Jurisprudentiedatabank
Leitsatz:
Eine Investitionszulage im Sinne des Gesetzes vom 24. 2. 1975 darf auch für ein Schiff gewährt werden, das in einemausländischen Schiffsregister eingetragen ist.
Zur rechtlichen Wirksamkeit der Bestellung eines Schiffes.
Urteil
des Bundesfinanzhofes
vom 1.6.1979
Zum Sachverhalt:
Die Revisionsklägerin, wohnhaft in der Bundesrepublik, hatte ein Schiff gekauft, das sich zunächst noch auf einer ausländischen Werft in Bau befand und sodann in einem ausländischen staatlichen Schiffsregister eingetragen worden war. Bei den Vorverhandlungen wurde am 18. 11. 1974 ein „Letter of Intent" über den Ankauf des Schiffes unterzeichnet, jedoch vorbehaltlich einer bis zum 30. 11. 1974 schriftlich erfolgenden Vereinbarung über noch auszuhandelnde Voraussetzungen. Auf den Textvorschlag der Revisionsklägerin vom 25. 11. 1974 sandte die Verkäuferin am 28. 11. 1974 Gegen- und Abänderungsvorschläge. Mit Fernschreiben vom gleichen Tage erklärte die Revisionsklägerin, mit welchen dieser Gegenvorschläge sie einverstanden sei und mit welchen nicht. Gleichzeitig teilte sie mit: „Erwarte Antwort möglichst morgen". Nachdem die Verkäuferin am 2. 12. 1974 ihr Einverständnis erklärt und um Maßnahmen zur Übernahme des Schiffes gebeten hatte, bestätigte die Revisionsklägerin am 3. 12. 1974 den Inhalt des Fernschreibens. Ein endgültiges Schriftstück wurde von beiden Parteien am 3. bzw. 5. 12. 1974 unterzeichnet.
Das Finanzamt lehnte die Gewährung der Investitionszulage ab, weil das Schiff nicht nach dem 30. 11. 1974 bestellt worden sei. Nach Ansicht des Finanzgerichts war das Schiff bereits am 28. 11. 1974 verbindlich bestellt worden. Auf die Revision wurde die Vorentscheidung aufgehoben.
Aus den Gründen:
„...
Nach den im Letter of Intent getroffenen Vereinbarungen wurde der Kaufvertrag erst mit dessen Unterzeichnung wirksam. Der Auffassung des FG, die Wirksamkeit des Letter of Intent sei am 30. 11. 1974 erloschen, weil bis zu dessen Ablauf ein schriftlicher Kaufvertrag nicht unterzeichnet und die im Vorbehalt vorgesehene Frist nicht vornehmlich verlängert worden sei, vermag der Senat nicht zu folgen.
...
Nach dem objektiven Inhalt des Fernschreibens vom 28. 11. 1974 kann dieses nicht als ein vom Letter of Intent unabhängiges, selbständiges Vertragsangebot verstanden werden; es enthielt vielmehr ebenso wie die vorausgegangenen Fernschreiben Erklärungen, die der Verständigung über einzelne Vertragspunkte (vgl. § 154 Abs. 1 Satz 2 BGB) und also lediglich der Vorbereitung des noch schriftlich abzuschließenden Vertrags dienten. Zudem ging die RevKlin. beim Absenden des Fernschreibens vom 28. 11. 1974 nicht, wie das FG meint, davon aus, daß innerhalb der zeitlichen Begrenzung durch den Letter of Intent der Vertrag nicht mehr abgeschlossen werden könne. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass das Fernschreiben die Antwort auf das Fernschreiben der Firma vom selben Tag war und die RevKlin. ihrerseits ausdrücklich um Rückantwort noch möglichst für den nächsten Tag, einem Freitag, bat. Die RevKlin. hat damit das Schiff erst nach dem 30. 11. 1974 bestellt.
Entgegen der vom FA in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht ist ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung der Investitionszulage auch nicht deshalb zu verneinen, weil das Schiff in einem ausländischen Schiffsregister eingetragen ist. Nach § 4 b InvZulG 1975 muss der Stpfl. die Investition zwar in einem Betrieb (einer Betriebsstätte) im Inland vornehmen. Ein im internationalen Verkehr betriebenes Schiff kann aber grundsätzlich auch ohne Eintragung in einem inländischen Seeschiffsregister einem Betrieb (einer Betriebsstätte) im Inland zuzuordnen sein (zur rechtlichen Bedeutung des inländischen Schiffsregisters vgl. Schaps/Abraham, Das Deutsche Seerecht, Kommentar und Materialsammlung, 3. Aufl., 1959, Bd. 1, S. 240 ff., 356 ff.). Eine Einschränkung ergibt sich insoweit entgegen der Auffassung des FA auch nicht aus dem Sinn und Zweck des § 4 b InvZulG 1975. Der Zielsetzung der Vorschrift, die abgeschwächte Wirtschaftstätigkeit und die rückläufige Beschäftigung zu beleben (vgl. Deutscher Bundestag, Drucksachen 7/2979 und 7/3010), kann auch durch die Anschaffung von nicht im Inland registrierten Seeschiffen entsprochen werden. Hätte der Gesetzgeber derartige Schiffe von der Begünstigung ausschließen wollen, so hätte sich dies aus dem Gesetz selbst (vgl. § 34c Abs. 4 EStG, § 82 f Abs. 1 EStDV) oder aus seiner Entstehungsgeschichte ergeben müssen. Das ist aber nicht der Fall.