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Leitsätze:
1) Übernimmt eine aus 3 Schiffseignern bestehende Gemeinschaft, von der 2 Eigner gleichzeitig Gesellschafter einer Handelsfirma sind und der dritte deren Geschäftsführer ist, sämtliche von der Handelsfirma zu vergebenden Binnenschiffstransporte, so liegt mangels Identität zwischen dem Unternehmen, für dessen Zweck die Schiffe eingesetzt werden, und den Eigentümern der Schiffe kein Werkverkehr gemäß § 5 BiSchVerkG vor.
2) Zum subjektiven Verschulden im Sinne des § 31 Abs. 3 BiSchVerkG.
Urteil des Landgerichts Duisburg
vom 8. September 1981
10 232/81
Zum Tatbestand:
Die Schiffsgemeinschaft „A", bestehend aus den Personen „A 1’, „A 2" und „A 3", ist Eigentümerin von 3 Binnenschiffen, die seit vielen Jahren ausschließlich zum Transport von Mineralwasser zwischen der Betriebsstätte der Beklagten am Rhein und Orten im Ruhrgebiet eingesetzt sind. A 1 und A 2 sind Gesellschafter der Beklagten. A 3 war bis 1979 ihr Geschäftsführer. Die Schiffe waren zu dem genannten Zweck an die Beklagte vermietet, die über die Schiffe und über die Besatzung verfügte und alle mit dem Einsatz der Fahrzeuge verbundenen Rechte und Pflichten wahrnahm. Das Mietentgelt wurde bis Ende 1977 nach FTB abgerechnet, jedoch ab 1978 erhöht. Dabei wurden neben den erhöhten Tagessätzen die Treib- und Schmierstoffe sowie Nebenkosten nicht gesondert berechnet, so dass gegenüber dem festgesetzten Entgelt zu geringe Frachten erhoben worden sind.
Die Bundesrepublik klagt auf Zahlung von ca. 292000 DM gemäß § 31 Abs. 3 BiSchVerkG. Die Schiffsgemeinschaft könne sich auf einen vom Tarifzwang freien Werkverkehr nicht berufen, da Vermieter und Mieter der 3 Schiffe nicht identisch seien. Die Beklagte habe auch nicht die Eigenschaft als Schiffseigner im Sinne des § 2 BSchG. Die Beklagte und die Schiffsgemeinschaft hätten in grobfahrlässiger Unkenntnis der Festfrachtvorschriften gehandelt.
Die Beklagte meint, dass sie als Ausrüsterin selbst Schiffseigentümerin gemäß §’2 BSchG sei. Die Gemeinschaft sei nur formalrechtliche Eigentümerin. Es liege auch echter Werkverkehr vor, da die Mineralflaschen nur von einem Betriebsteil zum anderen, nämlich zu Auslieferungslagern gebracht würden. Der gesetzliche Schutzzweck werde nicht tangiert. Grobe Fahrlässigkeit wegen der Unkenntnis, dass kein Werkverkehr vorliege, liege nicht vor.
Der Klage wurde antragsgemäß stattgegeben.
Aus den Entscheidungsgründen:
„...
Die drei Binnenschiffe sind nicht im Werkverkehr im Sinne der Regelung des § 5 BiSchVG eingesetzt worden. Werkverkehr ist danach nur „die Beförderung von eigenen Gütern für eigene Zwecke des Unternehmens mit eigenen Schiffen". Es ist unstreitig, dass die Schiffe ausschließlich zum Transport von Flaschen zwischen der Betriebsstätte der Beklagten in X und den Auslieferungslagern in Y und Z und damit für Zwecke der Beklagten eingesetzt werden. Der Einsatz erfolgte also nicht für Zwecke der „A".
Es ist ferner außer Streit, dass die „A"-Eigentümerin der drei Schiffe war und ist. Die Klägerin hat überdies Auszüge aus dem Binnenschiffsregister vorgelegt, aus denen dies hervorgeht. Dementsprechend hat die Beklagte auch, wie den von der Klägerin vorgelegten Rechnungen der „A" zu entnehmen ist, an diese das berechnete Entgelt für die Anmietung der Schiffe gezahlt. Der von der Beklagten gegebene Hinweis auf § 2 BiSchVG’) geht fehl. Zwar ist nach dieser Regelung derjenige, der ein ihm nicht gehöriges Schiff zur Binnenschifffahrt verwendet und es entweder selbst führt oder die Führung des Schiffes einem Schiffer anvertraut, Dritten gegenüber als Schiffseigner anzusehen. Der Geltungsbereich dieser Norm ist aber ausdrücklich auf das BiSchVG’) beschränkt und beinhaltet, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, eine Haftungserweiterung gegenüber Dritten.
Identität zwischen demjenigen Unternehmen, für dessen Zwecke die Schiffe eingesetzt werden, und dem Eigentümer der Schiffe besteht nicht. Die personelle Verzahnung, die darin besteht, dass zwei der Gesellschafter der „A" Gesellschafter der Beklagten sind und der dritte Gesellschafter zeitweise Geschäftsführer der Beklagten war, reicht für eine solche Annahme nicht aus. Es fehlt an der Voraussetzung des Vorliegens eines Unternehmens im Rechtssinne, d. h. einer von einer natürlichen oderjuristischen Person zusammengefassten, rechtlich selbständigen Wirtschaftseinheit. Denkbar wäre auch, dass eine „Werkreederei", die im Werkverkehr eingesetzte Schiffe betreibt, einem wirtschaftlichen Unternehmen angegliedert, also ein Teil dieses Unternehmens ist. Auch daran fehlt es hier. Die „A" und die Beklagte sind rechtlich selbständige unternehmerische Einheiten.
Diesem Ergebnis steht auch die von der Beklagten angeführte Zielsetzung des BiSchVG nicht entgegen. Nach dem Schutzzweck der Regelung des § 31 BiSchVG sollte vermieden werden, dass Eigentümer oder Betreiber von Schiffen, die einem wirtschaftlichen Unternehmen, das Transportleistungen durchzuführen hat, nicht unmittelbar angegliedert sind, niedrigere Mietsätze als gemäß dem FTB berechnen.
Genau dieser Fall liegt hier vor.
Die Kammer ist auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass sowohl die „A" als auch die Beklagte in grobfahrlässiger Unkenntnis des festgesetzten Entgelts im Sinne des § 31 Abs. 3 BiSchVG waren.
Dafür gibt das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 14. Juli 1978 - Aktenzeichen 1 K 492/77 - das auf eine Klage der „A" hin ergangen ist, einen Anhaltspunkt. Das Urteil ist zwar erst nach Beginn des hier maßgeblichen Zeitraumes - Januar 1978 - ergangen, ihm gingen aber, wie dem Tatbestand des Urteils zu entnehmen ist, Widerspruchsbescheide aus dem Jahre 1976 voran, gegen die die „A" mit der Klage vorgegangen ist. Sowohl in den Widerspruchsbescheiden als auch in dem Urteil ist die Meinung vertreten worden, dass es sich nicht um Werkverkehr handele. Dies hätte den Gesellschaftern der „A", die ja klagende Partei war, Veranlassung geben müssen, ihre Auffassung zu prüfen und sich gegebenenfalls bei der Klägerin darüber zu vergewissern. Obwohl die Beklagte an diesem Verwaltungsstreitverfahren nicht beteiligt war, betreffen die Widerspruchsbescheide und das Urteil ihre Kenntnis, da alle drei Gesellschafter der „A", insbesondere aber „A, 3" als Geschäftsführer der Beklagten, bei der Beklagten maßgebliche Positionen inne hatte.
Der andere Anhaltspunkt dafür, dass sowohl die Beklagte als auch die Gesellschafter der „A" in grob fahrlässiger Unkenntnis des festgesetzten Entgelts handelten, resultiert daraus, dass man sich bis Ende des Jahres 1977 an die FTB gehalten hatte. Die Motive, die dazu führten, dass man von dieser Praxis abwich, spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle. Der Umstand, dass sich die „A" und die Beklagte bei maßgeblichen Stellen der Klägerin nicht darüber vergewisserten, dass die geänderte Abrechnung unbedenklich sei, gereicht beiden zur grob fahrlässigen Unkenntnis.
In diesem Zusammenhang kann als richtig unterstellt werden, dass „A 1 " und „A 2" als Gesellschafter und „A 3" als Geschäftsführer der Beklagten der Überzeugung waren, dass die Schiffe nur im Werkverkehr eingesetzt würden und tarifliche Mietsätze nicht vereinbart werden müssten.
Die Klägerin hat die Höhe der Forderung durch Vorlage der Gesamtaufstellung, der Rechnungen und Berichte über die Frachtenprüfung vom 5. September 1980 im Einzelnen dargelegt und belegt. Fehler in der Berechnung haben sich bei der durch die Kammer vorgenommenen Prüfung nicht ergeben. Die Beklagte hat überdies die Forderung der Höhe nach nicht in Zweifel gezogen.
Die Klägerin hat auch zu Recht die Treib- und Schmierstoffe und die Nebenkosten, deren Höhe die Beklagte ebenfalls nicht in Zweifel gezogen hat, bei der Berechnung des festzusetzenden Entgelts gemäß FTB berücksichtigt.
...“