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Urteil der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt
vom 3. November 1981
(Auf Berufung gegen das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 13. Oktober 198O - 3 C 1006/78-)
Tatbestand:
Am 10. Februar 1977 gegen 3 Uhr 40 hat der schiebende Selbstfahrer "GR", der den Leichter "GT6" längsseits gekuppelt mit sich führte, auf seiner Fahrt zu Tal von Strassburg nach Karlsruhe das vordere Joch des rechtsrheinischen Brückenstumpfes der Militärbrücke Drusenheim-Greffern angefahren. Durch den Aufprall vom Kurs abgekommen, stieß der Schubverband auf die Spundwände der linksrheinischen Baustelle, die vom Kläger Herr H., Unternehmer, für den Bau einer neuen Zufahrtsrampe zur Fähre Drusenheim eingerichtet worden war. Bei diesem Unfall wurde die Militärbrücke auseinandergerissen und sowohl für zivile als auch militärische Zwecke unbrauchbar. Beim Aufprall auf die im Bau befindliche Zufahrtsrampe rissen die Festmachedrähte des gekuppelt mitgeführten Leichters "GT6" und der Leichter trieb ab. Nachdem der Leichter wieder eingeholt und gekuppelt worden ist, wurde der Verband von dem Verant¬wortlichen des Schifffahrtsdienstes Strassburg zum Hafen Dalhunden geleitet, um die Wiederherstellung des unterbrochenen Schiffsverkehrs zu erlauben und der Gendarmerie die Möglichkeit zur Unfallaufnahme zu geben. Zur Unfallszeit führte Lotse SCH., der vom Kapitän Peter D. eingestellt worden war, die der Gesellschaft G. Hamburg gehörenden Fahrzeuge.
Am 12. September 1978 hat Herr H. beim Rheinschifffahrtsgericht Strassburg beantragt, die Herren SCH., D. und K., (Co-Lotse) sowie die Gesellschaft G. voll und gesamtschuldnerisch
für den entstandenen Schaden haftbar zu machen und sie zur Zahlung des Hauptbetrags von 179.774,66 DM, eines Schadenersatzes von 20.000,- Francs und eines Betrags von 5000 Francs gemäß Art. 700 der Neuen Zivilprozessordnung zu verurteilen.
Bei der Verhandlung vom 9. Juni 1980 hat Herr H. seine Anträge aus der Klageschrift in folgende neue Anträge abgeändert:
Herr D. trägt die volle Verantwortung für den Unfall.
Die Gesellschaft G. haftet gesamtschuldnerisch mit ihm, allerdings nur bis zum Wert des Schubbootes "GR".
Herr D. und die Gesellschaft G. werden somit gesamt-schuldnerisch verurteilt, an den Kläger den Betrag von 179.764,66 DM zu zahlen, nebst gesetzliche Zinsen seit dem 15. Juni 1977, wobei die G. nur bis zum Verkaufswert des Schubbootes "GR" haftet.
Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch zu den Kosten verurteilt, einschließlich der Kosten, die durch die Streitverkündigung der Herren SCH. und K. verursacht wurden.
Das Urteil wird durch Hinterlegung einer Sicherheitsleistung für vollstreckbar erklärt.
Herr H. begründet seine Anträge wie folgt:
Der von ihm erlittene Schaden ist die Folge des nautischen Verschuldens von Schiffsführer D., der die nach Art. 8 des lokalen Gesetzes über die Rheinschifffahrt gebotene Kontroll- und Überprüfungspflicht verletzt hat,
Es ist unmöglich, dass Herr D. nicht über die Schadhaftigkeit des Motorschiffsruders informiert war, die die Unfallursache war,
Nach Art. 4-20 des vorgenannten lokalen Gesetzes haftet die Gesellschaft G., in ihrer Eigenschaft als Schiffsreeder zivilrechtlich für das Verschulden ihrer Besatzungsmitglieder,
- Co-Lotse K. sowie Lotse SCH. müssen freigesprochen werden, denn gegen letzteren erging am 6. November 1979 ein Freispruch der Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt.
Herr D. und die Gesellschaft "G.", die eine Mitverantwortung für den Unfall ablehnen, haben folgende Anträge gestellt:
Die Klage der Klägerin wird für unzulässig, in jedem Fall für unbegründet erklärt, sie wird zurückgewiesen,
Der Beklagten wird bestätigt, dass sie alle nicht formell von ihr anerkannten gegensätzlichen Behauptungen schriftlich bestreitet und dass sie außerdem soweit erforderlich und ohne die Beweislast zu übernehmen, fordert, den Beweis der von ihr vorgetragenen Fakten durch Ermittlungen, insbesondere eine Untersuchung oder ein Gutachten, zu erbringen,
Herr Wilhelm H. wird verurteilt, der Beklagten den Betrag von 25.000,- Francs nebst gesetzliche Zinsen seit dem Klagezeitpunkt zu bezahlen,
Die Klägerin wird zu allen Kosten, abzüglich des Honorars für die Herren R. und A. G., verurteilt. Hilfsweise bei Verurteilung, die Zwangsvollstreckung gegebenenfalls durch Sicherheitsleistung auszusetzen, größte Zahlungserleichterungen einzuräumen.
Die Herren SCH. und K. haben die gleichen Anträgen gestellt, wie sie vorstehend aufgeführt sind.
Die Beklagten belegen ihre Anträge wie folgt:
- Der Kläger ist nicht berechtigt, die Beträge seiner Klageschrift zu fordern, da Verletzungen eines gesetzlich geschützten Interesses nicht mit Sicherheit vorliegen,
- Die Beschädigung des Rheinufers stellt in der Tat eine Beeinträchtigung des französischen Staatsgebiets dar, das ausschließlich vom Ministerium für öffentliche Arbeiten verwaltet wird und dessen Schutz dem Präfekten des Bas-Rhin obliegt, so dass der Kläger schon allein deshalb nicht handlungsberechtigt ist,
- der Kläger besitzt zudem keinerlei Aktivlegitimation, denn gesetzlich ist er nicht zur Zahlung des Betrags von 179.774,66 DM verpflichtet, den er freiwillig und ohne gesetzlichen Zwang übernommen hat.
- ein Verschulden D.S kann weder de facto noch de jure festgestellt werden.
- da D. im Zeitpunkt des Schadensfalls nicht Dienst versah, haftet er auch nicht dafür und zwar gemäß Art. 7 und 8 des Gesetzes vom 15. Juni 1895,
- die Führung des Verbandes oblag ausschließlich Herrn SCH., der in seiner Eigenschaft als Lotse der ver-antwortliche Schiffsführer im Sinne von § 1.02 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung geworden ist.
- Da Herr D. nicht mehr Schiffsführer des Verbandes war, kann der Reeder in keiner Weise als solcher haftbar gemacht werden,
Es muss gesagt werden, dass der Lotse SCH., wegen Verstosses gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht strafrechtlich vom Rheinschifffahrtsgericht Strassburg verurteilt worden ist» Auf die Berufung von SCH. hat die Berufungskammer der Zentralkommission mit Urteil (Arret) vom 6. November 1979 das besagte Urteil (jugement) aufgehoben und den Betroffenen freigesprochen.
Das Rheinschifffahrtsgericht hat am 13. Oktober 1980 ein Urteil mit folgendem Tenor gefällt:
Das Gericht, das öffentlich und kontradiktorisch für Recht erkennt,
Erklärt, dass die G.-GESELLSCHAFT für Oeltransporte mbH Co 2000 Hamburg und Schiffsführer Peter D. gesamtschuldnerisch haften für die Schäden aus der Kollision vom 10« Februar 1977 in Drusenheim.
Spricht SCH. und K. frei, erlegt die Kosten für ihre Vorladung dem Kläger auf,
Verurteilt die Gesellschaft G. und Herrn D. gesamtschuldnerisch, Herr Wilhelm H. den zum Wechselkurs am Zahlungstermin in französische Francs umgerechneten Gegenwert von 179.774,66 DM mit gesetzlichem Zinsen vom Tage dieses Urteils an zu zahlen;
Erklärt jedoch, dass die Gesellschaft G. nur bis zur Höhe des Wertes des Leichters "GT6", des Motorschiffs "GR" und deren Fracht am Tage des Unfalls haftet.
Verurteil die Gesellschaft G. und Herr D. zu den Kosten, mit Ausnahme der Kosten für die Vor-ladung der Herren SCH. und K., die dem Kläger auferlegt werden;
Erklärt, dass kein Anlass für eine provisorische Vollstreckung besteht.
Zur Begründung hierfür führt das Rheinschifffahrtsgericht folgendes aus:
1. Abweisung der Klage wegen angeblicher Nichtberechtigung
Das Rheinschifffahrtsgericht möchte zunächst daran erinnern, dass Herr H. auf die Reparatur einer neuen Zufahrtsrampe und nicht auf die Wiedergutmachung der Schäden am Rheinufer selbst klagt; die Forderung des Klägers betrifft somit nicht den von der Verwaltung erlittenen Schaden.
Das Gericht bestätigt, dass, da der Unternehmer bis zur Überprüfung oder Abnahme des Bauwerks für alle Risiken am Bau verantwortlich ist, die Fa. H. ein gesetzlich geschütztes Interesse besitzt, um auf Wiedergutmachung zu klagen.
2. Zur Sache
Das Rheinschifffahrtsgericht Strassburg bemerkt, nachdem die Berufungskammer der Zentralkommission der Rheinschifffahrt den Lotsen SCH. mit Urteil vom 6. November 1979 freigesprochen hat, kann ihm zivilrechtlich kein Verschulden mehr ausgelastet werden. Das Gericht weist weiter darauf hin, dass auch zu Lasten des Co-Lotsen K. kein Verschulden festgestellt werden konnte, dessen Verurteilung übrigens auch nicht vom Kläger beantragt worden ist* Das Gericht vertritt deshalb die Auffassung, dass die Herren SCH. und K. freizusprechen sind, wobei die Gerichtskosten dem Kläger auferlegt werden. Kapitän D. dagegen erkennt das Gericht für schuldig, da der Unfall vom 10. Februar 1977 darauf zurückzuführen ist, dass der Kapitän nicht die Fahrtüchtigkeit des Motorschiffes überprüft hat, wozu er nach Art. 8 Abs. 1 des Gesetzes vom 15. Juni 1895 verpflichtet war; aus den Ermittlungen der Wasserschutzpolizei der Gendarmerie Gambsheim geht nämlich eindeutig hervor, dass die Ruderanlage des Motorschiffes schadhaft war; übrigens bestätigen auch die durch den Matrosen K. bestätigtem Aussagest des Lotsen SCH., dass diese Schadhaftigkeit die Unfallursache ist» Bei sorgfältiger Überprüfung der Ruderanlage hätte der Kapitän die Schäden am Ruder feststellen können« Kapitän D. hat sich sowie die Reederei G. durch sein Fehlverhalten schuldig gemacht. Das Gericht vertritt ferner die Ansicht, dass die Beklagten erfolglos geltend machen, dass Kapitän D., der für die betreffende Strecke kein Patent besitzt, im Zeitpunkt des Unfalls sticht im Dienst war. Hierzu sei bemerkt, dass der Kapitän, wenn er vom Lotsen vertreten wird, nach den verordnungsrechtlichen Rheinschifffahrtsbestimmungen nicht von den in Art. 8 Abs. 1 des Gesetzes von 1895 genannten Verpflichtungen befreit ist. Zu Unrecht machen die Beklagten auch ein Verschulden des französischen Staates geltend, weil er die Fahrrinnen-breite erheblich reduziert hat. Über diese Verringerung der Fahr-rinnenbreite sind die Verkehrsnutzer nämlich durch Bekanntmachungen an die Schifffahrt informiert worden. Sie kann deshalb nicht als die oder eine der Unfallursachen vom 10. Februar 1977 betrachtet werden. Mit Berufungsschriften vom 28. November 1980, die dem Rheinschifffahrtsgericht Strassburg am selben Tag zugestellt wurden, haben Peter D. und die Gesellschaft G. und die Berufung eingelegt gegen das vorgenannte Urteil vom 13. Oktober 1980 und dabei ausdrücklich erklärt, die Berufung bei der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt anzubringen.
Sie beantragen
MÖGE DIE ZENTRALKOMMISSION
das angefochtene Urteil bestätigen, soweit es Herrn SCH. sowie Herrn K. freispricht,
es darüber hinaus abändern,
die Klage gegen Herrn D. und die Gesellschaft G. für unzulässig, jedenfalls für unbegründet, erklären,
die Klage der Klägerin zurückweisen,
die Berufungsbeklagte verurteilen, der Gesellschaft G. und Herrn D. den Betrag von 25.000,- Francs nebst gesetzliche Zinsen vom Tage der Klageeinreichung aß, zu zahlen;
die Berufungsbeklagte zu sämtlichen Kosten abzüglich der Honorare für Rechtsanwälte A. und R. G. verurteilen.
Mit Ergänzungsschrift vom 17. Dezember 1980 und zur Begründung ihrer Anträge machen die Berufungskläger geltend, dass Herr H. nicht handlungsberechtigt sei (fehlende Aktivlegitimation) und dass Herrn D. und somit der Gesellschaft G. weder de facto noch de jure ein Verschulden angelastet werden könne,
Zur Aktivlegitimation
Die Berufungskläger erinnern zunächst daran, dass Herr H. die Bauarbeiten am franzosischen Rheinufer aufgrund eines Vertrags mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes durch Submission durchgeführt hat. Nun müsse aber Herr H. beweisen, dass die von ihm auf französischem Hoheitsgebiet durchgeführten Bauarbeiten nach dem Dekret Nr. 71-121 vom 5. Februar 1971 gesetzlich erlaubt waren. Hiernach werden Ausbau- und Modernisierungsarbeiten auf öffentlichen Wasserstrassen durch das Ministerium für Ausrüstung und Wohnungsbau genehmigt. Liege eine solche Genehmigung nicht vor, könne Herr H. wegen nicht vorhandener Verletzung eines gesetzlich geschützten Interesses keinen Schaden geltend machen, denn eine ungesetzliche Situation könne nicht Quelle eines wiedergutzumachenden Schadens sein» Die Berufungskläger machen außerdem noch geltend, dass Herr H. nicht die Wiedergutmachung des Schadens beantragen kann, da dieses Recht nur dem Geschädigten, in diesem Fall der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, zustehe.
Fehlens eines Verschuldens D.s
Die Berufungskläger behaupten, dass das Rheinschifffahrtsgericht Strassburg einem Irrtum unterlegen ist, als es feststellte, dass das Fehlen des Ruderblattes nur auf einen der Unfälle, die sich kurz vor dem Aufprall auf der Brücke Drusenheim ereignet habe oder zumindest auf einen offensichtlichen und bereits existierenden Mangel bei der Fixierung dieses Ruderteils, der bei Abfahrt in Weil bei Beginn der Rückfahrt des Verbandes hätte ausgemacht werden müssen, zurückzuführen ist. Hierzu führen die Berufungskläger zunächst aus, es stehe keinesfalls fest, dass ein Blatt des Steuerbordruders infolge einer ersten Kollision des Motorschubbootes G. mit einem Pfeiler der alten Brücke bei Weil in der Nähe von Basel fehle, es handle sich hierbei um eine bloße Behauptung, die das Departement Bas-Rhin ausgehend von anonymen und somit verdächtigen Zeugenaussagen für die Bedürfnisse des Rechtsstreites aufgestellt habe. Sie behaupten, dass das Fehlen des Ruderblattes, das die Gendarmerie erst nach der Kollision des Fahrzeugs "GR" mit der Brücke Druseoheim festgestellt hat, in Wirklichkeit die Folge dieser Kollision sei, die auf ein rein zufälliges und plötzliches technisches Versagen zurückzuführen sei. Dem Schiffsführer D. könne also nicht vorgeworfen werden, ein Schiff geführt zu haben, dass einen offensichtlichen und vorherigen Mangel aufwies. Die Berufungskläger lachen außerdem geltend, dass Schiffsführer D. für den Verband nicht verantwortlich war. Dieser Schiffer sei nämlich nicht Inhaber eines Patents für die Strecke Garabsheim. Besitze der Schiffsführer nun aber nicht das Patent, so werde der Lotse gemäß der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung (§ 1.02) verantwortlicher Schiffsführer. Das Kommando und die Verantwortung für den Schubverband seien vom Kapitän auf den Lotsen übertragen worden. Folglich komme nur die Verantwortung des Lotsen in Betracht, die des Schiffsführers sei ausgeschlossene Im vorliegenden Fall, sei nun aber von jeglicher Strafverfolgung gegen den Lotsein wegen Fahrlässigkeit abgesehen worden, so dass die Angelegenheit erledigt und es nicht möglich sei, den Schiffsführer D. für verantwortlich zu erklären.
Fehlen eines Verschuldens der Gesellschaft G.
Gemäß Art. 3 des Gesetzes vom 5. Juni 1895 hafte ein Reeder für Schäden, die ein Mitglied des Schiffspersonals und vor allem der Schiffsführer andern verursache. Da D. im Sinne dieses Textes nicht Schiffsführer gewesen sei, könne der Reederei kein Verschulden angelastet werden. Die Beklagten behaupten schließlich, dass die Klage der Klägerin, die die Berufungskläger zu einer Verteidigung in zwei Instanzen gezwungen habe, ihnen Kosten und Auslagen verursache, die ihnen aufzuerlegen ungerecht wäre, so dass es unabhängig vom den gemäß der Mannheimer Akte ermittelten Kosten nicht gerecht wäre, dass die Berufungskläger die Kosten in Höhe von 25.000,- Francs trügen, die der Richter in Anwendung von Art. 700 der Neuen Zivilprozessordnung der Klägerin auferlegen könne.
In seiner Berufungserwiderung vom 10. Januar 1981, eingegangen in der Gerichtskanzlei am 22. Januar 1981, führt Herr Wilhelm H. zunächst aus, dass er als durch Dritte geschädigter Unternehmer allein berechtigt sei, von den Beklagten völlige Wiedergutmachung des durch sie verursachten Schadens zu fordern» Vergeblich also glaubten die Beklagten behaupten zu müssen, dass der Kläger die Reparaturarbeiten ohne zwingenden Grund ausgeführt habe, und erfolglos verwiesen die Berufungskläger auch auf das Dekret Nr. 71-121 vom 5. Februar 1971, ein Verwaltungspapier, das den vorliegenden Rechtsstreit in keiner Weise betreffe.
Was die Verantwortung von Kapitän D. und somit des Reeders, die Fa. G., anbetrifft gibt der Kläger, Herr H., der seine erstinstanzliches Vorbringen erneut geltend macht, im großen und ganzen dieselbe Begründung wie das erstinstanzliche Urteil. Herr H. vertritt schließlich die Auffassung, dass ihm durch die unüberlegte Berufung der Beklagten und Berufungskläger erhebliche Kosten entstanden sind, die ihm aufzuerlegen ungerecht wäre.
Gemäß Art. 700 der Neuen Zivilprozessordnung seien die Berufungskläger deshalb zu verurteilen,
Herrn H. einen Betrag von 10.000,- Francs zu bezahlen.
Herr H. beantragt, die Zentralkommission möge:
- das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 13. Oktober 1980 insgesamt bestätigen und feststellen, dass es voll rechtswirksam werde,
- die Berufungskläger gesamtschuldnerisch verurteilen, dem Berufungsbeklagten in Anwendung von Art. 700 der Neuen Zivilprozessordnung den Betrag von 10.000,-Francs zu zahlen,
- die Berufungskläger gesamtschuldnerisch zu den Kosten verurteilen
Entscheidungsgründe:
Es wird Bezug genommen auf die Prozessakten, die ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung übermittelten und beigebrachten Unterlagen, auf das angefochtene Urteil und die Schriftsätze der Parteien, auf die die Berufungskammer erforderlichenfalls für eine ausführliche Darstellung des Sachverhalts und der Rechtsgründe verweist.
Die Berufung von D. und der Gesellschaft G. ist formgerecht und gemäß der Mannheimer Akte eingelegt worden.
Zur Zulässigkeit des von Herrn Wilhelm H. angestrengten Verfahrens
Klage können alle diejenigen erheben, die ein berechtigtes Interesse an der Durchsetzung oder an der Zurückweisung einer Forderung haben, mit Ausnahme der Fälle in denen das Gesetz das Recht zum Handeln ausschließlich der Personen vorbehält, die es für die Erhebung oder Bekämpfung einer Forderung oder für die Verteidigung bestimmter Interessen bezeichnet. Im Übrigen nach Art. 1788 der Code Civil trägt der Unternehmer allein, ohne den Baulastträger und den Eigentümer, das Risiko der Beschädigung, die seiner Baustelle vor Abnahme der Arbeiten durch höhere Gewalt oder einen Dritten zugefügt wird. Der Unternehmer ist also der einzige Geschädigte bei von Dritten verursachten Schäden. Somit ist der Kläger Herr H. allein berechtigt, von den Beklagten die Wiedergutmachung des gesamten von ihnen verursachten Schadens zu fordern. Erfolglos glauben die Berufungskläger behaupten zu müssen, dass Kläger H. die Reparaturarbeiten unnötigerweise und ohne dazu verpflichtet zu sein, ausgeführt hat, obgleich doch der Unternehmer, der für den Bau bis zu seiner Abnahme allein verantwortlich ist, den Vertrag einzuhalten hat, ohne beim Baulastträger Beschädigungen durch Dritte geltend machen zu können. Erfolglos ist auch der Hinweis der Berufungskläger auf das Dekret Nr. 71-121 vom 5. Februar 1971, das nichts mit dem vorliegenden Fall zu tun hat, vor allem., weil die Überprüfung, ob die nach diesem Dekret vorgesehenen Formalitäten von der Verwaltung für Brücken und Straßenbau eingehalten worden sind, nicht Sache der Berufungskläger ist. Unter diesen Umständen ist die Einrede der Unzulässigkeit der Berufungskläger abzuweisen und zu erklären, dass Herr H. berechtigt ist, in seinem eigenen Namen und aufgrund eines ihm zustehenden Rechts Schadensersatzklage gegen die Beklagten und Berufungskläger einzulegen.
Zur Haftungsfrage
Artikel 8 des Gesetzes vom 15. Juni 1895 über die privatrechtlichen Beziehungen in der Binnenschifffahrt bestimmt, dass der Kapitän vor Antritt der Reise darüber zu wachen hat, dass das Schiff in Fahrtüchtigem Zustand ist. Der Kapitän hat diese Pflicht offensichtlich vernachlässigt, denn nach der Ermittlungen der Gendarmerie Gambsheim steht fest, dass die Ruderanlage des Motorschiffs schadhaft war, und dass vor allem ein Ruderblatt am Steuerbordruder fehlte.
Der Schaden am Ruder war nicht die Folge des Unfalls vom 10. Februar 1977 sondern existierte schon vorher. Nach dem Aussagen des Lotsen SCH., die von denen des Matrosen K. bestätigt wurden, ist diese Schadhaftigkeit die Ursache für den Unfall. Der Lotse hat hierzu ausgeführt".....als wir an der Fähre vorbeifuhren, versuchte ich das Hinterschiff etwas abtreiben zu lassen, um leicht schräg durch die Fahrrinne der Fähre zu fahren. Als ich dieses Manöver durchführen wollte, hat meist Ruder sticht gleich angesprochen". Aus dem Protokoll der Wasserschutzpolizei Breisach (Bundesrepublik Deutschland) vom 20. April 1977 und insbesondere aus den der Akte beigefügten Aufnahmen geht anderseits hervor, dass das Motorschiff G. am 8. Februar 1977 gegen 23 Uhr den Pfeiler der alten Brücke bei Weil-am-Rhein in der Mähe von Basel angefahren hat.
Diese bei der Verhandlung vorgelegten Dokumente beweisen eindeutig, dass der Pfeiler der Brücke Weil schwer beschädigt wurde und dass der Zusammenstoss mit dem Fahrzeug ziemlich heftig gewesen sein muss. Diese Dokumente beweisen zudem, dass Kapitän D. im Zeitpunkt dieses Unfalls vom 8. Februar 1977 das Kommando über die GR hatte, indem er die Aufgaben des Führers des Fahrzeugs wahrnahm. Infolge der Kollision vom 8. Februar 1977 hat die Wasser-Schutzpolizei Breisach für Schiffsführer D. eine Geldbusse von 150 DM verhängt, die dieser auch ohne weiteres bezahlte. Kapitän D. geht also fehl, wenn er den Unfall vom 8. Februar 1977 und die Schäden bestreitet, die am 10.2.77 an den Spundwänden der Baustelle entstanden, welche Herr H. für die Errichtung einer neuen Zufahrtsrampe zur Fähre Drusenheim eingerichtet hat. Jedenfalls hat Kapitäns D. dadurch, dass er es nach der Kollision am 8.2.77 unterlassen hat, die Ruderanlagen des Schiffs genauestens zu überprüfen, dadurch, dass er seine Fahrt fortgesetzt hat, obwohl er wusste, dass er nachts eine wegen der engen Fahrrinne und der starken Strömung gefährliche Stromstrecke befahren würde, und schließlich dadurch, dass er nicht den in Gambsheim zugestiegenen Lotsen SCH. über den Unfall in Weil und dessen Folgen für die Manövrierfähigkeit des Fahrzeugs informiert hat, mehrere Fehler begangen und muss dafür verantwortlich gemacht werden. Hierzu ist noch zu bemerken, dass Kapitän D. den Unfall bei Weil-am-Rhein den zuständigen Behörden überhaupt nicht gemeldet hat. Er hat ihn auch Blicht erwähnt, als er von der Wasserschutzpolizei Gambsheim nach dem Unfall bei Drusenheim verhört wurde. Erst zwei Monate später nach der Feststellung der Schäden am Pfeiler der Brücke Weil konnte das Fahrzeug, das die Brücke angefahren hat, als "GR" ausgemacht werden. Diese Tatsachen und Umstände legen die Vermutung nahe, dass Kapitän D. seine Schuld nicht zugeben wollte, damit ihm einerseits keine Nachlässigkeit vorgeworfen werden kann, und anderseits nicht herauskommt, dass seine Ruderanlage schon vor dem Unfall bei Drusenheim beschädigt war.
Somit kann davon ausgegangen werden, dass der Unfall vom 10. Februar 1977 darauf zurückzuführen ist, dass Kapitän D. nicht die Fahrtüchtigkeit des Motorschiffes überprüft hat. Für dieses Verschulden haften sowohl er wie der Reeder. Vergeblich machen die Beklagten und Berufungskläger § 1.02 der Polizeiverordnung und § 14 der Lotsenordnung für die Strecke zwischen Basel und Mannheim vom 1. Juli 1956 geltend. Mach diesen Bestimmungen wird, wenn der Kapitän nicht das Patent für die zu befahrene Strecke besitzt und einen Lotsen mit Patent in Anspruch nimmt, dieser der Schiffsführer des Schiffes, d.h. er hat die Autorität Über die Besatzung, ergreift die Vorsichtsmassnahmen, die nach der allgemeinen Sorgfaltspflicht und den Regeln der üblichen Berufspraxis geboten sind.
Diese Bestimmungen ermöglichen keine Ausnahme von den Regeln für die Verpflichtungen und zivile Haftung des Kapitäns, wie sie im Gesetz vom 15. Juni 1895 enthalten sind, und insbesondere von Art. 8, wonach der Kapitän vor jeder Reise verpflichtet ist, darauf zu achten, dass das Schiff fahrtüchtig ist. Mit anderen Worten, diese Bestimmungen, die im wesentlichen das Führen der Schiffe betreffen, sollten nicht bewirken und bewirken auch nicht, dass der Kapitän von der Haftung für Unfälle oder Schäden, die auftreten während der Lotse das ihm anvertraute Schiff führt, befreit wird. Außerdem wäre es ungerecht, dass der Schiffsführer allein durch die Tatsache, dass ein Lotse mit Patent an Bord des Schiffes kommt, von den Folgen seiner eigenen Fehler freigesprochen wird, vor allem, wenn diese auf die Zeit vor der Übernahme des Ruders durch den Lotsen zurückgehen. Auch wenn die Gesellschaft G. persönlich nicht haftbar gemacht werden kann, da ein Verschulden zu Lasten des Reeders weder festgestellt noch nachgewiesen wurde, so ist der Schiffseigner nach Art. 3 des Gesetzes vom 15. Juni 1895 dennoch verantwortlich für Schäden, die Dritten durch Verschulden des Schiffspersonals zugefügt wurden. Somit ist nicht nur Kapitän D. selbst für sein Verschulden verantwortlich, sondern auch der Reeder. Zu Recht hat der Vorderrichter also die Gesellschaft G. und Herrn D. gesamtschuldnerisch für die Schäden aus dem Unfall vom 10« Februar 1977 in Drusenheim-Greffern für verantwortlich
erklärt. Der von Herr W. H. geforderte Betrag wird nicht bestritten. Mach dem Gesetz vom 15. Juni 1895 (Art. 4 Nr. 3) unterliegt die Haftungsklage für Dritten verursachte Schäden besonderen Regeln; insbesondere was die Entschädigung betrifft, die nicht unbedingt in voller Höhe erfolgt und auf den Wert des Fahrzeugs und der Fracht beschränkt werden kann.
Herr D. und die Gesellschaft G., die im Rechtsstreit unterliegen, tragen sämtliche Kosten und werden, ohne selbst eine Entschädigung nach Art. 700 der Neuen Zivilprozessordnung beanspruchen zu können, verurteilt, Herrn H. hiernach l0.000,- Francs zu bezahlen.
Aus diesen Gründen:
Und allen nicht gegenteiligen Gründen des Vorderrichters erklärt die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt:
- die Berufungen von Peter D. und der Gesellschaft G. für zulässig,
- erklärt sie für unbegründet,
- bestätigt das Urteil des Rheinschifffahrtsgerichts Strassburg vom 13. Oktober 1980 und erklärt es für voll rechtswirksam,
- verurteilt die Berufungskläger gesamtschuldnerisch, Herrn Wilhelm H. gemäß Art. 700 der Neuen Zivilprozessordnung den Betrag von 10.000,- Francs zu bezahlest,
- verurteilt die Berufungskläger gesamtschuldnerisch zu den Gerichtskosten,
- erklärt, dass die Kostenfeststellung gemäß Art. 39 der Revidierten Rheinschifffahrtsakte durch das Rheinschifffahrtsgericht Strassburg erfolgt.
Der Stellvertretende Gerichtskanzler: Der Vorsitzende:
(gez.) A. BOUR (gez.) P. QUANJARD