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Leitsatz:
Die Freizeichnung eines Frachtführers von der Haftung für Ladungsschäden aufgrund „schädigender Einwirkungen des Schiffes" deckt nicht ein schuldhaftes Verhalten des Schiffers, auf dessen unerlaubte Handlung eine Beschädigung der geladenen Güter zurückzuführen ist.
Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf
vom 24. November 1966
Zum Tatbestand:
Der Beklagte hatte mit seinem Schiff Walzdraht bei der Fa. A. zum Transport nach B. übernommen. Die Ladung wurde bei der Klägerin versichert. In den Transportbedingungen war u. a. bestimmt, dass die Haftung für jede schädigende Einwirkung des Schiffes auf die geladenen Güter ausgeschlossen sei (§ 17 VTB). Im Übrigen sollten auch durch vorbehaltlose Annahme der Güter durch den Empfänger oder dessen Vertreter alle Ansprüche gegen die Reederei wegen Verlustes, Beschädigung der Güter usw. erlöschen (§ 20 VTB).
Vor oder während der Reise ließ der Beklagte die eisernen Raumgebinde der Laderäume streichen. Bei der Löschung stellte ein amtlich bestellter Sachverständiger fest, dass 56 Walzdrahtringe durch Farbe beschmutzt waren. Die Empfängerin lehnte die Annahme dieser Ringe ab.
Die Klägerin macht den auf sie nach § 67 VVG übergegangenen Erstattungsanspruch geltend. Der Beklagte meint, dass er wegen der Freizeichnung in den Transport¬bedingungen nicht hafte. Bei der Löschung sei er nicht verantwortlich gemacht worden. Er sei auch nicht auf die Schmutzempfindlichkeit der Ladung hingewiesen worden.
Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung und Duldung der Zwangsvollstreckung in das Schiff abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr dagegen stattgegeben.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Haftung des Beklagten ist nicht etwa nach § 17 Abs. 2 VTB ausgeschlossen. Es kann dahinstehen, ob die Beschmutzung des Drahtes als Folge einer „schädigenden Einwirkung des Schiffes" anzusehen ist. Sie beruht jedenfalls auch im wesentlichen auf einem schuldhaften Verhalten des Schiffers. Dieser hat keine Vorsorge getroffen, dass der Draht von dem frischen Anstrich nicht beschmutzt wurde. Hierbei ist es unerheblich, ob die Gebinde während der Frachtreise oder kurz vor der Fahrt gestrichen worden sind. Auch im letzteren Fall musste der Beklagte damit rechnen, dass Tropfen des gerade erst angebrachten Anstrichs auf die Ladung fallen könnten.
Eine Haftung des Beklagten scheidet ferner nicht nach § 20 VTB aus. Diese Bestimmung enthält lediglich eine Haftungsfreizeichnung des Reeders, nicht aber des Schiffers.
Die Vorschrift des § 68 BSchG hindert die Geltendmachung des Schadensersatzanspruches ebenfalls nicht. Die Ladung ist nicht ohne Vorbehalt angenommen worden. Das ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass vor dem Löschen eine Schadensfeststellung durch den amtlich bestellten Sachverständigen erfolgt ist, wie es § 61 Abs. 1 BSchG zur Rechtswahrung erfordert. dass der Beklagte einen Lieferschein und danach das Frachtentgelt erhalten hat, besagt demgegenüber für die Frage einer vorbehaltlosen Annahme nichts Entscheidendes.
Die Klägerin kann Ersatz des vollen Schadens verlangen. Ein Mitverschulden (§ 254 BGB) eines Transportbeteiligten ist nicht erkennbar. Es war nicht erforderlich, auf die Schmutzempfindlichkeit des Drahtes besonders hinzuweisen. Jeder Absender kann und darf davon ausgehen, dass das Ladungsgut - auch Eisen - während des Transports nicht durch Farbe beschmutzt wird.
Die Klage ist auch hinsichtlich des Duldungsanspruchs begründet. Die Klägerin kann wegen der Schadensersatzforderung Duldung der Zwangsvollstreckung in das Motorschiff nebst Zubehör nach § 103 BSchG verlangen. Sie hat mit der auf sie übergegangenen Schadensersatzforderung zugleich ein Pfandrecht an dem Schiff erhalten (§§ 412, 401 BGB).
Die Klägerin ist Schiffsgläubiger im Sinne des § 103 Abs. 1 BSchG. Sie ist Inhaberin einer Forderung aus dem Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung (§ 102 Ziff. 5 Abs. 2 BSchG). Der erörterte Schadensanspruch aus unerlaubter Handlung stellt eine solche Forderung dar (vgl. VortischZschucke, Binnenschifffahrts- und Flößereirecht, 3. Aufl., § 102 BSchG Anm. 3 h). Der Beklagte gehört als Schiffer zur Schiffsbesatzung (§ 3 Abs. 2 BSchG), wobei es unerheblich ist, dass er zugleich Schiffseigner ist (§ 102 Ziff. 5 Abs. 2 am Schluss BSchG). Die Schadensersatzforderung ist schließlich bei der Verwendung des Motorschiffs entstanden (vgl. VortischZschucke a. a. O. § 103 BSchG Anm. 2 b).
Das Pfandrecht der Klägerin erstreckt sich auch auf die Zinsen (§ 105 BSchG)."