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Leitsatz:
Zuwendungen an einen Vertreter mit dem Ziel, von ihm bei der Vergabe von Aufträgen bevorzugt zu werden, verstoßen auch dann gegen die guten Sitten, wenn jener den Auftrag zwar nicht für den Vertretenen zu erteilen, für diesen aber bei der Vergabe durch einen Dritten mitzubestimmen hat und der Vertretene an einer möglichst guten Erledigung des Auftrags ein eigenes wirtschaftliches Interesse hat.
Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 14. Dezember 1972
II ZR 141/71
(Landgericht Hamburg; Oberlandesgericht Hamburg)
Zum Tatbestand:
Der Kläger hatte als Vertreter einer Reederei aufgrund eines besonderen Vertrages mit darüber zu bestimmen, an wen und in welcher Weise die Werftaufträge an Zulieferfirmen für einen von der Reederei bestellten Schiffbau vergab. Die beklagte Zulieferfirma versprach dem Kläger schriftlich, ihm auf alle durch seine Unterstützung zum Einbau gelangenden Anlagen einen vertraulichen Rückvergütungsrabatt von 5 % zu zahlen, der 10 Tage vor Schiffsablieferung zur Verfügung gestellt werden sollte. Der Kläger stimmte gegenüber der Werft der Auftragserteilung an die Beklagte statt an ein anderes ursprünglich vorgesehenes bekanntes Unternehmen zu, erhielt jedoch von der Beklagten trotz Ablieferung des Schiffes nichts.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Auskunftserteilung, wie hoch der Gesamtwert sämtlicher ihr von der Werft erteilten Aufträge gewesen ist und weiterhin eine Vergütung von 5 % auf den Gesamtauftragswert.
Die Beklagte behauptet, der Rückvergütungsrabatt sei nicht mit dem Kläger, sondern mit der Reederei vereinbart. Eine persönliche Zusage an den Kläger würde sittenwidrig gewesen sein.
Das Landgericht hat dem Auskunftsantrag stattgegeben, das Berufungsgericht hat die Klage jedoch abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb erfolglos.
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Berufungsgericht knüpft mit Recht an die ständige Rechtsprechung an, nach der Zuwendungen an Vertreter oder Angestellte des anderen Vertragsteils mit dem Ziel, von diesen bei der Vergabe von Aufträgen ihres Unternehmens bevorzugt zu werden, gegen die einfachsten und grundlegenden Sätze des geschäftlichen Anstandes und kaufmännischer guter Sitte verstoßen (BGH, Urt. v. 26. 3. 62 - II ZR 151/60 - LM BGB § 138 (Cb) Nr. 13 m. w. N.). Der vorliegende Fall liegt zwar etwas anders. Der Kläger hatte keine Aufträge für die von ihm vertretene Reederei zu vergeben. Er hatte aber für sie und in ihrem wirtschaftlichen Interesse mit darüber zu bestimmen, an wen und in welcher Weise die Werft für den Schiffsbau Aufträge vergab. An einer einwandfreien Leistung der Zulieferer war die Reederei ebenso interessiert wie an der Leistung der Werft selbst, wirkten beide doch zusammen, um das von ihr bestimmte Schiff zu bauen. Die Auswahl geeigneter Zulieferer und die Vereinbarung von Bedingungen mit ihnen, die soweit möglich eine gute Leistung garantieren sollten, waren der Baureederei wichtig. Darauf beruhte gerade die von ihr durchgesetzte Zustimmungsbedürftigkeit der Verträge der Werft mit Zulieferern. Das macht deutlich, wie das Berufungsgericht zutreffend näher ausgeführt hat, daß der Reederei durch heimliche Zuwendungen an den Kläger ganz ähnliche Gefahren drohten, wie wenn der Kläger unmittelbar In ihrem Namen Aufträge zu erteilen gehabt hätte; ihre Interessen waren ebenso gefährdet, wenn er sich nicht allein hiervon, sondern zumindest auch von dem höchst eigennützigen Interesse leiten ließ, für seine Zustimmung zur Auftragsvergabe von dem begünstigten Zulieferer eine heimliche Zuwendung in immerhin nicht unbeträchtlichem Umfange zu erhalten. Infolge dessen ist das Zuwendungsversprechen ebenso als nichtig anzusehen, wie es in den anderen von der Rechtsprechung bisher entschiedenen Fällen geschehen ist.
Der zwischen der Werft und der Baureederei für das Schiff vereinbarte Festpreis ändert daran nichts. Das zeigt schon die Tatsache, daß die Reederei trotzdem die Vertragsschlüsse der Werft mit den Zulieferern von ihrer Zustimmung abhängig gemacht hat.
Ob die an der Zuwendung Beteiligten den Geschäftsherrn benachteiligen wollen, ist unerheblich (BGH LM BGB § 138 [Cb] Nr. 13); auch kommt es nicht darauf an, ob solche Nachteile eingetreten sind. Zu mißbilligen sind allein schon die Verquickung von eigennützigen Interessen des Vertreters mit den Interessen des Vertretenen, der darin liegende Mißbrauch des dem Vertreter gewährten Vertrauens und die hiervon ausgehenden Gefahren.
Unter diesen Umständen braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob der Kläger schlüssig eine provisionspflichtige Tätigkeit für die Beklagte dargelegt hat. Auch wenn er die Beklagte der Werft als Auftragsnehmerin nachgewiesen oder den Vertrag zwischen diesen beiden vermittelt hat, steht ihm keine Provision zu. An derr wirksamen Vereinbarung eines Maklervertrages war er gehindert, weil er aus den genannten Gründen von persönlichen Interessen unbeeinflußt die Interessen der Reederei zu vertreten hatte.