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II ZR 46/69 - Bundesgerichtshof (Berufungsinstanz Rheinschiffahrt)
Datum uitspraak: 08.11.1971
Kenmerk: II ZR 46/69
Beslissing: Urteil
Language: Duits
Rechtbank: Bundesgerichtshof Karlsruhe
Afdeling: Berufungsinstanz Rheinschiffahrt

Leitsatz:

Ist der Begegnungskurs nach den §§ 38-40 RheinSchPVO 1954 festgelegt, so gilt das Kursänderungsverbot des § 37 Nr. 3 der Verordnung grundsätzlich unabhängig von der jeweiligen Entfernung der sich begegnenden Fahrzeuge bis zur Beendigung der Vorbeifahrt.

Urteil des Bundesgerichtshofes

vom 8. November 1971

II ZR 46/69

(Rheinschiffahrtsgericht Duisburg-Ruhrort; Rheinschiffahrtsobergericht Köln)

Zum Tatbestand:

In der linken Hälfte des Fahrwassers bei km 758 geriet am 13. 11. 1965 gegen 7 Uhr bei Dunkelheit, aber klarer Sicht das zu Berg fahrende, dem Beklagten zu 1 gehörende und vom Beklagten zu 2 geführte TMS P mit dem Steven im rechten Winkel gegen die Steuerbordseite des zu Tal kommenden MS C des Klägers. In diesem Augenblick befanden sich beide Schiffe in Schräglage zum linken Ufer. MS C wurde infolge der schweren Beschädigung auf Grund gesetzt.
Der Kläger verlangt Ersatz der Schäden in Höhe von etwa 11 700,- DM und fast 68 000 hfl., weil TMS P ein weißes Blinklicht gezeigt Lind damit MS C den Weg für eine Steuerbordbegegnung gewiesen, das Blinklicht dann jedoch 180-200 m vor der Begegnung ausgeschaltet und Kurs nach Steuerbord genommen habe. Die Beklagten behaupten, dem Talfahrer die Weisung zur Backbordbegegnung erteilt zu haben. Entgegen dieser Weisung sei MS C etwa 250 rn vor der Begegnung hart nach Backbord in den Kurs des Bergfahrers gelaufen.
Rheinschiffahrtsgericht und Rheinschiffahrtsobergericht haben den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Revision der Beklagten blieb erfolglos.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision greift das angefochtene Urteil im wesentlichen mit Verfahrensrügen an. Sie meint insbesondere, bei der Feststellung, wie weit TMS P und MS C noch voneinander entfernt gewesen seien, als der Bergfahrer den Kurs geändert habe, habe das Berufungsgericht die Beweislast verkannt, die erhobenen Beweise in sich widerspruchsvoll gewürdigt und infolgedessen TMS P zu Unrecht vorgeworfen, den Zusammenstoß schuldhaft verursacht zu haben. Der Angriff kann den Bestand des angefochtenen Urteils nicht erschüttern. Nach § 37 Nr. 3 RheinSchPVO 1954 dürfen Fahrzeuge beim Begegnen ihren Kurs nicht ändern, nachdem dieser nach den §§ 38-40 der Verordnung festgelegt ist. Im Streitfall hatte TMS P den Begegnungskurs dadurch festgelegt, daß es das weiße Blinklicht zeigte, mithin MS C anwies, an der Steuerbordseite vorbeizufahren (§ 38 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 3 h). Deshalb verstieß TMS P gegen das Kursänderungsverbot des § 37 Nr. 3, als es im Verlauf der weiteren Annäherung der beiden Schiffe von seinem rechtsrheinisch verlaufenden Kurs nach Steuerbord abwich. An dieser Beurteilung würde sich, was die Revision anscheinend verkennt, nichts ändern, wenn die Kursänderung des TMS P nicht erst „wenige hundert Meter" vor der Vorbeifahrt erfolgt, sondern auf eine um einige hundert Meter größere Entfernung vorgenommen worden sein sollte. Denn das Kursänderungsverbot des § 37 Nr. 3 gilt vom Augenblick der Kursfestlegung bis zum Ende der Vorbeifahrt, und zwar grundsätzlich unabhängig von der jeweiligen Entfernung der sich begegnenden Fahrzeuge. Das folgt bereits aus der eindeutigen Fassung dieser Vorschrift. Das ergibt sich außerdem aus ihrem Sinn und Zweck. Diese gehen, wie übrigens auch bei § 37 Nr. 2 RheinSchPVO 1954, dahin, durch das strikte Verbot einer Kursänderung während des Begegnungsmanövers jede Gefahr eines Zusammenstoßes auszuschließen. Ob das Kursänderungsverbot des § 37 Nr. 3. wie die Beklagten in der Revisionsverhandlung ausgeführt haben, bei großen, beispielsweise 5000 m betragenden Abständen zwischen Bergfahrer und Talfahrer ausnahmsweise nicht gilt, bedarf keiner Erörterung, weil ein solcher Sachverhalt nicht zur Entscheidung steht. Selbst wenn daher das Berufungsgericht die Entfernung zwischen TMS P und MS C im Zeitpunkt der Kursänderung des Bergfahrers verfahrensrechtlich nicht einwandfrei festgestellt haben sollte, so würde dies nichts daran ändern, daß TMS P gegen § 37 Nr. 3 RheinSchPVO 1954 verstoßen hat.
Die Angriffe der Revision gegen die vorerwähnte Feststellung des Berufungsgerichts berühren im Ergebnis auch nicht die Frage, ob der Verstoß des TMS P gegen § 37 Nr. 3 RheinSchPVO 1954 für die Kollision adäquat ursächlich war. Die Frage ist schon deshalb zu bejahen, weil regelmäßig jede Abweichung eines Fahrzeugs von dem festgelegten Begegnungskurs die Gefahr eines Zusammenstoßes schafft. Das gilt insbesondere dann, wenn sich, wie hier auf Grund der Erwiderung des weißen Blinklichts durch MS C, Bergfahrer und Talfahrer über den Begegnungskurs verständigt haben.
Die angeblichen Verfahrensverstöße des Berufungsgerichts bei der Feststellung des Abstands zwischen TMS P und MS C im Zeitpunkt der Kursänderung des Bergfahrers sind auch insoweit ohne Bedeutung, als das Berufungsgericht die Frage eines etwaigen Mitverschuldens des MS C verneint hat. Die Beklagten sind zu diesem Punkte darlegungs- und beweispflichtig. Es wäre demnach ihre Sache gewesen, zunächst darzutun, daß man auf MS C rechtzeitig habe erkennen können, der Bergfahrer wolle entgegen seiner Kursweisung den Talfahrer an der Backbordseite vorbeifahren lassen; dem Talfahrer habe für ein derartiges Manöver auch hinreichend Raum zur Verfügung gestanden. In dieser Richtung fehlt aber jeder substantiierte Vortrag der Beklagten.