Jurisprudentiedatabank
Leitsatz:
Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung darf mit der Genehmigung einer Umschlagsanlage eine Auflage nur dann verbinden, wenn es das Wohl der Allgemeinheit erfordert. Die Auflage, dass der Antragsteller die erforderliche Wassertiefe vor der Spundwand der Umschlagsanlage bis zur eigentlichen Fahrrinne im Rheinstrom auf eigene Kosten herzustellen und zu unterhalten sowie etwaige Hindernisse zu entfernen habe, ist jedoch nicht durch das allgemeine Wohl geboten und daher unrechtmäßig.
Urteil Oberverwaltungsgericht Münster
vom 5. Mai 1966
VII A 27/64
Ein bedeutendes Industriewerk in Duisburg plante, auf ihrem am rechten Rheinufer gelegenen Betriebsgelände eine Umschlagsanlage zu errichten und das Ufer im Bereich dieser Anlage durch eine Spundwand zu sichern. Das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt erteilte die Genehmigung unter einer Reihe von Auflagen, von denen eine, im Streit befindliche Auflage folgenden Wortlaut hatte:
„Der Unternehmer hat auf seine Kosten in der im beigehefteten Lageplan rot angelegten Fläche eine Wassertiefe von 2,50 m unter gleichwertigem Wasserstand herzustellen und zu unterhalten sowie etwaige Hindernisse zu entfernen. Soweit dazu Baggerungen erforderlich werden, ist für jede Baggerung die vorherige Genehmigung des Wasser- und Schifffahrtsamtes einzuholen."
Bei der im Lageplan bezeichneten Fläche handelt es sich um Wasserflächen zwischen der geplanten Spundwand und der eigentlichen Fahrrinne im Rheinstrom.
Den gegen diese Auflage eingelegten Widerspruch wies die Wasser- und Schifffahrtsdirektion zurück. Die Klage des Werkes auf Aufhebung der genannten Vorbescheide wies das Verwaltungsgericht zurück. Die Berufung der Klägerin hatte jedoch vollen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die genannte Auflage und unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts die Vorbescheide der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung auf deren Kosten aufgehoben. Trotz Zulassung der Revision hat die Verwaltung kein Rechtsmittel eingelegt, so daß das Urteil rechtskräftig geworden ist.
In den Entscheidungsgründen hat es das Oberverwaltungsgericht ausschließlich darauf abgestellt, ob im Sinne von § 74 des Landeswassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen die Auflage gerechtfertigt gewesen sei, weil „das Wohl der Allgemeinheit es erfordere". Das Gericht hat diese Frage eindeutig verneint.
„Auch wenn weder die Beklagte noch eine andere Stelle verpflichtet ist, den zum Fahrwasser des Rheinstroms gehörenden Teil der Wasserfläche zwischen der von der Klägerin geplanten Spundwand und der von der Beklagten festgelegten Fahrrinne von Hindernissen freizuhalten und eine für das Anlaufen der geplanten Umschlagsanlage erforderliche Wassertiefe zu gewährleisten, erfordert es nicht das Wohl der Allgemeinheit, dass der Klägerin eine Beseitigung solcher Hindernisse und eine Erhaltung der erforderlichen Wassertiefe aufgegeben wird."
"Dabei muss ein etwa bestehendes Interesse der Allgemeinheit daran, dass der Teil des Fahrwassers, dessen Freihaltung von Hindernissen der Klägerin durch die angefochtene Auflage aufgegeben worden ist, der durchgehenden Schifffahrt wie bisher zur Verfügung steht und als Liegeplatz genutzt werden kann, außer Betracht bleiben. Denn insoweit besteht kein Sachzusammenhang zwischen der der Klägerin erteilten Genehmigung und der sie belastenden Auflage."
„Die mit der Klage angefochtene Auflage kann nicht damit gerechtfertigt werden, dass das Wohl der Allgemeinheit die Möglichkeit eines dauernden ungestörten Anlaufens der Umschlagsanlage durch die verladende Schifffahrt erfordere. Damit entfällt auch eine Berechtigung der Beklagten, von der Klägerin eine Beseitigung etwaiger Hindernisse und Untiefen vor ihrer Umschlagsanlage zu fordern. Die Klage ist infolgedessen bereits aus diesem Grunde begründet, ohne dass es einer Auseinandersetzung mit den übrigen von den Beteiligten erörterten Rechtsfragen bedarf."