass der durch Nässe beschädigte Teil der Ladungsteil war, der zuletzt ausgeladen wurde, sich somit ganz unten im Laderaum befunden hat. Durch Regen hätte nur der obere Teil der Ladung in Mitleidenschaft gezogen werden können. Somit war aus Sicht des Vorder-Richters davon auszugehen, dass der im unteren Teil des Laderaums befindliche Teil der nässeempfindlichen Ladung dort Wasser gezogen hatte.
Die Voraussetzungen für eine Haftungsbefreiung der Beklagten nach § 426 HGB hielt das Amtsgericht nicht für gegeben. Nach dieser Vorschrift hafte der Frachtführer nicht, soweit die Beschädigung auf Umständen beruhrt, die er bei größerer Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte. Der nächste Schaden wäre bei größtmöglicher Sorgfalt vermeidbar gewesen. Sofern es sich nicht um einen Transport unter Verwendung von offenen, nicht abdeckbaren Fahrzeugen handelt oder um eine Verladung auf Deck, ist bei Nässeschäden von einem Verstoß gegen die Regeln größerer Sorgfalt auszugehen (Koller, Transportrecht, § 426 Rdn. 12). Im vorliegenden Fall wurde die Ladung unter Deck mit verschlossenen Luken transportiert. durch diese Art des Transport ist - so das Amtsgericht - die Durchfeuchtung der Ware vermeidbar gewesen. Die gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegte Berufung der Nebenintervenientin hat in der Sache keinen Erfolg. Ergänzend zu der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung führt das Berufungsgericht folgendes aus:
I. Aus der Empfangsbescheinigung, die vom Schiffsführer und vom Entlader unterzeichnet worden ist, folgt unmittelbar, dass an einer Teilmenge der Ladung von 18-20 t der Ladung ein Nässeschäden festgestellt worden ist.
II. Das Berufungsgericht folgt weiter der Wertung des Vordergerichts, dass der Nässeschaden während der Obhut des Frachtführers eingetreten ist.
Diese rechtliche Bewertung begründet es wie folgt:
A. Die Vermutungswirkung des Vermerks „clean on board" auf der „bill of lading" hat die Nebenintervenientin auch im Berufungsrechtszug nicht erschüttern können. Insoweit ist ohne Belang, ob dieser Vermerk vorgedruckt und vom Schiffsführer inhaltlich verstanden worden ist. Es kommt nicht darauf an, ob der Schiffsführer bei der Verladung durch Augenscheinseinnahme geprüft hat, dass die Ladung sich in einem äußerlich beanstandungsfreien Zustand befunden hat und ob er dies aufgrund seiner eigenen Fachkunde prüfen konnte. Mit der Unterzeichnung der „bill of lading" und der Bestätigung „clean on board" ohne jeden Vorbehalt einer abweichenden Feststellung oder nur des Umstandes, dass solche aufgrund eigener Sachkunde nicht getroffen werden können, hat der Schiffsführer verbindlich erklärt, dass die Ladung in einem äußerlich einwandfreien Zustand an Bord genommen worden ist. Denn die Übernahme der Ladung gegen eine vorbehaltlose Quittung „clean on board" soll gerade die Diskussion über Ursachen eines Ladungsschadens entbehrlich machen, die bei der Verladung äußerlich erkennbar sind. Hieran muss sich der Frachtführer grundsätzlich festhalten lassen, auch wenn sich der Schiffsführer nicht die Zeit genommen hat, die Unauffälligkeit des Transportgutes bei der gesamten Verladung zu prüfen. Im vorliegenden Fall hat die Nebenintervenientin in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vortragen lassen, der Schiffsführer sei nicht bei der gesamten Verladung zugegen gewesen und habe die Feststellung „clean on board" überhaupt nicht für den gesamten Zeitraum treffen können.
Bei einem Nässeschaden wie dem vorliegenden, der am Ende eines ca 3-wöchigen Schiffstransportes festgestellt worden ist, wird die Vermutung des „clean on board" nicht schon durch die Behauptung erschüttert, die Laderäume seien vor der Beladung trocken gewesen. Denn die Beladung auf eine feuchte und nasse Schiffsstrau stellt nur eine von vielen denkmöglichen Ursachen dar, die für den vorliegenden Schaden auf einem solchen Transport eintreten können. Wie allgemein bekannt ist, findet Wasser nach dem Gesetz der Schwerkraft folgend oftmals unerkannt seinen Weg und ist schließlich erst im Schadensbild erkennbar. Auf welche Art und Weise das Wasser zum eigentlichen Schadensort gelangt ist, lässt sich oftmals im Nachhinein nur schwer oder gar nicht feststellen.
Die Kammer hält die Erklärung der Nebenintervenientin, die Teilladung sei unerkannt und unmerkbar schon mit höherem Feuchtigkeitsgrad an Bord genommen worden, der dann mittels der normalen Raumfeuchte zu dem Schaden geführt habe, für in höchstem Maße unwahrscheinlich , da ein abgegrenzter Teil des Düngers unstreitig von unten bis zu einer gewissen Höhe feucht war und sich auf diesem Teil unstreitig trockener Dünger befand. Selbst wenn man von allen physikalischen Bedenken gegen diese zudem rein theoretische Schadensursache absieht, hätte sich dann in dem Laderaum eine so große Menge Feuchtigkeit befinden müssen, die geeignet war, rund 18 bis 20 t Dünger sichtbar feucht werden zu lassen. Bei einer solchen Feuchtigkeitsmenge hätte es sich keinesfalls mehr um „normale Raumfeuchte" handeln können. Vielmehr würde schon der Transport einer stark hygroskopischen Ladung wie Dünger in derart luftfeuchten Räumen die Haftung nach § 425 HGB begründen.
B. Die Nebenintervenientin hat nicht dargelegt, dass sie die Ladung in einem ordnungsgemäßien Zustand bis zur Entladungsstelle gebracht und die letzten 18-20 t Ladung erst während des Löschens, genauer gesagt, erst gegen Ende des Löschvorgangs durch Fehler beim Entladen feucht geworden sind. Dafür trägt sie die Darlegungs- und Beweislast (vgl. Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 425 Rdn. 43 und 84) Deshalb konnte es nach Auffassung der Kammer offengelassen werden, ob die Obhutspflicht des Frachtführers erst mit der vollständigen Löschung der Ladung endete. Der Vortrag der Nebenintervenientin zur Schädigung des Düngers durch Entladen bei Regen ist angesichts des festgestellten Schadensbildes nicht plausibel, worauf schon das Amtsgericht hingewiesen hat. Da sich der feuchte Dünger unterhalb des trockenen Ladungsteils befunden hat, kann ausgeschlossen werden, dass der Dünger durch Regen feucht geworden ist. Außerdem erscheint ausgeschlossen, dass allein durch den nunmehr spezifizierten Regen, also leichten Nieselregen, 18-20 t Dünger sichtbar durchfeuchtet werden.
III. Insgesamt - so die Kammer - bleibt die genaue Schadensursache im Dunkeln. Sie sieht es jedoch als erwiesen an, dass die Ladung aufgrund unwiderlegter Vermutung „clean on board" genommen worden ist und der Schaden am Ende des Transportes eingetreten war, mithin im Obhutszeitraum des Frachtführers. Die Voraussetzungen der §§ 426 und 427 HGB sind auch im Berufungsrechtszug nicht dargelegt worden. Die Nebenintervenientin kennt die wahre Schadensursache nicht, sie kann nur mehrere aus ihrer Sicht denkmögliche Schadensursachen aufzeigen. Sie konnte deshalb auch nicht vortragen, dass die wirkliche Schadensursache trotz größtmöglicher Sorgfalt nicht zu vermeiden gewesen ist. Ein Schadenseintritt beim Entladen ist ebenfalls nicht schlüssig dargelegt, wie bereits ausgeführt worden ist.
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2006 - Nr.9 (Seite 85 f.); ZfB 2006, 85 f.