Jurisprudentiedatabank
Leitsätze:
1) Wer einen Ladungsschaden nach Artikel 16 CMNI reklamiert, trägt die Beweislast dafür, dass sich die Qualität des Produktes während des Obhutszeitraumes verändert hat. Dazu gehört gegebenenfalls auch die Darlegung, welche Ursache bei einer reinen olfaktorischen Veränderung des Produktes gewirkt hat. Für deliktische Ansprüche muss substantiiert dargelegt werden, welche unerlaubte Handlung der Frachtführer vorgenommen haben soll, die pauschale Behauptung, er habe ein für den Transport nicht oder nicht ausreichend gereinigtes Transportmittel zur Verfügung gestellt, reicht dafür nicht aus.
2) Nimmt der Empfänger die Ladung ohne Kommentar oder Vorbehalt entgegen, dann führt dies nach Artikel 23 I CMNI zu der Vermutung, dass die Ladung im selben Zustand abgeliefert wurde, in dem sie zur Beförderung übergeben worden war.
3) Wird beim Beladen im Schiff eine unauffällige Produktprobe gezogen und weist eine Probe aus den Landtanks nach dem Löschen einen Fremdgeruch auf, so reicht dies für den Nachweis einer Produktveränderung im Obhutszeitraum nicht aus, jedenfalls wenn die Landtanks vor dem Löschen nicht nachweislich vollständig leer und sauber gewesen waren.
4) Gibt ein durch den Absender beauftragter Surveyor die Schiffstanks, die mit Wasser gereinigt worden waren, frei und erklärt, dass sie leer, sauber, trocken und geruchlos und damit ladetauglich sind, dann trägt der Absender die volle Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung, dass ein Fehlverhalten des Frachtführers, zum Beispiel eine Waschung mit nicht sauberem Wasser die Ursache für die Geruchsveränderung gesetzt hat. Behauptet der Absender, zum Waschen müsse Trinkwasser verwendet werden, dann trägt er auch dafür die Beweislast, wenn dies im Vertrag nicht ausdrücklich vereinbart war.
5) Hat der Frachtführer falsche Informationen zu den Vorladungen abgegeben, dann führt dies nur dann zu einer Haftung des Frachtführers, wenn der Absender nachweist, dass das tatsächlich als Vorladung transportierte Produkt den Schaden verursacht haben kann.
6) Für einen internationalen Transport von den Niederlanden nach Belgien zwischen einem belgischen Absender und einem niederländischen Frachtführer ist eine Gerichtsstandsvereinbarung zu den Gerichten der Niederlande nach Brüssel I Verordnung zulässig. Das zuständige niederländische Gericht ist dabei nicht nur für den Streit zwischen dem Absender und seinem Vertragspartner (dem Frachtführer), sondern gemäß Artikel 8 I der Brüssel I Verordnung auch für den im gleichen Verfahren rechtshängigen Direktanspruch nach Artikel 4 I CMNI gegen den ausführenden Frachtführer zuständig.
7) Haben sowohl der Vertragspartner des Absenders als auch der ausführende Frachtführer ihren Sitz in den Niederlanden und geht der Transport von den Niederlanden nach Belgien, dann gilt im Verhältnis zum belgischen Absender ergänzend zum CMNI nach Artikel 29 I das niederländische Recht.
8) Nach Artikel 10:162 BW gilt für Rechte aus dem Konnossement das Recht des Löschhafens, im vorliegenden Fall Belgiens.
Urteil der Rechtbank Rotterdam
Az.: C/10/577157 / HA ZA 19-609
vom 8. April 2020
rechtskräftig.
2. Der Sachverhalt
2.1. C. verarbeitet und handelt mit – unter anderem – (Speise-)Ölen.
2.2. B ist Eigentümer des TMS »Samar«.
2.3. Am 20. April 2018 wurde zwischen C. NL, C. und C. Belgien einerseits und I andererseits ein Barging Agreement geschlossen, auf dessen Grundlage I Tank Barge Services an C. leistete. Startdatum des Barging Agreement ist der 1. November 2017. Artikel 24 mit dem Titel »Barging (pre) conditions« des Barging Agreement enthält – unter anderem – die folgenden Bedingungen:
»The performing barge is »Food Grade« (under Fediol specifications) for food products / Feed Grade for feed products Barge should be able to carry drinking water quality water for the washing progress«
2.4. Am oder ungefähr am 18. März 2018 hat C. NL I. im Rahmen des genannten Barging Agreement für den Transport von Massengut 1.203,261 Mt refined sunflower seed oil (nachfolgend auch: die Ladung), vom Amerikahaven in Amsterdam zu C. Belgien in Izegem, Belgien, angedient.
2.5. Für diesen Transport hat I. das TMS »Samar« gechartert. Das von I. ausgestellte Konnossement lautet an Order C. NL. Das Konnossement wurde vom Schiffsführer des TMS »Samar« unterzeichnet.
I. hat an C. NL als drei letzte Vorladungen des TMS »Samar« folgende Ladungen gemeldet: palmkernel oil, groundnut oil und crude rapeseed oil.
2.6. Nach Eintreffen des TMS »Samar« im Verladehafen in Amsterdam wurde das Schiff vom Verlader S. Rotterdam B.V. (nachfolgend S.) zum Laden genehmigt.
2.7. Vor dem Laden wurden der Ladung Proben entnommen, die S. für gut befunden hat. Das Laden begann am 18. März
2018 und endete am 19. März 2018 am späten Vormittag.
2.8. Am 20. März 2018 ist das TMS »Sa- mar« bei C. Belgien eingetroffen. Danach wurde den Schiffstanks oder einem Schiffsstank von TMS »Samar« eine Probe entnommen, die zum Löschen für gut befunden wurde. Die Ladung wurde von dem TMS »Samar« in die Landtanks 601, 606 und 617 ungeschlagen.
2.9. Am Morgen des 23. März 2018 hat ein Mitarbeiter von C. Belgien beim »Bottelen« einen ungewöhnlichen Geruch bemerkt. Daraufhin hat C. Herrn A, Marine Surveyor bei EVH Surveys International B.V. (nachfolgend EVH) als Sachverständigen und I Herrn D. von V. hinzugezogen. Die Versicherung des B. hat E. zur Untersuchung der Ursache des ungewöhnlichen Geruchs hinzugezogen.
3. Der Rechtsstreit
3.1 C. beantragt, das Gericht möge I und B. gesamtschuldnerisch, das heißt, dass mit der Zahlung eines Betrags der einen Partei die andere Partei von der Zahlungspflicht dieses Betrags befreit wird, zumindest I, zumindest B. in einem vorläufig vollstreckbaren Urteil verurteilen, an C. gegen ordnungsgemäße Quittung zu zahlen:
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330.438,23 €‚ zuzüglich gesetzlicher Zinssatz ab dem Datum der Klage- schrift bis zum Zeitpunkt der vollständigen Bezahlung;
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22.591,50 € für die Kosten zur Feststel- lung des Schadens und der Haftung, zuzüglich gesetzlicher Zinssatz ab dem Datum der Klageschrift bis zum Zeitpunkt der vollständigen Bezahlung;
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3.427,19 € für außergerichtliche Inkassokosten, zuzüglich gesetzlicher Zins- satz ab dem Datum der Klageschrift bis zum Zeitpunkt der vollständigen Bezahlung;
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zumindest hilfsweise:
• 86.744,12 €‚ zuzüglich gesetzlicherZinssatz ab dem Datum der Klageschrift bis zum Zeitpunkt der vollstän- digen Bezahlung, zuzüglich der genannten Sachverständigenkosten und außergerichtlichen Kosten;
• dies alles mit der Verurteilung der Be- klagten, zumindest eines oder mehrerer von ihnen, zur Zahlung der Kosten des Verfahrens sowie der Folgekosten.
3.2 I und B verteidigen sich und weisen die Klage von C. und deren Forderungen wegen Unzulässigkeit zurück, zumindest weisen sie diese Forderungen zurück und beantragen, dass C. – in einem vorläufig vollstreckbaren Urteil – zur Zahlung der Kosten des Verfahrens verurteilt wird.
3.3 Auf das Vorbringen der Parteien wird, sofern relevant, im Folgenden näher eingegangen.
4. Die Beurteilung
Zuständigkeit und anwendbares Recht
4.1. Es handelt sich hier um einen internationalen Rechtsstreit, da C. Belgien ihren Sitz in Belgien hat, die übrigen Parteien ihren Sitz in den Niederlanden haben und es sich um einen grenzüberschreitenden Transport per Binnenschiff von den Niederlanden nach Belgien handelt. Deswegen wird das Gericht zunächst seine Zuständigkeit und das anwendbare Recht prüfen.
4.2. In Bezug auf die Zuständigkeitsfrage findet die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Neufassung) (nachfolgend Brüssel-I-Verordnung) Anwendung, da die Klageschrift nach dem Inkrafttreten der Verordnung (10. Januar 2015) zugestellt wurde und es sich um eine Zivil- und Handelssache im Sinne der Verordnung handelt. Gemäß Artikel 25 der Brüssel-I-Ver- ordnung ist dieses Gericht befugt, den Rechtsstreit zwischen C. und I zu beurteilen, da die Parteien in ihrem Barging Agreement eine gültige Gerichtsstandklausel für dieses Gericht vereinbart haben. Gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Brüssel-I-Verordnung ist dieses Gericht ebenfalls für den Rechtsstreit zwischen C. und B befugt, da die Forderungen, die C. gegen I und gegen B. erhebt, so eng miteinander verknüpft sind, dass eine geordnete Rechtspflege eine gleichzeitige Verhandlung und Beurteilung dieser Forderungen erfordert.
4.3. Sofern C. ihre Klage auf den Frachtvertrag begründet, gilt Folgendes. Da es sich um einen grenzüberschreitenden Transport per Binnenschiff von den Niederlanden nach Belgien handelt und mindestens eine der Parteien ihren Sitz in einem Land hat, das beim Budapester Übereinkommen über den Vertrag zur Güterbeförderung in der Binnenschifffahrt vom 22. Juni 2001 (nachfolgend CMNI) Partei ist und der betreffende Transport nach dem Datum des Inkrafttretens des CNMI in den Niederlanden erfolgt ist, findet gemäß Artikel 2 CMNI das CNMI Anwendung. Auf die Beziehung zwischen C. und I findet gemäß Artikel 29 Absatz 1 CMNI ergänzend niederländisches Recht Anwendung, da diese Parteien in ihrem Barging Agreement eine Rechtswahl für das niederländische Recht getroffen haben. Auf die Beziehung zwischen C. und B findet gemäß Artikel 29 Absatz 2 CMNI ergänzend ebenfalls niederländisches Recht Anwendung, da der Frachtvertrag mit den Niederlanden im Sinne von Artikel 29 Absatz 3 CNMI die engsten Verbindungen aufweist.
Die Parteien sind sich im Übrigen einig, dass auf ihr Rechtsverhältnis das CNMI rechtlich zwingend und das niederländische Recht ergänzend Anwendung findet.
4.4. Sofern C. Rechte aus dem Konnossement ausübt, findet gemäß Artikel 10:162 BW auf die Frage, wer die sich aus dem Konnossement ergebenden Rechte ausüben kann, belgisches Recht (das Recht des Löschhafens) Anwendung.
Anspruchsberechtigung
4.5. B hat vorgebracht, C. sei nicht anspruchsberechtigt, da unklar sei, wer recht- und regelmäßig Inhaber des Konnossements war, wer das Konnossement vorgelegt und die Lieferung der Ladung gefordert hat. B hat bestritten, dass C. nach belgischem Recht aktiv legitimiert sei.
4.6. Dem hat C. NL entgegengesetzt, dass sie auch nach belgischem Recht als recht- und regelmäßige Inhaberin des Konnossements anspruchsberechtigt sei, da C. NL als Ladungsbeteiligte auf dem Konnossement an Order genannt war. Um Einwendungen gegen die Anspruchsberechtigung zuvorzukommen, hat auch C. Belgien (der belgische Adressat) Klage erhoben.
4.7. Das Gericht erwägt Folgendes. C. NL hat dargelegt, dass und warum sie als recht- und regelmäßige Inhaberin des Konnossements anspruchsberechtigt ist und dass die Klage nur aus dem Grund auch von C. Belgien erhoben wurde, um Einwänden gegen die Anspruchsberechtigung zuvorzukommen. B hat dieses Vorbringen von C. nicht bestritten. Das Gericht ist daher der Meinung, dass B angesichts der Erläuterungen von C. seine Verteidigung nicht ausreichend begründet hat, sodass diese nicht erfolgreich ist.
Haftung
4.8. Die Parteien haben beantragt, das Gericht möge zuerst über die Haftung von I und B urteilen, sodass sich das Gericht nunmehr darauf beschränkt.
Die Standpunkte der Parteien
4.9. C. begründet ihre Klage auf Artikel 16 Absatz 1 CMNI. C. führt an, dass B. aufgrund von Artikel 8:461 BW neben I als Frachtführer auf dem Konnossement angesehen wird, da der Schiffsführer des TMS »Samar« das Konnossement unterzeichnet hat. C. führt an, die Ladung sei in gutem Zustand angeliefert und am Ziel beschädigt angekommen (,‚gut hinein, schlecht heraus«). Diesbezüglich hat C. angeführt, dass vor Beginn der Beladung des TMS »Samar« einige Proben entnommen worden waren, die laut Aussage des Sachverständigen A den guten Zustand beim Einladen bewiesen. Bevor das Verladen vom Schiff in den Landtank ganz abgeschlossen war, wurde noch eine Probe entnommen. Hinterher stellte sich heraus, dass diese Probe kontaminiert war. Der Sachverständige A folgert daraus, dass der ‹offspec›-Geruch auf das TMS »Samar« zurückzuführen sei.
C. führt an, dass I die in Artikel 24 des Barging Agreement aufgeführten Bedingungen sowie die europäischen Rechtsvorschriften verletzt habe. I habe C. zur Vorladung falsch informiert. Die tatsächlich beförderte Vorladung erfülle nicht die in Artikel 24 des Barging Agreement gestellte Bedingung »food grade«.
Zudem hafteten I und B aus unerlaubter Handlung, indem sie für den Transport ein nicht oder nicht ausreichend gereinigtes Transportmittel zur Verfügung gestellt und die dadurch kontaminierte Ladung in die Tanks ausgeladen hätten. Dadurch seien auch andere als nur die transportierten Güter beschädigt worden. Dies sei kein Folgeschaden, sondern ein reiner »Cargofoor-Schaden«.
4.10. I hat substantiiert bestritten, dass die Ladung zwischen dem Zeitpunkt der Entgegennahme und dem Zeitpunkt der Ablieferung beschädigt worden sei und dass der später im Tank 617 an dem Produkt festgestellte ungewöhnliche Geruch durch das Löschen aus dem TMS »Samar« verursacht worden sei.
Dem Barging Agreement zufolge liegt die Verpflichtung zum Löschen bei C.. Die Übergabe der Ladung ist am 20. und 21. März 2018 an Bord des Schiffes erfolgt. Die Ladung wurde nach der Analyse (einschließlich Geruchstest) der daraus entnommenen Proben für gut befunden. Die Ladung wurde aus dem TMS »Samar« in die Landtanks 601, 606 und 617 umgeschlagen. In allen drei Landtanks befand sich bereits ein Produkt. Die Ladung wurde aus dem TMS »Samar« zu dem bereits in den Landtanks vorhandenen Produkt hinzufügt (wonach das Produkt in allen Landtanks vermischt wurde). Beim Löschen wurde die Ladung aus allen Schiffstanks des TMS »Samar« gleichzeitig umgeschlagen. Sowohl die Löschleitungen als auch die Nachlenzleitungen des Schiffes waren von Anfang an geöffnet. Am Ende des Entladevorgangs wurde der letzte Rest der Ladung (höchstens 6000 Liter) mithilfe der Nachlenzleitung aus den Schiffstanks des TMS »Samar« gepumpt. C. hat die Ladung ohne Kommentare oder Vorbehalte angenommen. Diese Annahme führt aufgrund Artikel 23 Absatz 1 CMNI zu der Vermutung, dass der Frachtführer die Ladung in demselben Zustand abgeliefert hat, in dem sie zur Beförderung übergeben worden war. Sachverständige haben festgestellt, dass die Probe vom 21. März 2018 von Landtank 617 (nach Umschlag der Ladung aus dem TMS »Samar« dorthin) durchaus einen ungewöhnlichen Geruch aufwies, jedoch wies EVH zurecht darauf hin, dass diese Probe damals (am 21. März 2018) von C. für gut befunden worden war. Es besteht daher eine unerklärliche Inkonsistenz zwischen den Untersuchungsergebnissen dieser Probe am 21. März 2018 (von C.: kein ungewöhnlicher Geruch festgestellt) und am 12. April 2018 (von den jeweiligen Sachverständigen: sehr wohl ein ungewöhnlicher Geruch festgestellt). I führt an, dass das Löschen durch und auf Gefahr von C. erfolgte. Das Löschen nicht in die vertragliche Verantwortung von I, sodass I für eventuellen, beim Löschen oder durch das Löschen verursachten Schaden nicht haftbar gemacht werden kann. Sofern erforderlich beruft I sich auf den Haftungsausschlussgrund von Artikel 18 Absatz 1 b CMNI (Löschen der Güter durch den Empfänger oder namens des Empfängers) und auf den in Artikel 18.10 des Barging Agreement für anwendbar erklärte Artikel 10.7 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Des Weiteren beruft sich I, sofern erforderlich, auf die Haftungsausschlussgründe von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a CMNI und Artikel 9.13 Buchstabe a des Barging Agreement (Handlungen oder Unterlassungen von C.).
Hilfsweise beruft sich I auf Höhere Gewalt im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 CMNI. Hilfshilfsweise führt I an, dass ein Großteil der Ladung in demselben Zustand abgeliefert worden sei, in dem sie zum Transport in Empfang genommen worden war und – laut Hypothese des Sachverständigen A – nur die letzte, beim strippen, gelöschte Ladung – höchstens 6.000 Liter – von einem ungewöhnlichen Geruch befallen worden sei. Für diesen Teil beruft I sich auf die Haftungsbeschränkung von Artikel 20 Absatz 1 CMNI in Höhe von 2 Rechnungseinheiten pro Liter.
I bestreitet, dass das Schiff nicht oder nicht ausreichend gereinigt gewesen und dass die Ladung dadurch kontaminiert worden sei.
Hilfshilfshilfsweise beruft sich I auf die eigene Schuld von C., da sie unterlassen habe, eine effektive Empfangskontrolle (Zugangskontrolle) durchzuführen. I bestreitet den Umfang des angeführten Schadens.
4.11. B hat substantiiert bestritten, dass die Ladung an Bord des TMS »Samar« kontaminiert wurde. C habe die Ladung ohne jegliche Vorbehalte angenommen. Außerdem habe C. Belgien der Ladung sogar Proben entnommen und ausdrücklich für gut befunden. B beruft sich auf die Vermutung in Artikel 23 Absatz 1 CMNI. B kann sich aufgrund von Artikel 9.7 des Barging Agreement (Himalaya-Klausel) auf die Bestimmungen dieses Vertrags berufen. C. sei aufgrund von Artikel 9.12 des Barging Agreement verpflichtet, das Schiff auf eigene Gefahr zu löschen. Die Ladung war also im Sinne von Artikel 10 Absatz 2 CMNI an Bord des TMS »Samar« abgeliefert worden, als das Schiff löschbereit war. Zum Zeitpunkt der vorgetragenen Geruchskontamination, beim »Strippen«, war die Ladung bereits abgeliefert worden. Artikel 9.12 des Barging Agreement besagt, dass die Handlungen, die die Bemannung des Schiffs beim Löschen vornimmt, »on behalf of C., the shipper or consignee« erfolgen. Hilfsweise beruft sich B auf die Beschränkung seiner Haftung aufgrund von Artikel 20 CMNI (2 Rechnungseinheiten pro Kilogramm). Für Schaden, der entstanden ist, nachdem die Ladung aus dem TMS »Samar« verladen war, sei B nicht haftbar. C. habe nicht angeführt, welche Handlungen und/oder welches Unterlassen von B als unerlaubte Handlung angesehen werden könnte. Des Weiteren bestreitet B den Umfang des angeführten Schadens.
Haftung im Rahmen des Frachtvertrags
4.12. Nicht streitig ist zwischen den Parteien, dass I und B als Frachtführer verpflichtet waren, die Ladung in demselben Zustand in Izegem, Belgien, abzuliefern, in dem sie ihnen in Amsterdam zum Beförderung übergeben worden war. Ge- mäß Artikel 16 Absatz 1 CMNI haftet der Frachtführer für Schäden aufgrund von Beschädigungen der Güter, die zwischen dem Zeitpunkt der Entgegennahme zum Transport und dem Zeitpunkt ihrer Ablieferung aufgetreten sind, mit Ausnahme von Höherer Gewalt.
Aus den Haftungsbedingungen des CMNI geht hervor, dass die Darlegungspflicht und – bei substantiiertem Bestreiten – die Beweislast der Tatsachen und Umstände, aus denen hervorgeht, dass der Schaden während des Haftungszeit- raums des Frachtführers entstanden ist, bei C. ruht.
4.13. C. hat zur Substantiierung der unter 4.9 angeführten Argumente einen Bericht von EVH vom 1. Oktober 2018 (nachfolgend der EVH-Bericht) und ein Addendum zum EVH-Bericht vom 15. Mai 2019 (nachfolgend das Addendum) vorgelegt. Vor der Verhandlung wurde ein zweites Addendum zum EVH-Bericht vom 14. Januar 2020 (nachfolgend Ad- dendum II) vorgelegt. Zur Substantiierung der Ausführungen, die Ladung sei beschädigt an ihrem Ziel angekommen, beruft sich C. auf das folgende Summary im Addendum:
»From the above it is clear that the subject oil was loaded in sound condition and the off odor was caused during the transport. lt may very well be that personnel of C. in Izegem missed the deviating smell when taking a sample from one tank only. The sample taken from tank 617 allegedly ‘after discharge’ was in fact taken one hour prior to completion, which confirms that a contaminated quantity of oil was discharged from the barge in the final stage of discharge. The oil in shore tanks that had been received earlier (tanks 601 and 606) was found to be in sound condition.«
C. führt in der Klageschrift zur Ursache des Schadens an:
(5. 15 des EVH-Berichts) »lt cannot be ruled out that the deviating smell of the last oil discharged originates from the stripping System of the barge. Also, during tank cleaning the stripping system is used to drain the tanks. Washing water on board the TMS »Samar« was found to be dirty, blind and foul smelling.
(5. 1 des Addendums) »Tank washing was done with washing water that was on board of the barge since beginning March 2018 and obviously was used already many times. Upon inspection of the slop tanks it was ascertained that the water was ‘blind’, greyish ans very foul smelling. The washing water was allegedly loaded as ‘potable’ water but obviously did no longer meet that description.«
In der Verhandlung wurde namens C. angeführt, dass aus der Traceability-Untersuchung von C. und der Probe vom TMS »Samar« hervorgehe, dass der Kontaminant aus dem TMS »Samar« stamme und wahrscheinlich durch schmutziges Waschwasser verursacht worden sei.
4.14. I beruft sich auf den Bericht von V. vom 11. Januar 2019 B. auf den Bericht von E. vom 20. November 2018.
4.15. Aus den (EVH-, V.- und E.-)Berichten sowie den angeführten und nicht (ausreichend) bestrittenen Tatsachen und Umständen und den insofern nicht (ausreichend) bestrittenen Beweisstücken, auf die man sich berufen hat, leitet das Gericht bei der Beladung und der Löschung des TMS »Samar« folgenden Hergang ab.
4.16. Das TMS »Samar« traf am 18. März 2018 um 14:30 Uhr im Amerikahaven an der Ladestelle von C. in Amsterdam ein. Die Schiffstanks von TMS »Samar« wurden vor der Beladung von einem von C. verpflichteten Inspektor von S. geprüft. Der Inspektor hat in dem Loadcompartment Inspection Report angegeben, dass die Schiffstanks mit Wasser gereinigt worden waren, dass sie leer, sauber, trocken und geruchlos waren und dass die Ladetanks zum Laden für gut befunden worden waren. Daraufhin wurden die sechs Ladetanks des TMS »Samar« am 18. und 19. März 2018 (in der Reihenfolge: 5C, 3C, 2C, 4C, 1C und 6C) Laden. Beim Laden wurden von allen Ladetanks running samples genommen und nachdem das Laden abgeschlossen war, wurden die Ladetanks versiegelt.
4.17. Das TMS »Samar« traf am 20. März 2018 um 17:00 Uhr bei C. Belgien in Izegem ein. Daraufhin hat C. Belgien der Ladung Proben entnommen und diese analysiert.
Über die Entnahme der Proben nach Ankunft eines Schiffes schreibt A (oben auf Seite 5 des EVH-Berichts) Folgendes: »Procedure is that upon arrival of a barge, samples are taken from the barge tanks and a composite made. That composite sample is subsequently analyzed and when results are acceptable, the oil is discharged. The barges use their own pumps and hoses. The discharge hose is inspected in Amsterdam for loading and sealed. ( ... )«
Fest steht, dass im Gegensatz zu dem, was dieses Verfahren vorschreibt, von den Proben aus den Ladetanks keine Mischprobe erstellt wurde, sondern nur einem der Ladetanks des TMS »Samar« eine Probe entnommen wurde (dem Schiffsführer zufolge dem Ladetank C5 oder C6). Diese Probe wurde untersucht und für gut befunden.
Nachdem die Proben für gut befunden worden waren, hat C. Belgien den Auftrag erteilt, das TMS »Samar« zu löschen. Das Löschen begann um 18:00 Uhr. Beim Löschen wurde von Anfang an gleichzeitig über die 6«(Zoll) und 2«(Zoll) Leitungen des TMS »Samar« aus allen sechs Ladetanks des TMS »Samar« gelöscht. Aus der Tabelle auf Seite 5 des EVH-Berichts geht hervor, dass 367.250 m3 in den Landtank 606 verladen wurden, dann am 21. März 2018 379.911 m3 in den Landtank 601 und 442.562 m3 in den Landtank 617. Um 10:59 Uhr war die Verladung abgeschlossen. Aus der Tabelle geht hervor, dass alle drei Landtanks bereits vor dem Löschen mit dem Produkt gefüllt waren: 7.782 m3 im Landtank 606, 8.428 m3 im Landtank 606 und 249.424 m3 im Landtank 617.
4.18. Namens C. wurde in der Verhandlung ausgesagt, dass die vor dem Löschen genommenen Proben ins Labor gehen, wo eine visuelle Prüfung stattfindet und an den Proben gerochen wird. Wird die Probe für gut befunden, dann wird die Genehmigung zum Löschen erteilt.
4.19. Nach dem Verladen wurde aus dem Landtank 606 eine Probe entnommen. Dabei wurde kein ungewöhnlicher Geruch festgestellt. Nachdem der ungewöhnliche Geruch am 23. März 2018 festgestellt worden war, wurde dem Landtank 601 eine Probe entnommen. Dabei wurde kein ungewöhnlicher Geruch festgestellt. Auch die Probe, die vor dem Löschen dem Ladetank des TMS »Samar« entnommen worden war, war ‹bland› (neutral).
4.20. A führt unter retained samples (Sei- te 8 EVH-Bericht) an, dass die folgenden Proben verfügbar waren:
• Landtank 617 14/3 end of filling –
• Landtank 617 21/3 end of filling – TMS »Samar« 20/3 Ankunft
TMS »Samar« 20/3 nach der Beladung
Landtank 617 23/3 nach der Feststellung
4.21. C. stützt ihr Vorbringen, der Geruchsschaden sei während des Transports entstanden, auf die gemeinsame Geruchs-Expertise (parties nosed the samples) der folgenden Proben:
• eine Probe aus dem Landtank 617 nach Eingang der vorherigen Ladung Sonnenblumenöl aus einem anderen Tankmotorschiff am 14. März 2018, kein ungewöhnlicher Geruch (bland);
• eine Probe entnommen beim Laden des TMS »Samar« in Amsterdam am 19. März 2018, kein ungewöhnlicher Geruch;
• eine von S. für gut befundene first foot Probe aus den Ladetanks von TMS »Samar«;
• eine vor der Verladung aus dem TMS »Samar« am 20. März 2018 dem Ladetank 5C oder 6C entnommene Probe, anfangs kein ungewöhnlicher Geruch. An dieser Probe haben die gemeinsamen Sachverständigen am 12. April 2018 gerochen. Dabei wurde ein ungewöhnlicher Geruch festgestellt. Der Sachverständige A führt (in Addendum II) an, was vom Sachverständigen D. in der Verhandlung substantiiert bestritten wurde, dass nachdem man das Öl auf seine Veranlassung hin auf 40 Grad Celsius erhitzt hatte, ein sehr schwacher ungewöhnlicher Geruch festgestellt worden war;
• eine aus dem Landtank 606 nach Verladung am 20. März 2018 entnommene Probe, kein ungewöhnlicher Geruch
• eine dem Landtank 617 nach Verladung am 20. März 2018 entnommene Probe. Diese Probe wurde von C. Belgien anfangs für gut befunden, bei einem erneuten Test am 12. April 2018 wies diese Probe jedoch einen ungewöhnlichen Geruch auf.
• eine dem Landtank 617 after discovery (nachdem beim bottelen ein ungewöhnlicher Geruch festgestellt worden war) am 23. März 2018 entnommene Probe; ungewöhnlicher Geruch festgestellt;
• eine dem Landtank 601 after discovery am 23. März 2018 entnommene Probe, kein ungewöhnlicher Geruch festgestellt.
Laut C. ist das Waschwasser des TMS »Samar«, mit dem die Ladetanks sauber gemacht wurden und das beim Verladen über die Nachlenzleitungen mit abgelaufen sein soll, die Ursache für den Geruchsschaden. Dies würde auch erklären, warum der ungewöhnliche Geruch nur im Landtank 617 festgestellt wurde, so C., da die Nachlenzleitungen erst am Ende des Verladevorgangs geöffnet worden seien und so das Waschwasser in den letzten Landtank gelangen konnte. Eine weitere Möglichkeit wäre eine mikrobiologische Verunreinigung an Bord des Schiffes, weswegen der ungewöhnliche Geruch erst später festgestellt wurde.
4.22. I und B haben bestritten, dass der Geruchsschaden an Bord des TMS »Samar« verursacht wurde. Diesbezüglich haben sie angeführt, dass die Ladung in gutem Zustand in das Schiff hinein und auch in gutem Zustand wieder herausgekommen sei. Die Ladung wurde in die Landtanks 601, 607 und 617 verladen und nur das Öl in Tank 617 war, wie sich im Nachhin- ein herausstellte, mit einem ungewöhnlichen Geruch behaftet. Hätte die Ursache an Bord des Schiffes gelegen, dann hätte auch das Öl in den übrigen Landtanks einen ungewöhnlichen Geruch haben müssen. Darüber hinaus kann die Ursache nicht am Waschwasser gelegen haben, dass mit dem Öffnen der Nachlenzleitungen mit abgelaufen sein soll, da die Nachlenzleitungen während der gesamten Verladezeit geöffnet waren und aus dem Bottom Sample vom Landtank 617 hervorgeht, dass kein Wasser beim Öl war. Außerdem wurde – durch Essensor – nicht festgestellt, dass der ungewöhnliche Geruch mit dem Geruch des Waschwassers übereinstimmte. Zudem haben I und B bestritten, dass die Probe, die vor dem Löschen dem TMS »Samar« entnommen wurde, in Anwesenheit der gemeinsamen Sachverständigen erwärmt und erneut getestet worden sei, da der Sachverständige von V. ausgesagt hat, bei einem derartigen Test nicht anwesend gewesen zu sein.
Darüber hinaus wurde keine Kontamination, d.h. Vermischung des Sonnenblumenöls mit irgendeiner anderen Substanz festgestellt, so dass eine mikrobiologische Verunreinigung an Bord des TMS »Samar«, so die weitere Argumentation von I und B, ausgeschlossen werden könne. Hätte es eine mikrobiologische Verunreinigung gegeben, dann ließe sich nicht eindeutig sagen, wo diese entstanden sein könnte, wobei sich nicht ausschließen lasse, dass sie beim Löschen des TMS »Samar« bei C. Belgien entstanden sein könnte.
4.23. Das Gericht erwägt Folgendes. Fest steht, dass die jeweiligen Sachverständigen an der Probe, die dem Ladetank 5C oder 6C des TMS »Samar« vor dem Löschen entnommen worden war, gerochen und gemeinsam festgestellt haben, dass diese keinen Geruchsfehler hatte (Seite 14 EVH-Bericht). A hat in der Verhandlung zu dieser Probe ausgesagt, dass sie nicht versiegelt gewesen und bereits einige Male gebraucht worden sei, A hat auf entsprechende Nachfrage hin ausgesagt, dass er sich die Tatsache, dass nur in dem Landtank 617 und nicht in den Landtanks 601 und 606 ein Geruchsschaden festgestellt worden war, nur so erklären könne, dass sich die Verunreinigung nach der Probeentnahme aus dem Landtank 617 (laut A um 10:00 Uhr und laut D. um 10:52 Uhr) und vor Beendigung der Entladung (um 10:59 Uhr) ereignet haben müsste.
C. hat angeführt, die Ursache des Geruchsschadens habe an Bord des TMS »Samar« gelegen. I und B haben dies substantiiert bestritten. (Der Sachverständige von) C. hat zur Ursache des Geruchsschadens Hypothesen aufgestellt, die von (dem Sachverständigen von) I und B widerlegt wurden. Unter Berücksichtigung der unter 4.16 bis 4.19 aufgeführten Ausführungen und den substantiierten Bestreitungen von I und B hat C. ihren Vortrag, der Geruchsschaden sei während des Transports entstanden (und I und B hätten die Ladung nicht in dem Zustand, in dem sie sie erhalten haben, abgeliefert), nicht ausreichend substantiiert vorgebracht. Der Beweis ist daher nicht geführt.
Verletzung des Barging Agreement
4.24. Außerdem hat C. angeführt, I habe aufgrund der falschen Informationen zur Vorladung (palmkernel oil) und entgegen der Bestimmungen des Barging Agreement ein nicht-Lebensmittel Produkt als Vorladung transportiert, nämlich split paim fatty acid distillate, welches das Barging Agreement verletzt habe. Auch liege eine Vertragsverletzung vor, so C., weil die Ladetanks des Schiffs nicht mit sauberem Waschwasser gewaschen worden seien.
4.25. Das Gericht erwägt Folgendes. Was den Vortrag von C. betrifft, I habe den Frachtvertrag verletzt, indem I falsche Informationen zur Vorladung mitgeteilt hatte, kann dieses Vorbringen C. nicht von Nutzen sein, da jetzt fest steht (siehe Seite 14 oben EVH-Bericht), dass split palm fatty acid distillate für C. eine akzeptable Vorladung ist und dass die- se Vorladung nicht den angeführten Geruchsschaden verursacht hat. Dasselbe gilt für das Vorbringen, I habe den Frachtvertrag verletzt, indem das TMS »Samar« nicht mit sauberem Wasser gewaschen sein soll. Es wurde nicht festgestellt, dass diese Unterlassung den vorgebrachten Geruchsschaden verursacht hat. Darüber hinaus hat C. nicht erläutert, ob und warum sich aus dem Vertrag eine Verpflichtung zur Säuberung der Ladetanks mit sauberem Trinkwasser ergibt.
Unerlaubte Handlung
4.26. Schließlich hat C. angeführt, I und B hafteten aus unerlaubter Handlung, indem sie für den Transport ein nicht oder unzureichend gereinigtes Transportmittel zur Verfügung stellten, wodurch verunreinigte Ladung in die Landtanks von C. Belgien verladen wurde, wodurch die in diesen Landtanks gelagerten Güter be- schädigt worden seien.
4.27. Auch diese Grundlage kann nicht zur Stattgabe der Klage führen. C. hat in diesem Zusammenhang – auch unter Berücksichtigung der obigen Erwägungen – nicht ausreichend dargelegt, dass die Ursache des vorgebrachten Geruchs- schadens an Bord des TMS »Samar« gelegen hat. C. hat – unter anderem – nicht näher erläutert, woraus die unerlaubte Handlung, die sie I und/oder B vorwirft, besteht.
4.28. Daraus folgt, dass die Klage von C. zurückgewiesen wird. Einer durch C. vorgenommenen Klageerweiterung wird nicht stattgegeben.
4.29. Als unterlegene Partei wird C. zur Zahlung der Verfahrenskosten verurteilt Die Kosten auf Seiten von sowohl I als B sind veranschlagt auf: Gerichtsgebühren 4.030,00 €, Rechtsanwaltshonorar 4.804,00 € (2,0 Punkte x 2.402,00 € Tarif) Insgesamt 8.834,00 €
4.30. Der vom B beantragten Verurteilung zur Zahlung der Folgekosten kann im Rahmen dieses Verfahrens nur dann stattgegeben werden, sofern die Kosten zu diesem Zeitpunkt veranschlagt werden können. Daher sind die Folgekosten von der in der Entscheidung genannten Partei zu tragen.
5. Die Entscheidung
Das Gericht
5.1. weist die Klage zurück,
5.2. verurteilt C. zur Zahlung der Verfahrenskosten von I und von B, seitens I sowie seitens B. bis zum heutigen Tag veranschlagt auf 8.834,00 €‚
5.3. verurteilt C. zur Zahlung der nach diesem Urteil auf der Seite der B. entstehende Kosten, veranschlagt auf 157,00 C. Rechtsanwaltshonorar, zuzüglich, sollte C. nicht innerhalb von 14 Tagen nach der Bekanntgabe des Urteils gezahlt haben und sollte daraufhin eine Zustellung des Urteils erfolgen, 82,00 € Rechtsanwaltshonorar und die Kosten für die Zustellung des Urteils,
5.4. erklärt dieses Urteil in Bezug auf die Verurteilungen für vorläufig vollstreckbar.
Anmerkung der Redaktion:
Im nächsten Heft folgt anlässlich der vorstehend widergegebenen Entscheidung ein Beitrag zu Ladungsschäden bei Tankschiffstransporten im Lichte des CMNI und CDNI.
Dr. Martin Fischer
Tankschiffstransporte sind ein außerordentlich bedeutender, vielleicht der wirtschaftlich bedeutendste Teil der europäischen Binnenschifffahrt. Transportiert werden Produkte der unterschiedlichsten Art, von Lebensmitteln über Chemikalien, wie Säuren oder Flüssigdünger, bis hin zu Mineralölprodukten oder Schwerölen, die erst bei Temperaturen von über 200° C flüssig werden und deshalb während des Transportes geheizt werden müssen.
Abgesehen von Spezialschiffen, die nur für ganz bestimmte Produkte eingesetzt werden, wird allgemein inzwischen »weißen« Produkten und »schwarzen« Produkten unterschieden. Ersteres sind in erster Linie Produkte für die chemische Industrie oder Landwirtschaft, letzteres sind im Wesentlichen Mineralölprodukte.
1.
Tankmotorschiffe sind sehr häufig auf höchstem technischem Niveau ausgerüstet und unterliegen einer sehr strengen Kontrolle unter anderem im Rahmen des ADN. In den letzten zwei Jahrzehnten haben sich Doppelhüllenschiffe zum Standard entwickelt, während früher Einhüllenschiffe die Regel waren. Durch das hohe technische Niveau der Tankschifffahrt sind Gewässerverunreinigungen verursacht durch Tankmotorschiffe außerordentlich selten geworden.
In aller Regel sind Tankmotorschiffe geeignet und dafür vorgesehen, im Rahmen der weißen oder schwarzen Produkte die unterschiedlichsten Stoffe zu transportieren. Deshalb kommt es bei Tankschifftransporten regelmäßig zu Produktwechseln. Produktwechsel sind deshalb grundsätzlich zunächst unproblematisch, weil erstens sehr viele Flüssigprodukte untereinander kompatibel sind und zweitens weil die Tanks von Tankmotorschiffen ein so großes Volumen haben, dass die benetzte Fläche an den Tankwänden, Boden und Decken sowie Leitungen im Verhältnis zum transportierten Volumen verhältnismäßig klein ist. Dennoch birgt natürlich grundsätzlich jeder Produktwechsel das Risiko einer schädlichen Produktveränderung im Obhutszeitraum, wofür der Frachtführer im Rahmen der nationalen transportrechtlichen Vorschriften und im Rahmen des CMNI bei internationalen Transporten (bei Vermeidbarkeit) haftet, nach deutschem Recht (§ 426 HGB) für größtmögliche Sorgfalt, bei internationalen Transporten (Art. 16 I CMNI) für die einfache Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers.
Während der Frachtführer grundsätzlich nur für eine betriebssichere Verladung zu sorgen hat, also für eine Verladung, die die Sicherheit des Schiffes nicht beeinträchtigt, hat der Absender als Warenfachmann die Verpflichtung, für eine beförderungssichere Verladung zu sorgen, also für eine Verladung, die keine Gefahr für das zu transportierende Produkt verursacht (dazu v.Waldstein/Holland, Bin- nenschiffahrtsrecht, 5. Auflage, § 412 HGB RN 2).
2.
Kommt es zu Produktwechseln mit nicht oder nicht vollständig kompatiblen Produkten, müssen die Tanks eines Schiffes für den Transport vorbereitet sein. Die einfachste Form der Vorbereitung ist die Gestellung eines leeren Schiffes. »Leer« ist aber ein auslegungsbedürftiger Begriff. Leer bedeutet im umgangssprachlichen Sinne, dass ein Behältnis den Stoff nicht enthält, für dessen Aufnahme es bestimmt ist. Wird ein Tankschiff gelöscht, also die zu transportierende Ladung an den Empfänger übergeben, ist es nicht mehr beladen, sondern »leer«. Es verbleiben im leeren Schiff umschlagstechnisch zwingend regelmäßig Restmengen. Um diese zu reduzieren, hat man Effizienz-Stripping-Systeme entwickelt, die selbst bei sehr großen Tankvolumen nur wenige Liter Produkt im Tank zurücklassen. Dennoch sind natürlich Boden und Wände in der Regel noch mit Ladungsrückständen behaftet, die auch bei einem sorgfältigen Löschen unter Effizienz-Stripping im Tank zurückbleiben. Der Reinheitsgrad (Entladungstandard) ist dann »Ladetank nachgelenzt« iSd Art. 7.02 I Satz 2 iVm 5.01 lit. g CDNI Anlage 2 Die Umschlagleitungen und Pumpen im Schiff werden durch das sogenannte »Luft-Geben« möglichst effizient leergestellt. Dazu wird in den Leitungen ein Unterdruck erzeugt. Beim plötzlichen Öffnen der Leitung wird die in den Leitungen befindliche Luft schnell herausgesaugt und reißt Anhaftungen an den Wänden mit. Dennoch ist ein leeres oder nachgelenztes Tankschiff nicht frei von Ladungsrückständen. Auch in den Umschlagseinrichtungen an Land und im Schiff bleiben naturgemäß Ladungsrückstände haften.
3.
Um einen höheren Reinheitsgrad zu erreichen, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Es gibt spezialisierte Fachbetriebe, die in der Lage sind, die Tanks von Schiffen mit heißem Wasser oder Dampf auszuspritzen. Dieser Vorgang wird in der Schifffahrt »Buttern« genannt, da der Entwickler dieser Technik Butterworth Inc. in Texas ist. Diese Spezialbetriebe sind auch ausgerüstet und in der Lage, das naturgemäß kontaminierte Waschwasser umweltgerecht zu entsorgen. Das Buttern eines Tankschiffes kann leicht Kosten von 5.000,00 € bis 6.000,00 € zuzüglich Anfahrtskosten verursachen.
Eine weitere zulässige Reinigungsmethode ist das Entgasen. Wird zum Beispiel nach Benzin-Diesel transportiert, dann besteht die Gefahr eine Flammpunktveränderung, wenn Benzinreste im Schiff vorhanden sind. Dem kann man entgegenwirken, in dem die Räume eines Tankschiffes durch große aufgesetzte Lüfter entgast werden. Dieser Vorgang führt naturgemäß dazu, dass Kohlenwasserstoffe in die Atmosphäre gelangen.
4.
Es ist ein bemerkenswerter und erfreulicher Teil der Vereinheitlichung des Binnenschifffahrtsrechtes in Europa, dass im Jahre 1996 in Straßburg von den Rheinanliegerstaaten das Übereinkommen über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt (CDNI) unterzeichnet wurde, das durch die Zentralkommission der Rheinschifffahrt vorbereitet worden war. Dieses Übereinkommen ist am 1. November 2009 in Kraft getreten und im Jahre 2018 das letzte Mal revidiert worden.
Das Übereinkommen dient erklärtermaßen der Abfallvermeidung und umweltgerechten Beseitigung oder Verwertung von Ladungsresten und Abfällen im Interesse des Umweltschutzes. Man kann sich bei Produktresten durchaus die Frage stellen, ob es sich zwangsläufig um Abfall handelt. Unvermeidbar an Bord zurückbleibende Reste von Diesel oder Gasöl sind in der Regel noch brauchbare und werthaltige Produkte, so dass es auch unter Umweltgesichtspunkten sinnvoller erscheint, dass der Schiffsführer den Diesel in sein Auto gibt oder das Gasöl in den Tank seines Schiffes, statt es kostenpflichtig entsorgen zu lassen (dazu Fischer, Wem gehört der Rest der Ladung? Probleme des Binnenschifffahrtsrechts X, 2004). Unbeschadet dessen haben die Bestimmungen des CDNI jedoch (mindestens mittelbar) auch Bedeutung für die vertraglichen Beziehungen zwischen Absender und Frachtführer beim Transport von flüssigen Produkten. Die wechselseitigen Pflichten des Frachtführers einerseits und des »Befrachters« (besser wäre: Absender) und Ladungsempfänger andererseits beim Laden und gen von Fremdstoffen Schaden erleiden können. Am spektakulärsten ist dies bei Ethanol. Es gibt Ethanol in Industriequalität und in Lebensmittelqualität. Alkohole haben die Eigenschaft, dass sie sehr effizient Aromastoffe aufnehmen, was Auswirkungen auf die Farbe, die Klarheit und vor allem den Geruch des Produktes haben kann. Bei Lebensmittelalkohol zum Beispiel gibt es daher einen sogenannten olfaktorischen Test. Es gibt Experten, Surveyor, die in der Lage sind, durch eine Geruchsprobe oder den Vergleich mehrerer Produktproben festzustellen, ob sich der Geruch des zu transportierenden Lebensmittelethanols verändert hat in einer Weise, die die Vermarktung als Lebensmittelalkohol unmöglich macht. Das Besondere ist hier, dass der Eintrag von Fremdstoffen so geringfügig ist, dass er sich häufig chemisch nicht nachweisen lässt. In einer chemischen Analyse können zwei Proben absolut identisch sein, dennoch kann eine der beiden Proben einen Fremdgeruch aufweisen, der die Verwertung des Ethanol für Lebensmittelzwecke unmöglich macht.
Beim Transport von inkompatiblen Produkten (Artikel 5.01 a) aa) Anlage 2 zum CDNI) werden deshalb die Tanks eines zur Beladung vorgelegten Tankmotorschiffes häufig durch einen Surveyor im Auftrag des Absenders überprüft und gegebenenfalls freigegeben oder bean- standet. Dazu gehört auch die sogenannte first-foot-Probe, dabei wird eine kleinere Menge Produktes durch die Leitungen in den Tank gespült, dann wird dieses Produkt beprobt und erst freigegeben, falls die Probe unauffällig ist. Bei hochsensiblen Produkten, wie zum Beispiel Ethanol in Lebensmittelqualität kann es auch notwendig sein, die Tanks zu begehen. In Extremfällen kann auch ein sogenannter Wall-Wash-Test durchgeführt werden. Dazu wird Ethanol in Lebensmittelqualität an die Innenwand des Tanks gespritzt und olfaktorisch beprobt, ob von der Wand Fremdgeruch ausgeht.
6.
In Verkennung der oben geschilderten Tatsachen hat es – insbesondere in Deutschland – Gerichtsurteile gegeben, die es auch für die Tankschifffahrt zur Kardinalverpflichtung des Frachtführers gemacht haben, ein Schiff zur Verfügung zu stellen, das so sauber ist, dass Produktveränderungen in jedem Falle ausgeschlossen sind. Ist es nachweislich während des Obhutszeitraumes zu einer Produktveränderung gekommen, dann haben diese Gerichte das Schiff oder den Frachtführer dafür haftbar gehalten. Aus den oben dargelegten Gründen, greift diese Argumentation zu kurz und ist unsachgerecht.
Es dürfte wohl außer Frage stehen, dass die Vermeidung von Abfällen und der damit verbundenen Entsorgungslast im wirtschaftlichen und umweltpolitischen Interesse aller Transportbeteiligten steht. Deshalb haben unnötige Reinigungsmaßnahmen zu unterbleiben. Dieser Aspekt hat auch eine ökonomische Seite für die Vertragsparteien des Frachtvertrages, da der Transport in Einheitstransporten oder in der Folge von kompatiblen Produkten deshalb viel günstiger ist, weil keine Reinigungskosten oder Entgasungskosten entfallen. Ist ein Produktwechsel aber umgänglich, so ist genau zu überlegen, welche Maßnahmen tatsächlich notwendig sind und wer sie bezahlt. Da der Frachtführer in der Regel keine Kenntnisse über die chemische Beschaffenheit der ihm angedienten Produkte hat, hat der Gesetzgeber im HGB, CMNI und CDNI zur Recht die Produktverantwortung insoweit auf den Absender als Warenfachmann verlagert. Deshalb ist es Sache des Absen- ders, selbst zu entscheiden, welche Anforderungen er an den Reinheitsgrad eines Schiffes, die in CDNI Anlage 2 Artikel 5.01 b) bis k) legaldefiniert sind, stellt. Gegebenenfalls hat er vor oder im Vertragsabschluss deutlich zu machen, respektive zu vereinbaren, welche Reinigungsmaßnahmen für den Transport des Produktes erforderlich sind. Dabei werden die Vertragsparteien bei der Bemessung der Fracht oder bei der Vereinbarung der Vertragskonditionen auch die anfallenden Reinigungskosten berücksichtigen.
Kommt es zu einem Ladungsschaden, dann liegt nach richtiger Auffassung die Nachweispflicht für die Produktveränderung im Obhutszeitraum beim Absender. Liegt nachweisbar der Grund für die Veränderung in der Beschaffenheit und dem Reinheitsgrad des Tankschiffes, dann führt dies nicht per se zu einer Haftung des Frachtführers. Ob der Frachtführer wusste, welchen Reinheitsgrad sein Schiff haben muss und was er tun muss, um Kontamination zu vermeiden, hängt davon ab, welche Produktinformationen der Absender als Warenfachmann geliefert hat und welche Anforderungen er an die Reinheit des Schiffes stellt. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist nach (nationalem deutschen) Recht zu beurteilen, ob für den Frachtführer angesichts der oben beschriebenen Pflichtenverteilung auch bei größtmöglicher Sorgfalt iSd § 426 HGB der Schadenseintritt vermeidbar war oder nicht. Bei internationalen Transporten nach CMNI wird nur nach einfacher Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers iSd Artikels 16 I CMNI zu urteilen sein. (Es ist bedauerlich, dass es insoweit einen deutschen Sonderweg gibt, es wäre zu begrüßen, wenn die nationalen und die internationalen Vorschriften hier den gleichen Maßstab anlegen würden.)
Die im letzten Heft wiedergegebene Entscheidung des Handelsgerichts in Rotterdam (ZfB 2020, Sammlung Seite 2671 ff) ist ein gutes Beispiel für die Schwierigkeiten, die tatsächlichen Umstände im Zusammenhang mit einer Produktveränderung aufzuklären und die wechselseitigen Pflichten der Transportbeteiligten sachgerecht zu definieren.
Rechtsanwalt Dr. Martin Fischer, Frankfurt am Main
Ebenfalls abrufbar unter ZfB 2020 - Nr. 8/9 (Sammlung Seite 2671 ff. und Seite 2676 f.); ZfB 2020, 2671 ff. und 2676 f.