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Leitsatz:
Ist ein Absender oder sonstiger Auftraggeber nach den Transportbedingungen zum Ersatz aller dem Schiff durch das Ladungsgut entstehenden direkten oder indirekten Schäden verpflichtet, so fallen Nutzungsverluste des Schiffseigners, obwohl sie als mittelbare Vermögensschäden anzusehen sind, nicht unter diese Ersatzpflicht, da sie nicht dem Schiff zugefügt sind.
Urteil des Landgerichts Duisburg
Kammer für Handelssachen
vom 17. Mai 1968
Zum Tatbestand:
Der Kläger beförderte nach Maßgabe der im Konnossement vereinbarten Verlade- und Transportbedingungen Rotterdam „frei gestaut Schiff" mit dem ihm gehörenden MS „Avontuur" eine Partie marokkanisches Fischöl im Auftrage einer Zweigniederlassung von Rotterdam nach Emmerich. Das Ladegut war bei der Beladung des Schiffes schon ölverschmiert. Drei lecke Fässer wurden mit dem Leck nach oben gestaut. Nach dem Löschen zeigte es sich, dass Fischöl in die Strau eingedrungen war. Das Angebot des Lademeisters der Beklagten, das Schiff zu reinigen, lehnte der Kläger ab.
Der Kläger hat Erstattung der durch Experten taxierten Kosten von 300,- DM für die Reinigung der durch Öl stark verschmutzten Bodenstrau, eines Nutzungsausfalls von 312,- DM für die Reparaturdauer von 2 Tagen, einer Frachtdifferenz von 275,- DM dafür, dass höher tarifierende Güter wegen des penetranten Geruches nicht übernommen werden konnten sowie von Telefonkosten von 32,80 DM, insgesamt 919,80 DM verlangt.
Die Beklagte bestreitet eine Verpflichtung, weil der Kläger bei der Übernahme des Ladegutes gewusst habe, dass die Fässer ölverschmiert bzw. leck gewesen seien. Unter solchen Umständen habe er sofort einen Vorbehalt machen oder eine überhöhte Fracht verlangen müssen. So aber habe er in eigenem Risiko trotz offensichtlicher Mängel gehandelt, zumal Fischöltransporte stets einen gewissen Geruch in Laderäumen hinterließen und der Kläger mit einer entsprechenden Geruchsbildung habe rechnen müssen.
Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe der Reinigungs- und Telefonkosten von 320,- DM (300,- + 20,-) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.
Die Berufung beider Parteien blieb erfolglos.
Aus den Entscheidungsgründen:
„Der Kläger kann einen Nutzungsverlust und einen Frachtausfall nicht unter Hinweis auf § 4 Abs. 3 der Verlade- und Transportbedingungen geltend machen. Danach haften Absender, Auftraggeber und Empfänger solidarisch für alle durch Art, Zustand oder Beschaffenheit der verladenen Güter oder ihrer Verpackung. dem Schiff, der übrigen Ladung und den an Bord befindlichen Personen verursachten direkten oder indirekten Schaden, gleichgültig, ob ein Verschulden vorliegt oder nicht. Der Begriff des direkten oder indirekten Schadens entstammt den Erörterungen des Schrifttums und der Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Schadensbegrenzung nach Verursachungsgrundsätzen. Die Rechtsprechung hat seit Jahrzehnten anerkannt, dass auch indirekte (mittelbare) Schadensfolgen dem Schädiger im Rahmen seiner Ersatzpflicht zuzurechnen sind, wenn der ursächliche Zusammenhang zwischen schadensstiftendem Ereignis und Folge adäquat ist. Mittelbar ist eine Folge, wenn das schadensstiftende Ereignis sie nicht unmittelbar, sondern nur zufolge hinzugetretener weiterer Ursachen herbeigeführt hat. Indessen ergibt die Fassung des § 4 Abs. 3 dass nur mittelbare dem Schiff zugefügte nachteilige Folgen in die Haftung einbezogen werden sollen. Damit ist dieser Klausel eine Einschränkung der Haftung für Schäden am Schiffskörper nebst Zubehör zu entnehmen. Durch Reparaturzeiten bedingte Nutzungsverluste der Reederei sind zwar mittelbare Vermögensschäden, nicht aber Schäden, die dem Schiff zugefügt sind. Ein solcher durch die Ladung dem Schiff zugefügter mittelbarer Schaden wäre z. B. ein Maschinenschaden, der durch Fortsetzung einer Schiffsreise trotz Leckage zufolge Einwirkung durch das Ladegut entstanden ist, etwa weil Wasser in den Maschinenraum während der fortgesetzten Reise eingedrungen ist und die Maschinen beschädigt hat. Für diese Auslegung spricht gerade auch der Umstand, dass in § 4 Abs. 4 der geltenden Bedingungen eine Haftung begründet ist, für alle Verzögerungen, Schäden, Liegegelder, Kosten und Bußen und sonstige Nachteile. Den Verfassern der Bedingungen ist demnach bewusst, dass der Reederei neben dem Schaden am Schiff auch sonstige Nachteile entstehen können, die im Abs. 4 ausdrücklich einbezogen werden. Diese Gegenüberstellung des Gebrauchs der unterschiedlichen Haftungsbegrenzung durch verschiedene Begriffe in Absätzen einer Bestimmung lässt zwingend erkennen, dass allein die dargelegte Einschränkung dem Sinn und Zweck der Verlade- und Transportbedingungen entspricht.
Hinsichtlich des Frachtausfalles im Rahmen der Anschlußreise gilt dasselbe. Hinzu kommt, dass der Kläger tatsächlich das Risiko selbst dafür übernommen hat, dass er, wenn er zuvor Fischöl transportiert hat, nicht in der Lage ist, im Anschluss daran geruchsempfindliches Mehl zu übernehmen. Es ist eine allgemein bekannte Erfahrungstatsache, dass Fischöl, selbst wenn die Ladung ordnungsgemäß verpackt und gestaut ist, einen penetranten Geruch hinterlässt, der erst im Laufe der Zeit abklingt.
Mit Recht weist der Kläger darauf hin, dass die starke Verschmutzung nicht durch die von der Beklagten angebotene „übliche Reinigung" beseitigt werden konnte. Abgesehen davon hat die Beklagte ausdrücklich vorgetragen, dass der Schaden an der Strau mit 300,- DM nicht bestritten werden soll.
Hiervon ist daher auszugehen. Tatsachen, die ein Handeln des Klägers in eigenem Risiko ergeben könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen, jedenfalls nicht unter Beweis gestellt.
Durch ölverschmierte Fässer tritt keine starke Verschmutzung ein. Soweit drei Fässer bereits bei Verladung leck waren, sind diese ordnungsmäßig mit dem Leck nach oben verstaut worden, so dass kein DI auslaufen konnte. Fest steht, dass die Bodenstrau stark verschmutzt war. Dies kann somit nur bei der Beladung, während des Transports oder bei der Löschung entstanden sein. Auf ein Verschulden der Beklagten oder sonstiger Beteiligter kommt es nach § 4 Abs. 3 der Verlade- und Transportbedingungen nicht an, die Beklagte haftet auch ohne Verschulden solidarisch mit dem Absender und Auftraggeber für durch die Ladung dem Schiff verursachte Schäden. Die Beklagte hat keinen Beweis dafür angetreten, dass der Kläger etwas versäumt hat, was zu seinem Pflichtenkreis gehört. Er hat die Ladung gemäß Vereinbarung „frei gestaut" übernommen."