Jurisprudentiedatabank
Leitsatz:
Zur Frage der Vorteilsausgleichung bei der Schadensberechnung.
Urteil des Bundesgerichtshofes vom 17. Februar 1972
II ZR 74/70
Oberlandesgericht Hamburg
Zum Tatbestand:
Im rechtskräftig abgeschlossenen Grundverfahren war der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Kosten für die Herstellung einer neuen Verladebrücke - die alte war durch ein Schiff der Beklagten im Jahre 1962 schwer beschädigt - für gerechtfertigt erklärt worden. Die Aufwendungen für die neue Brücke betrugen 663 328,25 DM. Davon ist ein Restbetrag von 209 376,25 DM streitig geblieben.
Das Berufungsgericht hat davon nur 22 376,25 DM zugesprochen und den Restbetrag aus Gründen der Vorteilausgleichung mit folgender Begründung nicht anerkannt:
Die Klägerin habe die neue Anlage im Jahre 1969 wegen Ablaufs des Pachtvertrages für 218 000,- DM verkauft, wovon für 3 besonders angeschaffte Greifer 9000,- DM und für Maklerprovision 2 000,- DM abzusetzen seien. Von den verbleibenden 207 000,- DM sei außerdem noch der Schrottwert von 20000,- DM abzusetzen, der für die 40 Jahre alte Anlage im Zeitpunkt der Beendigung des Pachtvertrages im Jahre 1969 hätte erzielt werden können. In Höhe von 187 000,- DM sei der Restanspruch demnach ungerechtfertigt.
Die Revision der Klägerin blieb erfolglos.
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Berufungsgericht hat im Wege der Vorteilsausgleichung den durch Weiterverkauf der Anlage im Jahre 1969 erzielten Erlös vom Betrag der Kosten der neuen Anlage abgesetzt. Es hat hierbei die maßgeblichen Rechtsgrundsätze nicht verkannt. Nach seinen Feststellungen weist der vorliegende Fall die Besonderheit auf, daß bei der Beschädigung der Verladebrücke bereits feststand, der Betrieb der Klägerin werde infolge Ablaufs der Pachtzeit Ende 1969 eingestellt werden, so daß die Anlage nur noch für etwa sieben Jahre gebraucht werden sollte. Unstreitig hatte alsdann die 40 Jahre alte Anlage keinen Gebrauchs- oder Verkaufswert mehr. Sie war bei Entfernung von ihrem Standort schrottreif, hätte also den Betrieb nicht überdauert. Die Klägerin hat nichts dafür vorgebracht, daß sie doch noch, zu einem „Liebhaberwert" hätte verkauft werden können, wie die Revision es für möglich hält. Die moderne Ersatzanlage hatte dagegen nach den Darlegungen des Berufungsgerichts nach Ablauf von sieben Jahren noch einen erheblichen Gebrauchs- und Verkaufswert, wie im Zeitpunkt des Schadenseintritts bereits vorauszusehen war. Die Beklagte hatte nur auf sieben Jahre für eine ausreichende Ersatzanlage einzutreten. Wurde eine Anlage beschafft, die länger verwendbar war und nach Ablauf der Betriebszeit verkauft werden konnte, so hat die Klägerin für den aufgewandten Preis von 663 328,25 DM mehr erhalten, als sie durch den Verlust der alten Verladebrücke eingebüßt hatte. Den Mehrbetrag hat die Beklagte nicht zu ersetzen, die Klägerin muß sich vielmehr nach dem Grundsatz des Schadensersatzrechts, daß der Geschädigte infolge des Schadensereignisses nicht schlechter, aber auch nicht besser als vorher stehen soll, einen Abzug gefallen lassen. Zieht man, wie das Berufungsgericht es zutreffend getan hat, den Wiederverkaufspreis mit den hier erforderlichen Korrekturen ab, so erhält die Klägerin mit dem dann noch verbleibenden Differenzbetrag alles, was sie im Ergebnis tatsächlich dafür aufgewandt hat, daß ihr bis zum Jahre 1969 eine Ersatzanlage zur Verfügung stand. Die Erörterungen der Revision über das Fehlen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einem erlangten Vorteil und dem zugefügten Schaden sowie über einen Abzug „Neu für alt" sind daher gegenstandslos.